Also schrieb Marco Volken in der erwähnten Ausgabe:
Neuer Trend mit Retro-Geschmack
vol. Die erste weiss-blau-weisse Wegmarkierung der Schweiz ist 1991 am Passo di Cacciabella im Bergell angebracht worden. Die Farbkombination setzte sich rasch durch, versprach sie doch den Berggängern erhöhten Erlebnischarakter bei gesteigerten Schwierigkeiten. Im Jahr 1998 lancierte der SAC-Verlag unter dem damals noch ungebräuchlichen Begriff «Alpinwandern» eine Reihe von Wanderführern, die in die gleiche Stossrichtung zielen. Die darin beschriebenen Routen sprengen den herkömmlichen Begriff des Bergwanderns und locken in anspruchsvolleres, durchaus abenteuerliches Gelände. Der Erfolg dieser Reihe ist anhaltend, nicht zuletzt dank der Einführung einer neuen, von T1 bis T6 reichenden Skala zur Bewertung von Wanderschwierigkeiten.
Unter Alpinwandern (T4-T6) versteht man die Fortbewegung in oft weglosem, abschüssigem Gelände mit steilen Grashalden, Schrofen und Kletterstellen bis zum II. Grad, die Trittsicherheit, Schwindelfreiheit, eine gewisse Geschicklichkeit, Erfahrung und guten Orientierungssinn erfordern. Apere Gletscher und Firnfelder können ebenfalls vorkommen. Schwierige Passagen lassen sich dabei - ähnlich wie auf klassischen Hochtouren - kaum mit Seil sichern, weshalb Misstritte rasch fatale Folgen nach sich ziehen.
Das Alpinwandern hat sich in den vergangenen fünf Jahren stark ausgebreitet und teilweise kultartige Züge angenommen. So werden in Internet- Foren Erfahrungen ausgetauscht, und T6-Routen scheinen eine ähnliche, nahezu magische Anziehungskraft auszuüben wie einst der sechste Grad unter Kletterern. Die besten Alpinwanderer verstehen sich denn auch oft als eine etwas verschworene Elite auf der Suche nach Neuland. Allerdings sollte dabei nicht vergessen werden, dass derartiges Gelände schon früher aufgesucht wurde - von Wildheuern, Jägern, Strahlern, Hirten, Schmugglern, aber auch von «altmodischen» Berggängern.
Um vom Alpinwander-Boom zu profitieren, markieren Verkehrsvereine und Hüttenwarte immer mehr solcher Routen, was bei vielen Hardcore-Alpinwanderern allerdings schlecht ankommt. Der Unterschied zwischen einer markierten und einer unmarkierten Route ist vergleichbar mit jenem zwischen einer Mode-Skitour, bei der man einfach einer vorhandenen Spur folgt, und einem frisch verschneiten Gelände, das man selbständig «lesen» muss und anspuren darf.
Hier der Link: http://www.nzz.ch/2007/06/14/to/articleF80KA.html (funktioniert wohl nicht allzu lange)
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