Auf die Fermeda & übermütige Türme, über 3 "kaiserliche" Halten & bockige Grate: Klettern am Battert


Publiziert von simba , 19. Oktober 2016 um 19:42.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum:16 Oktober 2016
Klettern Schwierigkeit: V- (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Via Baden-Baden oder Gaggenau nach Ebersteinburg in die Herrenäckerstraße. An deren Ende großer Parkplatz rechts.

"Jedes Klettergebiet ist einmalig, aber manche sind eben doch etwas einmaliger, und zu denen gehört der Battert." So formuliert der Panico-Kletterführer Nordschwarzwald - und recht hat er, schon allein der großen Namen wegen: Toni Kinshofer (der 2. Besteiger des Nanga Parbat) tat hier seine letzten Kletterzüge, Bernd Kullmann (1. in Jeans auf dem Everest und Chef von Deuter) hat die Entwicklung in den 1970er Jahren entscheidend geprägt, bevor er in Jeans (mit Thermoüberhose) auf dem Everest stand (kein Scherz). In Reinhard Karls "Zeit zum Atmen" kommt dem Gebiet eine hervorgehobene Stellung zu, der Autor holte sich vielleicht in den Rissen am Battert die Power, um mit den "Pumprissen" am Fleischbank-Pfeiler den ersten alpinen 7er nicht nur zu klettern, sondern auch zu proklamieren... und "Battert-Local" ist zuletzt mit Ralf Dujmovits der erste Deutsche, der auf allen 8000ern stand.

Wenn doch so viele berühmte Namen und Top-Kletterer ihre Schuhe hier schnürten, muss das am Gebiet liegen. Dieses bietet wahrscheinlich mehr leichte Routen (bis IV) als die meisten anderen Klettergebiete im Schwarzwald zusammen. Dafür ist der Absicherungsanspruch am Battert nicht zu verachten: 4er Risse sind teils komplett clean, und auch ansonsten muss teils zünftig und ohne Sicherungsmöglichkeit vom Haken weg und zum Haken hin geklettert werden, wobei das vulkanische Porphyr-Gestein mit vielen (abschüssigen) Leisten und guter Reibung aufwartet und vor allem jede Art unterschiedlicher Kletterstile eröffnet. Einige Schlingen, ein Satz Keile und einige Friends gehören in jedem Fall zur Ausrüstung hier.

Schnelles Seillängen abhaken wie im Klettergarten ist hier nicht, dafür ist der alpine Touch, ob der ausgesetzten Türme und der Anforderungen an die Absicherung gegeben; ein völlig anderer Kletter-Schwerpunkt und oft eine willkommene Abwechslung. Noch dazu kommt am Battert sogar der "Otto-Normal-Kletterer" zur Möglichkeit an eine Besteigung der Fermeda noch Routen an der Cima della Madonna oder dem Sass Maor am gleichen Tag anzuhängen - so heißen nämlich einige der einzelnen Türme ;)

Am (wohl letzten) sonnigen Herbst-Sonntag kletterten wir:

- "Drei-Halten-Überschreitung" (= Gamshalt, Kleine und Ellmauer Halt wie Original?) mit Direkt-Einstieg (V-, III, III-): Die V- Einstiegsvariante ist selbst abzusichern an einem Doppelriss, aber geht gefühlt recht einfach von der Hand. Danach in schöner Kletterei nach rechts um den ersten Turm herum (harter IIIer, 2 Bohrhaken) und durch einen Kamin auf den Gipfelkopf (Stand rechts). Von diesem einige Meter abklettern (nochmals Standmöglichkeit), über den ebenen Grat gehen und den Steilaufschwung der 2. Halt (zuvor BH) rechts umgehen, dann durch eine Rinne/Kamin zum Gipfel. Von dort zur 3. Halt und diese links umgehen, ein Spreizschritt bringt einen hinüber zu den letzten Klettermetern.

- "Turm des Übermuts": Diesen direkt am unteren Felsenweg liegenden Turm erreichten wir über die "Wand des Übermuts" (V- hart) und den "Riss des Übermuts" (IV). Erstere ist unten super gesichert mit 3 BH, dann nichts mehr und unvermindert ziemlich hart für den Grad (ein Fix-Friend rechts spricht Bände - vielleicht wäre es links über den Überhang leichter). Letzterer bietet sehr schöne Kletterei an mehreren aufeinanderfolgenden Rissen, die sich wunderbar komplett selbst absichern lassen.

- "Falkenwand" via Bockgrat (IV, IV+) Einer der Klassiker (erstbegangen 1905, barfuß und solo(!)), 2 SL zünftige IVer-Kletterei, aber dafür gerade im Steilaufschwung der 2. SL einige Bohrhaken. Dafür lange (vor dem 1. BH auch kaum absicherbare) Runouts in der 1. SL. Von der Ausgesetztheit her in den letzten Metern großes Kino.

- "Fermeda" via Wespenkante und Schokoladen-Wandl (V-, III+). Die Wespenkante beginnt mit einem seitlichen Einstieg übers Band und damit einer ordentlichen Mutprobe, dann 3 BH entlang der Kante und dann nichts mehr, obwohl es schwierigkeitsmäßig kaum nachlässt. Das Schokoladen-Wandl bietet komplett selbst abzusichernde für den Grat steile Kletterei, III+ stimmt nur auf der leichtesten Linie, die nicht offensichtlich ist. An der Fermeda kletterten wir ferner noch den Ostriss, eine erstaunlich steile und komplett selbst zu sichernde Risslinie (IV).

Topo:
Panico Nordschwarzwald

Tourengänger: simba


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Kommentare (2)


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Clariden hat gesagt: Erster Deutscher auf
Gesendet am 19. Oktober 2016 um 21:16
der Quomolangma (früher als Mount Everest bezeichnet) war Reinhard Karl. Bernd Kullmann hatte seine Jeans wohl selten ausgezogen und ist nach unterschiedlichen Quellen bis 7000m oder sogar bis 7900m in diesen aufgestiegen. Zumindest in der Gipfeletappe hat er aber eine "Thermoüberhose" drüber gezogen.

Gruss, finde den Battert auch sehr schön
Clariden


simba hat gesagt: RE:Erster Deutscher auf
Gesendet am 19. Oktober 2016 um 21:45
Danke für die Korrekturen. Wird moin angepasst ;)


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