Der Gipfelstreit: Wann ist ein Berg bestiegen?


Publiziert von Alpin_Rise, 27. November 2023 um 09:53. Diese Seite wurde 281 mal angezeigt.

Wann gilt ein Gipfel als «erreicht»? Seit 2019 ist durch die genaue(re) Vermessung der vierzehn 8000er eine Kontroverse entbrannt, wer denn nun (als der/die erste ...) alle Berge bestiegen hat, die über 8000 m hoch sind.

Wo es um Rekorde, grosse Egos und hohe Berge geht, darf einer bestimmt nicht fehlen: Reinhold Messner (man durchforste die unzähligen Presseerzeugnisse selbst). Drei Meinungen prominenter Bergsteiger
Hans Kammerlander
Nirmal Purja
Ralf Dujmovits



Auf hikr.org gibt es einige Menschen, die Gipfel «sammeln». Vor allem für diese stellt sich auf tieferem Meeresniveau dieselbe Frage nach dem «wahren» Gipfel.
Grob fallen mir folgende Gründe ein, warum der höchste Punkt eines Berges nicht betreten wurde:

Objektiv
  • Der Gipfelpunkt ist nicht eindeutig definiert (Schneelage, fehlende genaue Definition oder unklare Vermessung)
  • Der höchste Punkt darf nicht bestiegen werden (behördliche / private Sperrgebiete, ethische z.B. religiöse Gebote)
Subjektiv
  • Persönliche Gründe: Ich konnte den höchsten Punkt nicht erreichen wegen mangelnder Motivation, (Orientierungs-)Fähigkeit, Gesundheit oder ethischen Bedenken. Ich war den Verhältnissen am Berg nicht gewachsen bzw. habe diese falsch eingeschätzt.
  • Zwischenmenschliche Gründe: Ich habe den Gipfel nicht erreicht, weil andere Personen in- oder ausserhalb meiner Gruppe am Berg präsent waren (was sich wiederum zu persönlichen Gründen herunterbrechen lässt).

Für mich persönlich ist die Kontroverse eine Steilvorlage, meine Einstellung und Motivation beim berg(be)steigen  zu reflektieren. Vielleicht geht es dem/der einen oder anderen hikr ebenso?

G, Rise



Kommentare (5)


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kopfsalat hat gesagt:
Gesendet am 27. November 2023 um 16:02
Für mich ist der Weg zum Berg (z.B. die technischen Anforderungen, die Schönheit der Natur, Tierbegegnungen etc.) viel wichtiger, als der Gipfel, von welchem aus man ja eh immer etwa das selbe sieht, und der in unseren Gefielden zumeist mit grausamen Hinrichtungsutensilien verunstaltet ist.

Der Übersichtlichkeit halber werde ich deshalb aber trotzdem nicht bei jedem Berg dort einen neuen Wegpunkt auf Hikr erfassen, wo ich umgekehrt bin ;-)

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 28. November 2023 um 15:46
Physikalisch ist es ganz klar: Man war nur Oben wenn es auf allen seiten nur noch runter geht. Nicht dazu zählen natürlich vom Menschen errichtete Bauten aof dem Gipfel. Ein gesperrtes Gebiet gilt nicht, dann kann man höchstens schreiben dass man am höchsten legalen Punkt am Berg gewesen ist. Bei mir wäre das nur in einem Fall, dem Landeshöhepunktt von Zypern.

ABoehlen hat gesagt:
Gesendet am 29. November 2023 um 12:38
Da ich im Moment meine England-Touren von 2002 aufarbeite, kommt mir nebst den von Alpin_Rise genannten Gründen noch ein weiterer in den Sinn. Damit bin ich beim Bericht zum Kinder Scout konfrontiert worden:

Die Problematik besteht in diesem Fall darin, dass der höchste Punkt auf einem äusserst unwegsamen Plateau liegt, welches über weite Teile mehr oder weniger gleich hoch ist. (siehe OS-Karte. Der höchste Punkt ist zwar vermessen, wobei ich nicht weiss, ob er vor Ort mit einem Messpunkt gekennzeichnet ist. Die Definition von Sputnik gilt ebenfalls, obwohl sie in der Realität nicht erkennbar sein wird, zu gering sind die lokalen Höhenunterschiede. Sicher ist, dass ich ihn damals nicht betreten habe, weil ich auf den markierten Wegen geblieben bin, die ihn nicht berühren. Dennoch habe ich einen Wegpunkt erfasst und ihn beim Bericht integriert, weise aber auf diese Problematik hin.

Dass dieser Gipfel, obwohl regional ziemlich bekannt und als höchster des Peak District auch bedeutend, sehr schwer aufzufinden ist, darauf wird auch in Wanderbüchern hingewiesen, die ich konsultiert habe.

Cubemaster hat gesagt: Schwierige Frage...
Gesendet am 5. Dezember 2023 um 16:03
...und ich bin der Meinung, dass auch die Antwort subjektiv ist. Mit anderen Worten: Man muss als Bergsteiger selbst definieren, was für einen selbst als Gipfel zählt. Ich bin selbst relativ pingelig dabei, ähnlich wie Sputnik: Für mich zählt nur der absolute Kulminationspunkt als Gipfel. Das hat mich bei meinem großen Projekt "Alle 3000er der Ostalpen mit mindestens 400m Schartenhöhe" an ein paar Gipfeln vor gehörige Probleme gestellt. Wo ich mir nicht sicher war, habe ich mehrere Punkte bestiegen, die in Frage kamen, damit der höchste sicher betreten wurde. Bei 162/164 Gipfeln bin ich mir deshalb sicher, ganz oben gewesen zu sein. Beim Piz Tschütta weiß ich, dass der östliche Zacken etwa 50cm höher ist, da bin ich aber nicht rüber gekommen. Da ich mein Leben nicht gefährden wollte, habe ich für mich definiert, dass mir der westliche Zacken (vorläufig) reicht, es gibt aber einen Vermerk dazu in meiner Liste. Bei der Dreischusterspitze weiß ich es nicht genau, aber auf den anderen Turm komme ich eh im Leben nicht hoch.
Nun muss aber nicht jeder so pingelig sein und zum Beispiel mit dem Erreichen des Gipfelkreuzes oder anderer markierte Punkte zufrieden sein und das ist auch sein gutes Recht. Die daraus resultierende Problematik mit der Vergleichbarkeit ist nicht sein Problem (es sei denn, das Ziel ist explizit, der Erste zu sein, der etwas bestimmtes schafft). Das ist Aufgabe des Statistikers, der Kategorien schaffen und Besteigungen diesen Kategorien zuordnen muss.

Schneemann hat gesagt:
Gesendet am 16. Dezember 2023 um 09:57
Von aussen betrachtet ist es doch absurd zu sagen, dass man tausende Höhenmeter auf einen Berg gestiegen ist und diesen dann angeblich aber nicht bestiegen hat, weil noch ein Meter zum höchsten Punkt fehlt. Für mich ist das ein Fehlentwicklung des Bergsteigens, denn eigentlich solls doch um das Naturerlebnis, die sportliche Herausforderung und die Grenzerfahrung gehen und nicht um irgendwelche Zentimeter. Diese Pingeligkeit kann ich daher nicht nachvollziehn, aber muss ja auch nicht sein: das soll doch jeder so halten wie er es für richtig hält. Messner kann es in dem Sinn doch völlig egal sein - diese Diskussion ändert nichts an seine Leistungen und an seinen Erfahrungen.


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