Aréte du Diable-Mont Blanc du Tacul-Mont Maudit


Publiziert von garaventa , 24. August 2016 um 14:12.

Region: Welt » Frankreich » Massif du Mont Blanc » Chamonix
Tour Datum:14 August 2016
Hochtouren Schwierigkeit: S+
Klettern Schwierigkeit: V (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: F   I 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 800 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:siehe Bericht
Zufahrt zum Ankunftspunkt:siehe Bericht
Unterkunftmöglichkeiten:siehe Bericht

Besteigungsbericht: 13.08 - 14.08.2016

Überschreitung: Areté du Diable - Mont Blanc du Tacul - Mont Maudit

Route:
Chamonix - Courmayeur – Rifugio Torino – Col du Diable – Corne du Diable – Pointe Chaubert – Pointe Médiane – Pointe Carmen – Isoleé – Mont Blanc du Tacul – Mont Maudit – Aiguille du Midi - Chamonix
 
Dieses Tourenziel stand bereits seit langer Zeit auf meiner Wunschliste ganz oben.
Doch bisher gab es in den vergangenen Jahren immer wieder triftige Gründe, warum wir dann schlussendlich doch andere Ziele vorzogen.

Doch nun scheint endlich der lang gehegte Wunsch der Teufelsgrat-Überschreitung wahr werden zu können. Als Option gibt es da auch noch den Mont Maudit, dessen Besteigung in diese Tour eingebaut werden könnte, falls Kräfte und Zeitbedarf dies erlauben sollten.

Die Verhältnisse in der Region sind momentan optimal; d. h. trockener und beinahe aperer Fels, kein Blankeis auf dem obersten Abschnitt des Zustiegscouloirs und eine stabile Wetterlage, welche für diese Tour besonders wichtig ist, da die Rückzugsmöglichkeiten ziemlich problematisch wären.

Um den langen Wartezeiten an der Seilbahn zur Aiguille du Midi zu entgehen, entschliessen wir uns für die Fahrt mit dem öffentlichen Bus von Chamonix nach Courmayeur durch den Mont Blanc Tunnel. Zwar müssen wir auch so wegen Stau vor dem Tunnel mit 90 Minuten Fahrtzeit rechnen, doch schlussendlich erweist sich diese Lösung immer noch als schneller und günstiger (auch finanziell) als die Seilbahnauffahrt von der französischen Seite mit anschliessender Seilbahnquerung zum Pointe Helronner hinüber nach Italien.

An der neuen Pendelbahn (Skyway-Monte Bianco) hinauf zur Punta Helbronner gibt es keine Wartezeiten und so kommen wir problembos und schnell hinauf zur Bergstation an der Punta Helbronner bzw. zur Rifugio Torino, welche nun über einen Lift und einen ebenen Zugansstollen sehr komfortabel erreicht werden kann. Überhaupt ist die neue Selbahnanlage nebst aller zugehörigen Gebäude und Besucherterrassen ein technisches Highlight und von beeindruckender Eleganz und Form in die alpine Landschaft integriert worden.

Der Abend auf der Hütte gestaltet sich infolge interessanter Gesprächspartner sehr kurzweilig. Aber frühes Schlafengehen ist angezeigt in Anbetracht einer Weckzeit von 1:45 Uhr.
Da für  Teufelsgrat-Aspiranten bereits um 2 Uhr das Frühstück  bereit steht, gehen wir nach dem guten und reichhaltigen Nachtessen alsbald auf unser Zimmer und legen uns früh zur Ruhe.

Nach dem Wecken geht es bei uns dann (wie immer) sehr schnell und schnörkellos zur Sache:
Anziehen-Zimmer räumen-Frühstück-Toilette-Materialaufnahme-Abmarsch
Um 2:30 verlassen wir die Turiner Hütte und öffnen das gesicherte Stahltor, welches die Hüttenterrasse gegen den Gletscher abschließt. Ein wolkenloser und mit Sternen gespickter Nachthimmel begleitet uns während der Gletschertraversierung des Glacier du Geant auf stabiler Trittschneedecke in Richtung Circuite du Maudit. Wir können bis zum Beginn der Zustiegsrinne zum Col du Diable auf Steigeisen verzichten, was das Marschieren erleichtert.

Der Zustieg zum genannten Col zeigt sich dann steil und im unteren Teil ausgesprochen schuttig bis sandig. Erst weiter oben betreten wir dann durchweg firniges und trittfestes Gelände und zum Ende hin liegt die Hangneigung sicherlich im Bereich von ca. 50°.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass es unser Bestreben ist, die erste Seilschaft beim Einstieg zur Corne du Diable zu sein, um Wartezeiten und Steinschlag aus dem Wege zu gehen. Da zwei weitere Seilschaften, die im Zelt auf dem Gletscher nahe des Zustiegscouloirs übernachtet haben in unserer unmittelbaren Nachbarschaft aufwärts klettern, ist unsererseits im Steilhang eine Tempoverschärfung angezeigt, um definitiv als erste Seilschaft im Col du Diable einzutreffen.
Dies gelingt uns dann auch mit entsprechendem Einsatz, sodass von nun an keiner mehr an uns vorbeiziehen kann.

Von dort geht es ohne Steigeisen an die erste von insgesamt 5 Felsnadeln auf die ich mich einerseits freue, jedoch auch gehörigen Respekt vor dem habe was nun auf mich warten wird.
Durch die anhaltende Dunkelheit zu dieser Stunde habe ich ich Ersteigung der beiden ersten Felsnadeln (Corne du Diable & Pointe Chaubert) nur indirekt als exponiert wahrgenommen. Erst bei Einsetzen der Morgendämmerung kann ich während der Besteigung der Pointe Médiane sehen, wie heftig exponiert und meist ausgesetzt diese Türme hoch über dem Gletscherbecken des Circuite du Maudit trohnen.

Die klettertechnischen Schwierigkeiten sind für meine Fähigkeiten schon erheblich und sollen laut Führerlektüre anhaltend  im 4.ten und stellenweise im Bereich des 5. Grades liegen. Jedoch gibt es fast überall gute Griffe oder Risse, um mit den Armen effektiv mitarbeiten zu können. Der feste und häufig schuppige Granit ist eine Wonne beim Klettern und durch das Verklemmen der Bergschuhe in Rissen und schmalen Spalten ist es mir immer möglich, irgendwie aufwärts zu kommen.

Herausragend sei hier die grosse Verschneidung an der Pointe Médiane zu nennen, wo es tatsächlich fast 30m senkrecht hinauf zu klettern gilt und dies von unten als unlösbar erscheint. Aber es geht dann doch mit athletischem Einsatz recht gut, auch wenn die Blicke nach unten schon adrenalinfördernd sind.

Auch die letzten Meter hinauf auf die Nadelstitze der Pointe Carmen, entlang eines scharfen Grates habe ich als sehr imposant abgespeichert, nicht wirklich schwer aber eben mit extrem viel Luft unter dem Körper.
Ebenfalls ein Nervenkitzel sind die teils happigen Abseilmanöver, bei denen man teilweise auch mal frei in der Luft baumen kann oder beim Abstoßen mit den Beinen am Fels immer mal wieder den Kontakt zum Berg verliert und schauen muss, um auf der richtigen Linie hinunter in die nächste Scharte zu bleiben. Sollte man diese verpassen, landet man irgendwo im „OFF“ und muss schauen wie man zurück auf den rechten Weg findet.

Schlusspunkt der Aiguilles du Diable bildet die Besteigung der Isolée als höchsten Punkt, welche tatsächlich etwas abseits der ersten Türme steht und nochmals harte Anforderungen an mich stellt.
Hier gibt es eine Stelle, wo man aus der Wand kommend, um eine Gratkante herum nach links gequert werden muss ohne zu sehen wie es dahinter weitergeht.

Nach der Isolée machen wir dann eine erste kurze Pause um Kleidung und Material zu verstauen und gehen anschliessend den Schlussanstieg zum Tacul an, welcher von dort aber schon noch Zeit und Einsatz fordert, ohne jedoch technisch vergleichbar schwierig mit dem bereits Erlebten zu sein.

Die Ankunft auf dem Tacul selbst ist dann ein Hochgenuss wenn es gilt vom letzten Felssporn auf den kurzen und ausgesetzten Schneegrat zu steigen, der direkt zum höchsten Punkt hinüber führt.
Da wir uns durch den frühen Aufbruch an der Hütte einerseits, und durch das pausenfreie Vorankommen andererseits ein gutes Zeitpolster geschaffen haben, gibt es nun keinen Grund, den scheinbar so dicht bei uns stehenden Mont Maudit auszulassen, zumal wir uns noch fit genug fühlen für die Fortsetzung der Tour.
Jedoch verliert man beim Abstieg in den Col Maudit schon ca. 300Hm und am Maudit selbst geht es dann alsbald wieder steil aufwärts zur Sache.

Wir entscheiden uns für die steile, aber wegmässig kürzeste Variante, indem wir die vergletscherte NO-Flanke direkt steil über den Bergschrund angehen und zum obersten Teil der „Kuffnergrates“ traversieren. Von dort gelangt man mehr oder weniger direkt zum obersten Gipfelfelsen, ohne den Col du Mont Maudit betreten zu müssen, denn dort herrscht meist viel Trubel am letzten Steilaufschwung durch andere Seilschaften.
 
Am Mont Maudit angekommen hat man einen herrlichen Blick in sämtliche Richtungen und insbesondere auf den Teufelsgrat und den kompletten Routenverlauf dieser unserer bisherigen Tour.
Auch unser Tagesziel, die Bergstation der Aiguille du Midi, scheint von dort oben nicht allzu fern, aber wer die Umgebungund das Gelände kennt der weiß natürlich, dass dies täuscht.

Zunächst gilt es auf gleichem Wege wieder sicher durch den Abbruch der Maudit NO-Flanke hinunterzukommen um dann anschliessend in der Vormittagshitze den Gegenanstieg zur Schulter des Tacul zu bewältigen, von dem wir ja erst 2 Stunden zuvor hergekommen waren.

Wegen den nun hohen Temperaturen bietet es sich an, die Windstopperjacken im Rucksack zu verstauen und den Abstieg durch die Gletscherrampe des MB du Tacul in Richtung Col du Midi anzupacken.
Die Querung des zunächst ganz flachen Gletscherbeckens unterhalb der Aiguille du Midi ist inzwischen schön aufgeweicht und das Laufen im weichen, sulzigen Schnee auch mit Steigeisen keine Freude mehr.

Dann aber, sozusagen als finale Abschlussprüfung des Tages, kommt dann noch der ca. 350Hm betragende Schlussanstieg hinauf zum Eingang des Gebäudekomplexes an der Aiguille du Midi hinzu, welchen wir um 13 Uhr nach ca. 11 Stunden dann endlich nassgeschwitzt und sehr erleichtert betreten.
Dort oben tobt der übliche Touristenrummel auf Hochtouren und so sind wir froh mit der nächsten Kabine sofort die Talfahrt nach Chamonix antreten zu können.
 
Mein Fazit:

Diese Tour reiht sich mit ihren Eindrücken nahtlos ein an meine Erinnerung an die Grandes Jorasses-Überschreitung sowie auch die Mont Blanc-Überschreitung via Peutereygrat.
Wer den 4. Grat ordentlich zu klettern vermag und über sehr gutes Gespühr für die richtige Route verfügt, wird hier ein unvergessliches, hochalpines Abenteuer erleben, das man nie mehr vergessen wird.
 
Danke Gabriel!!

Tourengänger: garaventa


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Kommentare (5)


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Ole hat gesagt:
Gesendet am 24. August 2016 um 16:02
Glückwunsch zu dieser erneuten Traumtour. Tolle Leistung und spannender Bericht.
LG
Ole

silberhorn hat gesagt:
Gesendet am 24. August 2016 um 18:23
Eindrücklicher Bericht, paar schöne Fotos auch wenn die Sonne hie und da einen Streich auf Lager hatte, Grossartige Leistung, BRAVO!

dominik hat gesagt:
Gesendet am 25. August 2016 um 09:12
Würde mir aus gefallen, aber ohne Bergführer definitiv keine Option für mich!

danueggel hat gesagt: Nice!
Gesendet am 25. August 2016 um 14:48
Tolle Tour; leider sind Berichte in dieser Art (anspruchsvollere Hochtouren) auf HIKR viel zu selten vertreten, so dass man die Perlen jeweils suchen darf. Umso grösser die Freude, wenn wieder eine solche "geborgen" ist :)

emely hat gesagt:
Gesendet am 25. August 2016 um 17:54
Wieder eine Traumtour gelungen! Chapeau! Freue mich immer wieder, deine Berichte zu lesen!


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