Süd-Nord Durchquerung der Hardangervidda


Publiziert von heluka , 15. September 2013 um 16:39.

Region: Welt » Norwegen
Tour Datum:21 Juli 2013
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: N 
Zeitbedarf: 8 Tage
Strecke:125 Km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Bus in gut 6 Stunden von Oslo nach Haukeliseter
Unterkunftmöglichkeiten:Haukeliseter, Hellevassbu, Litlos, Torehytten, Hadlaskard, Hedlo, Liseth, Rembesdalseter, Finse

Nach längerer Hikr-Abstinenz melde ich mich zurück, um von meiner Trekking-Tour durch die Hardangervidda zu berichten. Auf meiner Tour habe ich vor allem Filmaufnahmen gemacht und habe so  nicht von überall auch gute Fotos. Weitere Bilder findet ihr auf meiner Foto-Homepage Pbase  http://www.pbase.com/heluka/hardangervidda
 
 
Vorbereitungen

Am Abend des 19.07.2013 ging eine lange Phase der Planung zu Ende. Ich verstaute die letzten Sachen in meinen mehr als 17 Kilogramm schweren Rucksack und war bereit für meine Trekkingtour durch die Hardangervidda.

Bei meinen ersten Rucksack-Test Wochen vor dem Start, wog er noch über 20 Kilo und es war eine schwierige Aufgabe, ihm noch ein paar Kilo und Gramm zu entlocken. Bei der Sicherheit wollte ich keine Abstriche machen, da ich eine Solo Tour plante. Der schwerste Brocken der Ausrüstung war mein 4-Saison-Zelt das allein schon 2 Kilo auf die Waage brachte. Also musste ich beim Komfort gewisse Abstriche in Kauf nehmen, was sich im Nachhinein als richtig herausstellte.  

20.07.2013  -  Zürich - Oslo

Der Flug von Zürich nach Oslo dauerte nur gut zwei Stunden und ich hatte beim meiner Ankunft um 09:15 Uhr noch genug Zeit, mir die Stadt etwas anzusehen. Bei bestem Wetter leistete ich mir eine Sightseeing Tour mit einem offenen Doppelstöcker Bus und war beeindruckt von der Vielfallt der Stadt, dem Kontrast von historischen Gebäuden zur Moderne wie etwa dem eindrucksvollen Bau der Oper im Stadtzentrum.

21.07.2013 - Busfahrt von Oslo nach Haukeliseter

Nach einem ausgiebigen Frühstück im Hotel marschiere ich zum nahegelegenen Bus Terminal der gleich neben dem Bahnhof liegt. Die Busfahrt nach Haukeliseter dauerte gute sechs Stunden und ich bekam bereits hier etwas von der wunderschönen Natur Norwegens mit. Um gut 15:30 Uhr komme ich in Haukeliseter Fjellstue (Berghaus Haukeliseter) an. Es ist ein Ort der vielleicht mit der Flüela-Passhöhe zu vergleichen ist. 

Im dortigen Shop löse ich den Mitgliederausweis für den DNT (Den Norske Turistforening) mit dem ich in den Hütten verbilligte Tarife auf  Übernachtung und Lebensmittel bekommen werde. Zudem brauchte ich noch eine Gaskartusche und eine Wanderkarte. Ich hatte vorgängig via E-Mail angefragt, ob ich diese Dinge dort bekommen werde. Bei schlechten Wetter hätte ich im Massenlager übernachtet. So wie es jetzt war, startete ich noch am Abend um bereits ein paar km der ersten Etappe unter die Füsse zu nehmen und ein erstes Mal im Zelt zu übernachten.
 
 
 
Durchquerung der Hardangervidda von Süden nach Norden.

21.07.2013 Haukeliseter - Mannevatn

Als ich losmarschiere, ist es etwa halb fünf Uhr. Die Sonne scheint allerdings noch so hell, dass man das Gefühl hat, es werde noch lange nicht dunkel. So war es dann auch und ich wusste das natürlich. Der erste Aufstieg von etwa 150 Höhenmeter geht spielend trotz des ungewohnt schweren Rucksackes. Irgendwann merke ich sogar, dass ich die Trekkingstöcke noch immer am Rucksack hatte, anstatt sie als Gehhilfe einzusetzen. Sie sollten mir im Verlauf der Tour gute Dienste leisten. Vor allem bei Bachüberquerungen und steilen Abstiegen.
 
Nach etwa sieben Kilometern baue ich mein Zelt am Fusse des Nupps Egga auf, nahe am See Mannevatn. Die Mücken lassen mich hier einigermassen in Ruhe das Abendessen kochen und essen. Um 23:37 schreibe ich meine letzten Zeilen in mein Tagebuch, und zwar ohne Licht, allerdings mit Vollmondunterstützung. Der erste Tag war bereits ein Highlight und der Wetterbericht sagte weiterhin gutes Wetter voraus.


22.07.2013 - Start am Mannevatn in Richtung DNT-Hütte Hellevassbu

Als ich um 07.00 Uhr den Reissverschluss des Zeltes öffne, strahlt mir bereits wieder die Sonne entgegen. Ich hatte recht gut geschlafen und war jetzt voller Tatendrang. Nach einem Kaffee und einer Portion Müesli, das übrigens auch mit Milchpulver gut schmeckt, breche ich mein Zelt ab und verstaue alles wieder. Möglichst immer gleich, denn nur so findet man sein Zeug in einem grossen Rucksack wieder. Ich bin noch keine zwanzig Meter gelaufen, als auf der gegenüberliegenden Hangseite sieben Rentiere bergwärts davonspringen. Es sollten die ersten und einzigen auf der Tour sein, die ich zu Gesicht bekam. Wie mir Einheimische später erklären, solle ich sogar Glück gehabt haben, weil das zu dieser Jahreszeit eher selten sei.

Der Aufstieg vom Mannevatn hinauf zu Holmasjøn brachte bereits das nächste Highlight. Die Seenlandschaft bei diesem Wetter ist atemberaubend schön und die Seen tiefblau, das Wasser glasklar. Ich hatte wirklich ein Riesenglück, die Seen bei bestem Wetter zu sehen. Bei schlechtem Wetter, wechselt die Farbe der Seen dramatisch in ein tristes graugrün und auch die Temperaturen fallen schnell, wenn der Himmel bewölkt ist. Bald überquere ich die erste Hängebrücke, von denen ich so viel gelesen hatte. Sie sind nur etwa drei Monate montiert. Danach werden sie wieder abgebaut und verschwinden wohl unter einer dicken Schneedecke. Es gibt sehr viele kleine Auf- und Abstiege, bei denen häufig noch recht grosse Schneefelder zu queren sind. Selten sind die Höhenunterschiede mehr als 200 Meter. Ich komme recht gut voran. Nur meine Kamera meldet mir gleich am zweiten Tag „Objektivfehler“ und lässt das Objektiv immer wieder einfahren. Mit einer Plastikgabel schaffe ich es irgendwie, die verbogenen Lamellen zu richten, so dass es schliesslich wieder ausfährt. Die Fotos haben allerdings alle eine schwarze Ecke oben links. Nach ein paar Aufnahmen löst sich dann auch dieses Problem von selbst wieder und ich kann wieder normal filmen und fotografieren.
 
Hellevasbu liegt am Nordende des Øvre Hellevatnet. Ich kaufe mir dort eine Büchse Lapskaus (Eintopf) und kann sie gleich in der Hütte zubereiten und essen. Ich kann so meine Gaskartusche etwas schonen, die ich sicher noch brauchen werde. Ich relaxe ein paar Stunden vor der Hütte und unterhalte mich mit Tor, dem Hüttenwart (Hyttevakt). Ich entschliesse mich schliesslich weiterzulaufen, um meinen Vorsprung auf meine Marschtabelle einhalten zu können. Etwas schweren Herzens verlasse ich die gemütliche Hütte und steige den Hang Richtung Buadalen auf. Oben angekommen geht es über ein schneegefülltes, breites Couloir runter zu einem See bei Sigridtjørni. Dieser Platz wurde mir von Tor für das Nachtlager empfohlen. Es ist ein idealer Platz um das Zelt aufzustellen. Dummerweise bläst gerade kein Lüftchen und die Mücken fressen einem fast auf. So koche ich eine Suppe im Zelt  und mache die „Schoten“ schon bald ganz dicht um Ruhe zu haben von den Plagegeistern.


23.07.2013 Sigridtjørni - Litlos

Der nächste Morgen geht gleich weiter mit den Mücken und beim Morgenessen muss ich in Bewegung bleiben. Plötzlich kommt etwas Wind auf und die Mücken sind plötzlich "wie weggeblasen". So schlimm wie es an diesem Platz war, sollte es auf der ganzen Tour nicht mehr werden. Der weitere Verlauf der Tour führt mich über zahlreiche und zum Teil grosse Schneefelder. Die unendliche Weite der Vidda wird mir jetzt so richtig bewusst. Ich laufe stundenlang, ohne jemand zu treffen. Trifft man tatsächlich einmal jemand, bleibt es häufig auch nur bei einem kurzen „Hej“ und man läuft weiter.
 
Die Temperatur ist ideal zum Laufen und geht manchmal über zwanzig Grad. Die durchschnittlichen Temperaturen sollen gemäss Führer eher zwischen 5 bis 8 Grad liegen und ich war eher darauf eingestellt, Regen und eventuell auch mal  Schnee zu haben. Bereits am frühen Nachmittag erreiche ich die bediente Hütte Litlos. Diese wird einmal wöchentlich von einem Wasserflugzeug angeflogen, das auf dem Litlosvatnet landet. Die Hütte hat Strom (Generatoren) und warme Duschen gegen Bezahlung. Wer es sich leisten kann, kann hier sogar ein Bier trinken. Das Nachtessen und Morgenessen am nächsten Tag war ausgezeichnet.

24.07.2013 Litlos - Harteigen – Torehytten

Nachdem ich die Akkus meiner Kamera wieder laden konnte, breche ich am Morgen auf mit dem Ziel, den Hårteigen zu besteigen. Bereits gestern konnte ich den Tafelberg von weit her sehen. Ich werde aber auch heute nochmals sechs Stunden laufen, um dort anzukommen. Nicht umsonst heisst Hårteigen „Grauer Wegweiser“. Das Wetter ist noch immer strahlend blau und ich freue mich auf die Aussicht vom Hårteigen.
Am Fusse des Hårteigens hat es weitere Tourengänger, die ihre Rucksäcke platziert haben, um den Aufstieg ohne Ballast in Angriff zu nehmen. Ich kann die Deckeltasche meines Rucksackes zu einem Tagesrucksack umfunktionieren und kann so das Nötigste mitnehmen. Der Aufstieg führt über Geröll durch ein Couloir, das an einer etwas ausgesetzten Stelle mit einem Fixseil ausgestattet ist. Allerdings würde ich mich diesem Seil nicht anvertrauen und es sieht so aus, als ob es schon ein paar Jahre hängen würde.
Die Aussicht auf dem Gipfel mit riesigem (3m hohen) Steinmann verschlägt einem die Sprache. Man sieht kilometerweit auf alle Seiten. Gegen Süden hat es eigenartigerweise noch mehr Schnee als gegen Norden. Eventuell liegt es daran, dass man so nur in die Nordhänge schaut. Ich konnte es mir nicht erklären. Nach gut einer Stunde steige ich ab und nehme die letzten km bis nach Torehytten unter die Füsse. Nach dem Abstecher auf den Gipfel, scheint mir der Rucksack jetzt wieder enorm schwer. In Torehytten angekommen, lasse ich mir es nicht nehmen, es ein paar Verwegenen nachzutun und ein Bad im eiskalten Wasser im See neben der Hütte zu nehmen. Allerdings blieb es ein kurzes Vergnügen.

25.07.2013 Torehytten - Hadlaskard - Hedlo

Der nächste Morgen brachte ein paar Wolken, die Sonne schien aber noch immer. Für diesen Tag hatte ich eine kurze Etappe von 10 km zur nächsten Hütte in Hadlaskard geplant. Die Etappe beinhaltete auch die erste Furt durch einen Bach. Ich hatte dafür ganz leichte Schuhe mit Gummisohlen und Nylonmash gekauft, die ich am Abend auch in den Hütten anziehen konnte. Beim Filmen der Furt Passage passierte mir dann ein Missgeschick. Offenbar war ich zu sehr auf das Filmen konzentriert, dass ich nicht bemerkte, dass sich am anderen Ufer angekommen ein Wanderschuh vom Rucksack löste und vom Ufer ins Wasser fiel. Erst fünf Minuten später, als ich den Rucksack bereit machte und die Schuhe wieder anziehen will, bemerke ich den Verlust. Als ich die paar Meter zum Bach zurückspringe, ist zu meinem Entsetzen kein Schuh mehr zu finden. Ich springe schon fast in Panik ein paar Meter bachabwärts und finde ihn tatsächlich im Wasser wieder. Er hatte sich in einem Busch verhakt, der ins Wasser hing. Tja, Glück muss man haben! Ansonsten wäre hier meine Tour zu Ende gewesen, bzw. eben nicht und die nächsten zehn Kilometer in „Gummitäppeli“ bis zur nächsten Hütte bestimmt kein Vergnügen. Zudem wäre ich auch dort nicht einfach aus der Vidda „ausgestiegen“. Erst nach weiteren gut zwanzig km hätte es in Liseth die Möglichkeit gegeben, in einen Bus zu steigen der dort zweimal täglich vorbeifährt.
 
Nach diesem Schreck lief ich dann auch noch in ein Gewitter. Auf solches Wetter war ich allerdings vorbereitet und das machte mir kein grosses Kopfzerbrechen. Zumal der Regen nicht lange anhielt. Ich war trotz Zwischenfall sehr schnell in Hadlaskard. Ich kochte mir in dieser Hütte eine Suppe und beschloss, trotz des Regens, der jetzt wieder einsetzte noch bis zur 10 km entfernten Hütte Hedlo weiterzulaufen.

Nach dem Regen sah ich plötzlich überall Frösche und auch die Mücken waren wieder angriffslustig. Ziemlich müde erreiche ich gegen Abend Hedlo, eine private Hütte, die ziemlich überfüllt war. Ich wollte nur meine Akkus laden und entschied mich, auf der Wiese vor der Hütte im Zelt zu übernachten, was bei allen Hütten gestattet ist. Es muss dabei ein gewisser Abstand eingehalten werden.


26.07.2013 Hedlo – Liseth

Bereits um sieben Uhr wurde ein Kompressor vor der Hütte eingeschaltet, der mich aus meinen Träumen riss. Ich döste noch eine Weile vor mich hin und begann schliesslich, mein Zelt abzubrechen, das in der Sonne wieder ganz austrocknen konnte. Über Nacht hatte es noch eine Weile geregnet. Erst gegen Mittag starte mich meine nächste Etappe in Richtung Liseth. Die Vidda ist hier etwas tiefer gelegen (etwa auf 1000m) und dadurch ist die Vegetation hier etwas üppiger. Es wachsen hier bereits Sträucher und kleine, etwa zwei bis drei Meter hohe Birken. Es geht von hier aber gleich wieder aufwärts auf das Fljodalsfjellet. Ich sehe, dass ein mir entgegenkommender Trekker das Handy am Ohr hat. Ich krame mein Handy aus dem Rucksack und habe tatsächlich Empfang und kann mich zu Hause melden und berichten. Bisher hatte ich nirgends Empfang. Auf dem Hårteigen soll man ebenfalls Empfang haben, dort war mein Akku blöderweise leer.

Man sieht hier von einem Rücken runter in den Eidfjord was ein sehr eindrucksvolles Bild ist. Bei einem Abstieg überhole ich zwei Wanderer. Wahrscheinlich standen sie genau vor einem Wegweiser, der mich in die richtige Richtung gewiesen hätte. So laufe ich leider ein paar km talwärts und merke viel zu spät, dass ich nicht mehr auf der richtigen Route bin. Als ich es bemerke, bin ich ziemlich demoralisiert. Zumal mir heute auch die Füsse erste Probleme bereiten. Durch den schweren Rucksack schmerzen meine Fusssohlen ziemlich. Es nützt nichts, ich muss zurück, und zwar wieder bergwärts. Ich habe wohl gegen drei Stunden verloren. Dazu passt wohl, dass ich gerade hier nichts zu trinken finde, was bisher absolut gar kein Problem gewesen war. Ich befasse mich mit dem Gedanken, eine Suppe zu kochen oder sogar das Zelt aufzustellen und auszuruhen. Bis nach Liseth sind es zwar nur noch sieben km. Schliesslich ringe ich mich durch, ohne zu essen weiterzulaufen. Für die 7 km brauche ich aber nochmals fast drei Stunden. Der Weg war stellenweise sehr sumpfig und meine Füsse schmerzten immer mehr, so dass ich mich öfters setzen musste und etwas Linderung zu haben.

Erst gegen 22:00 Uhr komme ich ziemlich erschöpft in Liseth an und muss mir mein Abendessen im Zimmer auf meinem Kocher selbst zubereiten, da das Abendessen längst serviert war.
 
 27.07.2013 Liseth – Rembesdalseter

Nach einem ausgezeichneten Frühstück starte ich recht früh in Richtung Rembesdalseter und laufe gleich zu Beginn falsch. Diesmal bemerke ich den Irrtum aber schnell, weil keine Markierungen mehr vorhanden sind und ich gehe die 200-300m wieder zurück. Das Wetter ist jetzt nicht mehr ganz so gut aber noch immer trocken. Die Wege sind hier allerdings häufig ziemlich morastig oder führen über Bohlen. Nach gut einstündigem Aufstieg geht es zwischen dem Store Ishaug (1485m) dem Vetle Ishaug (1303m) hindurch wieder leicht bergab zum Skytjedalsvatnet. Kurz bevor man zu diesem See kommt, ist der Weg so schlecht und sumpfig, dass auch Flossen anstatt Wanderschuhe nicht ganz falsch gewesen wären. Nach einem kurzen, aber steilen Aufstieg hoch zu Torkjelshøgda sieht man zum ersten Mal den Gletscher des Hardangerjøkulen und von weitem auch die Hütte meines Tagesziels Rembesdalseter. Die Querung von Moldnuten unterhalb des gewaltigen Gletschers ist etwas vom imposantesten der ganzen Tour. Schon von weitem hört man das Wasser der unzähligen Bäche rauschen,  die sich aus dem Gletschereis ergiessen. Nochmals führt der Weg über eine imposante Hängebrücke. Das Wasser fliesst hier so schnell, dass einem schwindlig wird vom runter schauen. Noch eine letzte, mühsame Querung und ich stehe vor der Hütte von Rembesdalseter. Die „Hyttevakt“ sieht mich schon von weitem kommen und heisst mich als einzigen Gast willkommen. Ich könne mir das Zimmer und Bett aussuchen – ich sei alleine. Auch sie werde morgen abreisen. Es sei der letzte Tag ihres dreiwöchigen Aufenthalts auf der Hütte.
 
28.07.2013 Rembesdalseter – Finse
Es ist sehr windig und einiges kälter als ich am nächsten Morgen die Türe der Hütte aufmache und ins Freie trete. Der letzte Tag bis nach Finse, sollte mir noch den Eindruck der Hardangervidda geben, den ich eigentlich mehrheitlich erwartet hatte. Es ist bewölkt, windig und regnerisch und entlang des Ramnabergvatnet so kalt, dass ich die Handschuhe anziehen muss. Der ständige Wind der stellenweise wohl bis zu 100 km/h bläst, lässt einem auch hinter grossen Steinen keine Ruhe. Unter solchen Umständen hätte ich die ganze Tour wohl kaum geschafft. Im Wissen, nur noch gute 10 Km bis zum Ziel vor mir zu haben, macht mir dieses Wetter nichts aus. Von Dyrhaugane bis nach Finse ist es ziemlich flach, aber der Weg zieht sich noch ewig dahin bis zum Bahnhof von Finse. Die letzten Kilometer laufe ich sozusagen als krönenden Abschluss noch in strömendem Regen und ich mache mir nicht mal die Mühe, den Regenschutz auszupacken. Ziemlich durchnässt komme ich beim Bahnhof an. Es ist ein befreiendes Gefühl hier anzukommen. Es sieht genauso aus wie auf den vielen Bildern die ich im Internet fand.  
Leider ist mit Finse aber auch meine Tour zu Ende. Allerdings bin ich auch ziemlich müde und ausgelaugt, als ich den letzten halben km zur Finsehytte unter die Füsse nehme.  
 
Mein Fazit der Tour

Ich hatte „riiiiesiges“ Wetterglück und konnte sieben der acht Tage bei sonnigem, teilweise strahlendem Wetter laufen bei manchmal wohl über 20 Grad. Das ist wohl eher die Ausnahme und man sollte mit durchschnittlichen Temperaturen von 5 bis 8 Grad rechnen. Die Natur in der Hardangervidda ist sehr abwechslungsreich und grösstenteils unberührt, bis auf die Wege, die von Hütte zu Hütte führen. Die Wege sind überall gut markiert mit „T“, was für Tur steht. Manchmal ist vom Weg allerdings nichts zu sehen und man läuft mehr in einem ausgetrocknetem Bachbett oder durch Sumpf.

In den höheren Lagen ab 1‘200m ist die Vegetation karg und entspricht aufgrund der nördlichen Breite etwa der, die bei uns auf 2‘500m vorkommt. Es wachsen nur noch Gras und Flechten. Etwas tiefergelegen trifft man Heidelbeerstauden und diverse Büsche an. Einen guten Zeltplatz zwischen den Büschen und Stauden zu finden der auch noch trocken ist, ist deshalb nicht überall einfach. Auf etwa 800m wachsen dann auch kleine Bäume wie etwa Birken. Die Flora ist fast die gleiche wie bei uns und ich habe die meisten Blumen gekannt.

Das System der Hütten funktioniert sehr gut und ich war mit Zelt sehr flexibel. Die Hütten müssen Wanderer grundsätzlich aufnehmen, auch wenn sie voll sind. Das führt dann unter Umständen dazu, dass man im gebuchten Zweierzimmer plötzlich noch einen dritten „Bewohner“ zugeteilt erhält, der mit einer Matratze auf dem Boden schläft. In den bewirtschafteten Hütten hat es teilweise Strom (man darf Akkus laden) und man kann mit Jetons warm duschen. In allen selbstbewirtschafteten Hütten kann man Verpflegung kaufen oder gleich selbst zubereiten.

Unterwegs ist man mehr oder weniger alleine. Je nach Hütte kann man am Abend zehn, zwanzig oder sogar mehr Leute antreffen. Die gute Vorbereitung auf die Tour hatte sich gelohnt. Ich war gut ausgerüstet und trotzdem mit meinem 17-Kilo Rucksack recht leicht unterwegs. Beim Zelt hätte ich wohl auch ein leichtes Drei-Saisonzelt gereicht. Die Gewissheit zu haben, dass es auch einen grösseren Schneesturm standhalten würde, war mir aber wichtig.

Eine wunderbare Tour die ich nur empfehlen kann. Ob ich die ganzen 125 Km bei schlechtem Wetter auch gelaufen wäre, würde ich eher bezweifeln. Ein vorzeitiger Abbruch der Tour wäre eigentlich nur bei Liseth gut möglich gewesen. Hier führt eine Strasse mit Busverbindung durch, die von Geilo kommt und weiter führt Richtung Bergen. Von überall sonst braucht man für den Ausstieg aus der Tour zumindest einen Tag oder je nachdem wo man ist wohl eher zwei Tage.
 
 
 

 



Tourengänger: heluka
Communities: Skandinavien Forum


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Kommentare (9)


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alpstein hat gesagt:
Gesendet am 15. September 2013 um 16:51
Gestern dachte ich noch, wo denn der heluka geblieben ist.

Herzliche Gratulation zu diesem eindrücklichen Erlebnis.

Beste Grüße
Hanspeter

heluka hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. September 2013 um 17:26
Danke Hanspeter!
Ich war tatsächlich lange mit der Vor- und Nachbearbeitung meiner Tour beschäftigt, so dass ich keine Zeit mehr für andere Touren und Hikr hatte. Ich denke, dass sich das wieder ändern wird...
Gruss Heini

Beathead hat gesagt: Merci
Gesendet am 16. September 2013 um 22:09
Für den schönen Bericht aus Norwegen.

TeamMoomin hat gesagt: In
Gesendet am 17. September 2013 um 12:50
einer tolle Ecke Skandinaviens warst du da, und schöne Fotos hast du auch noch mitgebracht toll, merci!

Lg Oli und Moomin

heluka hat gesagt: RE:In
Gesendet am 19. September 2013 um 20:03
Danke euch beiden! Norwegen war die Reise wert!
Gruss Heini

steindaube hat gesagt:
Gesendet am 12. Oktober 2013 um 11:59
Eine tolle Tour! Skandinavien ist schon etwas besonderes... muss man wohl auch mal wieder hin :-)

Mel hat gesagt:
Gesendet am 3. November 2013 um 19:29
sehr schöner bericht mit tollen fotos! das würde mir bestimmt auch gefallen, dort oben! werd ich mir mal vormerken :-)

kenici hat gesagt: Verpflegung
Gesendet am 25. Juli 2017 um 23:12
Hallo Heini

Danke für deinen Bericht!

Ich plane demnächst die gleiche Tour zu machen, allerdings würde ich gerne auf Hüttenübernachtungen verzichten. Da ich aber mit 156cm u. 50kg nicht unbedingt ein Gewichtsträgertyp bin heißt es für mich jedes Gramm zu sparen. Deshalb plane ich Essen für maximal 3 Tage mitzunehmen, und immer wieder bei den DNT Hütten aufzustocken.

Meine Frage wäre welche Nahrungsmittel es bei den Hütten zu kaufen gibt? Gibt es Travel lunch /trek'neat oder ähnliche Dinge? Oder kann man nur Dosen kaufen?

Lg Nicole

heluka hat gesagt: RE:Verpflegung
Gesendet am 26. Juli 2017 um 22:03
Hallo Nicole

Hier mal ein Link auf den DNT. Die Mitgliedschaft lohnt sich, wenn du mindestens 3 mal übernachtest.
Du hast dann in den Hütten und auch auf das Angebot Rabatt:
https://www.dntoslo.no/priser/?_ga=2.168559843.392784729.1501097711-665539850.1496001406

Das Angebot variiert von Hütte zu Hütte. In Litlos (grosse Hütte mit Strom) wirst du wohl eher nichts bekommen, weil dort gekocht wird. Es hat dort sogar warme Duschen und ein Satelitentelefon.
Bei Torrehytten war das Angebot mager, in Hadlaskard (sehr schöne heimelige Hütte) sehr gut. Auf das Selbstbediener-Angebot der Hütte würde ich mich nicht zu sehr verlassen.
Es hat solange es hat - und gerade bei Lebensmitteln wie Knäckebrot die lange haltbar sind, schau auf's Verfalldatum. Die waren z.T. nicht mehr zu geniessen (ich bin überhaupt nicht heikel).
Es wird im Frühjahr aufgefüllt und meines Wissens nicht mehr nachgefüllt. Auf den Fotos in Hikr
siehst du das Angebot von Rembesdalseter (recht gut) und von Hadlaskard (sehr gut).

Zucker, Milchpulver und Tee bekommst du sicher überall und vermutlich auch Suppen und Pudding, Guetzli. Ich mag die Dosen mit Lapskaus (Kartoffel-Eintopf). Wenn du Fleisch magst, gibt es die Rentier-Kakker.

Das sind Fleischklösse - sind im Geschmack aber etwas gewöhnungsbedürftig. Die Bixit-Guetzli sind ebenfalls gut...

Hier noch weitere Links: www.ut.no (Karte)
www.yr.no (Wetter)

Dann wünsche ich dir "god tur!" - ich starte in gut zwei Wochen meine fünfte Norwegen-Tour in Narvik. Ich habe übrigens Videos von meinen Touren auf Youtube: https://www.youtube.com/channel/UCAI9GTHqRipvrGoNUgRQKiw


Hilsen fra Bad Ragaz - Heini


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