Zu übersehenen Tausendern im Mittleren Schwarzwald


Publiziert von Schubi , 16. Dezember 2021 um 22:17.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum:13 Dezember 2021
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT2 - Schneeschuhwanderung
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 480 m
Abstieg: 480 m
Strecke:16,1 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz am Skilift Rohrhardsberg
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.

So langsam kenne ich alle wichtigen und einige unwichtige Berge im Nordschwarzwald, auf jeden Fall die höchsten. Kollege alpstein hat mich mit vielen seiner Touren (z.B. *dieser hier) darauf gebracht, auch mal den Mittleren Schwarzwald zu erkunden. Dort gibt es zwischen Yachtal und Oberem Elztal einige eher unbekannte Tausender-Kandidaten, z. B. die beinander-liegenden Bigggertkopf (1016 m), Hohkopf (1054 m) und Watzeck (1058 m). Diese sind orographisch zwar nicht spektakulär, boten sich als Ziel jedoch an, als ich nach den Schneefällen der letzten Woche die Scheeschuhe mal zum Einsatz bringen wollte, und zwar rechtzeitig bevor die nächste Warmfront die weiße Pracht wieder zerstört. Zwei der von alpstein erwähnten Felsen und eine weitere sollten ebenfalls in die Runde eingebunden werden. Wenn die Schneeauflage nicht zu dick sein sollte, liesse sich dort ja auch mal hereinsteigen.

Als Touren-Soundtrack passt diesmal Chilly Gonzales' Wintermezzo ganz gut.


Los geht es am Parkplatz des Skilifts Rohrhardsberg. Der Rohrhardsberg wär sicher auch ein reizvolles Ziel, bleibt aber erstmal auf der To-Do-List. Zunächst noch ohne Schneeschuhe (aber zusammen mit der aufgehenden Sonne) stiefle ich die Fahrstraße nordwestlich hinauf, vorbei am urig-schindelgedeckten Ochsenhof und dahinter entlang der Flanke eines wunderschönen kleinen Hochtals. Am Wegpunkt Schlagbaum könnte man noch zur bestimmt lohnenswerten Einkehr "Schänzle" (Schwedenschanze) weiterwandern, ich aber hebe mir dies Ziel für den Sommer auf, schnalle die Schneeschuhe an und stapfe hier rechts-nordöstlich die offene Fläche herauf. Eine auf der Karte verzeichnete Felsformation namens Geistfelsen stellt sich oben als eher klein heraus, also weiter und ein Stück weglos GPS-geleitet zum nächsten Forstweg, darauf dann nordwestlich-nördlich. Jetzt in den Morgenstunden hat die Schneedecke noch eine leichten Harschdeckel, später wird sie durch die Sonne leider oft weich. Im Sattel Auf dem Eckle rechts weiter, entlang der Ostseite des/der Watzeck (1058 m). Laut Karte wäre nah seiner höchsten Stelle ein Fels namens Blindestein zu finden. Also mal neugierig ins Unterholz gestapft. Tatsächlich liegt 100 m im Hang oberhalb des Wegs eine ca. 15 m hohe Gruppe aus Granittrümmern im Wald versteckt. Ihre Ostseite ist an zwei Stellen gut gestuft, da komm ich in leichter Kraxelei hoch, sogar ohne die Schneeschuhe dafür abzuschnallen. Oben bissel umgeschaut ... rein optisch müsste eher dies der höchste Punkt des Bergs sein, und nicht eine Stelle, die laut meines GPS ca. 70 m westlicher liegt. Egal. Zuhause lese ich im Netz, dass der Blindestein von Esoterikern und Heimatforschern wegen einer schalenartigen Vertiefung sowie eines "altarförmigen Blocks" gern als prähistorische Kultstätte gesehen wird. Dass im Granit schalenartige Vertiefungen auch im Rahmen eines natürlichen Verwitterungs-Prozesses (S. 31) entstehen können, wird bei solchem Mysteriums-Firlefanz aber gerne ignoriert. Eine letztendlich gültige Bestimmung erscheint aus dem heutigem zeitlichen Abstand eh müßig. Und "Altarförmige Blöcke" kann ich im Schwarzwald inzwischen einige aufzählen, so bricht und fällt Granit nach Frostprengung nun halt manchmal. Eso-Trends wie diesen, nämlich mit raunendem Unterton überall "Kraftorte" und Kelten-Spuren herbeizureden, finde ich jedenfalls befremdlich bis albern. Weiters interessant: im 19. Jh. stand am Watzeck das Haus eines Einsiedlers namens "Watz-Sepp", die Fundamente gäbe es laut Badischer Zeitung wohl noch zu sehen.

Auf der Westseite des Blindesteins rustikal wieder herunter, durch die Bäume zum nächsten Forstweg und darauf zur nächsten Sattel-Wegkreuzung. Ab dort entlang eines OSM-verzeichneten Pfads auf die nächste Bergkuppe mit dem lustigen Namen Kroatenbühl (1048 m). Westlich knapp unterhalb seines höchsten Punkts vorbei geht es, mit ersten schönen Blicken ins Yachtal, das heute malerisch unter einer geschlossenen Wolkendecke liegt. Diese Inversions-Wetterlage wird auf der Tour noch einige Male der Hingucker schlechthin bleiben. Eng durch die Botanik und im leichten Auf und Ab schlängelt sich der (unter der Schneedecke nur zu erahnende) Pfad herüber zum nah benachbarten Hohkopf (1054 m). Seine höchste Stelle ist sogar etwas baumfreier und erneut kann ich dort den tollen Inversions-Blick nach Westen bewundern. Die Nordseite herab und bald wieder auf breitem Forstweg zum nächsten Sattel namens Zimmereck und seiner schönen Schutzhütte. Meine Tour wendet sich ab hier nach Westen, und es geht zum Glück erneut auf einem Pfädle weiter: hoch zum Biggertkopf (1016 m) und entlang seiner Kammlinie drüben (auf einem zugewucherten Forstweg) wieder runter. Vorbei am P. 917 weiter westlich, nun den Buckel des Hohen Steins (909 m) hinauf. Hier treffe ich wieder öfter auf Granit, meist in Form von verstreuten Blöcken, aber auch mal kompakter als kleine zergliederte Rippe. Auf seiner Westseite steil herab, und zwar bis zu einem Aussichtsfelsen, der auf den Karten ebenfalls den Namen "Hoher Stein" trägt (aber auf ca. 820 m Höhe liegt). Auch auf ihn ist man fix hochgekraxelt, und wenn mal bissel seitlich steigt, können die Schneeschuhe hier wieder angeschnallt bleiben. Vom Fels aus ist die Sicht auf's Inversions-Wolkenmeer direkt unterhalb prächtig, weit streckt sich der Blick über Yachtal, Elztal und Rheinebene bis rüber zu den schneebedeckten Höhen der Vogesen am Horizont. Passend zu diesem traumhaften Blick hat man hier in den Granit ein recht aufwendig gestaltetes Gipfelkreuz verankert, und sogar ein Gipfelbüchlein gibt es! Darin trage ich mich mit bewundernden Worten ein, geniesse anschliessend ausgiebig mein Veschper und döse in der recht warmen Wintersonne vor mich hin.

Mein Tourenverlauf wendet sich zurück zum Ausgangspunkt, zunächst mit einem längeren Forstweg-Hatscher, erneut zum Zimmereck-Sattel. Ab dort weiter entlang der Ostseiten von Hohkopf und Kroatenbühl. Im nachfolgenden Sattel quere ich meine Spuren vom Hinweg ebenfalls und gehe nun durch die Westflanke des/der Watzeck(s) weiter zum letzten Etappenziel der Tour, dem Kreuzfels (er liegt im Gewann mit dem passenden Namen "Gfels" :-) Auch er bietet nochmals einen herrlichen Blick, vor allem, da die Sonne sich nun daran macht, hinter dem gegenüberliegenden Rohrharsberg zu versinken. Nicht sattsehen kann ich hier mich an dem Wolkenmeer im Westen, das nun in warmen Gelbtönen aufleuchtet. Schliesslich östlich und dann südlich weiter, nochmals auf einem schönen Pfädle und durch lichten Buchenwald, in den der Nachhall des Sonnenuntergangs reinschimmert. Es geht ein letztes Mal bergan und bald bin ich wieder am Wegpunkt Schlagbaum. Die Schneeschuhe abgeschnallt und noch ca. 1,5 km runter zum Auto.

Fazit: lange Runde mit durchgehender Spurarbeit *schnauf* und doch recht hohem Waldanteil. Kein sensationelles Terrain, aber doch sympathisch, da mit einigen pfadigen Abschnitten sowie schönen Felsgebilden und Aussichten. Bis auf den Wirt des Ochsenhofs hab ich keine Menschenseele getroffen.

Tourengänger: Schubi
Communities: Photographie


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (2)


Kommentar hinzufügen

Nyn hat gesagt:
Gesendet am 17. Dezember 2021 um 06:57
Danke fürs Mitnehmen auf diesen schönen Ausflug!

VG, Markus

Schubi hat gesagt: RE:
Gesendet am 17. Dezember 2021 um 07:13
Gerne doch!


Kommentar hinzufügen»