Hara Dzjaržynskaja, 345m


Publiziert von Linard03 , 18. Dezember 2015 um 05:17.

Region: Welt » Weissrussland / Беларусь
Tour Datum:12 Dezember 2015
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: BY 
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Auto bzw. Taxi nach Скірмантава / Skirmantava (mit dem Bus etwas umständlich ...)
Unterkunftmöglichkeiten:zahlreiche Hotels in Minsk; seit der Eishockey-WM 2014 gibt es Überkapazitäten ...

Eine interessante Kurzreise führte mich wieder mal in den Osten. Weissrussland war das Ziel und nicht weniger als der höchste Punkt dieses Landes wollte bestiegen werden. In meinem Projekt der europäischen Landeshöhepunkte war dies wohl einer der schwierigsten. Ähm – natürlich nicht, was die bergsteigerische Herausforderung anbelangt … ;-). Aber dahin zu kommen, war tatsächlich ziemlich aufwendig und umständlich; doch der Reihe nach …
 
Prolog:
Die Meisten benötigen ein Visum, um in Weissrussland einzureisen; so weit, so gut bzw. nachvollziehbar. Da ich mittlerweile schon das eine oder andere Land bereist habe, kenne ich mich ja in Sachen Visum einholen einigermassen aus – dachte ich … Womit ich nicht gerechnet hatte, war die unglaubliche Bürokratie.
Ohne in die Details zu gehen: es verging so viel Zeit, dass ich den ursprünglich gebuchten Flug verpasste und dieser somit verloren ging. Nicht nur die Kosten für den Flug wurden in den Sand gesetzt, sondern auch die Kosten für das Visum selbst bzw. dessen Gültigkeit waren flöte …. Kurzum, der Frust war entsprechend gross … (falls jemand bezgl. Visum-Antrag etwelche Tips benötigt; ich weiss jetzt wie's geht ... - gerne per PN …).
 
Anreise:
Im ersten Anlauf waren ursprünglich 3 Tage eingeplant. Im zweiten Anlauf hatte ich leider nur das Wochenende zur Verfügung, was mir natürlich sehr wenig Zeit in Minsk liess. Nach einem normalen Arbeitstag ging’s also vom Büro direkt zum Flughafen. Als ich im Flugzeug sass, die erste Hiobsbotschaft: ca. 50 Min. Verspätung aufgrund „schlechtem Wetter“ (d.h. Nebel) in Wien … Murphy’s Law? Sollte auch der zweite Anlauf schief gehen? In Wien hatte ich relativ wenig Umsteigezeit und mit der Verspätung würde es gaaanz eng werden …
 
Meine Hoffnung bestand dann darin, dass auch die Anschlussflüge verspätet sein würden – und so war es dann glücklicherweise auch. Allerdings war diese Verspätung mit 1 Std. angezeigt, letztendlich war es dann sogar 1 ¼ Std. Aufgrund der Zeitverschiebung kam ich letztendlich um 01.30 Uhr in Minsk an.
 
Es galt nun noch die letzte Hürde zu nehmen; man weiss ja nie, ob es bei der Einreise noch ein Problem geben sollte … Dies war jedoch nicht der Fall und so stand ich also in der Ankunftshalle vom Minsker Flughafen. Wie vereinbart stand da jemand mit einem Namensschild; die Abholung war perfekt organisiert.
 
Es schneite leicht, d.h. es war mehr Schneeregen. Trotzdem lag etwas Schnee auf der Strasse, was die Landschaft zumindest etwas winterlich machte (auch Minsk wartet auf Schnee …). Schliesslich erreichte ich das Hotel um ca. 02.30 Uhr – ein langer Tag ging zu Ende.
 
„Gipfelbesteigung“:
Um 9 Uhr wurde ich wie vereinbart von Julia & Philipp abgeholt; sie werden mich den ganzen Tag begleiten und äusserst kompetent umherführen. Unser Fahrer (Dmitri) hatte sein GPS schon mal programmiert, sodass wir den Weg zum Hügel nicht verfehlen konnten … ;-)
 
Der Titel „Gipfelbesteigung“ ist natürlich etwas irreführend; man kann weder von einer Besteigung noch von einem Gipfel sprechen … Nach ca. 40 Min. Fahrt erreichten wir den Ort Скірмантава / Skirmantava, von wo aus wir rechts abbogen und auch schon auf dem schneebedeckten Parkplatz standen.
 
Von hier aus erreicht man in 1 Minute den eingezäunten Landeshöhepunkt, Гара  Дзяржынская / Hara Dzyarzhynskaya, 345m. Yepee; es hat also doch noch geklappt! Der Hügel ist benannt nach Feliks Dzierzynski, Gründer der Tscheka, Vorläufer des KGB (pixa8x14 und Sputnik haben in ihren Berichten jeweils bereits ausführliche Hintergrundinformationen geliefert, weshalb ich hier nicht nochmals alles wiederhole …).
 
Nach diesem berauschenden Gipfelerlebnis fuhren wir wieder in die Stadt zurück ;-)).
 
Sightseeing Minsk:
Minsk ist eine schöne und saubere Stadt, was zumindest für den unwissenden Westler (also mich) überraschend war. Wirklich alte Gebäude sind kaum noch vorhanden, da im 2. Weltkrieg so ziemlich alles zerstört wurde. Trotz allem scheint hier die Sowjetunion irgendwie noch lebendig zu sein …
 
Durch einen ehemaligen Arbeitskollegen kam der Kontakt zu Julia & Philipp zustande. Beide wohnen in Minsk und kennen somit die „must see-places“. Zudem sprechen beide perfekt Deutsch, was in Minsk kein unerheblicher Vorteil ist ... - mein russisch ist nämlich ziemlich dürftig ... Leider spielte das Wetter nicht ganz mit; die absolute Temperatur lag zwar um die null Grad (also eher warm für Minsker Verhältnisse), aber die Feuchtigkeit (es nieselte immer wieder) sowie der Wind machte das Ganze doch unangenehm kalt.
 
Trotzdem waren wir für die nächsten 8 Stunden fast ausschliesslich zu Fuss unterwegs und erkundeten ganz Minsk. Nachdem ich in einem Einkaufszentrum EUR 80.-- gewechselt hatte und damit schlagartig zum Millionär wurde (…), konnten wir loslegen. Wir begannen unseren langen Rundgang da, wo die Stadt ihren Ursprung hat; in der Unterstadt (Нижний город). Vom ursprünglichen Kern ist allerdings nur noch eine Häuserzeile übrig geblieben.

Wir schlenderten an einem der ältesten Kinos der Stadt vorbei, dem Pobeda (Победа). Nächstes Ziel war die Kirche des heiligen Simon und der heiligen Helena (die sog. Rote Kirche), einem Backsteinbau, wo gerade eine Taufe stattfand. Nach dem Besuch der Kirche standen wir auch schon auf dem unglaublich grossen Unabhängigkeitsplatz, einer der grössten Plätze in Europa. Hier stehen u.a. die 7m hohe Lenin-Figur aus Bronze, die pädagogische Universität, das Hauptpostamt (v.a. schön im Innenbereich!) und natürlich das monumentale Regierungsgebäude.

Nächste Station war das Fussballstadion Dynamo. Allerdings gibt es momentan nicht viel zu sehen, da das Stadion eine Grossbaustelle ist; eigentlich schade … Am grossen Unabhängigkeitsprospekt passierten wir u.a. das KGB-Gebäude und gelangten zum Oktoberplatz, wo der Palast der Republik steht. Weiter der unglaublich langen Strasse entlang, vorbei am Zirkus-Gebäude und am Gorki-Park bis zum Siegesplatz (Плошча Перамогі), wohl eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Minsk. Die Siegessäule steht auf dem gleichnamigen Platz.

Inzwischen waren wir alle hungrig und gingen deshalb ins gut besuchte Selbstbedienungs-Restaurant „Lido“. Da man in Minsk kleinere Imbissbuden bzw. Take Aways nicht kennt, wird das Lido nicht nur als eigentliches Restaurant, sondern eben auch als „to go“-Gelegenheit benutzt. Julia schaffte es (natürlich), uns einen der begehrten Fensterplätze zu ergattern ;-). Suppe („Borschtsch“), das Nationalgericht „Draniki“ (Kartoffelpuffer) und feine Crèpes waren angesagt. Aber selbstverständlich konnten wir auch der grossen Auswahl an Süssigkeiten nicht widerstehen … ;-)).

Derart gestärkt begaben wir uns in den Janka-Kupala-Park, wo wir zahme Eichhörnchen fütterten und ihnen beim Fressen zuschauten. Weiter ging’s zum Opernhaus, wo gerade eine Stretch-Limousine mit einem Brautpaar vorfuhr. Offensichtlich ist es populär, hier Hochzeitsfotos zu schiessen. Wir schlenderten weiter, durch die Altstadt (bzw. Oberstadt) zum Ratshaus und zur orthodoxen Heiliggeist-Kathedrale, welche wir besichtigten.

Den Abschluss des langen Rundganges bildete ein Stopp beim „Museum des Grossen Vaterländischen Krieges“. Der Name sagt eigentlich schon alles; jedenfalls beliessen wir es bei der Besichtigung des Gebäudes von aussen. 
Mit dem Bus fuhren wir nun zum Bahnhof, wo sich auch der Busbahnhof befindet. Hier kaufte ich mein Ticket für die Busfahrt zum Flughafen vom folgenden Tag. Gegenüber dem Bahnhof befinden sich zudem die beiden grossen Stadttore.

Schliesslich waren wir alle etwas müde und wollten uns nochmals aufwärmen. Im  gemütlichen Restaurant „Vasilki“(Васильки) ergatterten wir uns einen Tisch. Ich bestellte mir nochmals ein Draniki, welches wiederum herrlich schmeckte.

Die letzte Station der ausgiebigen Stadtbesichtigung führte uns zur Nationalbibliothek. Das Gebäude wird aufgrund seiner Form auch „Diamant“ genannt. Die Form (ein sog. Rhombenkuboktaeder) ist wirklich speziell und eindrücklich. Die Aussenhaut besteht aus einem grossen Bildschirm; dadurch kann der Diamant jeweils abends bunt beleuchtet werden (wobei unnötigerweise auch riesige Firmen-Werbung darauf flimmert …). Von hier aus fuhren wir zunächst mit der U-Bahn ein paar Stationen, um schliesslich den restlichen Weg zu Fuss bis zum Hotel zu laufen. Hier verabschiedeten wir uns und ich fiel todmüde ins Bett …
 
Herrlich lange ausschlafen, um danach auch schon wieder so langsam die Heimreise anzutreten. Das bestellte Taxi wartete pünktlich; es brachte mich zum Zentral-Busbahnhof. Die Busfahrt zum Flughafen war kurzweilig, insbesondere bei der Fahrt durchs Zentrum konnte ich nochmals einige Sehenswürdigkeiten bestaunen. Im Gegensatz zum Hinflug funktionierten die Rückflüge diesmal problemlos und pünktlich.
 
Schön war’s! Ich war zwar netto nur ca. 36 Std. in Minsk, aber es hat sich mehr als gelohnt! Nur schon die Bekanntschaft von zwei sehr netten und sympathischen jungen Menschen war es wert!
 
Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Julia bedanken; sie hat mit ihrer charmanten und aufgestellten Art viel dazu beigetragen, dass ich ein zweiter Visum-Anlauf unternahm und v.a., dass ich sehr viele positive Eindrücke von Belarus nach Hause nehmen durfte - спаси́бо!!
 
Danken möchte ich aber auch Philipp, der über die verschiedenen Örtlichkeiten, Plätze und Monumente viel Interessantes zu berichten wusste sowie Dirk, der das Ganze für mich überhaupt erst eingefädelt hatte.
 
Fazit:
Der Hügel selbst ist nicht wahnsinnig spektakulär ... Dank der persönlichen und kompetenten Reiseleitung war der Kurz-Trip nach Belarus für mich trotzdem ein sehr schönes Erlebnis, das ich nicht missen möchte!
 
Bemerkungen:
Nicht überall sollten Fotos gemacht werden; insbesondere nicht in den (sehr schönen und eigentlich fotogenen) U-Bahnstationen,  auch nicht in orthodoxen Kirchen und natürlich schon gar nicht von militärischen Einrichtungen.
Zu den Zeiten auf den Fotos muss 1 Std. dazugezählt werden.

Tourengänger: Linard03


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Kommentare (4)


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Sputnik Pro hat gesagt: Super ...
Gesendet am 18. Dezember 2015 um 05:47
... dass es im zweiten Anlauf geklappt hat! Ich gratuliere dir zu einem weiteren europäischen Landeshöhepunkt auch wenn dieser bergsteigerisch ein "UL" (ultraleicht) ist :-)

Ja, Minsk ist wirklich eine schöne Stadt, es hat mich dort auch sehr gut gefallen.

LG, Andi

Linard03 hat gesagt: RE:Super ...
Gesendet am 20. Dezember 2015 um 22:49
Hoi Andi,
danke ... - es war tatsächlich ein "UL", aber auch solche können trotzdem "schwierig" sein, wenn auch in einem anderen Sinne ... ;-)

LG, Richard

pika8x14 hat gesagt:
Gesendet am 18. Dezember 2015 um 23:44
Hallo Richard,

herzliche Gratulation zu einem Deiner "schwierigsten" Landeshöhepunkte. Die Tatsache, dass Du zwei Anläufe benötigst hast, zeigt, wie aufwendig auch manch kleiner Gipfel sein kann;-).

Irgendwie muss bei Deinem ersten Versuch die "Bürokratie" aber auch ganz unglücklich zugeschlagen haben: Wie seinerzeit per PN geschrieben, funktionierte bei uns alles zügig. Bereits einen Tag nach der Kontaktaufnahme haben wir die Einladung von unserer Minsker Visa-Agentur per E-Mail bekommen. Und die Botschaft hat das Visa selbst dann innerhalb einer Woche zugesendet (ohne Express-Zuschlag).

Aber letztendlich konntest Du ja trotzdem einen schönen Kurztrip nach Belarus erleben - mit persönlicher Führung zu den vielen Sehenswürdigkeiten in Minsk.

Und glücklicherweise hast Du auch Draniki gegessen. Sonst hätte es vielleicht noch Probleme bei der Ausreise gegeben, denn: "Sie haben kein Recht, Belarus zu verlassen, ohne diese wunderbaren Pfannkuchen mit der goldenen knusprigen Kruste gekostet zu haben!" - so steht es ja zumindest wortwörtlich auf der Internet-Seite der Botschaft der Republik Belarus ;-).

Viele Grüße, Andrea und André.

Linard03 hat gesagt: RE:
Gesendet am 20. Dezember 2015 um 22:53
Hallo zusammen,

danke ... Natürlich hatte ich unsere Korrespondenz noch im Kopf. Aber von wegen zügig ... - nein, ich hatte mir das wirklich auch etwas anders vorgestellt ... Es hat jedenfalls weder an einer Einladung noch sonstigen Unterlagen gefehlt ...

Nun, letztendlich hat es dann doch noch geklappt, wenn auch in einer etwas kürzeren Version. Und ohne Draniki hätte ich Minsk bestimmt nicht verlassen ... ;-)

Viele Grüsse, Richard


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