Mont Blanc 4810m


Publiziert von CK , 8. November 2007 um 20:58.

Region: Welt » Frankreich » Massif du Mont Blanc
Tour Datum:20 September 2006
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 22:00
Aufstieg: 3800 m
Abstieg: 3800 m
Strecke:Les Houches - Mont Blanc - Les Houches

Am Sonntag, den 17.09.2006 fuhr ich zu Frank nach Chamonix. Frank ist ein guter Freund von mir, den ich mal beim Wandern kennen gelernt habe und ein sehr guter Bergsteiger mit 8000er Erfahrung. Er sagte mal zu mir, ob ich nicht Lust hätte mit ihm den Mont Blanc hochzugehen. Ich dachte mir, wieso nicht, denn ich wollte schon immer mal einen richtigen Berg besteigen. Die ganze Aktion war eigentlich nicht lange geplant, sondern wurde eher spontan entschieden. Während der ganzen Fahrt von Zürich nach Chamonix hat aus Kübeln geschüttet und ich hatte schon meine Bedenken, ob es richtig ist einfach den Mont Blanc ohne Bergerfahrung zu besteigen. Meine Zugspitzbesteigung und ein paar Hügel in den Bayerischen Voralpen waren vielleicht nicht die ideale Basis für dieses Projekt. Körperlich war ich auch nicht gerade fit. Keine Ahnung warum, aber ich hatte solche Kopfschmerzen und ich war alles andere als zuversichtlich. Am Sonntag Nachmittag in Chamonix war dann sehr schlechtes Wetter. Franks Wohnung war nicht gerade komfortabel. Da es die ganze Zeit geregnet hat, sassen wir nur rum. Frank, seine Freundin und ich auf ca. 12qm! Diese Enge nagte schon an meinen Nerven, aber ich dachte mir ein Basislager im Himalaya ist ja auch kein Luxushotel. 
Laut Wettervorhersage sollte es am Montag schöner werden, aber es regnete genauso wie am Sonntag! Wir beschlossen das Projekt um einen Tag zu verschieben und gingen stattdessen Nachmittags zum Eisklettern. Abends hat es dann endlich aufgerissen und wir wurden zuversichtlicher, was die Besteigung des Mont Blanc anging.
Dienstagmorgen war der Himmel strahlend blau und ich fühlte mich auch besser, keine Kopfschmerzen mehr.
Es war sofort alles klar, Projekt 4808 wurde gestartet. Wir besorgten essen, Ausrüstung und sind um 15 Uhr von Les Houches, Nähe Chamonix auf der Normalroute aufgestiegen. Die Planung für den Aufstieg machte Frank und ich hab mich auch voll und ganz auf Ihn verlassen können. 
Der Aufstieg war sehr leicht und es hat auch superviel Spaß gemacht. Nach ca. 3h erreichten wir eine einfache Hütte auf ca. 2800m. Frank hatte geplant, dass wir hier übernachten. Er erzählte mir zwar erst später, dass er nicht damit gerechnet hat, dass die Hütte offen ist, aber mit sowas hab ich auch gerechnet. Die Hütte war jedoch ideal, weil sonst niemand außer uns beiden dort sein Lager aufschlug. 
Wir packten unsere Sachen für den nächsten Tag und kochten Reis mit Tomatensuppe. Nachdem wir mit allem fertig waren hielten wir uns draussen vor der Hütte auf. Der Sonnenuntergang war einmalig. So einen schönen Sonnenuntergang hab ich noch nie gesehen. Ich stand am Berg, die Wolken hingen im Tal, die Sonne am Horizont und die Berge glühten rot. Nur noch von dort oben wegfliegen wäre schöner gewesen. 
Wir haben uns dann kurz hingelegt, schlafen konnte ich nicht wirklich, ich war viel zu nervös. Um 3:30 Uhr weckte uns „A beautiful day“ von U2 aus dem Handy. Ob es wirklich ein wundervoller Tag werden würde stand ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest, aber ich freute mich auf das was auf uns zukommen würde. Ich war sofort hell wach. Frank kochte Tee. Wir hatte ein kleines Frühstück und dann gings los. Der Sternenhimmel war total faszinierend. Wegen der klaren Nacht, der Dunkelheit und der Höhe waren die Sterne auch sehr gut zu erkennen. Es war stockfinster und wir mussten die 450m hohe Felsflanke hinauf zur Goûter Hütte auf 3817m durchklettern. Ganz wohl war mir da nicht weil nicht zu erkennen war wie weit es da wirklich runterging! Ich dachte mir nur, wie sollen wir da je wieder runterklettern. 
Wir erreichten die Goûter Hütte, von der normalerweise Gipfelbesteigungen gestartet werden um 6:30 Uhr. Unser Tempo war recht flott, knapp 3h für die 1000 Höhenmeter zur Hütte. Ich weiß nicht, wieviele Bergsteiger dort übernachteten, aber dem Gestank nach zu urteilen waren es viele und ich war so froh, dass wir dort nicht schliefen! Wir machten kurz Pause, tranken Tee und sind dann im Sonnenaufgang Richtung Gipfel maschiert. Ab dieser Höhe war nur noch Schnee, kein Fels mehr und es wurde technisch einfacher, aber die dünne Luft machte sich da schon bemerkbar. 
Erst konnte ich nur den Umriss der schroffen Berge erkennen und dahinter ging die Sonne auf. Das war echt atemberaubend. Es war so still. Das einzige was ich hörte war mein Atem, der immer rauer wurde. 
Ab 4400m konnte ich zum ersten Mal den Gipfel sehen und eine Menge Bergsteiger kamen auf unserer Route herunter. Wir waren die letzten Richtung Gipfel, weil wir ja von weiter unten los sind. Mir ging es dann auf einmal ziemlich schlecht und ich war total entkräftet. Wir setzten uns hin, ich blickte auf den noch so weit entfernten Gipfel und dachte wirklich ich komme nicht mehr weiter. Mir war schlecht, schwindelig und ich konnte mir nicht vorstellen noch einen Schritt weiter zu gehen. Vor allem, weil das Ziel ja nicht nur der Mont Blanc war sondern wir ja noch bis ganz runter mussten. Ich war nicht guter Dinge. Was mir am meisten sorgen machte war, dass ich nicht wusste, wie sehr ich an meine Grenzen gehen soll, weil was passiert, wenn ich nicht mehr kann? Frank hat mich dann schon sehr aufgemuntert und wir krochen dann mehr oder weniger Richtung Gipfel. Ich war am absoluten Tiefpunkt angelangt und der Gipfel war noch so weit entfernt. Ich dachte nicht, dass diese Tour einem Ironman so zu schaffen machen könnte. Ehrlich gesagt hab ich dass schon ein wenig unterschätzt, aber eisern raffte ich mich wieder auf und wir gingen weiter. Seit dem Frühstück hatte ich auch nichts mehr gegessen und hab deshalb einige Energieriegel und Gels verdrückt. Wegen der dünnen Luft hatte ich überhaupt keinen Appetit aber ich wußte, dass ich jetzt was essen muss. Die Riegel bauten mich wieder einigermaßen auf. Ich sagte zu Frank, dass wir langsamer gehen sollten. Er sagte, dass er diese Worte schon immer mal von mir hören wollte! (Mittlerweile bereue ich, dass ich das gesagt habe) Das war ich nicht gewohnt, wie man so sich so langsam fortbewegen kann, aber das war halt richtiges Bergsteigen, das ist halt so. Der Weg wurde im steiler und wir waren so langsam, es war aber auch so anstrengend. Mir kam es so vor, als würden wir uns auf der Stelle bewegen, aber mein Puls rasste. 10 Schritte gehen, 10 Sekunden Pause…. Ich dachte nur, wenn wir in den Tempo, bei den Schmerzen weiterlaufen, komme wir nie rauf. Aufgeben wollte ich dann aber doch nicht. Von dem Zeitpunkt waren es noch ca. 1.5h bis 2h und irgendwie kamen wir dann doch weiter hoch, auch wenn es mir nicht so vorkam.
Frank lies mir auf den letzten Metern den Vortritt. Das wusste ich wirklich zu schätzen. Frank verhielt sich während der ganzen Tour sehr kameradschaftlich und hat sich wirklich sehr gut um mich gekümmert. Es wurde flacher, den Gipfel selbst konnte ich erst kurz vorher sehen. 6 Bergsteiger standen oben. Ich konnte es nicht glauben, es ging nicht mehr weiter hoch, wir waren oben. So lange gequält und ich stand auf dem Mont Blanc. Das war so emotional, dass mir Tränen in den Augen standen. Das hätte mich fast umgehauen. Um 10:44 waren wir auf dem Mont Blanc. Ich war wirklich froh, dass ich mich noch durchgebissen habe. Es war ein tolles, unbeschreibliches Gefühl nach so langer Anstrengung und Verzweiflung den Gipfel zu erreichen. Ich war so glücklich. Die Schmerzen waren weg, ich war erleichtert, machte mir aber auch wegen des langen Abstiegs Sorgen. Wir gratulierten uns, machten Fotos und genossen den Augenblick. 
Nichts was wir am Horizont sahen war höher als wir. 4808m, Top of the Alps! Ich konnte sogar das Matterhorn erkennen und mir kam so vor, als könnte ich um die halbe Welt blicken. Nach ca. 20min machten wir uns dann auf dem Weg nach unten. Wir sind ziemlich schnell runter, auch viel gelaufen und einige Bergsteiger, die wir beim raufgehen getroffen haben, haben wir überholt. Mittags wurde es immer wärmer und ich fühlte mich dann auch immer besser. Auch die Kletterpassage unterhalb der Goûter Hütte ging ohne Probleme. Keine Ahnung, warum, vielleicht, weil ich beim runtergehen schon 4000er Erfahrung hatte. Vom Gipfel nach Les Houches haben wir dann 6h gebraucht. 
Ja, das war schon ein tolles Erlebnis. Ich hätte mir es schon ein wenig leichter vorgestellt. Am Berg hilft es einem nichts, wenn man unten im Flachland schnell Velofahren oder Laufen kann! Das war eine echt tolle Erfahrung und ich bin schon ein wenig stolz auf mich. Vor allem, weil ich mich doch irgendwie raufgeschunden habe. Ich habe mittlerweile schon viele verrückte Sachen gemacht, aber der grosse Unterschied hier war, dass man nicht aufgeben kann. Bei einem Ironman oder in anderen Wettkämpfen kann man aufgeben. Hoch, weit oben am Berg geht das nicht, da muss man weiter. Ich hoffe, dass ich in weiteren Grenzsituationen oder Wettkämpfen an dieses Erlebebnis zurrückdenken kann und es mir dann Kraft gibt um weiterzumachen. Wenn der Körper an seine Grenzen kommt, kann man mit Willenskraft und Ehrgeiz über seine Grenzen gehen. Nicht der Körper zeigt die Grenzen, sondern die mentale Einstellung gibt die Kraft um weiterzumachen.

20.09.2006 A beautiful day! 



 


Tourengänger: CK


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