Harteigen (1690m) mit Durchquerung der Hardangervidda


Publiziert von pame , 2. April 2010 um 05:13.

Region: Welt » Norwegen
Tour Datum:12 August 2005
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: N 
Zeitbedarf: 5 Tage 2:00
Strecke:Haukeliseter - Mannevatnet - Hellevassbu - Litlos - Harteigen - Torehytten - Stavali - Kinsarvik
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Haukeliseter an der E134 zw. Oslo und Haugesund
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Kinsarvik an der 13 zw. Odda und Geilo
Unterkunftmöglichkeiten:Huetten und Fjellstationen

Eigentlich sollte es ja besser heissen: "Hardangervidda mit Besteigung des Harteigen". Die Hardangervidda ist eine weite Hochebene im Sueden Norwegens. Wobei man sich von der Bezeichnung "Ebene" nicht in die Irre fuehren lassen darf. Gerade der westliche Teil ist sehr gebirgig, mit Bergkuppen, Felswaenden und steilen Schneefeldern. Sie liegt in einer Hoehe von 1000m bis 1700m. Die Landschaft ist groesstenteils baumlos und von Wiesen und Fels sowie vielen Fluessen und Seen gepraegt.

Anm.: Die Schwierigkeitsangabe T5,II gilt nur fuer die Besteigung des Harteigen auf der Normalroute. Ohne diese ist die gesamte Hardangervidda-Durchquerung nur mit T2 anzusetzen. Die Angabe der Gesamthoehenmeter ist schwierig, da die Route so lang ist. Ich wuerde schaetzen, dass man jeden Tag wegen des vielen Auf und Ab mindestens 700-800Hm hat, bei etwa 5-7h Nettogehzeit.

Ich habe mit einem ehemaligen Studienkollegen die Hardangervidda in 5 1/2 Tagen von Sued nach Nord durchquert, mit Uebernachtungen im Zelt und in bewarteten Huetten. Dabei haben wir auch Harteigen (1690m) "mitgenommen", einen markanten, freistehenden Tafelberg. Eine komplette Detailbeschreibung der Gesamtroute wuerde natuerlich den Rahmen dieses Berichtes sprengen. Deswegen nur eine Zusammenfassung.

Die Etappen waren (Ausgangsort - ungefaehre Wanderzeit - Ankunftsort):
  1. Bus von Oslo nach Haukeliseter (1000m) - 2h - Mannevatnet (Zelt, 1200m)
  2. Mannevatnet - 5h- Hellevassbu (Huette, 1170m)
  3. Hellevassbu - 5h - Litlos (Fjellstation, 1180m)
  4. Litlos - 7h (mit Besteigung v. Harteigen, 1690m) - Torehytten (Huette, 1330m)
  5. Torehytten - 5h - Stavali (Huette, 1000m)
  6. Stavali - 6h - Kinsarvik (Hotel, 5m)

1. Tag:
Wir nehmen einen Ueberlandbus von Oslo, der am Nachmittag in Haukeliseter (1000m), einer Fjellstation an der Strasse, etwa auf halber Strecke zwischen Oslo und Bergen, ankommt. Die erste Etappe zur Hellevassbu waere allerdings auch die Laengste, mit 7h Nettogehzeit, und das mit schweren Rucksaecken. Deswegen, und weil wir so spaet dran sind, gehen wir nur etwa 2h und schlagen am ersten, groesseren See (Mannevatnet) nach Ueberschreitung der ersten Anhoehen (vielleicht 200Hm) unser Zelt auf. Das Wetter ist sehr gut, sonnig und nicht zu warm.

2. Tag:
Auch wieder gutes, sonniges Wetter. Heute ueberschreiten wir die Grenze zum eigentlichen Nationalpark Hardangervidda. Gelegentlich, etwa alle Stunde, treffen wir auf andere Wanderer. Der Weg ist am Boden gut sichtbar und hervorragend mit einem roten "T" auf Felsbloecken markiert. Gelegentliche Schneefelder sind zu queren. Alle groesseren Fluesse werden auf Bruecken ueberquert. Am Nachmittag sehen wir schon von weitem die Hellevassbu-Anlage, bestehend aus 3 eher kleinen Huetten. Die Hellevassbu ist eher schwach belegt. Wir sind zu zweit in einem Vierbettzimmer. Wie auf den meisten, skandinavischen Huetten, versorgen wir uns selbst, d.h. Wasser holen (im See), kochen, abwaschen, etc. machen wir selbst. Der Huettenwart sieht nur ab und zu nach dem Rechten. Strom und fliessendes Wasser gibt's nicht. Plumpsklo ist draussen.

3. Tag:
Das Wetter haelt noch. Es geht mal wieder 200m eine Anhoehe hoch. Die Landschaft sieht ungefaehr so aus wie in den Alpen auf ca. 2000-2500m, nur flacher und viel weiter ausgedehnt. Scheinbar endlos wechseln sich Grashuegel, Schneefelder und Seen in alle Richtungen ab. In vielen Seen schwimmen noch kleine "Eisberge" herum und schimmern blau in dem klaren Wasser. Als wir den hoechsten Punkt der heutigen Etappe erreichen, sehen wir zum erstenmal Harteigen am Horizont. Der Tafelberg hebt sich markant von der umgebenden Landschaft ab, die er um mehrere hundert Meter ueberragt. Noch sind wir knapp 2 Tagesmaersche entfernt. Langsam ziehen auch sehr dunkle, bedrohlich aussehende Wolken auf. Es bleibt aber trocken. Es geht in einen weiten, gruenen Talkessel mit einigen Schaeferhuetten. Dann sieht man schon von weitem die Litlos Huettenanlage, unser heutiges Tagesziel. Die Litlos ist recht gross, eine richtige Fjellstation, mit Restaurant, Duschen und elektrischem Strom. Sie bildet einen Knotenpunkt des Wegenetzes im westlichen Teil der Vidda. Eine junge Daenin, die hier den Sommer ueber mit ein paar Kollegen als Bedienung arbeitet, versorgt die Gaeste. Sie sagt, hier in Norwegen kann sie auf diese Weise richtig viel Geld verdienen. Ein interessanter Arbeitsplatz: Immerhin muss man, um ueberhaupt hier herzukommen, zwei volle Tagesmaersche auf sich nehmen. 

4. Tag:
Heute kommt eine etwas laengere Etappe, aber so langsam kommen wir in einen guten Tagesrythmus rein. Die Rucksaecke werden auch etwas leichter. Wieder haelt das Wetter mit viel Sonnenschein am Morgen. Die Route steigt langsam auf ca. 1400m an, und das Gelaende wird felsiger und kahler. Die Haelfte der Zeit gehen wir auf Schneefeldern. Harteigen kommt jetzt voll ins Blickfeld. Der Tafelberg ist umgeben von senkrechten Felswaenden. Nur an einer Stelle sehen wir eine Bresche in der Felsbastion. Das muss die Normalroute sein. Wir legen die Rucksaecke am Weg ab. Zuerst fuehrt eine Halde mit grobem Blockschutt in die Rinne hinein. Im oberen Teil der Rinne liegt noch viel Schnee. Hier treffen wir auch auf eine deutsche Gruppe. Zuerst muessen wir etwas suchen, um die beste Route zu finden. Von den Fixseilen ist nichts zu sehen. Es gilt eine kurze IIer Stelle zu ueberwinden. Weiter oben finden wir das Seil, das teilweise unter dem Schnee begraben liegt, es wird aber nicht wirklich gebraucht. Die Kraxelei ist schnell vorueber und wir treffen auf einen sehr ausgesetzten, aber sogar mit einem Gelaender gesicherten Weg, der sich auf der nordoestlichen Seite um die Felswaende herum zieht. Das Gipfelplateau ist im Wesentlichen ein weiter Kessel, von dessen Raendern man normalerweise eine tolle Aussicht ueber den gesamten westlichen Teil der Vidda hat. Heute zieht allerdings Nebel auf; die Wolkenuntergrenze ist ziemlich genau auf der Hoehe des Gipfelplateaus. Deswegen bleiben wir nicht lange und machen uns nach dem Abstieg auf den nicht allzulangen Weg ueber einen langgestreckten Ruecken hinunter zur Torehytten. Die Torehytten ist eher klein und nur mit 5-6 Leuten belegt. Einer der anwesenden Wanderer bereitet sich das Abendessen bei Kerzenschein zu, uebernachtet aber draussen im eigenen Zelt.

5. Tag:
Heute geht's zur Stavalihuette. Das Wetter hat sich jetzt endgueltig verschlechtert. Es regnet praktisch durchgehend. Ansonsten verlaeuft der Tag ereignislos. Landschaftlich befinden wir uns jetzt wieder auf etwas niedrigerer Hoehe, die Gegend ist deswegen viel gruener. Stavali ist wieder eine grosse Fjellstation, es gibt sogar einen Wasserhahn mit fliessendem, kalten Wasser in der Kueche. Aber viel wichtiger ist der grosse Trockenraum, wo wir die nassen Kleider und Schuhe trocknen lassen koennen. Die Station ist gut besucht. Beim Zubereiten des Abendessens muessen wir uns wegen der anderen Kuechenbenutzer etwas gedulden. 

6. Tag:
Am naechsten Morgen ist es neblig aber es regnet nicht. Wir machen uns auf die letzte Etappe, die uns von der Stavali auf etwa 1000m ganz runter bis auf Meereshoehe nach Kinsarvik, einen kleinen Ort am Eidfjord, bringen wird. Es geht zuerst eher flach bis zu einer felsigen Kuppe, wo man dann unvermittelt ueber dem tief eingeschnittenen Tal steht. Allerdings hat man heute nicht viel Aussicht, da sich im Tal noch viele Wolken des gestrigen Schlechtwettertages halten. Auf dem Wanderweg geht's steil runter in den Nebel hinein, bis die ersten Baeume auftauchen. Nach 6 Tagen auf der baumlosen Vidda ein ungewohnter Anblick. Weiter unten erreichen wir flacheres Gelaende mit einem beeindruckenden Wasserfall. Hier sind auch einige Holzbaenke und -tische und wir treffen auf die vielen Tagestouristen, die von Kinsarvik aus einen Ausflug zum Wasserfall machen. Ab hier wird es immer "zivilisierter", zuerst wird der Wanderweg zu einem Fahrweg, dann kommt eine Schranke, und dahinter dann auch schon die ersten Autos, deren Laerm und Gestank nach 6 Tagen Wildnis besonders unangenehm wirken.
 
Fazit: Die Hardangervidda eignet sich hervorragend fuer Trekking, bzw. Mehrtageshuettentouren. Das Gelaende ist nie besonders schwierig. Gut ausgebaute Wanderwege und Huetten ueberziehen die gesamte Vidda, sodass man immer nur ein paar Stunden von der naechsten Huette entfernt ist. Man braucht eigentlich kein Zelt. Die Huetten sind zwar sehr einfach, aber trotzdem viel angenehmer als die ueberfuellten Matratzenlager in den Alpen. Fuer Nordeuropa ein grosser Vorteil ist, dass man sich die ganze Zeit ueber der Baumgrenze bewegt, und damit auch von den beruechtigten Muecken verschont bleibt (diese koennen einem die ganze Tour ruinieren).

Tourengänger: pame
Communities: Skandinavien Forum


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