Rund um Krupka


Publiziert von lainari , 14. März 2020 um 22:12.

Region: Welt » Tschechien » Krušné hory
Tour Datum: 8 März 2020
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 3:15
Aufstieg: 345 m
Abstieg: 345 m
Strecke:8 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Bohosudov oder Zug der ČD bis Krupka-Bohosudov
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 6 Krušné hory - Teplicko

Die faszinierende Bergstadt Graupen
 
Auf der Anreise zum heutigen Ziel legte ich auf der Straße von Sobědruhy (Soborten) nach Krupka (Graupen) an der zříc. kostela sv. Prokopa (Ruine der Sankt-Prokop-Kirche) einen ersten Halt ein. Das Bauwerk wurde im 13. Jh. errichtet. Aufgrund der Unterfahrung des Areals durch untertägigen Braunkohleabbau blieb sie ab 1891 ungenutzt und brannte 1939 ab. Die Kirchenruine ist der einzige verbliebene Gebäuderest der im 17. Jh. eingegangenen Siedlung býv. osada Kirchlice (Kirchlitz). Der Ort gründete sich einst um die recht weit vom Gebirgsfuß entfernten rýžoviště Zalužanského potoka (Zinnseifen am Senselner Bach).
 
Ausgegangen war der Bergbau am Südfuße des Erzgebirges auf dem Gebiet des 1330 erstmals urkundlich erwähnten Ortes Krupka (Graupen). Hier wurde bereits seit dem 12. Jh. in den Bächen Zinn geseift. Die dabei gefunden Zinnkörner nannte man Graupen. Der Ortsname Krupka hingegen, soll sich vom (alt?)böhmischen Wortstamm für „rau“ ableiten. Bereits im 13. Jh. ging man dazu über, Zinn in Primärlagerstätten durch Schürfmulden und Tagebaue im Festgestein zu gewinnen. Für das 15. Jh. wurde dann der Beginn des Tiefbaues mit Stollen und Schächten nachgewiesen. So blickt die Region wohl auf eine 800-jährige Bergbaugeschichte zurück. Bei der Erkundung des Geländes hilft eine Internetseite mit einem virtuellen Gästeführer. Eine nicht immer schlüssige und durchgängige Auszeichnung von lokalen Wanderrouten im Gelände ist vorhanden.
 
Ich fahre ins Zentrum des Ortes Bohosudov (Mariaschein) und parke in der Nähe des Klosters. Zu Fuß wende ich mich auf den Anliegerstraßen „K plovárně“ und „Nad plovárnou“ stadtauswärts und entdecke hinter einem ehemaligen Freibad links der Straße die zříc. tvrze Starý Dvůr (Ruine des Festen Hauses Althof), zwischen 1450-1539 Stammburg der Adelsfamilie der Glacové ze Starého Dvora (Glatz von Althof). Von der im 14. Jh. errichteten Wasserburg ist heute nur noch ein trockenes Becken mit dem Sockel der Ursprungsbebauung in der Mitte übriggeblieben. Das Siedlungsgebiet geht unmerklich in den Ort Krupka (Graupen) über. Ich unterquere die derzeit ungenutzte Bahnstrecke Děčín - Oldříchov u Duchcova und laufe dann auf den Gleisen weiter bis zu zwei, die Strecke überspannenden Brücken. Die erste ist eine Fußgängerbrücke und dann folgt ein Aquädukt, welches beim Streckenbau zur Versorgung der talwärts liegenden Mühlen mit Aufschlagwasser errichtet wurde. Am nächsten Bahnübergang verlasse ich den Gleiskörper und gehe entlang der Straße bergwärts.
 
Auf Höhe der býv. Aspenův mlýn (Aspen-Mühle) biege ich nach links ab und passiere danach die Mauerreste der býv. Preissova mlýna (Preiss-Mühle, später Gasthaus Roseger Hof). Beide Objekte sind wahrscheinlich einstiger Bergbautätigkeit zuzuordnen. Später wurden sie umgenutzt. Entlang des Baches steige ich auf einem Weg bergwärts und gehe zur hrad Krupka (Burg Graupen/Rosenberg) hinauf. Die recht große Anlage wurde 1330 durch eine Schenkung des böhmischen Königs Jan Lucemburský (Johann von Luxemburg) an Thimo von Colditz urkundlich. 1433 wurde die Burg vom Hussitenführer Jakoubek z Vřesovic erobert. Spätere Besitzer waren die Familien Šumburk, Starschedel, Šlejnice, Kolovrat, Valdštejn, Maltzan, Rožmitál, Vartenberk und Šternberk. Die Burg wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört. 1695-1697 erfolgte der Bau eines Bergamtsgebäudes im Burghof der Ruine. Nach der Besichtigung lief ich über die Straße „Na Hradbách“ weiter. Vor den letzten zwei Häusern auf der Geraden bog ich links in einen unscheinbaren Durchgang ab. Ein nur schulterbreiter Pfad ging zwischen den Gärten am Hang steil aufwärts und passierte die Reste der býv. Effenbergrovy kaple (Effenberger-Kapelle) aus dem 18. Jh..
 
Auf historischen Steigen ging ich durch steinmauerbegrenztes verbuschtes einstiges Kulturland weiter bergwärts. Unterwegs sah ich jetzt grüne Farbmarkierungen des auf der Karte (mapy.cz) eingetragenen lokalen Wanderweges. Oben angekommen, traf ich auf dem Gipfel des Kalvarienberges von Krupka ein, der 1697 ein Kreuz erhalten hatte. Ein Bänklein lud zu einer Pause in der Sonne ein. Dann wandte ich mich Richtung Straße, umging jedoch ein kurz davor gelegenes Wochenendgrundstück weglos nach rechts. Dort fand ich den štola č. 8 (Stollen Nr. 8) in dem im 19. Jh. Zinn-Wolfram-Erze gefördert wurden. Über alte Pfadansätze stieg ich hinunter zur Talsohle zum býv. štola Matky Boží (einstiger Mutter-Gottes-Stolln), auf den heute nur durch eine Betsäule hingewiesen wird. Der Stollen erschloss die einzige polymetalické ložisko (Mehrmetall-Lagerstätte) des Graupener Bergrevieres, die auch Silber lieferte. Am gegenüberliegenden Hang befand sich einst der Gotteskinder-Stolln, von dem sich keine Reste erhalten haben. An der Straße ging ich bis zur Buswendeschleife und bog nach links auf einen bergwärts führenden, verschlammten Hohlweg ein, der unangenehm zu begehen war. Auf der Höhe angekommen, folgte ich einem blau markierten lokalen Wanderweg. Unterwegs war an einer Anhöhe ein tvrz na hlemýždím vrchu (Festes Haus auf dem Schneckenberg?) angeschrieben, von dem ich in einschlägigen Verzeichnissen keine Belege gefunden habe. Ein Stichweg brachte mich zum Gipfel des Šibeniční vrch (Galgenberg), der einstigen Richtstätte von Krupka. Ein Wechsel von blauen Strichen und blauen Schnecken (?) leitete mich nun am Hang entlang durch die býv. vinohrady (einstige Weinberge), die hier zwischen dem 14. und 16. Jh. genutzt wurden. Ein neuerlicher Nutzungsversuch fand an der Wende vom 19. zum 20. Jh. statt. Unterwegs verlor ich die Markierung, des sich nicht (!) auf dem Boden abzeichnenden Weges.
 
Ich umging den Galgenberg und nahm nun den mit roten Schnecken (?) markierten Pfad, der bei mapy.cz als schwarze Strichellinie eingetragen ist. Am Beginn des Bebauungsgebietes passierte ich den štola Vincenc (Vinzenz-Stolln), der auch heute noch als Erbstolln der Entwässerung des Bergrevieres Knötel dient. Kurz vor Erreichen der Bahnstrecke bog ich nach links hinauf zur Kalvárie Bohosudov und besichtigte die Kreuzwegstationen, die Statuengruppe am Gipfel und die darunter liegende Heilig-Grab-Kapelle. Dann kehrte ich zum Ausgangspunkt in Bohosudov zurück.
Die geplanten 2-3 weiteren Erkundungen in dieser Region sind nun durch die aktuelle Situation mit der Grenzschließung erst einmal auf unbestimmte Zeit vertagt.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 3 h 15 min.
Die Weglospassagen im Wald (besonders an den Weinbergen) sind mit T3 zu bewerten, die restliche Strecke auf vorhandenen Wegen mit T1.
Eine nicht immer schlüssige und durchgängige Auszeichnung von lokalen Wanderrouten im Gelände ist vorhanden.

Tourengänger: lainari


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Geodaten
 47842.kml Manuell gezeichnete Wegstrecke

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Kommentare (2)


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PStraub hat gesagt: Wie immer ..
Gesendet am 15. März 2020 um 13:16
.. hoch interessanter Bericht aus einer uralten Kulturlandschaft; danke!

Gruss Peter

lainari hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. März 2020 um 16:59
Gern geschehen, herzlichen Dank für das Interesse!

Jetzt wo man gerade nicht durch Reisemöglichkeiten abgelenkt ist, gäbe es die Möglichkeit, sich auch mal wieder intensiver dem deutschen Teil der Kulturlandschaft Erzgebirge zu widmen - mal sehen wie lange sie uns noch rauslassen...



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