Husarenritt am Magdalenenstrom - San Agustín und Umgebung


Publiziert von PStraub , 9. März 2016 um 17:46.

Region: Welt » Kolumbien
Tour Datum:18 März 1985
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CO 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 600 m

Nach einem kurzen Aufenthalt in Bogotá fuhr ich per Bus nach Pitalito. Das sind knapp 500 km. Eigentlich wollte ich nach San Agustín durchlösen, doch die Dame am Schalter starrte mich nur ungläubig an. "Eso no se puede, señor. Es zona roja. Rojísima!" Rote Zone, also Guerilla-Gebiet.
Nun gut, ich kannte das bereits. Nach einer Strassensperre liess einen das Militär durchaus passieren, allerdings nur tagsüber und nur in einem privaten Transportmittel. So würde ich halt erst nach Pitalito fahren und dort übernachten, alles weitere würde sich vor Ort ergeben.
 
So geschah es dann auch - nur dass ich unterwegs ausgeraubt wurde. Nicht dramatisch, einer hinter mir schlitzte die Reisetasche unter dem Sitz auf und stahl meinen Elektrorasierer. Jeder halbwegs erfahrene Tramper wusste: Den Rucksack übergab man dem Fahrer zum sicheren Verstauen und die wirklich wertvollen Sachen trug man unter der Kleidung direkt auf der Haut.
Beim einem Zwischenstopp meldete ich den Vorfall dem Fahrer. Und der machte ein Riesentheater, mit Polizei und allem. Vermutlich weil es einen Gringo erwischt hatte, und die waren damals im Landesinneren nicht wirklich häufig. 
Der Witz ist: Niemand in Kolumbien rasierte sich elektrisch. Vermutlich wusste der Dieb nicht einmal, was er geklaut hatte.
 
Am nächsten Tag gings mit einem Colectivo nach San Agustín und dort nach Hotelbezug zu Fuss zum lokalen Parque arqueológico und zu der einen oder anderen der vielen Fundstätten. Das waren ein paar Kilometer nach da und ein paar nach dort. Je weiter weg vom Dorf ich kam, umso ursprünglicher wurde die Gegend. 
In der Nähe einer dieser Orte traf ich auf einen Kerl vor seiner Hütte, der mich in ein Gespräch verwickelte. Er lebte von dem, was sein Land hergab. Und das waren vor allem Hanf- und Koka-Blätter, mit dem er sich zufrieden gab und von denen er mir gerne einiges abgegeben hätte. 
Das Thema, über welches er sich mit unglaublicher Detail-Kenntnis ausliess, waren - what else? - die Filme des deutschen Regisseurs Werner Herzog. Ich kannte gerade mal Aguirre und Fitzcarraldo. Das reichte, um mich nicht völlig zu blamieren. Immerhin waren das Herzogs Filme mit regionalem Bezug.
 
Anscheinend hatte ich im Hotel (unter Hotel war an solchen Orten etwas in der Preisklasse unter 5 Dollar zu verstehen) erwähnt, am nächsten Tag wolle ich hinüber zum Alto de los Ídolos. Auf jeden Fall wartete da schon ein Guide, der mich dorthin führen wollte. Zu Pferd. "Son excellentes mis caballos, los mejores que hay!" versprach er mir.
Nun wusste ich gerade einmal, was bei einem Pferd vorne und hinten ist, sonst hätte ich vermutlich die Mähre, die er mir am andern Morgen brachte, schon vor dem Aufsteigen totgeschlagen.
 
Also zogen wir los. Ich fühlte mich nicht richtig wohl, aber da ich das erste Mal überhaupt auf einem Pferd sass, nahm ich an, das liege an mir. Mein Guide bestärkte mich darin, indem er ständig monierte, ich würde den Gaul nicht straff genug führen. Erst ging es nach Norden und dann etwa 250 m in die Schlucht des Magdalenenstroms hinunter. Der hier noch ein schmaler, aber recht reissender Bach ist, bis zur Mündung in Barranquilla aber bezüglich Länge, Einzugsgebiet, Wasserführung und Höhendifferenz den Rhein in den Schatten stellt.
Der Abstieg war so steil und der Pfad so schmal, dass wir streckenweise absteigen mussten. Wir querten die Brücke, die es anscheinend heute noch gibt (1° 54' 08" N, 76° 15' 54" W), dann ging es ebenso eng und steil wieder nach oben. 
Beim ersten Gehöft hielten wir an. Der Führer musste zugeben, dass unsere Probleme nicht nur an meiner Führung lagen: Dem Gaul fehlten gleich drei Hufeisen. Der lahmte nicht nur, der stolperte nur noch vor sich hin.
Nach der "Reparatur" ging es etwas besser, und da das Gelände flacher wurde, ritt ich Galopp. Das hat den Vorteil, dass die Füsse im Steigbügel stehen und damit der Ar** in der Luft ist. So waren wir vergleichsweise schnell auf dem Alto de los Ídolos, das auf rund 1770 m liegt. 
 
Nach einem ausgiebigen Rundgang ging es den gleichen Weg zurück. Wirklich unglücklich war ich nicht, nach mehreren Stunden Reiten endlich wieder im Hotel zu sein. Zwischen Knie und Hüfte war ich tiefblau von Blutergüssen; nur einmal noch im Leben habe ich ähnlich ausgesehen.
 
Immerhin habe ich so gleich drei Superlativ-Ritte meines Lebens erledigt: Den ersten, den letzten und den schlimmsten!
 
Das UNESCO-Weltkulturerbe "Parque arqueológico de San Agustín" besteht aus einer Reihe von Fundstätten, unterteilt in die Gruppen San Agustín, Alto de los Ídolos and Alto de Las Piedras.
 

Tourengänger: PStraub
Communities: UNESCO-Welterbe


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