Lunae Montes - Teil 15 - Gulu

Eis am Äquator, Viertausender in Afrika. Die von Ptolemäus erwähnten Lunae Montes als große Attraktion. Die Schneemassen der Mondberge speisen die sagenumwobenen Quellläufe des Nil. Die Legenden um Burton, Speke, Emin Pascha, Stanley und Livingstone beflügeln die Phantasie. Entlang des Weges: Kilimanjaro, Mount Meru, die Virunga Vulkane und Mount Elgon. Und alles was dazwischen liegt. Terra incognita, 1980 - 1981

Existentielle Momente

Existentielle Momente entstehen nicht auf den Gipfeln oder wenn Löwen das Zelt umschleichen. Dazu braucht es eine schlaflose mondhelle Nacht in drückender Hitze, ein billiges Hotel an einer staubigen Straße, zerrissene Moskitonetze an glaslosen Fenstern, das Echo der heulenden Hunde. Gulu am Ende der Trockenzeit. Ich muss mich mit dem Elgon beeilen.
 
Zwischenstopp in Lira. Ab Mittag ist Feiertag, der Polizeichef hat Geburtstag; er hält sich selbst eine Festrede, ein paar Offizielle hören zu. Der Verkehr ist stillgelegt, es geht nicht weiter. Plötzlich ein Auflauf, Busse fahren ein. Die Leute sind freundlich, der Muzungu kriegt einen Platz. Es fehlen Glasscheiben, der Staub der un-geteerten Straße verdichtet sich im Inneren. Der Fahrer hält alle zehn Minuten, Dampf zischt, er holt Wasser aus der nächsten Hütte. In den Pausen kauft man Erdnüsse und Mangos. Der Mangosaft klebt den Staub noch fester auf die Haut. Abrupter Halt. Ein Reifen ist platt, am Ersatzreifen schaut das Gewebe heraus. Ich gehe um den Bus herum, Diesel rinnt aus dem Tank.
 
Ein nahezu leerer Bus kommt vorbei, viele Mitfahrer wechseln das Gefährt. Wir haben Zeit verloren, passieren Soroti, ein blutroter Sonnenuntergang, dann ist es dunkel. Geradeaus ein Roadblock. Die brennenden Reifen sind schon aus der Distanz zu erkennen. Es wird ungemütlich. Die Kommandos sind nervös. Die Kontrolle scheint vorbei, dann holt der Obergangster nochmal zwei Leute raus. Maschinenpistole im Anschlag; alle Taschen werden umgedreht, das Geld eingesammelt. Einer der Beraubten ist mein Nebenmann. Er war in Soroti, seine Tiere verkaufen, wochenlang gearbeitet, alles umsonst. Er ist den Tränen nahe. Ich überlege ob ich ihm etwas Geld geben soll; mit den anderen Leuten im Bus scheint es mir keine gute Idee.

Mbale
 
Um neun Uhr abends fahren wir in Mbale ein. Der Teufel ist los. Überall Stimmung, erleuchtete Kneipen, Musik. Die Versorgungslage scheint exzellent, Mbale scheint von den Kriegswirren verschont. Nirgendwo ein freies Hotel. Ein vielleicht dreizehnjähriger Junge gesellt sich zu mir, er kennt noch ein paar Hotelis ohne Schilder. Die sind auch voll. Er meint, ich könne bei ihm zuhause übernachten. Durch ein verwinkeltes Labyrinth von Hütten kommen wir in ein System von Zimmern. Hier haust er mit seinen Freunden oder Mitschülern. Ich erhalte eine Matratze hinter einem Vorhang. Ich lasse mein Gepäck da und wir gehen noch etwas essen und trinken. Später erzählen wir noch mit seinen Kumpanen. Es ist Mitternacht, ich liege auf meiner Matratze, höre die Jungens ihre Schulaufgaben besprechen. Am nächsten Tag kann ich in ein Hoteli umziehen.
 
Der Kung Fu Film im Open Air Kino war mehrfach gerissen. Der Einfachheit halber hat man Material aus anderen Eastern nach dem Zufallsprinzip dazwischen geflickt. Am Ende bin ich überzeugt, alle drei Filme in Sinn und Handlung vollständig begriffen zu haben.
 
Meinen Informationen nach muss man – wegen der Grenznähe - ein Permit haben um Mount Elgon Gebiet zu begehen. Der District Commissioner hat keine Ahnung, gibt mir stattdessen ein Schreiben mit, besagend, dass der Muzungu vorhabe den Mount Elgon zu besteigen und man mir alle erdenkliche Hilfe zuteil kommen lassen möchte.

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