Sonnenaufgang am Kap Enniberg

Die Kompensation für drei Wochen Nebel - eine meiner besten Sonnenaufgänge am nördlichsten Punkt der Färöer-Inseln

Es gibt auf den Färöer zwei Gipfel, die so häufig begangen werden, dass sich ein klarer Weg ausgebildet hat - der höchste Punkt (Slættaratindur) und der nördlichste Punkt (Villingadalsfjall / Kap Enniberg). Dass es am allerletzten Tag unserer Reise doch noch für den zweiten reichen würde, und das mit einem wahnsinnig kitschigen Sonnenaufgang, hätte ich mir nicht zu erträumen gewagt. Besonders als tags zuvor, trotz ursprünglich guten Prognosen, Sturm und Regen jeglichen Tourenfantasien ein Ende bereitet hatten. Ein Schönwetterfenster nachts und am frühen Morgen schien sich jedoch abzuzeichnen, weshalb ich mich dazu genötigt sah, den Wecker auf 3 Uhr zu stellen. Noch selten hat sich das so gelohnt.

Die Tour aufs Kap Enniberg, der offenbar höchsten senkrecht ins Meer abfallenden Klippe Europas (750 m) und den Villangadalsfjall (dritthöchster Färöer-Gipfel) ist einfach und gut markiert. Da ich schon in der Gegend war, hängte ich gleich noch den fast perfekten Kegel des Malinsfjall auf der anderen Talseite an - ebenfalls eine schöne Aussicht, aber mit nicht besonders attraktivem Aufstieg. Eher ein Berg, den man anschauen, statt ihn besteigen muss.

Auch im Norden ist Mitte August die Nacht dunkel. Als ich etwas vor vier Uhr in Viðareiði losrenne (grosser Parkplatz Dorfmitte), geht es aber knapp ohne Stirnlampe. Nach einem Kilometer ist das bemerkenswerte Schafgatter erreicht, wo ein Briefkasten inmitten der Wiese steht, wo man offenbar früher (?) aufgefordert wurde, für die Wanderung einen "Eintritt" von ca. 25 CHF zu bezahlen. Am Briefkasten ist aktuell aber nichts zu lesen, so dass ich mich in der Dämmerung noch etwas weniger genötigt fühle als sonst, etwas abzuliefern für den anfangs schlammigen Trail. Der Weg ist mit blauen Stangen gekennzeichnet und führt effizient auf eine Geröllebene kurz unter dem Villangadalsfjall. Ab dort weisen eng gestaffelte Steinmänner einen Weg zum Kap Enniberg. Obwohl der Himmel über allen anderen Gipfel klar war, hängt genau über mir eine Nebelkappe - einmal mehr, sage ich mir... Der Weg führt leicht bergab und quert dann links auf ein Felsband (diese Abzweigung verpasse ich erst und muss über einer Felsstufe wieder zurück). Der klare Weg führt durch eine Scharte und auf der anderen Seite wieder aufs Gipfelplateau (aufgrund teils leichter Exponiertheit knapp T3). Dann über eine aussichtsreiche Hochebene zum höchsten Punkt, von welchem man den Blick zum Meer etwas suchen muss. Der Nebel ist mittlerweile weg, doch ich bin eigentlich zu früh - es ist noch recht düster. Auf dem Rückweg zum Villingadalsfjall, welcher nun auch endlich ohne Nebel dasteht, wird der Himmel immer farbiger und die Stimmung erreicht ihren Höhepunkt als genau am Gipfel die Sonne zwischen zwei Wolkenbändern hervorbricht - einfach unglaublich. Langsam werden immer mehr Bergspitzen zwischen den Fjorden und auf den Inseln ins Sonnenlicht getaucht. Ich staune und geniesse! Nach einigen Metern im Abstieg ist der Zauber vorbei und ich kann mich aufs Laufen, statt fotographieren konzentrieren.

Wenige Minuten Auto-Transfer bringen mich an den Startpunkt der zweiten Tour auf den Malinsfjall bei einem Rastplatz etwas ausserhalb des Dorfes. Die 700 Höhenmeter zum Gipfel sind schnell auf dem Konto und geben nicht viel zu erzählen. Zuerst Gras, dann Geröll in der Südflanke mit einigen kleinen Felsstufen ohne nennenswerte Schwierigkeiten (T3). Auf dem Abstieg bleibe ich etwas weiter rechts und quere weiter unten in der Grasebene, wo ich die Strasse bei Dalabakki erreiche. Wegspuren oder andere Fixpunkte gibt es keine, so dass auch hier die Orientierung bei aufkommendem Nebel nicht trivial sein kann.



Durchgangszeiten:
Viðareiði: 3.53
Enniberg: 4.59
Villingadalsfjall: 5.21
Viðareiði: 5.51
Malinsfjall: 6.39
Viðareiði: 7.07