Medvedi Skala/Bärenstein (924 müM), Tschechisches Erzgebirge, mit Schneeschuhen


Publiziert von getphilipp , 16. Mai 2019 um 17:22.

Region: Welt » Tschechien » Krušné hory
Tour Datum:10 Februar 2019
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ   D 


Anfahrt
06:10 Aufstehen in Dresden. Will den Zug um 6:50 in DD-Neustadt bekommen und bin auch rechtzeitig da. Erkenne zu spät dass der Anzeiger "in Test" dass falsche Gleis anzeigt und der Zug gegenüber abfährt. Berühre noch die Tür aber sie öffnet sich nicht mehr und der Zug fährt los. 6:56 fährt noch einer. Soll 7:01 am Hauptbahnhof sein, hat noch kurz Verspätung. Aber ich erreiche noch den Zug um 7:06 nach Flöha. Dort bald Anschluss nach Olbernhau Grüntal im Erzgebirge. Von da mit dem Bus nach Deutschneudorf.

Die Suchmaschine der Bahn fand den Ort nicht, obwohl das System die Haltestelle kennt. Deutschneudorf- Warte. Das ist die beim Grenzübergang in die Tschechei, nahe der Kirche. Findet man wenn man Deutschkatharinenberg eingibt.

Kurz vor 10 da. Auf der geräumten Strasse.  Abseits Schnee. Eine Frau mit Kind vor ihrem Auto vor dem Haus weist mir den Weg zum Grenzübergang in die Tschechei. In Gegensatz zur Sächsischen Schweiz ist das Erzgebirge nicht immer ausgeschildert.

Tschechische Karte Krusne Hory, Geodezie Online 1:25 000 war sicher hinreichend und mit vielen Einzelheiten. Das Material wohl nicht sehr stabil. Fand keine Deutsche in dem Masstab wo der Gipfel drauf war.

Aufstieg mit Schneeschuhen

Im Dorf Nova Ves, etwa bei der Pension Pod Lipou, auf der Karte eingezeichnet, mit Naturmotiven bemaltes Haus beginnt die Loipe nach Südwesten. Überquert die Strasse nach Svate Katerine. Trifft auf Rot, dass von Mikulovice kommt. Laut Karte am Drevalsky Rybnik See vorbei, den sehe ich nicht und suche ich nicht. An einer Kreuzung verlässt die gespurte Loipe Rot, überquert Grün. Hier kommen mir zum ersten Mal ein paar Skifahrer entgegen. Deutsche. Wir ignorieren uns. Die einzigen Menschen, die ich heute ausserhalb der Ortschaften sehe. Als die Loipe nach Süden knickt, verlasse ich sie.

Ich zwänge mich durch eine etwas eingeschneite Holztür in einen eingezäunten Hang, wo Bäume gepflanzt sind. Peile eine recht direkte Route nach oben an. Durch einen spärlich bebäumten Hang, dann muss ich oben über den Drahtzaun zurück ins freie klettern. Durch einen kahlen Hang an einem Fichtenhang vorbei zum bewaldeten Gipfelplateau. Das waren vielleicht 200m Aufstieg. 

Es ist heiter bis wolkig. Ein Thermometer in Novy Ves zeigte knapp über Null. Auf dem Gipfelplateau dann leichter bis mäßiger Schneefall.

Die Fichten stehen oben in Reihen mit Schneisen dazwischen. Der Vorgipfel, Lisci Vrh (907), ist schwer auszumachen, da es oben flach ist. Irgendwo steht ein Hochsitz. Ich überlege kurz, dort Unterschlupf zu finden und Mittag zu essen. Aber es ist erst 11:40. Ich wähle eine der Schneisen. Alle verlaufen genau richtig in N-S Richtung. Ich gehe weiter durch - zunächst und seit Verlassen der Loipe bis auf Tierspuren unberührten - Schnee nach Süden. Irgendwann kommt von W die Spur eines Schneemobils und biegt nach Süden in meine Richtung ab. Ich folge ihr, es geht sich auf ihr besser. Als die Spur aber in immer östlichere Schneisen wechselt, verlasse ich sie irgendwann. Ich benutze viel Kompass und Karte an dem Tag. Bin etwas besorgt, östlich am Gipfel vorbei zu laufen und zu weit nach S zu kommen. Die Bäume verdecken etwas die Sicht und es ist ja flach oben. Ich weiss von Fotos vom Netz dass auf dem Gipfel ein Felsaufbau steht. Bisher waren noch keine Felsen zu sehen. Insgesamt ist der Gipfel aber nur 17 m höher als der Vorgipfel. Wie hoch ist eine Fichte? Schliesslich sehe ich einen Felsaufbau, wohl nicht der am Gipfel, und ersteige ihn. Von oben sehe ich einen etwas höheren Felsaufbau, etwa 100 m entfernt hinter den Bäumen. Ein weiteres vorsichtiges Schneeschuhgehen auf diesen. Von dort oben sehe ich den Gipfelfelsaufbau, zu erkennen an der Triangulierungssäule, wieder etwa 100 m weiter. Gegen 12:40 bin ich nach etwa 2:30 h inklusive einer Pause auf dem Gipfel.

Der Bärenstein (nicht zu verwechseln mit dem etwas niedrigeren Bärenstein im deutschen Erzgebirge, Bärensteinen in der  Sächsischen Schweiz und wo auch immer noch) hat eine Wiki-Seite (s.u.). Die verweist auf eine tschechische Seite. Ich übersetze diese elektronisch, weiss nicht mehr wie. Meine erste Übersetzung. Auf dem Internet steht dass dieser Bärenstein nach dem letzten im Erzgebirge abgeschossenen Bär benannt wurde. Und schwierig zu besteigen sei (wiki), da zum Teil von Hochmooren umgeben. Ich denke, eher westlich des Gipfels. Die Ostseite, meine Anstiegsseite ist steiler, da wohl eher nicht. Im Moment liegt eh eine meterdicke Schneedecke drauf. Ferner soll auf dem Gipfel ein Grabhügel sein und an einem Nachbarfelsen an der Seite eine halbverfallene Blockhütte (Tschechische website). Leider lese ich die tschechische Site ausführlich erst nach der Besteigung. Bei Wiki steht auch dass keine markierten Wege hochführen. Die tschechische site gibt eine recht genaue Wegbeschreibung auf unmarkierten Wegen an.

Die Felsen sind (ich sehe) drei freistehende Hügel aus Felsblöcken. Um die Triangulierungssäule ist Beton. An einer Seite ist ein mit Schnee gefülltes Loch. Nach etwas Suchen finde ich dort einen dicken und grossen Fingerhandschuh sowie eine eingeeiste Kassette, sehr ähnlich denen auf den Gipfeln der Kletterfelsen der Sächsischen Schweiz. In dieser befindet sich dann auch das Gipfelbuch, wo ich mich eintrage. Es gibt einen Eintrag von Sylvester, vom Januar auch einen. Im Februar ist meiner der Erste. Obwohl ich meine, auf dem Nachbarfelsen ein paar Schneeschuhspuren gesehen zu haben. Auf den Felshügeln soll es auch ein paar Kletterrouten im 3. und 4. Grad geben (tschechische Site).

Auf dem Gipfel ist es windig. Ich habe T-shirt, Vliess und softshell an und ziehe noch die Regenjacke drüber. Ich will meine Brote essen. Was windstilleres würde ich auch finden, aber so kann ich gleichzeitig die Aussicht geniessen und testen ob meine Kleidung warm hält. Mit den Kapuzen auf geht es. Lange Unterhose unter der Wanderhose. Winterwanderschuhe. Brote mit Ei, Schmalz, Gewürzgurken und Käse.

Nach S, zur tschechischen Seite fällt das Erzgebirge steil ab. Es ist bedeckt, manchmal kommt die Sonne durch. Eine weite Ebene in der Tschechei. So glatt, teilweise spiegelnd. Es erinnert ans Meer oder die Meergegend. Schwierig zu sagen, wo Land, wo Wasser, wo Schnee ist. Nach O der Loucna, Wieselstein (956), der höchste des Osterzgebirges, noch etwas höher als dieser hier. Hat einen kahlen Gipfel, auch einen Felsaufbau. Der ist eingezäunt und verboten. Bin mal über den Zaun geklettert. Erinnere mich an ein deutsches Pärchen, die auch dort waren. Ich sprach sie an um ihnen zu zeigen, daß ich sie verstehe wenn sie untereinander sprechen. Oder war das woanders? Die waren nicht als ob sie über den Zaun geklettert wären. Das war nicht im Winter, denke ich. Nach W sollte das Keilberg-Fichtelberg-massiv sein. Ca 1200, die höchsten des Erzgebirges. Warmaauchma. Die sehe ich aber nicht bewusst.

Ich beschliesse einen alternativen Rückweg. Im Westen sehe ich eine Lichtung mit einem Skier drauf, etwas weiter südlich eine Oberleitung in einer Schneise mit weiteren Skiern. Die Karte zeigt ein dichtes Wassernetz. Vielleicht die Hochmoore. Kein Wasser zu sehen. Und genug Bäume. Eine 2. Spur sehe ich nicht. Aber es scheint in vielleicht 1 km Entfernung Loipen zu geben. Laut Karte muss ich, wenn ich nach W gehe entweder auf einen Loipe, oder auf Rot mit Loipe stossen. Also gehe ich nach Westen.

Durch Wald, Kiefern, Lärchen, Fichten. Einen zugeschneiten Bach überqueren. Kann man noch rüberspreizen. Vor dem Einsinken habe ich keine Angst. Es gibt überall Bäume. Ab und zu ist die Bewaldung etwas dicht, so dass ich einen Bogen machen muss, unter Ästen durchducken oder sie zur Seite schieben. Irgendwann stosse ich auf eine Loipe. Ein Stück auf dieser nordwestlich. Dann stosse ich auf Rot. Ich finde mich schnell auf der Karte. Bei Pod Lesnou kommt blau dazu. Mit blau über Nad Lesnou nach Maly Hay, ein Dorf. Oder Rudolice. Das Stück zwischen Nad Lesnou und Maly Hay ist Strasse. Es gibt etwas Schnee auf der Strasse. Von hinten überholen mich ein paar Autos. Manchmal kommt auch eines von vorne und sie müssen einander ausweichen. Tschechische Langlaufskifahrer nehme ich. Im Sommer Radfahren, wandern, im Winter Langlauf. Tourenski, Schneeschuhe, sonstige Betätigungen ab vom Weg weniger. Von Lesna her höre ich dauernd Hundegebell, was in der Stille etwas beunruhigend klingt. Ich hoffe dass es keine offene Hetzjagd ist. Ich sehe keine Hunde.

In Maly Haj muss ich eine weitere Entscheidung treffen. Wenig laufen: über die Strasse 3-4 km nach Deutschkatharinenberg und dort auf den Bus warten. Viel laufen: durch den Wald und absteigen nach Olbernhau und dort zum Bahnhof.  Muss man nicht auf den Bus warten, falls der wirklich kommt. Erst will ich es davon abhängig machen ob die auf der Karte eingezeichnete Loipe gespurt ist. Es ist gegen 2 oder halb drei. Bei der Kirche in Maly Haj, wo ich dann wirklich entscheiden sollte ist die Lage dann zweideutig, oder eindeutig?: Keine gespurte Loipe, wohl ein bis zwei Skispuren und zunächst auch Traktorspuren. Der Wind ist nicht sehr einladend. Ich denke an einen Freund, der meinte aufgrund eines Sturmes, den er erwarte würde er nicht mitkommen. Im Wald erwarte ich dass der Wind aufhört. Ich habe mehr Lust zu laufen.

Am Waldrand ist ein Bauernhof wo die Traktorspuren aufhören. Vielleicht eine Skispur und eine Schneeschuhspur. Und eine Oberleitung  und eine Schneise durch den Wald, alles in die richtige Richtung. Ach ja, und ein Schild dass das Betreten des Waldes? verbietet?. Herunterhängende Äste vom Sturm, Waldarbeiten, was auch immer. Meine beiden Vorgänger hielten sich nicht daran.  Im Wald hört der Wind auf. Irgendwann zweigt die Skispur scharf nach links ab. Ich lasse sie. Die Schneeschuhspur geht weiter geradeaus. Irgendwann zweigt die Schneeschuhspur nach rechts ab. Ich folge ihr ein wenig. Mitten durch den Wald. Keine Anzeichen eines Weges. Nur die Spur. Meine Idee war, nach Begutachtung der Karte, so weit wie möglich Anzeichen von Pfad oder Loipe zu folgen oder irgendwann rechts nach NNW abzusteigen. So müsste ich entweder wieder auf Blau kommen oder durch Absteigen auf die Straße nach Brandov. Aber die Spur zweigt mir zu früh ab. Die Oberleitung in der Schneise führt weiter geradeaus auf dem Kamm entlang, wenn auch jetzt ohne Spur. Ich folge der Schneise.

Der Weg oder was auch immer durch die Schneise führt soll laut Karte irgendwann nach links abknicken. Das wäre die falsche Richtung. Ich entschliesse mich irgendwann Farbmarkierungen nach NNW zu folgen. Es sind nicht die üblichen Wanderwegmarkierungen Weiß-Farbe-Weiß, aber sie scheinen einen Weg zu weisen.  Dann kommt noch die Schneeschuhspur von vorher von rechts auf den markierten Weg. Vielleicht kannte der sich aus und kürzte ab
(Old Sherlock Holmes).  Auf dem markierten Weg komme ich eine Etage tiefer auf einen verschneiten Waldweg der weitere Spuren aufweist und eben wieder nach NNW führt.

Der Waldweg ist auf der Karte als Bachmanka bezeichnet. Es gibt Spuren von Langlaufskiern und Wanderern. Aber der Weg ist nich platt gespurt. Das macht es etwas unangenehm, bin auch müde. Ich bin versucht schneller zu gehen als ich Stabilität habe, gerate dadurch oft ins Wanken, erfahre so Stöße was auf die Dauer nervt. Wenn es keine Spuren gäbe würde man langsamer machen und gleichmäßig gehen. Nach einer lange scheinenden Zeit
(60 bis 90 min noch?) knickt der Weg nach rechts ab und mündet dann irgendwann auf die Straße.

Ein schön stufenweise ansteigendes Gefühl der jetzt wieder Geborgenheit verheißenden Zivilisation: Schneeschuhspur kommt zurück, gespurter Waldweg, Straße, dann Ortseingangsschild für Brandov. Eine Bushaltestelle mit Fahrplan. Meine Uhr ist gerade kaputt gegangen, die Batterie leer wie sich später herausstellt. Es ist auch niemand da um nach der Uhrzeit zu fragen. Warten erscheint sinnlos, oder ich habe Angst vor dem abkühlen und der Langeweile. Ich laufe durch Brandov, zur Grenze, zurück nach Deutschland und nach Olbernhau.

Grenzregionen haben oft was bedrückendes. Zeichen von Leuten die aus den Unterschiedern zwischen den Ländern Geld machen wollen. Hier billig essen, saufen, tanken. Gegen 7, es ist schon dunkel, komme ich in Olbernhau an. Am 1. Bahnhof kein Zug mehr. Laut Fahrplan am 2. wohl noch. Ich habe mehr Mühe den 2. Bahnhof zu finden als vorhin durch das Hochmoor. Keine Schilder, keiner zum fragen. Endlich doch Leute. Hinter dem Netto die Treppe hoch sagen sie. Ein Döner. Da sagen sie sowas ähnliches. Ich kaufe Döner und Bier zum mitnehmen - auch ich möchte billig essen und saufen. Finde den Bahnhof rechtzeitig. Kann sogar noch ein paar Dehnübungen machen. Selten so schön einen Zug zu betreten.  


https://de.wikipedia.org/wiki/Medv%C4%9Bd%C3%AD_sk%C3%A1la

Tourengänger: getphilipp


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