Herbststimmung im Ala Archa Nationalpark


Publiziert von eisblume , 17. September 2013 um 14:46.

Region: Welt » Kirgisistan
Tour Datum:12 September 2013
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: KS 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 2440 m
Abstieg: 2440 m
Strecke:Alplager Ala-Archa (2100m) - Ratsek Hütte (3200m) - Utschitel (4540m)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Vom Osh-Basar in Bishkek mit dem Taxi zum Alplager im Ala-Archa Nationalpark oder mit der Marschrutka Nr. 285 bis "Schlagbaum" und weiter per Anhalter zum Alplager.
Unterkunftmöglichkeiten:Ratsek-Hütte oder Zelt

Noch 4 Tage Zeit, dann geht mein Flug von Kirgistan zurück in die Heimat nach Zürich. Bishkek, die Hauptstadt der Republik Kirgisien, ist nicht gross und schon gar nicht übermässig interessant, also packe ich noch einmal den Rucksack und mache mich auf den Weg in den 40 km südlich von Bishkek gelegenen Nationalpark Ala-Archa. Hier finden sich auf einer Fläche von etwa 200 Quadratkilometern mehr als 20 Gletscher und 50 Berggipfel. Mit der höchsten Erhebung, dem Korona Peak (stolze 4860m), darf sich dieser Flecken Erde schon als ausgewachsene Bergregion bezeichnen. 



Die Bezeichnung „Ala-Archa“ ist kirgisisch und steht für den "vielfarbigen Wacholder", dem in Kirgistan eine besondere Wertschätzung beikommt, als Räucherwerk zur Vertreibung böser Geister. Gepflanzt wird er jedoch nie in der Nähe des eigenen Hauses, da er dort scheinbar und  sukzessive die Energie der Bewohner aufzehrt. Wie auch immer die bösen Geister aussehen mögen, der Archa ist allemal vielfarbig zu dieser Jahreszeit.



Die Anreise startet vom Osh-Basar. Blechfluten von Taxis mit äusserst geschäftstüchtigen Fahrern, bringen einen gerne bis zum Alplager, Startpunkt der vielen Wanderrouten im Nationalpark. Die Fahrt mit der Marschrutka (Kleinbus-Sammeltaxi, App mit Netzplan unter www.bus.kg) Nr. 265 ist eine gute Alternative für das kleine Reisebudget. Diese fährt eigentlich nicht bis zum Eingang des Nationalpark, aber mit etwas Russisch und einer gehörigen Portion freundlicher Hartnäckigkeit, kommt man schon recht weit in Kirgistan. In diesem Fall bis zum „Schlagbaum“ (eingerussischtes Wort) des Ala-Archa. Von hier sind es noch etwa 12 km Asphaltstrasse bis zum Alplager, die mit etwas Geduld auch per Anhalter genommen werden können.



Am Hotel Ala Archa, welches architektonisch wie zwei grosse A gestaltet ist und aus dem es wirklich lecker nach frisch Gekochtem duftet, gibt es eine Übersichtskarte zur Orientierung von Leuten wie mich, die mal wieder ohne Karte unterwegs sind. Zur Ratsek-Hütte folge ich dem Wegweiser Richtung Wasserfall und den blau-weissen Wegmarkierungen. An der Hütte möchte ich für 2 Nächte mein kleines grünes Schneckenhaus (Zelt) aufstellen, als Basislager für die Besteigung des Utschitel (4540m). Der Utschitel ist wundervoll von Bishkek aus zu betrachten. Im Umkehrschluss, so dachte ich mir, sollten die Fern- und Aussichten von dort oben grandios und ein kleines abschliessendes Sahnehäubchen meiner Reise durch Kirgistan sein. Aber manchmal kommt es anders... Die Berge des Ala-Archa sind Teil des Tien Shan, des Himmelsgebirges. Der Himmel hat dann auf meinem kurzen Trip auch so alles hergegeben, was er zu bieten hat: leider wenig Sonne, dafür viele Sterne, hartnäckigen Regen, etwas Hagel, Schneefall, eiskalte Stürme, Wolken und viel, viel Nebel.



Der Aufstieg zur Ratsek-Hütte dauert etwa 3-4 Stunden. Im unteren Teil des Ak-Say Tals wähnt man sich mit all‘ den bunten Sträuchern und gerölligen Hängen fast im Unterengadin, im oberen Teil geht es vorbei am Wasserfall und anschliessend durch steiniges und steiles Gelände bis zum „Camp“ am Moränenfuss des Ak-Say Gletschers. An Sommerwochenenden tummeln sich hier jeweils um die 50 Zelte, an diesem waren es nur drei, bewohnt von zwei wetterfesten Touristen aus Belgien, einem Glaziologen aus der Schweiz und mir. Die Ratsek-Hütte ist unbewartet, bietet einen Ofen, Platz für Übernachtungen im Lager, einen Schaschlik-Grill vor der Hütte (Achtung keine Bäume also auch kein Holz) und fliessend kaltes Wasser direkt vom Berg. Ausserdem stehen auf dem Areal einige Materialhütten von lokalen Agenturen, die diverse Bergbesteigungen unter Begleitung ortskundiger Bergführer anbieten. Als Windschutz sind sie recht gut geeignet.  



Aufgrund der sehr nebligen und schneestürmischen Wetterlage, entschied ich mich am nächsten Tag, anstelle des Aufstieges auf den Utschitel für eine kleine Moränenwanderung in Richtung des Korona-Gletschers. Weit bin ich nicht gekommen, als wieder dichter Nebel aufzog. Die Orientierung ist schwierig, gelegentlich gibt es Steinmännchen, die allerdings auch alte Pfade markieren, welche heute in‘s Nichts laufen. Der Pfad führt von der Ratsek-Hütte aus weiter bergan, dann leicht links durch eine Mulde zwischen Korona- und Utschitel- Gletschermoränen hindurch, weiter linksseits des Korona-Gletschers. Bei der ersten Gletscherstufe fällt der Blick auf einen kleinen See und würde man weiter gehen, so gelangt man nach etwa 3 Stunden zu einer kleinen Biwak-Hütte. Mir hat der schnell aufziehende Nebel von unten und die herein drückenden Wolken von oben an diesem Punkt den Bildschirmschoner aufgelegt. Ich entschied mich für die Rückkehr zum Zelt, den warmen Schlafsack, ein gutes Buch und eine heisse Suppe mit Gemüse frisch vom Osh-Basar. Am Ende einer langen Reise kann, auch für eine Bergziege wie mich, Ausharren in solch‘ dramatisch schöner Kulisse durchaus befriedigend sein.



Der Ala-Archa Nationalpark ist allemal einen Ausflug wert. Eine landschaftlich wundervolle und anspruchsvolle Warteschleife vor dem Abflug oder zur Überbrückung der Wartezeit auf‘s nächste Visum. Ausserordentliche Gletscherlandschaft mit mannigfaltig alpinen Tour- und Gipfelmöglichkeiten, in sehr guter Erreichbarkeit zur Stadt. Unendlich viel mehr, als Bishkek Bergsüchtigen bieten kann.  



Zurück in Bishkek übrigens erfuhr ich, dass zur gleichen Zeit wie ich, auch Putin zu Besuch im Ala-Archa war. Ob allerdings jemand einen bunten Wacholderzweig zum Räuchern angezündet hat, konnte ich weder schnuppern noch in Erfahrung bringen.

Tourengänger: eisblume


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