Bergbauhistorische Rundtour bei Luhy (Jungenhengst)


Publiziert von lainari , 29. Mai 2023 um 17:04.

Region: Welt » Tschechien » Krušné hory
Tour Datum:28 Mai 2023
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 4:15
Aufstieg: 275 m
Abstieg: 275 m
Strecke:11,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Gottholdstolln
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 4 Krušné hory Karlovarsko

Frühling im Erzgebirge
 
Heute kommt die letztens bereits bei der Anreise abgebrochene bergbauhistorische Erkundung zur Ausführung. Zum Schluss einsame Nebenstraßen benutzend, fahre ich das idyllische Tal der Černá (Schwarzwasser) hinunter. Mittlerweile sind hier allenthalben Fahr-, Park- und Übernachtungsverbote wie Pilze aus dem Boden geschossen. Geeignete Parkplätz wie zum Beispiel am Beginn des Plattener Erbwassergrabens sind sogar abgeschrankt. Meine Tour soll eigentlich in der Wüstung Zwittermühl/Haje an einer Wegkreuzung mit einer Schutzhütte beginnen. Doch auch hier gibt es neuerdings eine Verbotstafel.
 
Ich parke daher sicherheitshalber etwas talwärts am einstigen Gottholdstolln an einer kleinen Einfahrt. Direkt gegenüber am Bachufer sind die Reste der einstigen Erzaufbereitungsanlage der Segen Gottes Zeche zu sehen. Diese werden fälschlicherweise manchmal als Kobaltmühle bezeichnet. Ich laufe an der Straße zurück bis zum geplanten Startpunkt und biege rechts auf einen Flurweg ein, der sich leicht steigend bergwärts zieht. Wenig später komme ich zur Wüstung der Einschicht Totenbach/Mrlina. Hier will ich Reste der Hilfe Gottes Zeche (Roteisenstein) in Augenschein nehmen. Diese wurde erstmals 1562 erwähnt und war bis 1884 in Betrieb. Genau vor der Pinge/Halde steht ein Wohnwagen und die angrenzende Wiese wird von Schafen beweidet, die von freilaufenden Herdenschutzhunden bewacht werden. Am Wohnwagen taucht nun auch noch ein Hütehund auf. Ich verdrücke mich sicherheitshalber unverrichteter Dinge durch ein Bachtälchen. Über Waldwege gehe ich hinauf auf die flache bewaldete Anhöhe Sněžná hůrka (Schneeberg). Der Gipfel/TP des Berges befindet sich wesentlich östlicher als bei mapy.cz angegeben. Die danach besuchte Pinge Stará důlní dílo (SDD) Bůh Otec/Gott Vater Grube liegt am westlichen Berghang. Es handelt sich hier um die enge tiefe Kluft eines ab dem 16. Jh. abgebauten Zinnerzlagers. Im weglosen Gelände schießt sich später der Pingenzug SDD Vavřinec (Zinn) an. Von hier arbeite ich mich zu einer Waldkante hinunter und komme zur Wüstung des Ortes Jungenhengst/Luhy. Der Vorkriegsbestand des Bergarbeiterdorfes wird mit 28 Häusern/180 Einwohnern angegeben. Von Anfang des 17. Jh. bis 1853 war hier auch eine Kobaltmühle/ein Blaufarbenwerk ansässig. Zur Herstellung von Kobaltblau wurde das Erz zerkleinert, geröstet und mit Quarzsand und Pottasche zu Glas verschmolzen. Nach dem Abkühlen in Wasser wurden die Glasbrocken zu Pulver zermahlen. Etwa ab 1860 wurde die Farbe durch industriell billig hergestelltes Ultramarin abgelöst. Etwa bei der Mündung des Totenbachs in das Schwarzwasser soll sich auch die Ausmündung des Franciscus Erbstolln befinden, der mit seinen 2,5 km Länge (mit Flügeln etwa 4 km) die Zinngruben am Schneeberg sowie die Eisenerzgruben Richtung Irrgang entwässert.
 
Ich laufe an der Talstraße hinunter bis zum Mundloch des Streitpinger Erbstolln/Podleská štola, auch Tiefer Streitpingen Stolln genannt. Er soll 1500 m lang sein und hatte die Aufgabe, das Bergbaugebiet Streitpinge vom Talboden aus zu unterfahren und zu entwässern. Durch den Höhenunterschied bis Schwimmiger hätte man ein zusammenhängendes Berggebäude bis 130 m Tiefe erhalten. Da aber der Erzgehalt mit zunehmender Tiefe überraschend schnell abnahm, gab man dieses Unterfangen auf, ohne an irgendeiner Stelle durchschlägig worden zu sein. Nun mache ich mich an den steilen weglosen Aufstieg entlang der sich abzeichnenden Einkerbung. So komme ich etwas mühsam zur Streitpinge. Nach der vorsichtigen Besichtigung gehe ich auf einem Waldweg weiter bergwärts und kreuze dabei den Bruchgraben des Fischzügnerstollnganges. Am Waldrand schaue ich noch zur Pinge der Frischglück Zeche und gehe über die Lichtung, wo sich die Wüstung des einstigen Ortes Schwimmiger/Pískovec befindet. Hier biege ich nach rechts ab und wandere auf einem Waldweg weiter, bis sich links die Schachthalden vom Alter Segen Gottes Gang abzeichnen. Diesen folge ich bis zur Halde des einstigen William Schachtes. Diese wurde teilweise abgefahren. Auf dem vorbeiführenden Weg geht es über eine leichte Anhöhe. Dahinter fällt der Weg ins Tal der Černá ab und trifft auf die Fahrstraße. Mittlerweile werden auch hier die Wiesen mit Schafen beweidet aber ein Schäfer wacht über die Herdenschutzhunde. Ab der Wüstung Zwittermühl lege ich entlang der Straße die letzten Meter zum Ausgangspunkt zurück.
 
Die pausenbereinigte Erkundungszeit betrug 4 h 15 min. Die Tour ist größtenteils als T1 zu bewerten, die Begehung einzelner Bergbaurelikte als T2, der weglose Aufstieg zur Streitpinge als T3+.

Tourengänger: lainari


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