Gratüberschreitungen im hessischen Niemandsland: die Eschbacher Klippen


Publiziert von Nik Brückner , 12. Oktober 2022 um 15:03.

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Taunus
Tour Datum: 9 Oktober 2022
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Zeitbedarf: 1:00
Aufstieg: 70 m
Abstieg: 70 m
Strecke:2 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auf der L3270 zum kurz hinter dem nördlichen Ortsausgang Eschbachs gelegenen Wanderparkplatz Eschbacher Klippen.
Unterkunftmöglichkeiten:Keine Ahnung.

Nahe Usingen-Eschbach befinden sich die Eschbacher Klippen - zwei Felsgrate namens Buchstein und Saienstein. Sie sind der sichtbare Teil eines etwa sechs Kilometer langen Quarzganges - sichtbar, weil sie als passagenweise nur wenige dutzend Zentimeter breite Grate bis zu zwölf Meter hoch über den Boden hinaufragen. Die Felsen sind als Naturdenkmal geschützt, klettern ist aber erlaubt. 

Und nachdem ich im Taunus schon einige Wochen zuvor ganze fünf Grate begangen hatte, sollten es nun die Eschbacher Klippen sein - immerhin
die Vorzeigegrate im Taunus.


Ich legte "Cocoon" von Tiger Moth Tales ein und dübelte nach Eschbach im Taunus (na, eigentlich schon hinter dem Taunus). Kurz hinter dem nördlichen Ortsausgang befindet sich der Wanderparkplatz Eschbacher Klippen (387 m).

Der Saienstein liegt auf derselben Straßenseite wie der Parkplatz, der Buchstein auf der anderen Seite.

Da der Buchstein stärker besucht ist, und ich ihn vor einem eventuellen großen Ansturm erkraxeln wollte, überquerte ich zunächst die Straße und wanderte - erstmal zu einem Bodendenkmal: der Schanze Eschbacher Klippen (400 m).

Die Schanze ist eine heute mitten im Wald gelegene Wallanlage. Erdwälle umfassen ein mit etwa 75 mal 140 bzw. 120 Metern leicht trapezoides Gelände. Die Anlage war zusätzlich durch einen etwa zwei Meter breiten Graben geschützt. Alter und Zweck der Erdschanzenanlage sind leider unbekannt.

Unmittelbar südlich davon befindet sich mein eigentliches Ziel: der Buchstein (390 m).

Angeblich wurden die Felsen um 1910 ja auch "Kaiserin-Friedrich-Klippe" genannt. Behauptet jedenfalls das Netz. Aber Kaiserin Friedrich?

Der Buchstein ist ca. 80, 90 Meter lang, bis zu 12 Meter hoch und oben an der Kante stellenweise nur wenige dutzend Zentimeter breit. Der Felsgrat besteht aus Quarzgestein, das sich hier als etwa 6 Kilometer langer Quarzgang quer durch das Usatal bis zum Wormstein im Usinger Stadtwald fortsetzt. Es entstand vor etwa 270 Millionen Jahren als Querverwerfung, die bei der Gebirgsbildung entstand. Entlang der Störungszone stieg heißes Wasser auf, in dem Schwerspat gelöst war. Das Mineral wurde ausgeschieden und später durch Quarz ersetzt. Dunkle Färbungen auf den Felsen bestehen aus Eisen- und Manganoxiden. Der widerstandsfähige Quarz konnte an einigen Stellen der Erosion trotzen - aber nirgends so spektakulär wie hier bei Eschbach.

Kletterer nutzen die Steilwände für Trainingseinheiten, es gibt gesicherte Touren der Schwierigkeitsgrade I-VII. Die Überschreitung wird mit III bewertet.


Also los!

Ich ging den Buchstein von Südosten aus an. So hat man die schwierigen Passagen im Anstieg. Die III bezieht sich gleich auf den Beginn des Grats im Südosten. Hier geht's auf vergleichweise kleinen Tritten fast in die Senkrechte.

Eine zusätzliche Schwierigkeit am Buchstein zeigt sich gleich zu Beginn: Der Fels ist beliebt, und entsprechend speckig und glattgeschliffen. So sollte man unbedingt aufpassen, wo man hintritt, sonst sind Ausrutscher nicht ausgeschlossen.

Auf dem Grat angelangt, wird es dann sofort leichter, allerdings nur ein bisschen. Kurze Kletterstellen sind nicht schwieriger als II, das Gelände ist ob seiner Ausgesetztheit aber erst einmal mit T6 zu bewerten.

Ein bissl umsehen kann man sich aber schon. Besonders der Feldberg fällt ins Auge - der höchste Punkt im Taunus und der höchste Punkt weit und breit.

Man übersteigt einen ersten großen Gratkopf, was umso leichter fällt, je länger die Beine sind. Dann geht's in einen kleinen Einschnitt und über einen niedrigen Zacken in den nächsten, etwas breiteren Einschnitt. Es folgen drei niedrige Köpfe, die auch rechts auf einem Band umgangen werden können. Danach steigt das Gelände kurz an, bevor ein überhängender Abbruch folgt. Hier helfen Tritte in den Flanken. Ein letzter Felskopf muss nun überwunden werden, dann senkt sich der Grat auf etwa die halbe Höhe ab, und wird spürbar einfacher. In leichtem Gehgelände geht es nun einen letzten Anstieg hinauf, und drüben in leichter Kraxelei (noch einmal I) wieder hinunter. Dann ist der Buchstein überschritten.

Ich kraxelte noch ein bisschen in den Flanken herum, dann machte ich mich auf den (diesmal direkten) Rückweg zum Wanderparkplatz Eschbacher Klippen (387 m). An dessen nordwestlichem Ende führt ein kleiner, unscheinbarer Pfad rechts einen Hügel hinauf, auf dem sich der nordwestliche Teil der Eschbacher Klippen befindet: der Saienstein (410 m)

Der etwas versteckt im Wald stehende Saienstein ist sozusagen der Schwesterfelsen des Buchsteins. Er wird oder wurde auch Kaiser-Friedrich-Felsen genannt. Mit gut 100, 120 Metern Länge ist er sogar noch größer als der Buchstein. Allerdings ist er weniger frequentiert, weshalb der Fels hier deutlich weniger abgeschliffen ist.

Den Saienstein ging ich im Gegensatz zum Buchstein von Nordwesten aus an. So hat man die Steilpassagen im Anstieg. Einen moosigen Brocken am Beginn ersteigt man am Besten in einer der beiden Flanken (I). Oben ist es kurz gestrüppig, der Felsgrat ist hier aber breit und gutmütig, so dass man leicht durch diese Stelle kommt. Dann geht's hinauf auf einen Absatz, kurz nach links, und man kann den Grat bis zu seinem höchsten Punkt einsehen.

Von hier aus ist es kurz Gehgelände. Es geht hinunter auf den Waldboden. Dann steigt man eine schmale, aber wie eine Treppe gestufte Kante hinauf auf den Grat (I). Tritte in der linken Flanke nutzend geht's dann zu einem Absatz unmittelbar unter dem höchsten Punkt weiter. Von hier aus könnte man auf einem schmalen Band in der rechten Flanke zu einer Stelle hinter dem höchsten Punkt queren, es ist aber überraschend einfach, in direkter Linie zu ihm hinaufzusteigen (II). Von hier aus geht es in etwas plattigem Fels hinunter. Und dann ist auch der Saienstein überschritten.

Die Überschreitung des Saiensteins kam mir insgesamt ein wenig leichter vor. T5/II, würde ich sagen. Spaß hat er aber genausoviel gemacht.

Ich stieg vom letzten Einschnitt aus noch durch die Südwestflanke ab. Das ist auf meiner Route eine II, und macht viel Spaß. Unten angekommen, wanderte ich zurück zum Wanderparkplatz Eschbacher Klippen (387 m).


Fazit:

Die Eschbacher Klippen sind eine echte Überraschung in dieser ansonsten eher flachen Gegend. Neben zahlreichen Kletterrouten bieten sie auch T6lern zwei interessante, insgesamt ca. 200 Meter lange Gratüberschreitungen:

Buchstein: T6/III, leider ziemlich abgeschliffen. In der zweiten Hälfte viel einfacher
Saienstein: T5/II, teils etwas rustikal, weniger frequentiert

Eine Freude für alle, die nordalpin brüchige Grate gewohnt sind, ist dabei der feste, äußerst zuverlässige Fels. Dennoch ist ein Helm ratsam, besonders wenn hier viel los ist.

Tourengänger: Nik Brückner


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (8)


Kommentar hinzufügen

Nyn hat gesagt:
Gesendet am 13. Oktober 2022 um 15:28
Hübscher kraxeliger Kurztrip
Obschon ich einige Bergtouren hinter mir habe, war der prozentuale Kraxelanteil in Relation zum Anmarsch/Gesamtaufwand bei dir sicher deutlich! günstiger ^^

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. Oktober 2022 um 15:31
Hahaha! Bei dieser Tour auf jeden Fall! ;o}

Peter23 hat gesagt:
Gesendet am 14. Oktober 2022 um 16:01
Hallo Nik
Das sieht ja teilweise ganz grimmig aus. Gratuliere zu Deiner Überschreitung.
Herbstliche Grüsse Peter

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 17. Oktober 2022 um 10:56
Servus Peter!

Na, das ging schon. Ich war halt ohne Seil unterwegs, da heißt es gut festhalten.

Herzliche Grüße in die Schweiz,

Nik

Bergmax hat gesagt: Gefällt mir gut
Gesendet am 14. Oktober 2022 um 21:06
Hallo Nik,

die Eschbacher Klippen stehen auch auf meiner Liste (für freistehende Kraxelziele auf der Durchreise), aber Du bist mir zuvorgekommen. Respekt, dass Du die Überschreitung solo durchgezogen hast. Ehrlich gesagt hasse ich Quarzit, seitdem ich im Odenwald einmal daran herumgeklettert bin. Es fühlt sich an, als sei der Fels mit einem Fettfilm überzogen - Bäh!

Danke auch für die prima Fotos.

Viele Grüße aus dem Schwarzwald

Max

Nik Brückner hat gesagt: RE:Gefällt mir gut
Gesendet am 17. Oktober 2022 um 10:55
Hi Max!

Danke Dir! Ja, der Quarzit - in Eschbach ist der eigentlich okay, aber leider sehr abgelatscht und abgegriffen. In der Gegend gibt es kaum Klettermöglichkeiten, und dann versammeln sich halt alle dort.

Wo warst Du im Odenwald? Am Borstein oder am Hohenstein bei Reichenbach?

Herzlichen Gruß,

Nik

Bergmax hat gesagt: Hohenstein
Gesendet am 18. Oktober 2022 um 23:02
Hallo Nik,

ja, genau - ich bin 2021 mal auf den Hohenstein geklettert. Obwohl ich den höchsten Punkt von diesem überraschend großen Felsen erreicht habe, hat mit das Ganze irgendwie nicht zugesagt. Könnte aber auch daran liegen, dass der Tag insgesamt eher unharmonisch war.

Mangels brauchbarer Fotos habe ich zu der Tour keinen Bericht geschrieben.

Viele Grüße

Max

Nik Brückner hat gesagt: RE:Hohenstein
Gesendet am 19. Oktober 2022 um 08:27
Hi Max,

hatte ich's mir doch gedacht. Ja, den kenne ich auch, seit fast 20 Jahren nun schon, seit ich in diese Gegend gezogen bin. Und ich würde den auch gern mal posten - nur leider ist er aufgrund seiner Lage schwer in eine schöne Tour einzubinden. Ich hab mir aber vor ein paar Tagen mal ein Odenwald-Wanderbuch gekauft (mein erstes!), da ist eine Tour beschrieben, die auch am Hohenstein vorbeiführt. Vielleicht laufe ich die mal. Wenn sie sich lohnt, poste ich sie.

Herzlichen Gruß,

Nik


Kommentar hinzufügen»