Moldoveanu, 2544m - top of Rumania in 1 Tag


Publiziert von Linard03 , 20. September 2018 um 06:59.

Region: Welt » Romania
Tour Datum: 7 September 2018
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: RO 
Zeitbedarf: 13:00
Aufstieg: 2400 m
Abstieg: 2400 m
Strecke:30.5km: P.1630 (Passstrasse) - Refugiul Fereastra Zmeilor - Monumentul Nerlinger - Varful Vistea Mare - Varful Moldoveanu - Cabana Podragu - Fereastra Zmeilor
Zufahrt zum Ausgangspunkt:per PW bis zur beschriebenen Parknische an der Passstrasse (alternativ auf dem wenige Meter unterhalb gelegenen Campingplatz gegen Gebühr von Lei 10.--)

eine der letzten Reisen zu Europäischen Landeshöhepunkten führte mich nach Rumänien. Es sollte wiederum eine intensive Reise werden mit vielen schönen Begegnungen und einer wunderbaren Landschaft. Und die Besteigung des höchsten rumänischen Berges wurde (für meine Verhältnisse) zu einer Monstertour; doch der Reihe nach …
 
Prolog:
In Rumänien war ich schon mal, 1991, für 2 Tage in Bukarest  - lediglich für ein Fussballspiel … Meine Erinnerungen sind düster: es war ein kalter November-Abend, als wir vom Flughafen ins Zentrum von Bukarest fuhren. Vorbei an Leuten, welche in kilometerlangen Schlangen für einen Kanister Benzin anstanden, am Strassenrand Feuer machten, um der Kälte zu trotzen. Leere Schaufenster, kein Licht in der ganzen Stadt, weshalb die Stadt gespenstisch wirkte (das einzige Licht in der riesigen Stadt war von weitem zu sehen – nämlich die Lichtermasten des Fussballstadions …). Von Russ und Abgasen geschwärzte Häuserfassaden. Es war kurz nach dem Fall von Ceausescu …
 
Im Hotel wurden die Zimmer auf gefühlte 32 Grad geheizt, um uns Touristen zu zeigen, dass Strom vorhanden ist. Und von irgendwoher wurde Essen herbeigezaubert, obwohl eigentlich nichts vorhanden war (es gab deshalb auch keine einheitlichen Menus oder gar eine Karte um etwas auszuwählen …). Mich plagte ein schrecklich schlechtes Gewissen: was tun wir hier als verwöhnte Schweizer? Mir ist das damals alles ziemlich eingefahren …
 
(als Randnotiz: die Schweiz hatte 0:1 verloren; ein 0:0 hätte gereicht – so aber verpasste man die Fussball-EM in Schweden um den einen Punkt …)
 
Anreise:
Der bequeme Direktflug von Zürich nach Bukarest verging im Nu. Etwas umständlich war hingegen die Übernahme des Mietwagens, denn zunächst ging es per Shuttle vom Flughafen zur Mietwagenstelle – da ging mit Warten, etc. einiges an Zeit verloren.
 
Endlich mal auf der Strasse, benötigte ich im Feierabend- und Baustellenstau mindestens 1 Stunde, bis ich die Stadt verlassen konnte. Danach ging’s aber flott vorwärts; zumindest, so lange die Autobahn-Strecke dauerte. Ab Pitesti war Schluss mit lustig; es ging nur noch langsam und kurvenreich durch die vielen Dörfer und die Passstrasse musste ich schliesslich in der Dunkelheit absolvieren; immerhin bei praktisch null Verkehr. Um ca. 21 Uhr erreichte ich meine Unterkunft, die Cabana Capra (1570m).
 
Das ist nicht nur eine Hütte, wie es der Name vermuten liesse, sondern ein einfaches Hotel, welches offensichtlich gut besetzt war. Freundlicherweise wurde mir Sandwiches für den folgenden Morgen angeboten, da ich früh los wollte und somit das offizielle Frühstück verpassen würde. Nach dem späten Nachtessen fiel ich müde ins Bett.
 
Besteigung:
Um diese Jahreszeit erfolgt der Sonnenaufgang erst um ca. 06.50 Uhr. Ich fuhr mit dem PW noch ein paar Kurven die Passstrasse hoch, um dann in einer Nische beim Ausgangspunkt der Wanderung zu parkieren (1630m). Ein paar Minuten später parkierte ein Paar aus Tschechien; sie hatten dieselbe Tour auf dem Programm, wollten es aber auf jeden Fall in einem Tag machen.
 
Ich behielt mir diese Option offen: mein Plan war, zunächst den Gipfel zu erreichen und dann zur Hütte abzusteigen. Ich hatte auf jeden Fall eine Reservation in der Cabana Podragu gemacht, damit ich sicher eine Schlafgelegenheit hatte. Sollte das Wetter stabil sein und die Kräfte ausreichen, würde ich allenfalls die Tour auch in einem Tag durchziehen und von der Hütte aus weiterziehen.
 
Aber erst mal starten: zunächst der Forststrasse entlang, dann den gelben Zeichen folgend auf dem Wanderweg steil hinauf zur Schutzhütte „Refugiul Fereastra Zmeilor“. War die Sicht bis hierher gut, stand ich plötzlich im Nebel – und dies sollte so schnell nicht mehr ändern. Der Pfad war jedoch gut sichtbar und ich gelangte schnell zum Wegpunkt Fereastra Zmeilor auf ca. 2200m; also dort, wo die verschiedenen Wege zusammenkommen: der Hüttenweg zur Cabana Podragu sowie auch der Weg vom/zum Balea Lac.
 
Ich wählte jedoch den Kammweg – und dieser wurde schnell spektakulär: schmal, teilweise ausgesetzt, mit Drahtseilen oder Ketten versehene Passagen. Schade, dass ich von dieser Route vor lauter Nebel nichts sah! Es machte jedenfalls Spass und ich kam schnell voran, wogegen ich die Tschechen bereits nach der Schutzhütte nicht mehr sah (sicher auch wegen des Nebels …).
 
Richtungsänderungen im Nebel sind so eine Sache: mehrmals hatte ich das Gefühl, dass es in die falsche Richtung geht … Aber schliesslich erreichte ich das Monumentul Nerlinger (ca. 2200m) und ich wusste, dass ich richtig war.
 
Weiter ging’s im dichten Nebel über den Arpasul Mare (2468m) und Mircii (2470m), mit steilem Abstieg zu einem kleinen See (ca. 2260m). Kurz vor dem See traf ich die ersten Leute, welche von der Podraguhütte kamen. Die beiden erzählten mir, dass es bereits der 3. Tag wäre, wo sie im Regen und Nebel umherlaufen würden … Kurze Zeit später erreichte ich die Abzweigung (ca. 2300m), welche zur Hütte hinunterführt. Hier war gerade eine Familie am biwak räumen; ein etwas eigenartiger Ort, um zu campieren (auf beiden Seiten des Grates abschüssig) …
 
Im weiteren Auf- und Ab ums Eck (Podu Giurgiului, 2358m) mit anschliessendem Abstieg, Querung unterhalb der imposanten Flanke des Corabia (2406m); jetzt erstmals bei Sicht! Zaghaft zeigte sich sogar ganz kurz die Sonne …
Wiederaufstieg zu einem weiteren Pass, Umrundung eines grösseren Kessels und schliesslich ein steiler Aufstieg zum Vista Mare (2524m), dem Vorgipfel. Eigentlich dachte ich nun, es sei geschafft und eine kurze Traverse würde mich zum Hauptgipfel bringen. Falsch gedacht … Ein nochmaliger Abstieg (Drahtseile) zu einem weiteren Sattel, auf der anderen Seite leicht exponiert wieder raufkraxeln; nochmals rauf und runter – schliesslich war’s vollbracht: um 13.00 Uhr erreichte ich den Gipfel des Moldoveanu, 2544m – höchster Gipfel von Rumänien.
 
Trotz weiterhin dichtem Nebel war ich nicht alleine auf dem Gipfel; diverse Nationen waren vertreten; u.a. Dänen, Israelis, Engländer, etc. Alle waren sie von der Hütte aufgestiegen; offensichtlich guter Laune, hielten eine längere Rast – trotz kühler Temperatur und Null Sicht (einige waren sogar in kurzen Hosen unterwegs, aber Skandinavier sind ja generell hart im Nehmen …).
Und die meisten werden eine zweite Nacht in der Hütte verbringen; deshalb war für sie keine Eile angesagt.
 
Mir war es zu wenig gemütlich für eine längere Rast, weshalb ich mich bald wieder auf den Weg machte. Wieder auf demselben Pfad zurück, wobei immer wieder ein Halt für einen Schwatz notwendig war ;-). Während auf dem Kammweg niemand anzutreffen war, gab es auf der Strecke Podraguhütte - Gipfel immer wieder mal Begegnungen. V.a. die Einheimischen wollten wissen, woher man komme, wie alt man sei und was man so macht … ;-))
Die 4 Jungs, welche am Morgen vom Schwarzen Meer anreisten, am Balea-See starteten, ca. 14.30 Uhr noch etwa 1.5 – 2 Std. vom Gipfel entfernt waren, bereits erschöpft und gleichentags zurück wollten … - hoffentlich hatten sie Stirnlampen dabei …

Überhaupt scheint das Wandern bei den Jungen Gefallen zu finden; auffällig viele Mädels und Jungs im Alter von ca. 20-27J. waren unterwegs; schön!
 
Ab ca. 14.30 Uhr lichtete sich allmählich der Nebel und ab 15 Uhr war plötzlich eitel Sonnenschein. Ich machte einen Abstecher zur Hütte hinunter (Cabana Podragu), wo ich mich für die reservierte Übernachtung abmeldete und als kleine „Entschädigung“ eine Tafel Schweizer Schokolade hinterliess (das kommt immer gut an …. ;-)). Die Hüttenwartin meinte jedoch, dass dies überhaupt kein Problem sei und sie war überrascht, dass ich mich extra abmeldete (wird wohl sonst nicht gemacht …).
 
Mittlerweile hatte ich mich jedenfalls entschieden, das nun schönste Wetter nutzen zu wollen  und startete um ca. 16 Uhr zur letzten Etappe. Dem blau-weiss markierten Pfad steil aufsteigend zum ersten Pass, auf der anderen Seite ebenso steil wieder hinunter. In plötzlich grosser Hitze den Talkessel querend und zum nächsten Aufstieg. Abermals hinunter, einen Bach überquerend und auf der anderen Seite wieder hinauf.
 
Die Sonne senkte sich langsam, als ich im Schatten eine Herde von ca. 10 Gämsen entdeckte. Die einen frassen in unmittelbarer Nähe und liessen sich nicht gross stören. Nachdem der steile Aufstieg gemeistert war, folgte der nächste Abstieg …
Schliesslich war der letzte Aufstieg gemeistert und ich stand wieder beim Wegpunkt Fereastra Zmeilor, der Kreis hat sich geschlossen.
 
Nun noch der letzte Abstieg, die Knie schmerzten. Während die Dämmerung hereinbrach, hörte ich plötzlich ein Heulen ganz in der Nähe. Ein Wolf? Jemand, der sich ein Scherz erlaubte? Zumindest sah ich niemanden, auch kein Tier. Etwas später stand mir allerdings ein einsamer Schafbock gegenüber; offensichtlich lahmte er stark. Ein verletztes, einsames Tier – wohl ein gefundenes Fressen für andere …
 
Um genau 20 Uhr erreichte ich meinen Mietwagen; quasi mit dem letzten Tageslicht. Ob es die beiden Tschechen ebenfalls noch am gleichen Abend geschafft haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Gesehen hatte ich sie letztmals auf dem Vorgipfel, als ich bereits im Abstieg war …
 
Ich fuhr mit dem Auto den Pass hoch und klopfte beim Hotel am Balea-See auf gut Glück an. Siehe da, die hatten sogar noch ein Zimmer frei. Ziemlich geschafft und mit einigen Gliederschmerzen gönnte ich mir noch ein Nachtessen mit dem obligaten Ursus-Bier ;-)).
 
Fazit:
auch wenn die Tour üblicherweise in 2 oder 3 Tagen gemacht wird: es bleibt eine lange Tour, welche konditionell, aber auch mental fordert. Ein ständiges Auf- und Ab, noch ein Hügel, noch ein Pass … Immer wieder mal 50-100Hm ab- und wieder aufsteigen. Tönt nicht nach viel, läppert sich aber ganz schön zusammen …
Trotzdem: es ist eine äusserst lohnende Tour in sehr schöner Landschaft!
 
Sag niemals nie ... - aber das war für mich wohl die letzte „Monstertour“ (Monstertour natürlich nur für meine Verhältnisse; ist mir klar, dass gewisse Hikr’s noch ganz andere Touren machen; Tobi & Co. lassen grüssen …). Konditionell war’s zwar ok, aber meine alten Gelenke und Knochen vertragen solche Anstrengungen nicht mehr; tagelange Schmerzen müssen nicht sein …
 
Sightseeing:
Am nächsten Tag ging es zunächst auf abenteuerlicher Landstrasse nach Bran, wo ich das sog. „Dracula-Schloss“ besuchte. Ausser riesigen Schlaglöchern hielt die ca. 50km lange Landstrassen-Strecke auch weitere Überraschungen bereit: plötzlich eine Schafherde, welche die ganze Strassenbreite in Anspruch nahm, frei laufende Pferde oder Kühe mitten auf der Strasse …
 
Die schöne Stadt Brașov (Kronstadt) war nächste Station, wo ich u.a. den Hausberg Mount Tampa (967m) besuchte. Tags darauf stattete ich auch noch dem Schloss Peleș einen Besuch ab, bevor es zurück nach Bukarest ging.
Dort wollten das Parlament (2.-grösstes Gebäude weltweit!), der Cismigiu-Park und andere Sehenswürdigkeiten besucht werden.
 
Wie immer bei solchen Kurztrips bleibt am Schluss die Erkenntnis, dass es noch so viel mehr in diesem Land zu entdecken gäbe …

Bemerkungen:
den GPS-track musste ich komprimieren, da die Datei zu gross war. Ist ja eh nur zur Übersicht gedacht; für die Genauigkeit meiner GPS-tracks übernehme ich keine Verantwortung.
 
Zeiten (inkl. Pausen):
PP – Gipfel via Kammweg: 6 Std.
Gipfel – Hütte: ca. 2 ½ Std.
Hütte – PP via „blau-weisser Pfad“: 4 Std.

Tourengänger: Linard03


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Geodaten
 41951.gpx Moldoveanu

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Kommentare (6)


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pika8x14 hat gesagt:
Gesendet am 20. September 2018 um 22:04
Hallo Richard,

herzliche Gratulation zum Moldoveanu im Rahmen der eintägigen "Monstertour" und damit auch zu einem Deiner letzten europäischen Landeshöhepunkte.

Das Wetter hätte sicherlich besser sein können - aber irgendwie scheint es, dass sich die Wolken über die gesamte Sommersaison 2018 ziemlich gern im Făgăraș aufgehalten haben…

Viele Grüße, Andrea + André.

Linard03 hat gesagt:
Gesendet am 21. September 2018 um 06:27
Hallo zusammen,

Danke für Eure Rückmeldung.
War wirklich schade, dass ich bei der Gratwanderung nur wenig von dieser schönen Landschaft sah. Dafür wurde ich ja auf dem Rückweg belohnt ;-)
Aber es schien in der Tat über die paar Tage so zu sein, dass es jeweils im Tal schönstes Wetter war; in den Bergen hingegen dichter Nebel herrschte (zumindest am Morgen) …

Gruss, Richard

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 24. September 2018 um 21:41
Hallo Richard,

Die Tour könntest du fast in die Community "Monstertouren" eintragen. Ich gratuliere dir auf jeden Fall zu einem deiner letzten Landeshöhepunkten Europas. Wie ich gesehen habe, hast du die das Ursus verdient :-)

LG, Andi

Linard03 hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. September 2018 um 19:44
Danke Andi,

ja, waren doch über 30km - für mich etwas gar viel …
Aber Du hast Recht, das Ursus hatte ich mir so oder so verdient ;-))

LG, Richard

Felix hat gesagt:
Gesendet am 10. Februar 2019 um 19:38
tolle Leistung - auf sehr interessanter Tour; Bravo!

Linard03 hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. Februar 2019 um 21:46
merci!


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