Blanc de Blancs am Tournelon Blanc...


Publiziert von lorenzo , 5. Mai 2020 um 14:28.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Unterwallis
Tour Datum: 4 April 2020
Ski Schwierigkeit: ZS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 9:45
Aufstieg: 2290 m
Abstieg: 2290 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Fionnay oder mit dem Auto
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:Cabane FXB Panossière
Kartennummer:LK 283 S Arolla, 1346 Chanrion; www.camptocamp.org

Eigentlich wollte ich bei dem schönen Wetter und den guten Schnee- und Lawinenverhältnissen eine längst geplante Skitour im Unterengadin unternehmen, was aber angesichts von zweimal über vier Stunden Fahrzeit mit öV wegen der Coronakrise nicht ratsam schien. So disponierte ich kurzerhand ins Unterwallis um, für das auch noch einige Projekte seit langem in der Schublade warteten. Ich wurde rasch fündig, druckte Kartenausschnitte und eine Routenbeschreibung aus und packte den Rucksack. Nach zweistündiger Fahrt auf fast leeren Autobahnen und Strassen parkierte ich im ausgestorbenen und fast gespenstisch leer wirkenden Fionnay. Nur von einem Dach stieg Rauch: "...fehlte er, wie trostlos dann wären Haus, Bäume und See" fiel mir dazu eine Gedichtzeile von Brecht ein.

Wie befürchtet, erwartete mich das Pièce de Résistance in Form des ruppigen Aufstiegs zum Rücken von Corbassière 
gleich zu Beginn. Entlang durch Abfahrtsspuren und Lawinenzüge malträtierter Aufstiegsspuren mogelte ich mich mit Ski und zu Fuss hinauf. Hier wurde das Gelände flacher und freundlicher und erste Ausblicke auf Becca de Sery, Combin de Corbassière und Grand Combin spornten mich an, die Tour trotz der bisherigen Mühen fortzusetzen. Nach der nochmals etwas kniffligen Abfahrt hinunter zum Torrent de Corbassière waren dann die gröbsten Schwierigkeiten vorläufig überstanden. Durch die Schlucht gelangte ich auf den Glacier de Corbassière und erblickte hoch oben zur Linken, unerreichbar wie eine Fata Morgana wirkend, erstmals mein Tagesziel, den Tournelon Blanc. Auf dem unermesslichen Gletscher glich mein zunehmend meditativer "Langlauf" aber eher einem Treten-an-Ort, indem der ersehnte Fuss der W-Flanke einfach nicht näher kommen wollte. Dafür tauchte ich, rechter Hand begleitet von Combin de Corbassière und Boveire, sowie vor mir Les Maisons Blanches und der majestätischen Grand Combin, immer tiefer in die grossartigste Hochgebirgslandschaft, die man sich vorstellen kann, ein.

Irgend einmal war Punkt X, sprich P. 3139 dann doch erreicht, und in stetiger Steigung ging es auf der weiterhin guten Spur über die W-Flanke hinauf. Ca. in deren Mitte wurde ich von einer 3er-Gruppe aus der Romandie überholt, die auch in Fionnay gestartet war. Ab dem Col du Tournelon Blanc öffnete sich erstmals das weite Panorama Richtung Osten, und wie auf einem Aussichtsbalkon gelangten wir über den SE-Rücken an den Fuss der S-Flanke, die im unteren Teil aper war. Zu Fuss stieg die Gruppe zum SE- und ich zum SW-Grat auf, und am Gipfel trafen wir uns wieder zum gegenseitigen Glückwunsch. Das Panorama war überwältigend: im Westen der Mont Blanc, im Süden der Grand Combin, im Osten über Mont Blanc de Cheilon und Pigne d'Arolla die Couronne Impériale und im Norden die vielen Gipfel des Chablais.

Nach einem kurzen Austausch über die Abfahrt nach Mauvoisin fuhr ich kurz über den SW-Grat ab, stieg mit Steigeisen und Pickel wieder über die S-Flanke hinunter und machte mich, immer noch unschlüssig, da ich befürchtete, mich mangels Höhenmesser und vollständiger vergrösserter Kartenausschnitte über dem Lac de Mauvoisin heillos zu verirren, auf den Weg Richtung Aufstiegsroute. Ich erinnerte mich aber, in der W-Flanke keine Abfahrtsspuren gesehen zu haben, und als ich 
im letzten Moment nochmals genauer in die SE-Flanke spähte, gewahrte ich dort zwei deutliche Abfahrtsspuren. Nun war das Eis gebrochen, ich machte kurz entschlossen kehrt und fuhr zu den aufgespürten Spuren hinüber, während die anderen gerade über den SE-Grat in gleicher Richtung abfuhren. Auf schönstem Sulz folgte ich den beiden Spuren über die SE-Flanke, das obere Band, das Couloir und das untere Band bis zum Tunneleingang. Kurzes Atemanhalten und umso grössere Erleichterung, als sich die Türe problemlos öffnen liess!

Durch den beleuchteten, sonst aber düsteren, engen und tropfenden Tunnel mit nur einem Felsfenster Richtung Lac de Mauvoisin gelangte ich zu einer weiteren Türe, die - nochmals kurzes Herzklopfen! - zum Glück auch aufging, dann über eine steile ca. 50m hohe Metalltreppe durch einen engen Stollen hinunter und schliesslich durch einen letzten Tunnel zur Ausgangstüre - auch die war offen! - neben der mächtigen Barrage de Mauvoisin. Hier konnte ich endlich aufatmen! Ich schnallte die Ski wieder an und fuhr gemütlich auf der Bergstrasse, wo ich einigen Winter- und Schneeschuhwandernden begegnete, die in dieser schwierigen Zeit auch frische Luft und Sonne suchten, zurück nach Fionnay. Hier waren natürlich immer noch alle Cafés und Hotels geschlossen, so dass ich vor der langen Rückfahrt auf einen aufmunternden Espresso verzichten musste, aber wenigstens hatten sich inzwischen ein paar AusflüglerInnen und Familien mit Kindern eingefunden, die das triste Dorfbild etwas belebten.


Aufstieg von Fionnay über die W-Flanke
Von Fionnay (1491m) entlang dem weiss-rot markierten Sommerhüttenweg Richtung Cabane FXB Panossière (2632m) über Le Reposieu und Mardiuet bis Vers le Grenier de Corbassière (1968m). Weiter W entlang dem Hüttenweg bis ca. 2080m, dann dem Winterhüttenzustieg folgend (Wegweiser) z.T zwischen Felsen hindurch und E an P. 2026 vorbei steil nach S hinunter bis ca. 2000m. An geeigneter Stelle über den Torrent de la Corbassière und weiter nach S zu einer Schlucht W P.  2189 und einer Hütte. Durch die Schlucht hinauf und unter der Hängebrücke (2344m) hindurch auf den Glacier de Corbassière. An dessen W-Ufer bis ca. 2600m, Querung nach SE zum E-Ufer bei ca. 2800m und E ausholend in einem Bogen bis SW unter P. 3139. S  von diesem über die W-Flanke (bis 35 Grad) zum Col du Tournelon Blanc (3538m) und SE an P. 3621, P. 3626 und P. 3620 zum Fuss der S-Flanke. Über diese zu Fuss auf Geröll und Firn zum SW-Grat (Couloir zwischen den Felsen bis 45 Grad) oder zum SE-Grat und über einen von diesen auf den Tournelon Blanc (3700m), 6-7h, ZS-.

Abfahrt über die SE-Flanke nach Mauvoisin
Mit Ski oder zu Fuss zurück zum Fuss der S-Flanke und mit Ski über die SE-Flanke (30-35 Grad) bis ca. 2950m S P. 3221. Abdrehen Richtung N und über Les Mortays zum Couloir N P. 2667. Durch dieses (ca. 150Hm, bis 35 Grad) nach NE hinunter und weiter bis ca. 2400m. Wieder Abdrehen nach N und über Les Plans (2346m) und Les Rosses (2166m) zum Tunneleingang bei Les Marais de la Lia (2050m, Markierungsstange, Türe). Zu Fuss durch den gut beleuchten Kraftwerktunnel (Winterzugang zur Cabane de Chanrion, eine steile hinunterführende Metalltreppe in einem engen Stollen ist ca. 50Hm hoch) zum Ausgang bei der Barrage de Mauvoisin (1975m). Wieder mit Ski auf der Bergstrasse über Mauvoisin (1841m) und Bonatchiesse (1575m) zurück, 2-3h, ZS.

Verhältnisse: genügend Schnee ab Fionnay, im Aufstieg hart oder gesetzter Pulver, bei der Abfahrt schöner Sulz. Unterhalb Vers le Grenier de Corbassière mehrere ältere Lawinenzüge und z.T. ruppig, entsprechend zwischendurch Portage. Auch über dem Lac de Mauvoisin mehrere ältere Lawinenzüge, ein grober vermischt mit grossen Felsbrocken und Geschiebe unterhalb des Couloirs von P. 2818 (Querung zu Fuss). Spalten auf dem Glacier de Corbassière und in der SE-Flanke gut eingeschneit. Gute Aufstiegsspur bis an den Fuss der S-Flanke und Abfahrtspuren von dort bis zum Tunneleingang (Merci!). Strasse präpariert (Winterwanderweg), einige kurze Gegenanstiege und Tragpassagen.

Material: übliche Skihochtourenausrüstung.

Fahrplan: 6.15 Start, 9.30 Höhe Cabane FXB Panossière, 13 Uhr Gipfel, 15 Uhr Eingang Marais de la Lia, 16 Uhr retour.

Nur bei sicheren Lawinenverhältnissen!

Tourengänger: lorenzo


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