Vom Ortler zu den Alpi Orobie Valtellinesi 1)


Publiziert von goppa , 17. Februar 2009 um 23:57.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 7 März 2006
Ski Schwierigkeit: WS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 620 m
Strecke:S.Caterina Valfurva 1734m, Rif. Cesare Branca, Val di Rosole 3100m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bormio - S.Caterina Valfurva
Unterkunftmöglichkeiten:Rif. C. Branca
Kartennummer:Tabacco 08 1:25000

Treffpunkt Sonntag, 6. März um 10:00 Uhr bei Franz, unserem Doc, in Tisis.

Die Schneehaufen werden eben von den Straßenrändern gebaggert, als wir unsere Tourenschi auf den Schiträger schnallen und die dicken Rucksäcke in den Kofferraum packen. Die Gletscherausrüstung mit Pickel, Steigeisen, Seil … wiegt schwer. Der Himmel ist trüb und die Wolken hängen tief, aber die Wettervorhersage für den Süden lässt uns für die nächste Wochenhälfte besseres erwarten. Den Frauen noch ein Abschiedskuss, und wir starten. Charly hat die Fahrstrecke abgecheckt, Grenzübergang Schweiz, Landquart – hier reißen die Wolken auf und der Himmel wird blau, Klosters Bahnverladung Susch, Zernez, Punt la Drossa 1705m, durch den Tunnel nach Livigno. Die Schneefälle der vergangenen Nacht haben das Schigebiet rund um Livigno schneeweiß angezuckert, wir fahren über den Passo di Eira und Passo di Foscagno, 2291m, auf teilweise schneebedeckter Strasse hinunter nach Bormio und von dort ins Valfurva nach Santa Caterina, 1734m, wo wir am Ortsende, beim Campingplatz, das Auto abstellen. In der Imbissstube neben den Schiliften genehmigen wir uns um cirka 15:00 Uhr einen kleinen Snack, bevor wir eine Stunde später unsere Rucksäcke schultern und uns bei Minusgraden – trotz Sonnenschein - auf den Weg zum Rifugio Cesare Branca machen. Die Spur eines Skidoo führt durch den knietiefen Pulverschnee über den Güterweg hoch ins Valle de Forni, beeindruckend steht nach einer knappen Stunde das Castell des Rif. Albergo Ghiacciaio dei Forni auf 2176m vor uns. Später im Frühjahr kann man mit dem Auto bis zum Hüttenparkplatz hier heroben fahren. Die Waldgrenze liegt hinter uns, die Kettenspur einer Schneekatze gibt den weiteren Aufstiegsweg vor. Vorbei am Kraftwerksgebäude, den verschneiten kleinen Stausee rechts, zieht der Weg in angenehmer Steigung hoch, bis wir plötzlich links über uns die Silhouette der Hütte sehen, und die Schneekatze hören, welche den Weg wieder herunter pflügt. Wir sind flott unterwegs, nach nicht einmal 2 Stunden erreichen wir das Rif. Cesare Branca, 2487m. Es dämmert bereits. Das Lager wird bezogen, eine Heizkanone wärmt den Flur vor unseren Zimmern. Die Hütte wurde erst dieses Wochenende geöffnet und es ist noch ziemlich frisch. Abendessen gibt’s um 19:00 Uhr, es ist delikat und ausgiebig, die schwärmerischen Berichte im „Alpin“ waren nicht gelogen. Die morgige Tour wird bei einem Vino Rosso besprochen. Der Bruder der Hüttenwirtin gibt Informationen zur Lawinengefahr – Stufe 3, und starke Schneeverfrachtungen durch den Wind.

 

Montag. Val di Rosole, 3100m (LO23, 620hm, 2:23).

Nach einem herrlichen Sonnenaufgang und ausgiebigem Frühstück wagen wir uns in den beißenden Wind hinaus. Der Aufstieg ins Val di Rosole erscheint uns noch am sichersten. Das Tal ist breit genug um vor eventuellen Lawinen der Berge ringsum geschützt zu sein und wir vermeiden hier den Gletscher mit seinen trügerisch zugedeckten Spalten. Die Kapuzen unserer Anoraks ziehen wir möglichst weit zu und legen unsere Aufstiegsspur in den unberührten Schnee. Hinter uns wird diese vom eiskalten Wind gleich wieder aufgefüllt. Vor uns tauchen die Gipfel von Monte Pasquale und Cevedale auf. In Gedanken legen wir eine Spur in die Hangmulde im Talschluss – und verwerfen diesen Gedanken auch schon wieder. Der Neuschnee und die Windverfrachtungen der letzten Tage lassen diesen Aufstieg heute nicht zu. Nach einem verschneiten Seeauge auf 2888m schwenken wir deshalb links ab und steigen auf einen unbenannten Bergkamm auf 3100m. Der kalte Wind lässt keine lange Gipfelrast zu, ein kurzer Rundblick und wir fahren ab. Unsere Abfahrt lässt uns jedoch nicht in Jubel ausbrechen. Der windgepresste Neuschnee hat keinen Untergrund, bei jedem zweiten Schwung kratzen die Schi an den Steinen. Christians nagelneue Tourenschi bleiben plötzlich auf den Felsen stecken und er taucht wie ein Schneemann aus dem Schnee auf. Als wir wohlbehalten um 12:30 die Hütte erreichen, atmen wir erleichtert auf. Wir holen unsere Mittagsjause aus dem Rucksack und genießen dort im Windschatten die Sonne.

Anschließend beraten wir: Lawinenwarnstufe 3 nördlich und westlich des Ortlergebiets. Stufe 2 im Osten und Süden. Ungünstige Schneeverhältnisse am Gletscher und über 2700m. Sollen wir noch eine Nacht auf der Hütte verbringen und morgen in ein niedriger gelegenes Tourenziel aufbrechen, oder aufs Geradewohl bereits heute abfahren? Nach Bozen in die Dolomiten? Oder nach Livigno?

Charly drängt auf sofortige Abfahrt, in Bormio könnten wir uns eine Schiroutenkarte der südlich von hier gelegenen Berge besorgen und irgendwo im Tal eine Unterkunft suchen. Nach anfänglichem Zaudern entschließen wir uns für die Fahrt ins Ungewisse. Im feucht-kalten Bormio studieren wir die Kompass-Karten und Franz besorgt sich einen Schitourenführer der Region – das Valtellino und die Berge bei Sondrio scheinen ideal. Die Fahrt geht nach Süden, bis Tirano verlieren wir den Schnee aus den Augen, auf 400m grünt es neben der Strasse. Aber wir haben aus Tourenführer und Karte einige ansprechende Schitouren im Parco Orobie-Valtellinesi ausgewählt und entscheiden uns kurzfristig, ein Quartier in Aprica zu beziehen und morgen von dort zu einer Schitour ins Val Caronella aufzubrechen. Franz lenkt seinen Renault die Bergstrasse hoch bis 1187m. Cirka 100 Kilometer südlich des Ortlers treffen wir dort im letzten Tageslicht hungrig und angespannt ein – dazu macht uns auch die erste Anfrage in einem Hotel keinen Mut. Aber mit einer gehörigen Portion Glück finden wir schließlich doch noch eine ansprechende und preiswerte Pension (Hotel Aurora, Via Italia 1, 23031 Aprica-SO, 0342/746174, paurora@tiscalinet.it, € 41,00 incl. HP). Wir genießen die Dusche und das anschließende opulente Abendessen sowie den süffigen Roten aus dem Valtellino und sind wieder versöhnt mit der Welt.

Fotos dieser Tourenwoche von Gerald.
Am nächsten Tourentag:

www.hikr.org/tour/post11458.html


Tourengänger: goppa


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