Obertalstock (2833m)


Publiziert von Pasci , 17. September 2012 um 21:27. Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:16 September 2012
Klettern Schwierigkeit: V (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 10:30
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 800 m

Die Tour auf den Oberalpstock hätte viele Titel verdient. Etwa "Aus einfach mach schwierig" oder "Überraschungen am Obertalstock" oder "Es ist nichts, wie es scheint".

So beschreibt der SAC Führer Zentralschweizer Alpen diese Tour: 

3c, 1 1/2 bis 2 Std für die Kletterei.

Schöne, alpin eingerichtete Gratkletterei in garantiert einsamer Umbegung. Zackenschlingen, Friends und Keile ergänzen die Absicherung.

Zugang: Von der Sustenpassstrasse (ca. 2060) in 2 Std. durch das Obertal auf den östlichen Obertal-Gletscher und durch ein Couloir zum Einstieg auf ca. 2700m.

Abstieg: Vom Gipfel 2x20m nach Norden abseilen, 1x20m nach Osten und über den östlichen Opertal-Gletscher zurück zur Sustenstrasse.
 

Und so haben wir es erlebt:
 

Zustieg: Vom kleinen Parkplatz gleich oberhalb dem kurzen Tunnel (Pt 2039) auf den gut erkennbaren Wegspuren links (westlich) vom Bach bis ca Pt. 2516 laufen. Im oberen Abschnitt weisen Steinmännchen den Weg. Markierungen gibt es nicht. Nun rechts haltend auf den Gletscher.

Wir sind den vorhanden Spuren im Schnee gefolgt und auf der östlichen Seite des Gletscher hochgestiegen mit der Idee, ihn im oberen, flacheren Teil nach Westen, an den Fuss des Obertalstocks, zu queren. Oben angekommen mussten wir feststellen, dass der Gletscher auch im flacheren Teil ziemlich spaltig ist und wir eine Querung, parallel zu den Spalten und bei tückischem Restschnee, nicht riskieren wollten. Also sind wir wieder abstiegen und haben den Gletscher weiter unten gequert. Hier hat es zwar weniger Spalten, dafür ist er deutlich steiler. 

Kaum hatten wir den Gletscher verlassen ging es steil über eisüberzogene Steine, Schotter, Sand und gefrorene Schneeresten zum Einstieg in die gut erkennbare südlichste Scharte des Obertalstocks. 

Wir brauchten für den Zustieg, inkl Umweg, 3h, Schwierigkeit T4, L.

Kletterei: Einen Einstieg haben wir vergebens gesucht. Auch Spuren oder abgenutzte Flechten konnten wir nicht erkennen. Der Fels sah absolut jüngfräulich aus.  Wir haben den ersten Felsturm umklettert und sind so einfach in die zweite Scharte gelangt. (III) Weiter dem Grat folgenden, erst links abbiegend, dann rechts abbiegend in relativ einfacher, genussvoller aber ausgesetzter Kletterei bis an die Wand mit der Schlüsselstelle (III). Bis hier hin war kein einziger Bohrhacken oder ähnliches vorhanden - Selbstabsicherung sollte beherrscht werden! Die Schlüsselstelle ist mit 3c bewertet und plötzlich erblickt man ein paar wenige Schlaghacken in der Wand. Hier rauf soll das gehen? Prost Nägeli!

Diese Seillänge hat's definitiv in sich. Reibungskletterei, ein paar Risse für die Hände und das ganze in sehr steilem Fels. Mit den Tourenschuhen war das für mich sehr am Limit und ich bin mir ganz sicher, dass 3c mehr als untertrieben ist. Wir würde diese 30 Metern mit 5a - 5b bewerten, auch wenn wir vielleicht etwas aus der Übung sind! Kommt hinzu, dass die vorhandenen Schlaghacken auch nicht wirklich sportklettertechnisch montiert sind. 

Bei der nächsten Seillänge stand erste ein schmaler Grat und dann ein Abklettern eines Felsturms auf dem Programm. Leider war die Abkletterstelle voll mit Schnee und sehr rutschig und für uns ein absolutes No Go! Wir haben uns dann entschieden, den Turm zu umlaufen (siehe Bilder). 

Die letzte Seillänge ist dann wieder steil und unseres Erachtens auch über 3c, dafür wieder mit Schlaghaken ausgestattet. Die Schwierigkeit beträgt hier ungefähr 4b und wir konnten sie richtig geniessen!

Für die ganze Kletterei, inkl. Chrampf im 5a und Umlaufen des Turms brauchten wir 3h.

Abstieg: Und schon stand die nächste Überraschung an: Die Abseilpiste verläuft 2x20m über die Nordflanke des Obertalstocks. Leider war die Flanke mit ca 10cm hartem Schnee überdeckt und wir konnten uns nicht vorstellen, wie wir den nächsten Absteilstand hätten finden sollen. Zudem vermuteten wir, dass wir bei dieser Steilheit und Nässe nur sehr schwierig wieder hinaufprusiklen konnten. 

Also entschieden wir uns, über die Aufstiegsroute abzusteilen. Uns war ganz schön mulmig, wussten wir doch nicht, ob unser 60m Seil reichen würde über die schwierige 5a-Kletterstelle - aber auch dafür hatten wir einen Plan ausgeheckt. 

Nach einem stärkenden Mittagessen machen wir uns also auf den Abstieg und es hat alles tip top funktioniert, wenn auch etwas zeitintensiver als über die Normalroute. Zum ersten Mal in meinem Leben musste ich Material am Berg lassen - Gruss an meine Reepschnur! ;-) (2h)

Der Abstieg zum und auf den Gletscher war unterdessen heikler, weil der Schnee butterweich geworden war und die morgens gefrorenen Stellen im Fels ziemlich gefährlich instabil wurden. Wir haben den Gletscher schnell wieder verlassen und sind über die Steinwüste zurück zum Auto marschiert. (1,5h)

Fazit: Mit 3c ist die Kletterei mehr als unterbewertet. Die Gegend ist aber definitiv sehr einsam und wild - Ruhe garantiert! Wer Abenteuer in einer abgelegenen Region sucht, ist hier goldrichtig. Allerdings sollte man sich gewohnt sein, selber abzusichern, inkl. Standbau. Alles in allem sehr zu empfehlen.

Material: 60m Seil (2x50 geht auch), Gstältli, Steigeisen, Eispickel, 18 Express, 1 Satz Keile, 5 Friends, 7 Bandschlingen div. Grösse.


Tourengänger: Pasci, darkthrone


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Kommentare (4)


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Aendu hat gesagt: Gratuliere...
Gesendet am 18. September 2012 um 09:27
...zu dieser eindrücklichen Klettertourund natürlich die schönen Fotos!

Frage: Braucht es wirklich 18 Expressschlingen oder wolltest Du 10 schreiben...?

Gruss, Aendu

Pasci hat gesagt: RE:Gratuliere...
Gesendet am 19. September 2012 um 10:19
Ciao Aendu. Danke! Wir hatten 18 Express dabei. Brauchen tust du mind. 7-10 würde ich sagen, je nach dem wieviel du zusätzlich absichern möchtest und wie lange die Seillängen sind. Auch Friends und Keile haben wir nicht alle benötigt. Unser Motto war: lieber genug Material dabei haben.

Pere hat gesagt:
Gesendet am 18. September 2012 um 17:39
Bravo !
super "berg aventure "

Pasci hat gesagt: RE:
Gesendet am 19. September 2012 um 10:28
Sali Pere! Danke für die netten Worte! In der Tat ein 'Berg Adventure' welches wir nicht so schnell vergessen werden und weiterempfehlen können.


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