Pfingsttour ganz ohne Berge, dafür ein wenig „skaliert“ und „geschanzt“


Publiziert von lainari , 19. Juni 2011 um 13:35.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Oberlausitz
Tour Datum:13 Juni 2011
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 4:45
Aufstieg: 200 m
Abstieg: 200 m
Strecke:15 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Regionalbahn RB 60 Dresden-Görlitz bis Seitschen/Žičeń
Kartennummer:1:50.000, SK Nr. 27 Schirgiswalde und Umgebung

Seitschener Skala, Nedaschützer Skala und Spittwitzer Skala
 
Ich glaube, hier bedarf es zunächst einer Erklärung: Skala (Mehrzahl Skalen) = Oberlausitzer Durchbruchs- oder Engtal, in dem sich ein Fließgewässer im Flach- oder Hügelland tief in den Granodiorit-Untergrund eingeschnitten hat. Entlang dieser Skalen gibt es die Reste einiger sogenannter Skalenburgen zu entdecken, das sind alte slawische Erdwälle und Schanzen, die halbkreisförmig und zum Steilabbruch hin offen angelegt waren. Funden zufolge, waren die Wälle einst auch mit Holz und Steinen verstärkt. Eine Theorie besagt, dass es sich zunächst um - im Innenraum unbebaute - reine Kampfbauten zur Abwehr von Reiterhorden gehandelt hat. Wirksame Waffen gegen größere Reiterscharen gab es noch nicht, so ließ man die Reiter einzeln hintereinander aufgereiht durch einen schmalen Durchgang an der Talseite in den Innenraum, wo sie vom Wall und seinen Laufgräben aus mit Pfeilen eingedeckt wurden. Die Pferde scheuten und jagten über die einzige offene Seite der Burg in den Abgrund. In späterer Zeit sollen die Innenräume dann mit Gebäuden bebaut gewesen sein.
Ein paar der Skalen und Schanzen wollte ich nun auf einer Rundtour besuchen.
 
Als Ausgangspunkt wählte ich den alten Bahnhof und jetzigen Haltepunkt von Seitschen (Žičeń) an der Bahnstrecke Dresden-Görlitz (historische sächs. Bezeichnung GD-Linie). Da die heutige Tour komplett im sorbischen Kulturraum verläuft, habe ich die entsprechenden Ortsnamen jeweils hinzugefügt. Im Alltag besitzt das Sorbische nur noch wenig Bedeutung, aber intensive Traditionspflege und der Tourismus beginnen es wieder aufzuwerten. Am Bahnhof fand ich eine Tafel, der ich entnahm, dass meine geplante Route weitgehend mit dem 6-Schanzenweg der Gemeinde Göda übereinstimmte. Die ungewöhnliche Markierung gelber Kreis sollte mich auf der Strecke begleiten. Auf einer Fahrstraße lief ich hinüber nach Kleinseitschen (Žičeńk), wo ich sogleich links abbog und dem Langen Wasser flussabwärts folgte. Kurz darauf erreichte ich schon den Einschnitt der Seitschener Skala. Rechts den Hang hinaufgestiegen, schaute ich mir die Seitschener Schanze, den Überrest einer der oben genannten Skalenburgen an. Wieder abgestiegen gelangte ich rasch an das Ende des Engtales. Fortan ging es an Feldern vorbei am nun flachen Talhang entlang. Kornblumen und schon reifende Gerste lieferten bei milchigem Sonnenlicht und angenehm lauer Temperatur ein wenig Sommergefühl.
 
Kurz vor Göda (Hodźij) wies die Markierung nach links zum Rückhaltebecken, das wegen Wartungsarbeiten fast vollständig trockenliegt. Gleich darauf folgte eine Verzweigung ohne Hinweis, die Karte zeigte mir später, dass ich das Gewässer hätte links umgehen sollen. Ich hielt mich rechts, verpasste dadurch wohl eine Schanze, bekam aber mehr vom hübschen Ort mit. Es gab einige sehenswerte von Weinstöcken umrankte Umgebindehäuser und vorbildlich renovierte alte Bausubstanz zu entdecken. Ich passierte die Kirche und überquerte die Bundesstraße B 6 um auf dem Pfarrweg und durch das alte Pfarrgut hindurch den Ort zu verlassen. Auf einer Fahrstraße ging es vorbei an einer Apfelplantage, bevor die Route links auf einem Fahrweg wieder ins Tal des Langen Wassers führte. So kam ich nach Dahren (Darin). Gleich hinter der Ortstafel stieg ich rechts den Hang hinauf zur Dahrener Schanze, die sich oberhalb eines Felsriegels befindet. Ich besichtigte das Gelände stieg dahinter wieder ab und zog so eine Schleife zurück zum Zugangsweg. Den musste ich wenige hundert Meter zurücklaufen, um dort nach rechts abzubiegen. Über das Lange Wasser hinüber ging es über eine Wiese und auf offenbar selten genutztem Wanderweg aus dem Tal heraus. Das Gras war kniehoch, nass und der Untergrund schmatzte vor Feuchtigkeit. Am Vortag hatte es hier wohl geregnet. An der Fahrstraße lief ich dann - nach rechts aufgebogen - in nicht ganz feiertäglichem Erscheinen mit nassen und mit Grassamen bedeckten Hosenbeinen entlang.
 
Nach links nahm ich eine kleine von Kirschbäumen gesäumte Allee nach Nedaschütz (Njezdašecy). Dort passierte ich das hübsche kleine Schloss, dass man wohl für diverse Anlässe mieten könne, wie eine Tafel verriet. Kurz danach folgte - unterhalb eine Fischzucht im Blick – der Abstieg ins Tal des Hoyerswerdaer Schwarzwassers, welches hier die Nedaschützer Skala ausgewaschen hat. Dies ist ein recht langes und tiefes Durchbruchstal. An der engsten Stelle kündet ein angefangener Umgehungsstollen vom beabsichtigten Bau einer Talsperre. Wahrscheinlich datiert dies gegen Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre. Glücklicherweise wurde das Projekt zugunsten des Stausees Bautzen aufgegeben. Langsam ansteigend wurde das Tal weiter. Vor einer Brücke, wo ich die Talseite wechseln musste, machte ich Rast bei einer kleinen Bank. Von hohen Brennnesseln gesäumt, war sie nicht recht zum hinsetzen geeignet. Zumindest Rucksack und Proviant konnte man aber dort abstellen. Nach der Stärkung setzte ich den Weg fort, indem ich nach der Brücke links auf einen Wiesenweg abzweigte. Über die Auwiesen ging es am Feldrand entlang. Bei Annäherung flogen öfter kleine braune sowie blaue Libellen auf. Später wechselte ich wieder die Uferseite und der Fahrweg trat in die Spittwitzer Skala ein. Im Bachbett hatte man ein altes Mühlenwehr entfernt und den Bachlauf renaturiert. Ein Stück aufwärts traf ich auf einen wassergefüllten alten Steinbruch und eine Mühlenruine.
 
In Spittwitz (Spytecy) bog ich rechts auf die Fahrstraße ab und sollte kurz nach dem Ortsende laut Markierung nach links abzweigen. Dort befand sich eine umzäunte Weide mit einem Tor. Ganz hinten auf der Weide erblickte ich zwei stattliche Rinder, die nicht sehr vertrauenerweckend dreinblickten. Ich versuchte mir auszurechnen, was mir blühen könnte, wenn sie denn schlechte Laune hätten…
Ich beschloss oberhalb der Weide am Rand eines Rapsfeldes entlangzulaufen. Die Idee war auch nicht so toll, aber wohl alternativlos. Mit erhobenen Armen versuchte ich mich so gut es ging auf dem schmalen Streifen zwischen Raps und brusthohen Brennnesseln und Disteln durchzuschlängeln. Am Wald angekommen stieg ich ins Tal des Silberwassers ab, traf auf den Wanderpfad und gelangte an den Steilhang der Spittwitzer Schanze. Ich stieg hinauf und schaute mich um. Wieder abgestiegen, verleitete mich ein Trampelpfad dazu, weiter flussaufwärts zu gehen. Dann traf ich auf einen Zaun der in ca. 2 m Abstand parallel zum Ufer verlief. Zunächst war genug Platz um weiterzugehen. Das Ufer wurde immer enger, lehmiger und zerklüfteter, der Pfad verschwand, so dass ich über einige Steine auf die andere Seite wechselte. Hier war ebenso wie zuvor auf der anderen Seite ein Trampelpfad, aber umgestürzte Bäume und Gestrüpp machten die Nutzung abenteuerlich. Plötzlich versperrte ein direkt vom Bach im rechten Winkel kommender Zaun den Weiterweg. Ich stieg am Zaun entlang aus dem Tal heraus und fand mich in einer Apfelplantage wieder. An einem Erdbeerfeld vorbei erreichte ich danach die rettende Straße, beim Flurbesitzer wäre meine Aktion sicher nicht auf Verständnis gestoßen. Allen Nach-Wanderern sei dringlich der Rückweg von der Schanze nach Spittwitz nahegelegt. Mit lehmverschmierten Hosen und zerkratzten Armen wanderte ich in der Folge an der Straße nach Rothnaußlitz (Čerwjene Noslicy).
 
An einer Ampelkreuzung konnte ich die belebte Bundesstraße B 6 überqueren und lief weiter durch den Ort. Beinahe am Ortsende ging es links auf den Mittelweg, einen asphaltierten Flurweg. An Feldern vorbei gelangte ich nun zu einem Feuchtgebiet, das aus einigen, teilweise auch verlandeten und verschilften Teichen bestand. Ich begab mich an den Rand, beobachtete und belauschte das Treiben. Ein Ornithologe hätte an der Geräuschkulisse seine wahre Freude gehabt. Zu sehen war nicht allzu viel, ein bräunlicher Greifvogel zog seine Kreise, mein Tipp ging in Richtung Rotmilan oder Rohrweihe. Plötzlich planschte es laut im Wasser, das Schilf krachte und teilte sich sichtbar und ein größeres Tier entfernte sich, hier könnte es sich um ein Wildschwein gehandelt haben. Als wieder relative Ruhe eingezogen war lief ich auf dem Weg weiter und passierte dabei eine Fahrstraße, bevor ich auf einem Feldweg nach Zockau (Cokow) kam. Hier musste ich ein Stück durch den Ort und danach weiter an der Fahrstraße nach Seitschen laufen.
 
Insgesamt eine unschwierige (T 1), interessante Runde auf Feld- und Wiesenwegen sowie entlang wenig befahrener Ortsverbindungsstraßen. Einzig mein nicht ganz regelkonformer Weg im Tal des Silberwassers führte hier zur T 2 Vergabe. Als Umgehung schlage ich vor: zurück Richtung Spittwitz zur Straße, dort nach links, dann nochmals nach links Richtung Cannewitz abbiegen, in Cannewitz wieder links auf die Straße nach Rothnaußlitz abzweigen (+ 1 km).
Für eine eingehendere Betrachtung der Skalen und Schanzen würde sich freilich die blattlose Zeit vom Spätherbst bis zum zeitigen Frühjahr besser eignen.

Tourengänger: lainari


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