Khalaca 3938,1m
|
||||||||||||||||||||||||||||||
![]() |
![]() |
HÖCHSTER BERG SÜDOSSETIENS: ХАЛАЦА (KHALACA) 3938,1m.
Der unbekannteste und exotischste Landeshöhepunkt ist mit grösster Wahrscheinlichkeit der Khalaca der Republik Südossetien. Einerseits ist ein Dreitausender im Kaukasus kein besonders auffälliger Berg, zweitens braucht es lange im Voraus zu beantragende Permits um in die Region zu gelangen, drittens ist Südossetien ein praktisch weisser Fleck auf der Landkarte und viertens wird das Land, ähnlich wie Kosovo und Abchasien, von etlichen Staaten nicht als unabhängige Republik anerkannt.
Vor drei Jahren versuchte ich schon einmal zusammen mit meinem Kollegen Alex den Berg zu besteigen, dieses Unternehmen scheiterte aber an den südossetischen Behörden die uns eine Einreise verweigerten. Diesmal wollte ich auf Nummer sicher gehen und den Grenzberg von Norden her, aus russischem Territorium, zu besteigen. Mein russischer Kollege und Führer Александр „Саша“ Сушко (Aleksandr „Saša“ Suško) aus der Hauptstadt Nordossetiens organisierte für uns die nötigen Dokumenkte, so sollte nichts mehr schief gahen! Ich lernte ihn letztes Jahr kennen als wir zusammen den schwierigen Landeshöhepunkt der Republik Abchasien bestiegen. Die Tour auf den Khalaca war wie Versprochen auch ein tolles Erlebnis in unberührter Natur. Dies erzählte ich schon bei der Ferienplanung meinem Kollegen Christoph, der sofort begeistert war und wir zu dritt einen erlebnisreichen Urlaub erlebten.
Wegen Unwetter und unklaren Formalitäten kamen wir leider auch diesmal nur bis ins erste Dorf nach Südossetien, danach war bei der dahinter liegenden Grenzstation schluss. Doch immerhin waren wir im geheimnisvollen Land, was wirklich nicht viele Touristen erzählen können! Und ja, der Landeshöhepunkt der Republik hatten wir ja auch bestiegen!
Allgemeines über den Khalaca:
Der 3938,1m hohe Халаца (Khalaca), auf ossetisch Халасхох (Xalasxox) liegt im zentralen Teil des Grossen Kaukasus (Russisch: Кавказ / Kavkaz); er gehört zur Gebirgsgruppe des östlichen Bezengi (Восточнее Безенги / Vostočnee Bezengi). Über seinen Gipfel verläuft die Grenze der Russischen Teilrepublik Nordossetien (Северная Осетия - Алания / Severnaja Osetija – Alanija) und der seit 1990 von Georgien unabhängigen Republik Südossetien. Sein ossetischer Name bedeutet auf Deutsch „Frostberg“, denn der Gipfelbereich ist fast das ganze Jahr schneebedeckt und an der Nordseite halten sich einige kleine Gletscher. Der Khalaca ist zudem der höchste Gipfel der jungen, dünn besiedelten Republik.
Der aus Granit und Schiefer aufgebaute Gipfel hat zwei ausgeprägte Grate: Südost- und Westgrat. Im Süden, auf südossetischer Seite sind die Hänge weniger steil und felsig, sie reichen dort bis zu den Graten hinauf. Im Norden ist dies nur in den unteren Bereichen der Grate so, oberhalb etwa 3300m ist der besteht der Gipfelbereich aus mit Hängegletschern durchsetzten Felswänden mit einer steilen Nordrippe welche die Wand in eine Nordost- und Nordwestwand unterteilt. Der Südostgrat fusst im Перевал Дзедо (Pereval Dzedo; 2994m) , der Westgrat im Перевал Кударский (Pereval Kudarskij; 3184m). Im Norden fliessen zwei Flüsse aus den Gletschern und Schneefeldern ab, im Nordosten der Зруг (Zrug), im Nordwesten der Земегондон (Zemegondon), wobei beide in den Fluss Ардон (Ardon) münden. Im Süden liegt das Tal der Джоджора (Džodžora).
Der Gipfel wurde nachweislich erstmals am 25.8.1891 von Андрей Пастухов (Andrej Pastukhov) zusammen mit neun Begleitern bestiegen. Heute stehen auf ihm ein Fahnenmast, ein Steinmann und eine Gedenktafel zur Unabhängigkeit der Republik Südossetien. Heute führt die einfachste Route aus Südossetien über die Südflanke auf den obersten Südostgrat (WS; Fels I-II), etwas schwieriger sind der ganze Südostgrat oder der Westgrat (WS+; Fels bis II) wobei beide Grate aus Norden oder Süden oberhalb der Pässe erreicht werden können. Deutlich schwieriger sind direkten, oft Fels/Eis-kombinierten Kletterrouten über den Nordpfeiler oder die Nordwestwand.
Reise- und Besteigungsbericht:
TAG 1 (1.7.): Zürich - Moskva - Mineral’nye Vody.
Um 11 Uhr trafe ich Christoph am Flughafen Zürich. Nach langer Vorbereitungszeit und unzähligen Telefonaten und Mails konnte unsere Reise endlich beginnen. Um halb zwei flogen wir dann auch endlich nach Москва (Moskva) ab. Der Flug verlief ruhig und die Einreise nach Russland war Formsache, schliesslich hatten wir ja das Visum im Pass. Leider hatte der Anschlussflug nach Минеральные Воды (Mineral’nye Vody) über zwei Stunden Verspätung weshalb die Warterei eine gefühlte Ewigkeit dauerte. Immerhin gab es Wi-Fi so dass wir in Internet herum stöbern konnten. Nach 23 Uhr ging es schlisslich doch noch weiter mit dem Inlandflug nach Südrussland.
TAG 2 (2.7.): Mineral’nye Vody - Vladikavkaz.
Mitten in der Nacht erreichten wir völlig übermüdet Mineral’nye Vody wo Игорь (Igor’) mit seinem Auto schon auf uns wartete. Nun mussten wir noch etwa 200km bis Владикавказ (Vladikavkaz) auf der Überlandstrasse Fahren. Wir verschliefen den grössten Teil der Fahrt und wurden erst richtig wach als es vor Vladikavkaz hell wurde. Wir erlebten einen wunderschönen Sonnenaufgang während dabei die hohen Kaukasusgipfel in der Morgensonne leuchteten. In Vladikavkaz wartete schon Саша (Saša) auf uns. In seiner Wohnung gab es erst einmal etwas zu Essen und danach konnten wir endlich einige Stunden nochmals richtig gut schlafen. Am Nachmittag schauten wir uns die Hauptstadt Nordossetiens an, machten die obligatorische Registrierung auf der Post und kauften Lebensmittel für unsere Bergtour ein.
TAG 3 (3.7.): Vladikavkaz - Nar / Zrug - Aufstieg zum Biwak
Gegen 7 Uhr morgens konnte es los gehen. Zuerst fuhren wir nach Алагир (Alagir) und von dort über die Transkaukasische Fernstrasse bis ins letzte Dorf namens Нар (Nar), etwa einen Kilometer vorm Russischen Grenzposten nach Südossetien. In Nar bogen wir ab ins kerzengerade Tal des Flusses Зруг (Zrug). Über eine Schotterstrasse holperten wir taleinwärts und waren hier schon froh um unser Geländefahrzeug. Nach 11km erreichten wir das Lager des Grenzschutzes. Unsere Dokumente und Permits wurden geprüft und zu unserer Überraschung liessen sie mich und Christoph nicht durch. Keiner durfte die Entscheidung treffen uns durchzulassen. Sie Funkten der Zentrale des Grenzschutzes an und wir fuhren wieder das ganze Tal hinunter. Kurz vorm Talausgang wartete das Militär auch schon, erneut wurden die Dokumente angesehen und einem Major angerufen. Dieser kam dann in Zivil und nahm unsere Dokumente zur Prüfung mit zur Grenzstation. Nach einer halben Stunde kam er wieder und meinte, es sei alles korrekt, wir dürfen den Berg besteigen. Also fuhren wir wieder zum Lager des Grenzschutzes. Dort ging es nun schnell und die Barriere öffnete sich für uns. Die letzten zwei Kilometer waren eine Prüfung für das Auto, es war keine Spur mehr vorhanden und wir fuhren querfeldein über Alpweiden und Bäche bis es nicht mehr weiter ging.
Inzwischen war es schon halb zwei Nachmittags als wir auf 2320m Höhe mit schweren Rucksäcken mit dem Aufstieg begannen. Schon nach wenigen Metern mussten wir einen Seitenbach des Zrug überqueren - Brücken für Wanderer gibts hier im Gegensatz zu den überlaufenen Alpen nicht! Danach folgten wir direkt dem Lauf des Zrugs. Dies war mancherorts etwas mühsam, doch wäre es besser gewesen weiter oben am Hang über Alpwiesen das Tal hochzulaufen. Nach 250 Höhenmetern erreichten wir den Knick des Tals und rasteten nach zwei weiteren grösseren Bachquerungen ein erstes Mal. Von da an wurde das Gelände deutlich steiler. Wir stiegen zwischen dem Zrug und dem Khalaca-Südwestgrat weglos über steiles Gras hinauf wobei die Schneeflecken ab 2800m immer zahlreicher wurden und wir manchmal knietief einsanken. Nach 3½ Stunden Aufstieg erreichten wir schliesslich einen schönen Biwakplatz auf einer Geröllinsel auf knapp über 3000m. Chistoph und ich stellten die Zelte auf und Saša bereitete das Nachtessen vor - dazu musste natürlich viel Schnee geschmolzen werden zum Kochen und für die Getränkereserven. Wir genossen die Szene und legten uns erst weit nach Sonnenuntergang in die Zelte zum Schlafen.
TAG 4 (4.7.): Gipfeltag - Übernachtung Zrug.
Zirka um halb fünf Uhr morgens standen wir auf und erlebten kurz danach einen wunderschönen Sonnenaufgang während unser Gipfelziel schön beleuchtet wurde. Wir kochten unser Frühstück und stärkten uns so für den Gipfeltag. Nach dem Essen ärgerte als ich mich, weil ich hinter einem Stein meine Morgentoilette hielt und genau in diesem Moment ein Braunbär ein Firnfeld in der Nähe kreuzte. Als er meine Kollegen sah, flüchtete er über den Grat. Wie gerne hätte ich einmal einen Bären in freier Natur gesehen!
Nach einer Stunde brachen wir auf. Zuerst ging es über einen Firnhang zu einer weiteren kleinen Ebene. Von dort traversierten wir einen steilen Firnhang hinauf in die Lücke P.3222m auf dem Südwestgrat. Wir konnten nun endlich nach Süden in die Republik Südossetien sehen. Von P.3222m ging es zunächst bequem auf den nächsten Gratbuckel. Dort mussten wir feststellen, dass sich der Grat zur folgenden Lücke stark verengt und aus griffarmen, glatten Schieferplatten besteht. Wir seilten uns deshalb für diese Passage an - es sollte die ausgesetzteste Stelle der Tour bleiben. Danach gingen wir weiter am Seil, weil wir dachten, dass es nicht einfacher werden würde. Den nächsten Aufschwung traversierten zuerst in der Südflanke, stiegen danach aber bald wieder zum Grat hinauf. Da das Gelände nun wieder einfacher war, seilten wir im nächsten Gratsattel ab. Der nächste Aufschwung zum Gratpunkt P.3585m war schöne Kraxelei die nie schwierig war. Ich war erstaunt, denn obwohl viel Schutt und Geröll in der Flanke liegt, war der Fels sehr fest. Übrigens begingen eir diesen Aufschwung auch wieder in der Südflanke, um dann vor dem nächsten Gratsattel wieder den Grat zu erreichen; man begeht alle vier Grataufschwünge so, und wenn man vor Ort steht, erkennt ein „geübtes Bergauge“ die optimale Route sofort. Vom P.3585m waren noch die beiden steilsten Aufschwünge zu meistern. Wir liessen uns dabei Zeit und genossen die Kraxelei. Besonders beim Ausstieg vom letzten Aufschwung war der Fels steil aber herrlich zum frei klettern. Der Ausstieg war bei etwa 3820m und wir standen vor dem Gipfelfirnfeld.
Hier rasteten wir erst einmal und Saša meinte, wir dürften nach Angabe der Grenzsicherheit nicht weiter gehen. Wir verstanden die Regel nicht und ich erklärte Saša, dass wir Alpinisten sind und nur der Gipfel zählen würde. Er liess sich umstimmen und so gingen wir weiter über das Gipfelschneefeld, das sich oben zum einem Firngrat verengte. Zu unserer Überraschung waren hier alte Fusspuren im Schnee von Berggängern zu sehen, welche von Südossetien her aufgestiegen waren. Auf dem Firngrat bemerkten wir, dass dieser auf dem Vorgipfel endet und der Hauptgipfel weiter hinten liegt. Dennoch gab es kein Halten mehr und wir stiegen in die Scharte zwischen den Gipfeln ab, umgingen ein steiles Nassschneefeld im Fels und gelangten zuletzt leicht über ein Schneefeld zum höchsten Punkt Südossetiens. Die Freude war gross und wir genossen es, auf einem weiteren Landeshöhepunkt bei perfektem Wetter zu stehen!
Den Abstieg über den Südostgrat bewältigten wir konzentriert um keinen Unfall zu provozieren. So gelangten wir sicher in die Lücke beim Schiefergrätchen. Dieses liessen wir aus und stiegen dagegen über steilen Firn direkt nach Norden ab. Wir traversierten unter den Felsen des Nordostgrates zurück zu unserer Aufstiegsspur. Von dort waren wir bald wieder zurück bei den Zelten. Nochmals assen wir gemütlich Mittag, packten danach unsere schweren Rucksäcke und wanderten abwärts zum Auto. Diesmal wählten wir nicht den etwas mühsamen Weg direkt dem Zrug entlang, sondern spazierten über Alpweiden östlich des Bergbaches.
Da unser südossetischer Führer und am kommenden Tag in Nar aufladen sollte, übernachteten wir nochmals im Tal des Zrug unterhalb des Kontrollpostens. Wir stellten ein Zelt für Christoph und mich auf während Saša im Auto schlief. Unser Lager war nicht sehr bequem, denn während des Nachtessens wurden wir gnadenlos von Stechmücken gequält. In der Nacht konnten wir zudem kaum schlafen weil äusserst heftige Gewitter direkt über uns nieder gingen, begleitet mit heftigem Starkregen. Glücklicherweise blieben unsere Sachen im Zelt trocken!
TAG 5 (5.7.): Südossetien.
Am nächsten Morgen hat das Wetter umgeschlagen, es war trüb, die Berggipfel steckten in Wolken und es gab immer wieder Regenschauer. Wir packten ziemlich schnell unser Lager zusammen und fuhren talabwärts. Bald begegneten uns Rinder die zu den Alpweisen hochliefen. Auf der engen Strasse machten sie eine Wnde und trotten nun talabwärts vor uns her. Wir hatten keine Chance die Rindviecher zu überholen, denn auch aussteigen und wegscheuchen brachte nichts. Einige Kilometer weiter unten war dann endlich der Hirt und schafften es gemeinsam die Tiere irgendwie an unserem Auto vorbei zu scheuchen. Wir warteten noch da einige Tiere vom Tal unten nachkamen bis diese ebenfalls und gekreuzt hatten. Schon wenig später blokierte ein völlig mit Holz überladener Lastwagen die nasse Schotterstrasse. Er bleib beim ersten Aufschwung des Strässchens stecken und drohte in die Schlucht zu stürzen. Ein Auto das den Lastwagen hochziehen sollte, hatte zu wenig kraft. Irgendwann war den Alphirten klar, dass der Lastwagen zu schwer geladen war und sie ihn rückwärts abrutschen liessen. So konnten wir mit viel Verspätung endlich das Tal verlassen.
Am Talausgang unter einem Unterstand an der Strasse zur Zollstation bei Nar assen wir nun endlich im Trockenen unser Frühstück. Saša telefonierte dabei mit Георгий Тибилов (Georgij Tibilov), unserem südossetischen Reisführer. Mit ihm hatte ich vor der Reise unseren Ausflug nach Цхинвал (Ckhinval) besprochen und er hatte schon alle nötigen Dokumente für Südossetien organisiert. Leider war nun wegen dem Unwetter von letzter Nach die Strasse weggespült, so dass er nun in Russland blockiert war. Er organisierte jedoch einen Kollegen namens Вадим (Vadim) der uns am südossetischen Zoll abholen sollte. So fuhren wir mit Saša zum nahen Russischen Zoll wo es nach einer halben Stund weiter in Richtung Roki-Tunnel ging. Der Tunnel ist die Grenze zwischen Russland und Südossetien und zudem die Grenze zwischen Europa und Asien. Nach dem Tunnel waren wir also definitiv in Südossetien und fuhren in grossen Kehren die Passstrasse hinunter. Nach dem ersten Dorf Земо-Рока (Zemo-Roka), auf ossetisch Уæллаг Рукъ (Uællag Rukh) kam dann doch noch die südossetische Zollstation. Die Beamten dort wussten nicht was sie mit unseren Schweizer Pässen machen sollten. Irgendwann kam dann Vadim und versuchte unsere Einreise zu managen. Es wurde nach Ckhinval telefoniert, doch dort waren die wichtigen Leute, welche unsere Einreise hätten bestätigen müssen, nicht da. Vadim konnte schlussendlich nichts für uns machen und Georgij, der in der Reagierung gearbeitet hätte, war in Russland mit unseren Dokumenten blockiert. Nach zwei Stunden fuhren wir deshalb zurück zum Russischen Zoll. Wegen der kaputten Strasse war die Zollstelle nun geschlossen. Die Auskunft war, dass mit 8 Baggern gearbeitet wir und der Zoll erst nach Freigabe der Strasse wieder öffnen würde. Ein Zöllner zeigte uns noch ein Video des betroffenen Strassenabschnittes, über den ein Bach floss und die Strasse Meterhoch mit Geröll bedeckt war. Unser Aufenthalt kann also dauern...
TAG 6 (6.7.): Südossetien - Vladikavkaz.
Nach 28 Stunden Wartezeit um 5 Uhr abends öffneten die Grenzbeamten endlich den Zoll. Wir waren froh, endlich wegzukommen. Die Einreiese nach Russland verlief problemlos und wir fuhren wieder zurück in Richtung Alagir. Dabei passierten wir die Stelle wo die Strasse wieder hergestellt musste. Dort lagen noch Tonnen von Geröll links und rechts des Abschnitts - kein Wunder, mussten wir so lange Warten bis die Strasse wieder frei war! Bei Alagir fuhren wir in einen Vorort mit einer warmen Mineralquelle. Es war wunderbar nach der Bergtour und der Warterei am Zoll dort im 30°C warmen Wasser zu baden! Müde fuhren wir anschliessend zurück nach Vladikavkaz.
TAG 7 (7.7.): Vladikavkaz - Rundfahrt ins Gebirge - Mineral’nye Vody.
Für den halben Tag vor unserer Abreise plante Saša für uns eine Tour durch die Berge was trotz Regenwetter sehr eindrücklich war. Wir fuhren durch enge Schluchten, über Pässe und besuchten alte Ossetische Siedlungen - ja in den Bergen des Kaukasus gibt's echt viel zu sehen, auch wenn man kein Bergsteiger ist! Auf der Rückfahrt luden wir bei strömendem Regen Saša zum Mittagessen ein, hier nochmals Danke an ihn für die perfekte Organisation!
In Vladikavkaz wartet schon Igor’ auf uns, er sollte Christoph nach Нальчик (Nal’čik) bringen und mich weiter nach Mineral’nye Vody. Wir verabschiedeten uns also von Saša und fuhren nach Nal’čik wo Christoph in ein Hotel eincheckte. Er bestieg in den nächsten Tagen Europas höchsten Berg Эльбрус (Ėl’brus), herzliche Gratulation an dieser Stelle! In Mineral’nye Vody war mein Hotel schon vorbestellt und endlich hatte ich wieder ein riesiges Bett für mich. Dennoch liess ich es mir nicht nehmen trotz Dämmerung und Nieselregen einen Stadtspaziergang zu machen. Schliesslich weiss ich ja nicht, ob ich nochmals in der Stadt bin!
TAG 8 (8.7.): Mineral’nye Vody - Moskva - Zürich.
Am Morgen fuhr ich mit einem bestellten Taxi an Flughafen. Die Rückreise war problemlos ausser dass die Wrtezeit von vier Stunden wieder etwas mühsam war. Fazit: Es war wieder herrlich in Russland und im Kaukasus!
Allgemeine Informationen über Südossetien:
Auf Ossetisch heisst das 3885km² grosse Land Хуссар Ирыстон (Xussar Iryston), auf dessen Zweitsprache Russisch Южная Осетия (Južnaja Osetija). Die kleine Republik ist somit nur etwas grösser als Luxemburg oder hat etwas mehr als die Hälfte der Fläche des grössten Schweizer Kantons Graubünden. Die Einwohnerzahl des dünn besiedelten, gebirgigen Landes beträgt nur 51500 (Stand 2013). 90% der Bevölkerung sind Osseten, daneben gibt es 7% Georgier und 1% Russen. Der junge Staat hat sich am 20.9.1990 für unabhängig erklärt, was ihm eine abwechslungsreiche Geschichte der Neuzeit einbrachte. Das gebirgige Land liegt südlich des Hauptkammes vom Grossen Kaukasus, der auf Ossetisch und Russisch Кавказ (Kavkaz). Die Hauptstadt mit knapp 29000 Einwohner ist Цхинвал (Ckhinval) ganz im Süden des Landes, nahe der Grenze zu Georgien, welches auch im Osten und Westen an Südossetien grenzt. Die Nordgrenze zu Russland bildet der Hauptkamm des Kaukasus. Der höchste Berg des Landes ist der 3938,1m hohe Халаца (Khalaca), auf Ossetisch heisst der Grenzberg zu Russland Халасхох (Xalasxox).
In der Antike wanderten die iranischsprachigen Osseten, Nachfahren der Alanen aus Gebieten südlich des Дон (Don) in den Kaukasus ein. Seit dem frühen Mittelalter war das Gebiet vom heutigen Südossetien sowie der Russischen Provinz Nordossetien-Alanien von Osseten bewohnt. Seit 1801 war Südossetien russisch bis das Russische Reich zerfiel und Georgien 1918 das Gebiet besetzte. Dabei wurden 5000 Osseten getötet und fast 50000 wurden vertrieben. In der entvölkerten Regionen Südossetiens wurden danach Georgier angesiedelt. Die Erlösung nach dem Genozid für Südossetien kam 1921, als die Sowjetunion nach Aufständen in Georgien einmarschierte.
Die neuere Geschichte begann 1922, als Südossetien als Autonomes Gebiet der Georgischen Sowjetrepublik unterstellt wurde. Dabei waren kulturelle Sonderrechte für die ossetische Bevölkerung vorgesehen. Unter Сталин (Stalin) kam es aber zu grossen Repressionen gegenüber der ossetischen Bevölkerung. Nach Stalins Tod wurden die Autonomierechte für Südossetien wieder eingeführt. 1989 wurde in der Georgischen Sowjetrepublik beschlossen, das Georgische als alleinige Sprache zu fördern und Georgier in Südossetien anzusiedeln. Die nationalistische Politik führte zu ersten Unruhen. Die Lage verschlimmerte sich im Jahreswechsel 1989/1990, als der Oberste Sowjet der UdSSR für die Region grössere Autonomie beschloss und sich die Georgische SSR dagegen stellte. Sowjetische Truppen verhinderten dabei, dass Ckhinval von georgischen Nationalisten eingenommen wurde. Am 20.9.1990 erklärte sich Südossetien wegen der Bedrohung der Georgier für unabhängig, worauf Georgien einmarschierte und Häuser von Osseten verbrannte. Moskau sandte darauf Truppen, welche die Georgier wieder vertrieb. Dabei flüchteten 100000 Osseten aus dem Georgischem Kernland nach Südossetien, 20000 Georgier aus Südossetien nach Georgien; auf beiden Seiten starben je 2000 Menschen. Im April 1992 zog sich Russland zurück und es kam erneut zu Kämpfen. Zwei Monate später gab es ein Waffenstillstandsabkommen; 1500 Soldaten sollten es sichern und die Truppe bestand aus die Russen, Osseten und Georgier. Als der Nationalist მიხეილ სააკაშვილი (Mixeil Saakašvili) 2004 die Macht in Georgien übernahm, war eines seiner Ziele auf der Agenda, Abchasien und Südossetien wieder in den georgischen Staat einzugliedern. Er stachelte die Krise an und griff am 8.8.2008 Südossetien an. Durch den Einsatz von Streu- und Mörserbomben elitten viele Strassen und Häuser grosse Zerstörung, besonders in Ckhinval. Da auch russische Friedenssoldaten getötete wurden, reagierte Russland sofort und vertrieb die Georgier nur zwei Tage später wieder aus Südossetien. Insgesammt starben beim kurzen Krieg 850 Menschen. Seither stehen russische Soldaten in Südossetien zur Sicherheit des Landes was endlich Frieden brachte. Leider anerkennen die Unabhängigkeit Südossetiens viele Staaten der Welt immer noch nicht - wohl weil sie die Geschichte nicht kennen oder auf seiten der US-freunlichen Regierung Georgiens sind. 2017 gab eine Umfrage, dass nahezu alle Bewohner sich einen Anschluss an Russland wünschen. Wahrscheinlich wird in Zukunft das Land wieder russisch und mit der Provinz Nordossetien-Alananien vereinigt.
Heute sind die Grenzen zu Georgien dicht und die einzige Verbindung zum Ausland besteht durch den Roki Tunnel nach Russland. Die Einreisebestimmungen für Touristen, die sich kaum nach Südossetien verirren, sind nicht ganz klar und ändern sich stets. Am besten versucht man es mit einen Kontakt zum Aussenministerium, Mail: mfa-rso@yandex.com .
Wichtige Links zum Khalaca:
Wettervorhersage: Weather Khalatsa
Bergfotos: Халаца
Besteigung aus Südossetien / Deponierung Gipfeltafel: Халаца
Fotos und Routen: Халаца
Der unbekannteste und exotischste Landeshöhepunkt ist mit grösster Wahrscheinlichkeit der Khalaca der Republik Südossetien. Einerseits ist ein Dreitausender im Kaukasus kein besonders auffälliger Berg, zweitens braucht es lange im Voraus zu beantragende Permits um in die Region zu gelangen, drittens ist Südossetien ein praktisch weisser Fleck auf der Landkarte und viertens wird das Land, ähnlich wie Kosovo und Abchasien, von etlichen Staaten nicht als unabhängige Republik anerkannt.
Vor drei Jahren versuchte ich schon einmal zusammen mit meinem Kollegen Alex den Berg zu besteigen, dieses Unternehmen scheiterte aber an den südossetischen Behörden die uns eine Einreise verweigerten. Diesmal wollte ich auf Nummer sicher gehen und den Grenzberg von Norden her, aus russischem Territorium, zu besteigen. Mein russischer Kollege und Führer Александр „Саша“ Сушко (Aleksandr „Saša“ Suško) aus der Hauptstadt Nordossetiens organisierte für uns die nötigen Dokumenkte, so sollte nichts mehr schief gahen! Ich lernte ihn letztes Jahr kennen als wir zusammen den schwierigen Landeshöhepunkt der Republik Abchasien bestiegen. Die Tour auf den Khalaca war wie Versprochen auch ein tolles Erlebnis in unberührter Natur. Dies erzählte ich schon bei der Ferienplanung meinem Kollegen Christoph, der sofort begeistert war und wir zu dritt einen erlebnisreichen Urlaub erlebten.
Wegen Unwetter und unklaren Formalitäten kamen wir leider auch diesmal nur bis ins erste Dorf nach Südossetien, danach war bei der dahinter liegenden Grenzstation schluss. Doch immerhin waren wir im geheimnisvollen Land, was wirklich nicht viele Touristen erzählen können! Und ja, der Landeshöhepunkt der Republik hatten wir ja auch bestiegen!
Allgemeines über den Khalaca:
Der 3938,1m hohe Халаца (Khalaca), auf ossetisch Халасхох (Xalasxox) liegt im zentralen Teil des Grossen Kaukasus (Russisch: Кавказ / Kavkaz); er gehört zur Gebirgsgruppe des östlichen Bezengi (Восточнее Безенги / Vostočnee Bezengi). Über seinen Gipfel verläuft die Grenze der Russischen Teilrepublik Nordossetien (Северная Осетия - Алания / Severnaja Osetija – Alanija) und der seit 1990 von Georgien unabhängigen Republik Südossetien. Sein ossetischer Name bedeutet auf Deutsch „Frostberg“, denn der Gipfelbereich ist fast das ganze Jahr schneebedeckt und an der Nordseite halten sich einige kleine Gletscher. Der Khalaca ist zudem der höchste Gipfel der jungen, dünn besiedelten Republik.
Der aus Granit und Schiefer aufgebaute Gipfel hat zwei ausgeprägte Grate: Südost- und Westgrat. Im Süden, auf südossetischer Seite sind die Hänge weniger steil und felsig, sie reichen dort bis zu den Graten hinauf. Im Norden ist dies nur in den unteren Bereichen der Grate so, oberhalb etwa 3300m ist der besteht der Gipfelbereich aus mit Hängegletschern durchsetzten Felswänden mit einer steilen Nordrippe welche die Wand in eine Nordost- und Nordwestwand unterteilt. Der Südostgrat fusst im Перевал Дзедо (Pereval Dzedo; 2994m) , der Westgrat im Перевал Кударский (Pereval Kudarskij; 3184m). Im Norden fliessen zwei Flüsse aus den Gletschern und Schneefeldern ab, im Nordosten der Зруг (Zrug), im Nordwesten der Земегондон (Zemegondon), wobei beide in den Fluss Ардон (Ardon) münden. Im Süden liegt das Tal der Джоджора (Džodžora).
Der Gipfel wurde nachweislich erstmals am 25.8.1891 von Андрей Пастухов (Andrej Pastukhov) zusammen mit neun Begleitern bestiegen. Heute stehen auf ihm ein Fahnenmast, ein Steinmann und eine Gedenktafel zur Unabhängigkeit der Republik Südossetien. Heute führt die einfachste Route aus Südossetien über die Südflanke auf den obersten Südostgrat (WS; Fels I-II), etwas schwieriger sind der ganze Südostgrat oder der Westgrat (WS+; Fels bis II) wobei beide Grate aus Norden oder Süden oberhalb der Pässe erreicht werden können. Deutlich schwieriger sind direkten, oft Fels/Eis-kombinierten Kletterrouten über den Nordpfeiler oder die Nordwestwand.
Reise- und Besteigungsbericht:
TAG 1 (1.7.): Zürich - Moskva - Mineral’nye Vody.
Um 11 Uhr trafe ich Christoph am Flughafen Zürich. Nach langer Vorbereitungszeit und unzähligen Telefonaten und Mails konnte unsere Reise endlich beginnen. Um halb zwei flogen wir dann auch endlich nach Москва (Moskva) ab. Der Flug verlief ruhig und die Einreise nach Russland war Formsache, schliesslich hatten wir ja das Visum im Pass. Leider hatte der Anschlussflug nach Минеральные Воды (Mineral’nye Vody) über zwei Stunden Verspätung weshalb die Warterei eine gefühlte Ewigkeit dauerte. Immerhin gab es Wi-Fi so dass wir in Internet herum stöbern konnten. Nach 23 Uhr ging es schlisslich doch noch weiter mit dem Inlandflug nach Südrussland.
TAG 2 (2.7.): Mineral’nye Vody - Vladikavkaz.
Mitten in der Nacht erreichten wir völlig übermüdet Mineral’nye Vody wo Игорь (Igor’) mit seinem Auto schon auf uns wartete. Nun mussten wir noch etwa 200km bis Владикавказ (Vladikavkaz) auf der Überlandstrasse Fahren. Wir verschliefen den grössten Teil der Fahrt und wurden erst richtig wach als es vor Vladikavkaz hell wurde. Wir erlebten einen wunderschönen Sonnenaufgang während dabei die hohen Kaukasusgipfel in der Morgensonne leuchteten. In Vladikavkaz wartete schon Саша (Saša) auf uns. In seiner Wohnung gab es erst einmal etwas zu Essen und danach konnten wir endlich einige Stunden nochmals richtig gut schlafen. Am Nachmittag schauten wir uns die Hauptstadt Nordossetiens an, machten die obligatorische Registrierung auf der Post und kauften Lebensmittel für unsere Bergtour ein.
TAG 3 (3.7.): Vladikavkaz - Nar / Zrug - Aufstieg zum Biwak
Gegen 7 Uhr morgens konnte es los gehen. Zuerst fuhren wir nach Алагир (Alagir) und von dort über die Transkaukasische Fernstrasse bis ins letzte Dorf namens Нар (Nar), etwa einen Kilometer vorm Russischen Grenzposten nach Südossetien. In Nar bogen wir ab ins kerzengerade Tal des Flusses Зруг (Zrug). Über eine Schotterstrasse holperten wir taleinwärts und waren hier schon froh um unser Geländefahrzeug. Nach 11km erreichten wir das Lager des Grenzschutzes. Unsere Dokumente und Permits wurden geprüft und zu unserer Überraschung liessen sie mich und Christoph nicht durch. Keiner durfte die Entscheidung treffen uns durchzulassen. Sie Funkten der Zentrale des Grenzschutzes an und wir fuhren wieder das ganze Tal hinunter. Kurz vorm Talausgang wartete das Militär auch schon, erneut wurden die Dokumente angesehen und einem Major angerufen. Dieser kam dann in Zivil und nahm unsere Dokumente zur Prüfung mit zur Grenzstation. Nach einer halben Stunde kam er wieder und meinte, es sei alles korrekt, wir dürfen den Berg besteigen. Also fuhren wir wieder zum Lager des Grenzschutzes. Dort ging es nun schnell und die Barriere öffnete sich für uns. Die letzten zwei Kilometer waren eine Prüfung für das Auto, es war keine Spur mehr vorhanden und wir fuhren querfeldein über Alpweiden und Bäche bis es nicht mehr weiter ging.
Inzwischen war es schon halb zwei Nachmittags als wir auf 2320m Höhe mit schweren Rucksäcken mit dem Aufstieg begannen. Schon nach wenigen Metern mussten wir einen Seitenbach des Zrug überqueren - Brücken für Wanderer gibts hier im Gegensatz zu den überlaufenen Alpen nicht! Danach folgten wir direkt dem Lauf des Zrugs. Dies war mancherorts etwas mühsam, doch wäre es besser gewesen weiter oben am Hang über Alpwiesen das Tal hochzulaufen. Nach 250 Höhenmetern erreichten wir den Knick des Tals und rasteten nach zwei weiteren grösseren Bachquerungen ein erstes Mal. Von da an wurde das Gelände deutlich steiler. Wir stiegen zwischen dem Zrug und dem Khalaca-Südwestgrat weglos über steiles Gras hinauf wobei die Schneeflecken ab 2800m immer zahlreicher wurden und wir manchmal knietief einsanken. Nach 3½ Stunden Aufstieg erreichten wir schliesslich einen schönen Biwakplatz auf einer Geröllinsel auf knapp über 3000m. Chistoph und ich stellten die Zelte auf und Saša bereitete das Nachtessen vor - dazu musste natürlich viel Schnee geschmolzen werden zum Kochen und für die Getränkereserven. Wir genossen die Szene und legten uns erst weit nach Sonnenuntergang in die Zelte zum Schlafen.
TAG 4 (4.7.): Gipfeltag - Übernachtung Zrug.
Zirka um halb fünf Uhr morgens standen wir auf und erlebten kurz danach einen wunderschönen Sonnenaufgang während unser Gipfelziel schön beleuchtet wurde. Wir kochten unser Frühstück und stärkten uns so für den Gipfeltag. Nach dem Essen ärgerte als ich mich, weil ich hinter einem Stein meine Morgentoilette hielt und genau in diesem Moment ein Braunbär ein Firnfeld in der Nähe kreuzte. Als er meine Kollegen sah, flüchtete er über den Grat. Wie gerne hätte ich einmal einen Bären in freier Natur gesehen!
Nach einer Stunde brachen wir auf. Zuerst ging es über einen Firnhang zu einer weiteren kleinen Ebene. Von dort traversierten wir einen steilen Firnhang hinauf in die Lücke P.3222m auf dem Südwestgrat. Wir konnten nun endlich nach Süden in die Republik Südossetien sehen. Von P.3222m ging es zunächst bequem auf den nächsten Gratbuckel. Dort mussten wir feststellen, dass sich der Grat zur folgenden Lücke stark verengt und aus griffarmen, glatten Schieferplatten besteht. Wir seilten uns deshalb für diese Passage an - es sollte die ausgesetzteste Stelle der Tour bleiben. Danach gingen wir weiter am Seil, weil wir dachten, dass es nicht einfacher werden würde. Den nächsten Aufschwung traversierten zuerst in der Südflanke, stiegen danach aber bald wieder zum Grat hinauf. Da das Gelände nun wieder einfacher war, seilten wir im nächsten Gratsattel ab. Der nächste Aufschwung zum Gratpunkt P.3585m war schöne Kraxelei die nie schwierig war. Ich war erstaunt, denn obwohl viel Schutt und Geröll in der Flanke liegt, war der Fels sehr fest. Übrigens begingen eir diesen Aufschwung auch wieder in der Südflanke, um dann vor dem nächsten Gratsattel wieder den Grat zu erreichen; man begeht alle vier Grataufschwünge so, und wenn man vor Ort steht, erkennt ein „geübtes Bergauge“ die optimale Route sofort. Vom P.3585m waren noch die beiden steilsten Aufschwünge zu meistern. Wir liessen uns dabei Zeit und genossen die Kraxelei. Besonders beim Ausstieg vom letzten Aufschwung war der Fels steil aber herrlich zum frei klettern. Der Ausstieg war bei etwa 3820m und wir standen vor dem Gipfelfirnfeld.
Hier rasteten wir erst einmal und Saša meinte, wir dürften nach Angabe der Grenzsicherheit nicht weiter gehen. Wir verstanden die Regel nicht und ich erklärte Saša, dass wir Alpinisten sind und nur der Gipfel zählen würde. Er liess sich umstimmen und so gingen wir weiter über das Gipfelschneefeld, das sich oben zum einem Firngrat verengte. Zu unserer Überraschung waren hier alte Fusspuren im Schnee von Berggängern zu sehen, welche von Südossetien her aufgestiegen waren. Auf dem Firngrat bemerkten wir, dass dieser auf dem Vorgipfel endet und der Hauptgipfel weiter hinten liegt. Dennoch gab es kein Halten mehr und wir stiegen in die Scharte zwischen den Gipfeln ab, umgingen ein steiles Nassschneefeld im Fels und gelangten zuletzt leicht über ein Schneefeld zum höchsten Punkt Südossetiens. Die Freude war gross und wir genossen es, auf einem weiteren Landeshöhepunkt bei perfektem Wetter zu stehen!
Den Abstieg über den Südostgrat bewältigten wir konzentriert um keinen Unfall zu provozieren. So gelangten wir sicher in die Lücke beim Schiefergrätchen. Dieses liessen wir aus und stiegen dagegen über steilen Firn direkt nach Norden ab. Wir traversierten unter den Felsen des Nordostgrates zurück zu unserer Aufstiegsspur. Von dort waren wir bald wieder zurück bei den Zelten. Nochmals assen wir gemütlich Mittag, packten danach unsere schweren Rucksäcke und wanderten abwärts zum Auto. Diesmal wählten wir nicht den etwas mühsamen Weg direkt dem Zrug entlang, sondern spazierten über Alpweiden östlich des Bergbaches.
Da unser südossetischer Führer und am kommenden Tag in Nar aufladen sollte, übernachteten wir nochmals im Tal des Zrug unterhalb des Kontrollpostens. Wir stellten ein Zelt für Christoph und mich auf während Saša im Auto schlief. Unser Lager war nicht sehr bequem, denn während des Nachtessens wurden wir gnadenlos von Stechmücken gequält. In der Nacht konnten wir zudem kaum schlafen weil äusserst heftige Gewitter direkt über uns nieder gingen, begleitet mit heftigem Starkregen. Glücklicherweise blieben unsere Sachen im Zelt trocken!
TAG 5 (5.7.): Südossetien.
Am nächsten Morgen hat das Wetter umgeschlagen, es war trüb, die Berggipfel steckten in Wolken und es gab immer wieder Regenschauer. Wir packten ziemlich schnell unser Lager zusammen und fuhren talabwärts. Bald begegneten uns Rinder die zu den Alpweisen hochliefen. Auf der engen Strasse machten sie eine Wnde und trotten nun talabwärts vor uns her. Wir hatten keine Chance die Rindviecher zu überholen, denn auch aussteigen und wegscheuchen brachte nichts. Einige Kilometer weiter unten war dann endlich der Hirt und schafften es gemeinsam die Tiere irgendwie an unserem Auto vorbei zu scheuchen. Wir warteten noch da einige Tiere vom Tal unten nachkamen bis diese ebenfalls und gekreuzt hatten. Schon wenig später blokierte ein völlig mit Holz überladener Lastwagen die nasse Schotterstrasse. Er bleib beim ersten Aufschwung des Strässchens stecken und drohte in die Schlucht zu stürzen. Ein Auto das den Lastwagen hochziehen sollte, hatte zu wenig kraft. Irgendwann war den Alphirten klar, dass der Lastwagen zu schwer geladen war und sie ihn rückwärts abrutschen liessen. So konnten wir mit viel Verspätung endlich das Tal verlassen.
Am Talausgang unter einem Unterstand an der Strasse zur Zollstation bei Nar assen wir nun endlich im Trockenen unser Frühstück. Saša telefonierte dabei mit Георгий Тибилов (Georgij Tibilov), unserem südossetischen Reisführer. Mit ihm hatte ich vor der Reise unseren Ausflug nach Цхинвал (Ckhinval) besprochen und er hatte schon alle nötigen Dokumente für Südossetien organisiert. Leider war nun wegen dem Unwetter von letzter Nach die Strasse weggespült, so dass er nun in Russland blockiert war. Er organisierte jedoch einen Kollegen namens Вадим (Vadim) der uns am südossetischen Zoll abholen sollte. So fuhren wir mit Saša zum nahen Russischen Zoll wo es nach einer halben Stund weiter in Richtung Roki-Tunnel ging. Der Tunnel ist die Grenze zwischen Russland und Südossetien und zudem die Grenze zwischen Europa und Asien. Nach dem Tunnel waren wir also definitiv in Südossetien und fuhren in grossen Kehren die Passstrasse hinunter. Nach dem ersten Dorf Земо-Рока (Zemo-Roka), auf ossetisch Уæллаг Рукъ (Uællag Rukh) kam dann doch noch die südossetische Zollstation. Die Beamten dort wussten nicht was sie mit unseren Schweizer Pässen machen sollten. Irgendwann kam dann Vadim und versuchte unsere Einreise zu managen. Es wurde nach Ckhinval telefoniert, doch dort waren die wichtigen Leute, welche unsere Einreise hätten bestätigen müssen, nicht da. Vadim konnte schlussendlich nichts für uns machen und Georgij, der in der Reagierung gearbeitet hätte, war in Russland mit unseren Dokumenten blockiert. Nach zwei Stunden fuhren wir deshalb zurück zum Russischen Zoll. Wegen der kaputten Strasse war die Zollstelle nun geschlossen. Die Auskunft war, dass mit 8 Baggern gearbeitet wir und der Zoll erst nach Freigabe der Strasse wieder öffnen würde. Ein Zöllner zeigte uns noch ein Video des betroffenen Strassenabschnittes, über den ein Bach floss und die Strasse Meterhoch mit Geröll bedeckt war. Unser Aufenthalt kann also dauern...
TAG 6 (6.7.): Südossetien - Vladikavkaz.
Nach 28 Stunden Wartezeit um 5 Uhr abends öffneten die Grenzbeamten endlich den Zoll. Wir waren froh, endlich wegzukommen. Die Einreiese nach Russland verlief problemlos und wir fuhren wieder zurück in Richtung Alagir. Dabei passierten wir die Stelle wo die Strasse wieder hergestellt musste. Dort lagen noch Tonnen von Geröll links und rechts des Abschnitts - kein Wunder, mussten wir so lange Warten bis die Strasse wieder frei war! Bei Alagir fuhren wir in einen Vorort mit einer warmen Mineralquelle. Es war wunderbar nach der Bergtour und der Warterei am Zoll dort im 30°C warmen Wasser zu baden! Müde fuhren wir anschliessend zurück nach Vladikavkaz.
TAG 7 (7.7.): Vladikavkaz - Rundfahrt ins Gebirge - Mineral’nye Vody.
Für den halben Tag vor unserer Abreise plante Saša für uns eine Tour durch die Berge was trotz Regenwetter sehr eindrücklich war. Wir fuhren durch enge Schluchten, über Pässe und besuchten alte Ossetische Siedlungen - ja in den Bergen des Kaukasus gibt's echt viel zu sehen, auch wenn man kein Bergsteiger ist! Auf der Rückfahrt luden wir bei strömendem Regen Saša zum Mittagessen ein, hier nochmals Danke an ihn für die perfekte Organisation!
In Vladikavkaz wartet schon Igor’ auf uns, er sollte Christoph nach Нальчик (Nal’čik) bringen und mich weiter nach Mineral’nye Vody. Wir verabschiedeten uns also von Saša und fuhren nach Nal’čik wo Christoph in ein Hotel eincheckte. Er bestieg in den nächsten Tagen Europas höchsten Berg Эльбрус (Ėl’brus), herzliche Gratulation an dieser Stelle! In Mineral’nye Vody war mein Hotel schon vorbestellt und endlich hatte ich wieder ein riesiges Bett für mich. Dennoch liess ich es mir nicht nehmen trotz Dämmerung und Nieselregen einen Stadtspaziergang zu machen. Schliesslich weiss ich ja nicht, ob ich nochmals in der Stadt bin!
TAG 8 (8.7.): Mineral’nye Vody - Moskva - Zürich.
Am Morgen fuhr ich mit einem bestellten Taxi an Flughafen. Die Rückreise war problemlos ausser dass die Wrtezeit von vier Stunden wieder etwas mühsam war. Fazit: Es war wieder herrlich in Russland und im Kaukasus!
Allgemeine Informationen über Südossetien:
Auf Ossetisch heisst das 3885km² grosse Land Хуссар Ирыстон (Xussar Iryston), auf dessen Zweitsprache Russisch Южная Осетия (Južnaja Osetija). Die kleine Republik ist somit nur etwas grösser als Luxemburg oder hat etwas mehr als die Hälfte der Fläche des grössten Schweizer Kantons Graubünden. Die Einwohnerzahl des dünn besiedelten, gebirgigen Landes beträgt nur 51500 (Stand 2013). 90% der Bevölkerung sind Osseten, daneben gibt es 7% Georgier und 1% Russen. Der junge Staat hat sich am 20.9.1990 für unabhängig erklärt, was ihm eine abwechslungsreiche Geschichte der Neuzeit einbrachte. Das gebirgige Land liegt südlich des Hauptkammes vom Grossen Kaukasus, der auf Ossetisch und Russisch Кавказ (Kavkaz). Die Hauptstadt mit knapp 29000 Einwohner ist Цхинвал (Ckhinval) ganz im Süden des Landes, nahe der Grenze zu Georgien, welches auch im Osten und Westen an Südossetien grenzt. Die Nordgrenze zu Russland bildet der Hauptkamm des Kaukasus. Der höchste Berg des Landes ist der 3938,1m hohe Халаца (Khalaca), auf Ossetisch heisst der Grenzberg zu Russland Халасхох (Xalasxox).
In der Antike wanderten die iranischsprachigen Osseten, Nachfahren der Alanen aus Gebieten südlich des Дон (Don) in den Kaukasus ein. Seit dem frühen Mittelalter war das Gebiet vom heutigen Südossetien sowie der Russischen Provinz Nordossetien-Alanien von Osseten bewohnt. Seit 1801 war Südossetien russisch bis das Russische Reich zerfiel und Georgien 1918 das Gebiet besetzte. Dabei wurden 5000 Osseten getötet und fast 50000 wurden vertrieben. In der entvölkerten Regionen Südossetiens wurden danach Georgier angesiedelt. Die Erlösung nach dem Genozid für Südossetien kam 1921, als die Sowjetunion nach Aufständen in Georgien einmarschierte.
Die neuere Geschichte begann 1922, als Südossetien als Autonomes Gebiet der Georgischen Sowjetrepublik unterstellt wurde. Dabei waren kulturelle Sonderrechte für die ossetische Bevölkerung vorgesehen. Unter Сталин (Stalin) kam es aber zu grossen Repressionen gegenüber der ossetischen Bevölkerung. Nach Stalins Tod wurden die Autonomierechte für Südossetien wieder eingeführt. 1989 wurde in der Georgischen Sowjetrepublik beschlossen, das Georgische als alleinige Sprache zu fördern und Georgier in Südossetien anzusiedeln. Die nationalistische Politik führte zu ersten Unruhen. Die Lage verschlimmerte sich im Jahreswechsel 1989/1990, als der Oberste Sowjet der UdSSR für die Region grössere Autonomie beschloss und sich die Georgische SSR dagegen stellte. Sowjetische Truppen verhinderten dabei, dass Ckhinval von georgischen Nationalisten eingenommen wurde. Am 20.9.1990 erklärte sich Südossetien wegen der Bedrohung der Georgier für unabhängig, worauf Georgien einmarschierte und Häuser von Osseten verbrannte. Moskau sandte darauf Truppen, welche die Georgier wieder vertrieb. Dabei flüchteten 100000 Osseten aus dem Georgischem Kernland nach Südossetien, 20000 Georgier aus Südossetien nach Georgien; auf beiden Seiten starben je 2000 Menschen. Im April 1992 zog sich Russland zurück und es kam erneut zu Kämpfen. Zwei Monate später gab es ein Waffenstillstandsabkommen; 1500 Soldaten sollten es sichern und die Truppe bestand aus die Russen, Osseten und Georgier. Als der Nationalist მიხეილ სააკაშვილი (Mixeil Saakašvili) 2004 die Macht in Georgien übernahm, war eines seiner Ziele auf der Agenda, Abchasien und Südossetien wieder in den georgischen Staat einzugliedern. Er stachelte die Krise an und griff am 8.8.2008 Südossetien an. Durch den Einsatz von Streu- und Mörserbomben elitten viele Strassen und Häuser grosse Zerstörung, besonders in Ckhinval. Da auch russische Friedenssoldaten getötete wurden, reagierte Russland sofort und vertrieb die Georgier nur zwei Tage später wieder aus Südossetien. Insgesammt starben beim kurzen Krieg 850 Menschen. Seither stehen russische Soldaten in Südossetien zur Sicherheit des Landes was endlich Frieden brachte. Leider anerkennen die Unabhängigkeit Südossetiens viele Staaten der Welt immer noch nicht - wohl weil sie die Geschichte nicht kennen oder auf seiten der US-freunlichen Regierung Georgiens sind. 2017 gab eine Umfrage, dass nahezu alle Bewohner sich einen Anschluss an Russland wünschen. Wahrscheinlich wird in Zukunft das Land wieder russisch und mit der Provinz Nordossetien-Alananien vereinigt.
Heute sind die Grenzen zu Georgien dicht und die einzige Verbindung zum Ausland besteht durch den Roki Tunnel nach Russland. Die Einreisebestimmungen für Touristen, die sich kaum nach Südossetien verirren, sind nicht ganz klar und ändern sich stets. Am besten versucht man es mit einen Kontakt zum Aussenministerium, Mail: mfa-rso@yandex.com .
Wichtige Links zum Khalaca:
Wettervorhersage: Weather Khalatsa
Bergfotos: Халаца
Besteigung aus Südossetien / Deponierung Gipfeltafel: Халаца
Fotos und Routen: Халаца
Hike partners:
Sputnik

Minimap
0Km
Click to draw, click on the last point to end drawing
Comments (18)