Niederer Dachstein

Der Niedere Dachstein ist im Gegensatz zu seinem großen Bruder, auf den mit Ostschulter und Randkluftsteig zwei äußerst populäre Anstiege führen, ein ausgesprochen einsamer Berg. Er ist zudem den Kletterern vorbehalten. Ein landschaftlich besonders reizvoller Anstieg ist der Aufstieg über den Nordwestgrat mit Abstieg über den Südgrat und anschließendem Abseilen über die alte Abseilpiste zum Hallstädter Gletscher. 

Ich konnte den Berg gemeinsam mit meinen Freunden Helma und Richard machen, die bereits zweimal am Niederen Dachstein waren. Zu Schwierigkeiten und Ausrüstung verweise ich auf ihren Bericht. Von der Bergstation Hunerkogel folgt man zunächst dem breit trassierten Gletscherweg, der über den Hallstädter Gletscher bis zur Seethaler Hütte führt. Bei der großen Kehre verlässt man den Weg, mit Seilsicherung geht es nun um den Ostsporn des Niederen Dachstein in Richtung Steinerscharte. Kurz bevor man die Scharte erreicht, steigen wir linke Hand über ein ca. 40° steiles Firnfeld bis zum Beginn der Felsen auf. Im Hang liegt um diese Jahreszeit noch guter Trittfirn, so dass wir keine Schwierigkeiten haben, den Einstieg zur Kletterroute zu erreichen. 

Der Aufstieg führt nun in etwa zwölf Seillängen auf den Gipfel des Niederen Dachstein. Die Schwierigkeiten liegen auf der gesamten Route im Bereich II-III, der dritte Grat wird dabei nie überschritten. Die Route führt zunächst auf den Niederen Dachsteinkopf, beim Abstieg von diesem Nebengipfel in die Niedere Dachsteinscharte (Höhenverslust ca. 40m) empfiehlt es sich, besonders sorgfältig zu sichern, da auf den Felsen loser Schotter herumliegt, der den Halt erschwert. Man hält sich nun im wesentlichen an der Gratkante (III-), dabei werden im Laufe des Aufstiegs zwei schräge, glatte Felsplatten überstiegen, die vielleicht die Schlüsselstelle des Aufstiegs darstellen. Über einen Schrofengrat und eine letzte, kurze Steilstufe gelangt man sodann zum Gipfel des Niederen Dachstein, der einen herrlichen Blick zum Hohen Dachstein gegenüber bietet.

Der Abstieg erfordert noch einmal volle Konzentration: Man steigt zwei bis drei Seillängen vorsichtig über den Südgrat ab, das Gelände ist nicht sonderlich schwer (II), aber ausgesetzt, und überall befindet sich loser Schotter auf den Felsen, der sorgfältiges Sichern erforderlich macht. Das Abseilen erfolgt in vier Seillängen über die alte Abseilpiste zum Hallstädter Gletscher, Schlüsselstelle der Abseilfahrt ist dabei die zweite Seillänge, bei der man an einem Überhang abseilt. Die Randkluft ist noch relativ klein, so dass wir ohne Probleme den Gletscher erreichen. Rasch geht es über das steile Firnfeld zurück zum Gletscherweg und über diesen gemütlich zurück zur Bergstation Hunerkogel.

Herzlichen Dank an Helma und Richard für die schöne Tour und die umsichtige Sicherungsarbeit! Gewidmet ist diese Tour meiner (ungarischen) Frau, das schräge Gipfelkreuz des Niederen Dachstein hat mich spontan an das schiefe Kreuz auf der ungarischen Krone erinnert.