Pizzo Rotondo 3192m - Eine Völkerwanderung mit jähem Ende

Da die Wetterprognosen fürs Wochenende Föhn im Glarnerland angekündigt haben (so dass wir auch am Sonntag mit trockenem Wetter rechnen konnten), entschlossen wir uns für eine Tour am Samstag ausserhalb vom Zigerschlitz. Diesmal sollts der Pizzo Rotondo im schönen Val Bedretto sein. Wir starteten mit dem Auto (doch schon verhältnismässig etwas spät am Morgen) Richtung Gotthard. Wir kamen gut voran, doch dann schien der ganze Tag in Gefahr. Zirka 2 Kilometer vor Göschenen war auf der Autobahn alles blockiert. Die nachfolgende Staumeldung klärte auf: "Pannenfahrzeug im Gotthard-Strassentunnel; Tunnel gesperrt". Zuversichtlich dass es bald weitergeht, warteten wir geduldig in der Blechlawine. 2 Stunden später und leicht gereizt gings dann endlich weiter und wir konnten doch noch ins Bedrettotal fahren. Als Belohnung für das lange Warten wurden wir von herrlichster Sonne und angenehmen Temperaturen in All'Acqua empfangen.

Kurz nach 10 Uhr starteten wir vom bereits überfüllten Parkplatz in All'Acqua über pickelharten Schnee und stiegen zügig in ziemlich direkter Linie zur Cap. Piansecco auf. Von der SAC - Hütte konnten wir bei einer kurzen Verschnaufpause bereits 2 grosse Tourengruppen sehen welche sich mühselig durch die eisige Steilstufe quälten. Da war uns klar, dass wir wohl nicht die einzigen auf dem Rotondo sein werden. Wir machten es unseren Vorausgängern gleich und stiegen auf zur Steilstufe welche zur Alpe Nuova führt. Wir platzierten unsere Ski geschickt im steilen Gelände und so konnten wir problemlos ohne Harscheisen oder Tragen der Ski über die Steilstufe aufsteigen. Bereits da holten wir die 2 Tourengruppen auf und überholten diese zügig. Wir wurden ziemlich schräg angeschaut, vielleicht weil wir in T-Shirt aufstiegen und ziemlich am dampfen waren - es war ja auch warm ;) Auf dem Weg zum Skidepot (alles über die weiten Hänge in logischer Linie zum Passo di Rotondo und dann rechts hoch zum markanten Y-Couloir) trafen wir dann noch den einen oder anderen Tourengänger. Beim Skidepot herrschte reges Treiben, massenweise gingen die Leute auf und ab. Wir pausierten erstmal und schauten dem Spektakel zu.

Wir stiegen direkt nach einer grossen italienischen Gruppe aus Mailand ins Couloir, welche recht langsam vorankam. Wir überholten die ganze Gruppe im perfektem Trittschnee (bei der Y-Verzweigung rechts halten) und kamen schlussendlich als erste an die Kletterstelle. Über einfache Kletterei (ca. II) stiegen wir die letzten Meter hoch zum Gipfel, welchen wir für ein paar Minuten für uns ganz alleine beanspruchen konnten. Als die grosse Tourengruppe nachkam, gabs für diese eine kurze Fotosession und anschliessend gleich den Abstieg. Wir entschlossen uns noch etwas auf dem Gipfel zu verweilen und der Gruppe den Vortritt zu lassen. Nach rund 30 Minuten auf dem Gipfel wurde uns es doch etwas zu kalt und wir stiegen auch ab zurück ins Couloir. Leider waren einige Berggänger nicht so trittsicher wie erwünscht und hatten so ihre Mühen.  Um die die Leute nicht irgendwie unter Druck zu setzen und überholten wir daher diese im genügend breiten Couloir. Kurz vor dem Ausstieg geschah dann noch ein Unglück. Einer der Führer der italienischen Gruppe rutschte aus und krachte nach ca. 50 Meter Rutschpartie in ein Gruppenmitglied und riss diese in die Tiefe. Grosse Aufruhr im Couloir! Wir nutzten die Gelegenheit um an der riesigen Gruppe vorbeizugehen und am Ende des Couloirs unsere Hilfe anzubieten. Der Zwischenfall verlief leider nicht ohne Verletzte. Das mitgerissene Gruppenmitglied hatte eine klaffende Wunde im Oberschenkel welche mit einem Druckverband provisorisch versorgt werden konnte. Leider musste die Rega die verunfallte Tourengängerin ausfliegen.

Zurück beim Skidepot machten wir uns dann für die Abfahrt bereit und fuhren über die Alpe Nuova wieder nach All'Acqua. Während der Abfahrt sahen wir noch den Rega - Helikopter spektakulär zum Skidepot einfliegen.

Im Moment herrschen beste Verhältnisse am Pizzo Rotondo. Die Abfahrt ist zwar nicht als "Genuss" zu deklarieren aber abgesehen von den vereisten resp. harschigen Stellen ganz in Ordnung. Leider ist der Pizzo Rotondo an so schönen Tagen ein förmlich überlaufenes Gipfelziel. Die Besteigung als Einzelmaske (resp. 2er Gruppe) unter all diesen 10-15 Personen grossen Gruppen (wo zum Teil leute sichtlich überfordert waren an eisigen Stellen oder im Gipfelcouloir) habe ich eher als stressig empfunden...

Tour mit Tobi