Skåla (1843 m) & Stryneskåla (1848 m) ab Sande


Publiziert von Sarmiento , 20. Dezember 2024 um 14:32.

Region: Welt » Norwegen
Tour Datum:31 Mai 2024
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Wegpunkte:
Geo-Tags: N 
Aufstieg: 1850 m
Abstieg: 1850 m

Der angeblich längste Aufstieg Norwegens - das soll der Weg   zu  r   Skåla hoc  h   sei  n. 1850 Höhenmeter am Stück, gibt's hier im hohen Norden sonst nirgendwo. Aha. Aber stimmt das? Schon beim Blick auf die Karte fällt mir nur einige Kilometer weiter südlich auf, dass man die Lodalskåpa ab Höhe des Sees Lovatnet besteigen könnte - und dabei am Stück ca. 2050 Höhenmeter bewältigen müsste. Aber weil man dort rund 500 HM auf einer irrsinnig kleinen Mautstraße mit dem Auto abkürzen könnte (auf der man auch sehr gut Wandern oder Radfahren könnte - ich hab's probiert), wird das eben anders gewertet.

Sei's drum. Wir waren eh in der Gegend, und hatten uns bereits beim Blick auf die Karte in den kleinen Campingplatz Sande am Lovatnet verguckt, der dann auch so schön war, dass wir hier ein paar Tage länger geblieben sind als ursprünglich gedacht. Und wenn schon so ein Berg wie die 
Skåla direkt hinterm Haus steht, dann kann ich den nicht einfach links liegen lassen. Ich musste hoch! Und glücklicherweise bekam ich auch von Frau und Kind den Tag "bergfrei" und durfte mich austoben. :-)

Zunächst ein paar Eckdaten:
 
Zeitbedarf: 9:00 h gesamt
1:15 h ab Sande bis Haugasӕtra
- 2:00 h von Haugasӕtra bis zum Skålavatnet 
- 1:15 h vom Skålavatnet bis auf die Skåla (4:30 Gesamtaufstiegszeit)
- 1:00 h Gipfelrast bzw. Pause auf der Skåla
- 1:00 h Skåla - Stryneskåla und zurück auf die Skåla
- 2:30 h Gesamtabstiegszeit

Sande (45 m) - Haugasӕtra (425 m)

Aus dem kleinen Sande heraus folge ich für ein paar wenige Meter der schmalen Straße (Lodalsvegen) am Lovatnet entlang nach Südosten. Schon nach ca. 100 m biegt links bergauf ein unauffälliger Waldweg ab. Dem folge ich für ca. 50 HM bergauf, an eine kleine Kreuzung, an der es nun scharf links weiter bergan geht. Für ca. 150 HM geht's nun in dichtem, feuchtem Wald mit 2 Haarnadelkurven sanft weiter den Berg hoch; zwischendurch gibt es an einer kleinen Bank auch mal eine Aussicht auf den geradezu unverschämt türkisblauen Lovatnet unter mir.

An einer kleinen Kanzel endet der Fahrweg, und der weitere Weg wird nun schmal, steinig, wurzelig und auch etwas steiler. Zudem windet er sich hier durch dichtes Unterholz mit Regenwaldcharakter, sodass sich einem kurzzeitig die Frage stellt, ob das hier wirklich noch Norwegen ist, oder man irgendwo falsch abgebogen war.

Nach weiteren gut 100 steileren HM flacht der Pfad merklich ab und folgt nun fast eben einer Art Grün-Terrasse mitten im Wald immer nach Norden. Ich quere etliche Bäche und sumpfartige Einschnitte, und hinterfrage jetzt bereits meine Schuhwahl - die Zustiegsschuhe kommen hier bereits deutlich über ihre Grenzen, zumindest was die Wasserdichte angeht. Zum Glück habe ich noch 2 Paar Wechselsocken einstecken...

Nach locker 30, vielleicht eher 45 Minuten endlosem Queren (und ca. 1 1/4 Stunden ab Start in Sande) erreiche ich eine kleine Kreuzung, an der von unten ein Weg auf meinen trifft. Kurz danach taucht recht unvermittelt eine kleine Lichtung mit ein paar hübschen Hütten darauf an - mein erstes Zwischenziel, die Almsiedlung Haugasӕtra auf 425 m.

Haugasӕtra (425 m) - Skålavatnet (1142 m)

Einmal durch die Hütten durch, und ich steige die paar Meter zur Brücke über den großen Bach ab, der aus dem Hochtal hier in steilen Kaskaden und Wasserfällen vorbeistürzt. Kurz hinter der Brücke trifft mein Weg nun auch auf den eigentlichen Hauptweg auf die Skåla, der am kostenpflichtigen Parkplatz bei Loen startet.

Von nun an ist der Weg entsprechend wesentlich ausgebauter und auch ausgelatschter. Das mögen wohl auch die Schafe der Haugasӕtra-Alm, den die tummeln sich hier immer wieder auf dem Weg und müssen erstmal sanft zur Seite gescheucht werden. Sie scheinen überrascht, einen Mensch zu sehen - liegt's an der Uhrzeit, oder an der Jahreszeit? Eigentlich ist der Weg hier hoch sehr frequentiert, aber ich sehe bisher weit und breit noch niemanden.

Nach weiteren ca. 200 HM erreicht der Weg das untere Ende des Hochtals, und flacht spürbar ab. Der Wald ist lange nicht mehr so grün und dicht wie noch kurz zuvor, dadurch öffnen sich auch die ersten vollständigen Blicke nach oben - wenn da nicht die ganzen Wolken wäre.

Der Weg nutzt auch gleich die erstbeste Gelegenheit, um per Brücke auf die andere Bachseite zu gelangen, da sich unser Ziel eben dort befindet, und das Gelände nun auch den weiteren Anstieg dort zulässt. Entsprechend quert der Weg nun ansteigend weg vom Bach in sanftem Gelände nach Süden weg. Hier verlässt er auch endgültig die letzten Bäume und schlängelt sich in weiten Schleifen nach oben. Hier beginnen auch bereits die ersten Platten-Abschnitte, die für diesen Weg offensichtlich so charakteristisch sind.

Der eigentliche Weg ist für die nächsten rund 300 - 400 HM recht unspektakulär, d.h. sehr ausgelatscht, nicht allzu steil oder anspruchsvoll, dafür baut sich mit jedem Höhenmeter ein immer schöneres Ambiente auf, da hinter einem so langsam auch der Nordjford aus den Bäumen auftaucht, ebenso werden weitere Berge sichtbar. So früh im Jahr liegen die ersten Schneefelder entsprechend weit unten, sodass ich auf rund 1000 m bereits die ersten 2 kleineren Felder queren muss - bis hierhin auch noch mit Spur über den Schnee.

Kurze Zeit später erreiche ich auf rund 1150 m das kleine Plateau zwischen Veleskåla und der eigentlichen Skåla, in dem der kleine See Skålavatnet eingebettet liegt.

Skålavatnet (1150 m) - Skåla (1843 m)

Ab hier ändert sich das äußere Bild schlagartig. War kurz zuvor noch alles grün, dominieren auf einmal grau, eisblau und weiß. Selbst der kurze Weg rüber zum See ist unter Schnee begraben, und voraus ist von einem Weg oder einer Spur durch die zahlreichen Schneefelder nichts mehr zu sehen. Das bedeutet offensichtlicherweise, ich bin seit ein paar Tagen (oder Wochen?) der erste, der hier ganz nach oben will. Wobei: Nicht ganz! Vor mir sitzt auf ein paar Felsen ein älteres Paar, dass sich gerade Gamaschen und Steigeisen unterschnallt. Wissen die beiden womöglich mehr als ich, was uns da oben erwartet? Ich mache große Augen, mir etwas Sorgen, beschließe aber, nach einem freundlichen Gruß weiterzugehen und mir selbst den Weg nach oben zu suchen. Spätestens hier bereue ich aber durchaus, nur auf Zustiegsschuhe und nicht auf die dicken Bergschuhe gesetzt zu haben.

Da der Weg prinzipiell durchgehend angelegt ist plus ich einen GPS-Track habe, suche ich zwischen den vielen Schneefeldern immer wieder nach Hinweisen, wo genau es weitergehen könnte. Tatsächlich sind auch immer wieder Markierungen und Steinmänner zu sehen, und so hangle ich mich über lange Schneefelder von Felsinsel zu Felsinsel nach oben vorwärts. Ich habe dabei immer die kleine Lücke als Ziel, die zwischen dem Nebengipfel Rongjuvnibba und dem Grat, der hoch zur Skåla führt, liegt. Teils breche ich knie- bis hüfttief im Schnee ein, aber meistens hält der Schnee doch glücklicherweise gut, und ich komme unerwartet schnell vorwärts.

Die besagte Lücke liegt auf ca. 1400 m, und ab hier biegt der Weg nach links (Norden) ab, jetzt direkt dem Südgrat der Skåla folgend. Der Grat ist zwar breit, aber doch sehr plattendurchsetzt. Der Wind hat hier offensichtlich nahezu den gesamten Grat freigepustet, da erstmal keine Schneefelder mehr in Sicht sind - jedenfalls nicht auf dem Grat selbst. Ich arbeite mich also weiter über leichtes Plattengelände nach oben - rein technisch betrachtet ist das hier wahrscheinlich der "schwerste" Abschnitt der gesamten Tour.

Auf ca. 1600 m flacht der Grat merklich ab, und vor mir liegt breites, nahezu unstrukturiertes Gelände und ein riesiges Schneefeld, das offensichtlich gekreuzt werden will / muss. Mittlerweile bin ich auch immer mal wieder von Wolken und Nebel umschlossen, sodass ich auf dem Schneefeld ziemlich genau darauf achten muss, nicht die Richtung zu verlieren. In einer Nebellücke beeile ich mich also, den Schnee zu queren und drüben auf einen breiten Schuttrücken zu gelangen.

Hier wartet dann auch wieder der Weg auf mich - und was für einer! Hier sind die besagten Plattenpassagen in absoluter Perfektion wie eine endlos lange, perfekte Treppe durch Schutt und Geröll gelegt. Nach ein paar weiteren Metern steht recht auffällig ein großer Stein neben dem Weg, auf dem in roter Farbe "15 - 20 min" geschrieben steht. Na also, ich hab's fast geschafft! Der Weg nimmt noch ein paar sanfte Serpentinen, an einer Stelle erlaubt er noch geniale Einblicke in das nordwandartige Kar unterhalbe des Gipfels. Er flacht immer weiter ab, und dann taucht erst der berühmte Skåla-Turm, und direkt danach noch der Hüttenneubau auf. Letzterer erinnert mich sofort irgendwie an die Monte-Rosa-Hütte, auch wenn der Größenunterschied zwischen beiden Hütten enorm ist (die hier oben ist ein Winzling).

Skåla (1843 m)

Nach weiteren 5 Minuten habe ich es also geschafft und bin oben! Als erstes erkunde ich den alten Turm, dessen Tür glücklicherweise offen ist. Drinnen ist es etwas muffig feucht-kalt, aber dennoch irgendwie gemütlich. Dem oberen Stockwerk mit den vielen Betten statte ich über die steile Leiter auch noch einen schnellen Besuch ab, bevor ich mir erstmal Essen und Trinke raushole.

Das Paar, das ich am Skålavatnet überholt hatte, hat es zwischenzeitlich auch nach oben geschafft, und so beglückwünschen wir uns zum Gipfel, quatschen kurz und gehen dann gemeinsam die paar Meter rüber zur neuen Hütte. Die ist praktischerweise ebenfalls offen, wärmer, deutlich gemütlicher, und hat v.a. ein riesiges Panoramafenster in Richtung Jostedalsbreen, sodass wir uns hier zur Mittagspause hinsetzen und ins Gespräch kommen.

Die beiden haben wie ich etwas Zeit mitgebracht, und als ich erzähle, dass ich plane, noch die 500 m rüber zum eigentlichen Hauptgipfel (der Stryneskåla) gehen zu wollen, wollen sie kurzentschlossen mitkommen. Mich freut's, dann hab ich etwas Gesellschaft.

Skåla (1843 m) - Stryneskåla (1848 m) - Skåla (1843 m)

Direkt um die beiden Hütten herum sieht's aus, als hätte jemand den Schnee geräumt (vermutlich der Wind), aber keine 5 m dahinter müssen wir uns schon entscheiden, an welcher Stelle wir jetzt in das tiefe Schneefeld einsinken wollen. Wir bleiben also einige Meter unterhalb des langen und breiten Verbindungsgrates, der nach Norden zum steil abfallenden Kar hin vermutlich überwechtet ist. Wo genau das sein könnte, lässt sich hier ganz schlecht erahnen, also halten wir einfach Abstand.

Nach 300 m queren wir noch eine steile Schneerinne, die nach Süden wegzieht, bevor dann unser Grat nach links (Norden) etwas abknickt. Jetzt geht's unerwartet erstmal einige Höhenmeter runter in eine kleine Einschartung. Direkt vor uns liegt der Gletscher Skålabreen, an dessen obersten Rand wir nun entlang queren. Dann müssen wir nochmal ein kurzes, steiles Schneefeld hoch, durch die verschneiten Felsen, und noch ein paar flachere Meter - dann stehen wir am zweiten Gipfel des Tages, der Stryneskåla.

Ob die allerdings wirklich 5 Meter höher ist als ihr wesentlich berühmterer Nachbar, bezweifeln wir stark - denn beim Blick zurück drängt sich eher der Eindruck auf, wir sind hier sogar niedriger. Vielleicht liegt's auch einfach an den enormen Schneemengen, die noch auf dem Gipfelgrat hinterm Turm liegen, oder es ist einfach nur eine optische Täuschung. Sei's drum - wir klettern nacheinander auf den riesigen Steinmann, den hier mal jemand gebaut hat und machen ein paar Fotos.

Weil es hier recht zugig und ungemütlich ist, bleiben wir nicht allzu lange und machen uns schnell auf den Rückweg zu Hütte und Turm. Wir pausieren dort nochmal ganz kurz, und ich verabschiede mich von den beiden, die noch etwas länger oben bleiben wollen und auf etwas mehr Sonne hoffen.

Abstieg Skåla (1843 m) - Parkplatz Loen (30 m) - Sande (45 m)

Bis nach Haugasӕtra folge ich dem Aufstiegsweg, daher spare ich mir hier die Beschreibung des Abstiegs.

Ab den Almhäusern der Haugasӕtra folge ich dem Hauptweg zum Skåla-Parkplatz, und laufe von dort entlang der kleinen Straße an der Loelva, also dem Fluss, der aus dem Lovatnet entspringt. Hier unten ist es plötzlich wieder brütend warm, und ich bin mittlerweile auch ziemlich k.o., sodass ich mich um jede Kurve und über jeden kleinen Hügel drüberquäle. Die Landschaft um mich herum entschädigt das locker - überall Seen, Flüsse, und jede Menge Wasserfälle. Es ist tatsächlich ein bisschen wie im Lauterbrunnental, nur ohne das ganze Tohuwabohu. Am Ausfluss der Loelva aus dem Lovatnet mache ich noch ein paar Fotos, die mich wiederum eher an Kanada erinnern. Alles nur Einbildung, oder hat hier wirklich jede Ecke einen anderen Charakter?

Das letzte Wegstück am Lovatnet entlang zieht sich dann doch noch ganz schön, und so bin ich doch sehr sehr froh, gegen 19 Uhr wieder an unserem Camper in Sande anzukommen.

Fazit

Ein perfekt ausgebauter Wanderweg auf einen schönen Aussichtsgipfel mit Blick auf den Jostedalsbreen als größten Festlandgletscher Europas, auf den Nordfjord und auf eine ganze Menge anderer Berge, Seen und Gletscher. Die Wegqualität ist wirklich 1A! Im Hochsommer ist er vermutllich bis obenraus fast schneefrei und daher auch in Zustiegsschuhen machbar. Der Weg endet allerdings an Turm und Hütte der Skåla, sodass - wer die Stryneskåla als Hauptgipfel noch anhängen möchte - man besser noch ein paar Bergschuhe mitnimmt. Gleiches gilt, wer wie ich etwas früher in der Saison startet - da liegt doch noch sehr viel Schnee auf dem Weg und man riskiert ein paar klitschnasse und kalte Socken bzw. Füße.
Die Hütte(n) selbst sind perfekt für die Gipfel- und Mittagsrast, und gerade in der neuen Hütte könnte ich mir auch eine Übernachtung beispielsweise zum Sonnenaufgang sehr gut vorstellen. Dafür muss man meines Wissens nach aber DNT-Mitglied sein. Zeitweise scheint die neue Hütte verschlossen zu sein, aber die alte steht wohl mittlerweile immer offen.
Alles in allem eine absolut lohnende Eintagestour!

Tourengänger: Sarmiento


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