Kleines Wildgrabenjoch 2560m - Rendezvous mit Damen

Was fehlt, wenn zwei Männer auf Tour gehen? Damen natürlich! So wähle ich heute eine Panoramatour mit Drei-Zinnen-Blick. Auch wenn ich unsere Männerfreundschaft sehr schätze, ein wenig Damengesellschaft tut Karl und mir immer gut ;-)
Unser heutiges Ziel war bis vor Kurzem noch ein Geheimtip, inzwischen wird es aber gut frequentiert. Nur mit der Namenwahl nimmt man es nicht so genau, es ist von Rautscharte, Forcella Monte Rudo und Kleinem Wildgrabenjoch zu hören und zu lesen, je nach Geschmack und Sprachverständnis!?
Den meisten Tourengehern ist das sowieso herzlich egal, Hauptsache steil und am Schluss mit Drei-Zinnen-Panorama. Manche haben es so eilig oben anzukommen, dass sie ohne Spitzkehren hinaufhetzen, wir trauen unseren Augen kaum beim Blick auf die alten Spuren.
Wir nehmen uns mehr Zeit und ziehen in bequemen Kehren zunächst durch den Wald und später in freiem Gelände dem faszinierenden Rautkofelmassiv entgegen. Bevor wir die drei berühmten Damen zu Gesicht bekommen, kreuzen zwei andere südtiroler Damen unseren Weg und ziehen mit kräftigem Schritt und wenig kommunikativ an uns vorbei. Unser Selbstbewußtsein leidet und bei den folgenden steilen, annähernd 1000 Höhenmeter leiden wir weiter ;-)
Die Sonne brennt schon beachtlich, der Schweiß strömt und die Rinne nimmt kein Ende. Karl ächzt und steigt trotzdem wie ein Turbodiesel weiter. Kurz schrecken wir auf, als sich ein kleines Schneebrett aus den westlichen Steilhängen löst, doch bald ist die finale Rinne erreicht und mit ihr wenige Minuten später die Scharte. Auch mir ist mittlerweile der Name gleichgültig, denn die Drei Zinnen strahlen in ihrer ganzen Pracht und im Norden grüßen aufgereiht die Rieserferner, herrlich!
Wir treffen wieder auf die Meraner Damen, jetzt sind sie auch zu Gesprächen bereit und wir diskutieren die Abfahrtspläne. Karl will sich den südseitigen Firn nicht entgehen lassen und nach einem Blick ins Bulltal willige ich gerne ein. Während sich eine der toughen Damen in den Windbruch Richtung Norden stürzt, warten wir noch ein Weilchen auf die perfekten Bedingungen im sonnigen Süden und fellen ab.
Noch hat sich der Schnee nicht ausreichend umgewandelt, in den ersten Hängen rattert und bricht es ungemütlich, aber weiter unten beginnt es schon nett aufzufirnen und wir carven entspannt im Slalom durch die Latschen. Fast hätten wir dabei eine Rinne übersehen, wie gemacht für uns. Die enge Schneise erlaubt noch gute Schwünge und die Unterlage ist bestens präpariert, wir sind euphorisiert ;-)
Auf dem markierten Steig lassen wir es austrudeln und ziehen unverzüglich weiter zum Gasthof Landro. Auf der Terrasse finden wir gerade noch ein freies Plätzchen, Damen interessieren jetzt nicht mehr, nur noch ein Rendezvous mit Kaiserschmarrn und Sonnenschein ;-)