Canaloni Delikatessen im Bedretto: Marchhorn und Poncione di Vespero


Publiziert von danski , 26. Februar 2014 um 23:54.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:20 Februar 2014
Ski Schwierigkeit: S+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   I   Gruppo Pizzo San Giacomo   Gruppo Poncione di Vespero   Gruppo Grieshorn   Gruppo Cristallina 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2050 m
Abstieg: 2900 m
Strecke:20.02: All'Acqua - San Giacomo - N-Couloir westlich P.2893 - Marchhorn; Abfahrt dito. 21.02: Comasnè - Poncione di Vespero NE-Couloir; Abfahrt dito anschliessend Val Pozzuolo
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis All'Acqua

Ab in den Süden! Verbindet man damit normalerweise Meer, Sandstrände und dolce far niente sind es diesmal gewaltige Schneemengen und einige schöne Linien, die man sich schon lange auf die Wunschliste geschrieben hat. Endlich stimmte auch das Wetter und unser kleines, aber schlagkräftiges Zweierteam war ready, das Bedretto unsicher zu machen!

20.02. Marchhorn via Canalone degli canneloni (nicht Marchhorn...)


Göschenen 0mm, Airolo 1500mm Schnee! Eine Überraschung war es nicht, doch beeindruckend allemal. Bis All'Acqua fährt man in einer Art Bobbahn, deren Wände links und rechts des Asphalts die 2m Marke kaum unterschreiten. Etwas spät, doch mit genügend Reserven starteten wir zügig durch den lichten Lärchenwald Richtung San Giacomo. Seit meinem letzten Besuch im November hat sich hier einiges getan und das mir in Erinnerung gebliebenen Gelände hat sich fast bis zur Unkenntlichkeit verändert! Bald erblickten wir vor uns die spurende Gruppe, welche eindeutig den Weg Richtung Pizzo Grandinagia einschlug. Da wollten wir aber nicht hin, ergo verliessen wir den gut getretenen Pfad und zogen eine Spur Richtung San Giacomo. Damit war auch gleich klar, dass wir das Marchhorn direkt über dessen NW-Flanke ersteigen wollten, anstatt den Umweg über die Btta di Formazzora unter die Felle zu nehmen. Durch herrlich lockeren Powder pflügten wir unterhalb den Nordabbrüchen des Pizzo San Giacomo Richtung Italien. Langsam neigen sich die Hänge steiler und um Spitzkehren kommt man nicht mehr herum, wenn man dem Marchhorn zu Leibe rücken will. Auf gut 2500m gibts quasi die letzte kurze Verschnaufpause bevor nun 350HM Couloir Feeling Körper und Geist fordern. Statt den "normalen", weniger spektakulären Canalone del Marchhorn zu nehmen, zog es uns in ein ausgeprägtes Couloir östlich des Canalone. Diese Linie verdient meiner Meinung eher die Bezeichnung Canalone und ist definitiv ästhetischer und wohl kaum begangen. Was nun folgte war eine Spitzkehren-Trophy der Sonderklasse. Es dürften allein im Bereich des eigentlichen Couloirs gegen die 30 gewesen sein... Irgendwann wurde der Skiaufstieg unökonomisch und mühsam und die Skis gehörten an den Rucksack. Das Spuren war harte Arbeit in teilweise hüfttiefem Triebschnee. Doch was für eine unbeschreibliche Freude, sich hier bewegen zu können! Das Gefühl stimmte, die Beine und Lunge zeigten sich in Bestform. Was will man mehr??? Stellenweise werden kurz 50° erreicht, generell bewegt sich die Steilheit jedoch konstant im Bereich von 40-45°. Einmal oben öffnet sich der Blick gegen Süden und das Marchhorn zeigt sich nun endlich. Mit aufgebundenen Skis blieben wir noch etwas auf dem Grat und traversierten wenig später wieder mit Skis zum kurzen Gipfelaufschwung des Marchhorns. Dass keine andere Spur ausser unserer die Unberührheit störte, hätte ich nicht erwartet. Nach ziemlich genau 5 Stunden standen wir oben auf dem Marchhorn. Grande!!!

Nach ausgiebiger Pause konnten wir die Abfahrt kaum erwarten. Lustvoll stachen wir ohne zu zögern ins Couloir-Vergnügen. Dank der fortgeschrittenen Zeit hatte es nun sogar die Sonne ins Schattenreich geschafft. Qualitativ erwies sich der Schnee als ziemlich typisch für Couloirs dieser Art. Durch den starken Windeinfluss etwas inhomogen, aber im allgemeinen sehr schön zu fahren. Je weiter unten, desto weniger windbeeinflusst war die Schneeoberfläche beschaffen. Traumhaft zu fahren waren die letzten 200HM nach San Giacomo. Anstatt der Normalabfahrt zu folgen, wählten wir die Hänge unterhalb des All'Uomo. Wenig später tauschten wir high fives auf dem mittlerweile verwaisten Parkplatz in All'Acqua.

21.02. Poncione di Vespero, NE-Couloir (Versuch NW-Couloir)

Mit einer anrückenden Schlechtwetterfront, musste ein interessantes aber relativ schnell erreichbares Tourenziel her: Poncione di Vespero mit Liftunterstützung hiess die Lösung! Dank einer fast geschenkten Tageskarte, die man als Übernachtungsgast in Airolo für 20.- erhält, liessen wir uns mühelos bis Comasnè befördern. Die Linienführung auf diesen stolzen und beeindruckend steil in die Leventina abfallenden Gipfel ist sehr offensichtlich. Trotzdem vermute ich, dass er im Winter kaum Besuch bekommt. Von Anfang an gilt es auch hier wieder, eine möglichst ökonomische Spur zu legen, aber um unzählige Spitzkehren kommt man nicht herum. Früher oder später ist man gezwungen die Skis aufzubinden. Etwas weniger tief als am Tag zuvor erwies sich der Schnee. Ausnahmslos bewegten wir uns auf sehr gut verfestigtem Triebschnee. Ein rasch geschaufeltes Kontrollprofil ergab einen sehr homogenen Aufbau, in dem sich so gut wie keine Unterschiede feststellen liessen. Die letzten 20m erfordern noch einmal etwas commitment, denn hier werden kurz unterhalb des Gipfels locker 50° erreicht und man hat förmlich das Gefühl, die Nase anzuschlagen... Wenig später standen wir auf dem Gipfel mit freier Sicht auf das 1600m tiefer liegende Airolo.

Wenn schon hier oben, musste ich natürlich eine weitere meiner Traumlinien im Bedretto checken: Das NW-Couloir! Schnell war der enge und unvermittelte Einstieg gefunden und wir wussten sofort, dass wir hier einfach runter mussten! Nichts wie los, doch nach rund 25m auf einer extrem unangenehmen und eisigen Schmelzharstkruste, die Skis nur gerade mal an der Spitze und hinten aufgekantet, überkam mich ein ungutes Gefühl. Ohne Aussicht auf Verbesserung der Schneequalität, entschloss ich mich zurückzuklettern. Naja, dumm gelaufen... Mit Sonne und ihrer wärmenden Kraft hätte die ganze Geschichte ein anderes Ende genommen. Das NE-Couloir erwies sich dagegen fast als trivial, aber natürlich durchaus als ernsthafte Linie. Leider war der Schnee recht ruppig, wurde aber mit schwindender Höhe besser. Das enge Val Pozzuolo bot dann eigentlich den besten Abfahrtsspass. Leider ist dieses enge Tal im unteren Bereich auch eine bevorzugte Zugbahn für Lawinen. Zurück zum Ausgangspunkt durch den Bedretto-Schneekanal, aka Strasse...

Dank den aussergewöhnlichen Schneeverhältnissen und dem sehr stabilen Schneedeckenaufbau, sind nun Linien im Bedretto möglich, von den man oft nur träumen kann. Eigentlich ideale Voraussetzungen für Il Madone NW-Flanke...

Tourengänger: danski


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Kommentare (1)


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Dolmar hat gesagt:
Gesendet am 9. März 2014 um 21:30
Gratuliere, krasse Couloirs, bei dem windgepressten Schnee muß man
schon fahren können, Top, Daumen hoch.
Gruß Dolmar


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