Kurzbericht 

Zum Nachtisch: Zlatá dost (Gold genug)


Publiziert von lainari , 6. April 2016 um 21:56.

Region: Welt » Tschechien » Lužické hory
Tour Datum: 3 April 2016
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 120 m
Abstieg: 120 m
Strecke:5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Hraniční rybník oder Zug der ČD bis Nová Huť v Lužických horách
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 14 Lužické hory

Was die Walen malen…
 
oder ritzen, wenn sie in den Büschen sitzen…
Eine Häufung von Flurnamen die Gold- oder Silber beinhalten, an Orten wo diese Stoffe weder optisch noch tatsächlich vorkommen/-kamen, lassen mitunter auf die frühere Anwesenheit von Walen schließen. Sie suchten entgegen landläufiger Meinung nicht nach Gold sondern nach Zuschlagstoffen für die in Venetien heimische Glasherstellung, wie Braunstein (Mangan) oder Kobalt. Selbst der sächsische Berggelehrte Georgius Agricola (Georg Pawer/Bauer) hält die Walen im 1556 veröffentlichen Werk „De re metallica libris XII“ für Goldsucher. Erst 1574 stellt der Oberste Bergmeister des Königreiches Böhmen Lazarus Ercker von Schreckenstein in seinem Buch „Beschreibung Allerfürnemisten Mineralischen Erzt unnd Bergkwercksarten“ richtig, dass es sich bei ihnen um Mineraliensammler handelt. Im Volksglauben blieben es aber weiterhin Gold- und Edelsteinsucher und ihre Such- bzw. Fundstellen mit ihren geheimnisvollen Zeichen bekamen entsprechende Flurnamen.
 
Auf der Rückfahrt von der heutigen Tour mache ich einen Abstecher in die Nähe von Nová Huť (Neuhütte) zum Hraniční rybník (Waldsteinteich). Die Übersetzung des heutigen tschechischen Namens lautet eigentlich Grenzteich. Unterhalb des Teiches soll einst ein Eisenhammer gestanden haben, von bekannten Spuren habe ich noch nichts gelesen, man müsste mal schauen. Heute jedoch möchte ich drei interessante Orte aufsuchen/-finden:
- Zlatá dost (Gold genug) früher auch Stříbrné doly (Silbergruben) genannt,
- Valdštejnská skála (Waldstein) und
- Bukové skály (Buchenfelsen), die alle in unmittelbarer Nähe liegen.
 
Das Auffinden des ersten Flurstückes ist relativ einfach zu bewerkstelligen, es liegt etwa 500 m südlich vom Teich. Nach Überquerung des Dammes wechsele ich über einen aufgelassenen Wegübergang auf die andere Seite der Bahnlinie. Dann arbeite ich mich an der Kante voran, die im Verlauf einige Sandsteinfelsen aufweist. Nach Süden ist das Gebiet später von einer Hochmoorfläche begrenzt. Ich biege in ein Seitentälchen ein und finde Markierungen, Symbole und Inschriften unterschiedlichen Alters an den Felsen. Zwei Inschriften davon lauten „Gold genug“, was den heutigen tschechischen Flurnamen Zlatá dost ergibt. An der vorderen Ecke des Tales ist ein vermutlicher flacher Schürfgraben zu sehen. Im Zusammenhang mit dem einstigen Eisenhammer, fehlenden Stollen und Schächten, der Moorlandschaft und eisenhaltigen Quellen kann eine oberflächliche Gewinnung von Raseneisenstein angenommen werden. Da dieser Mangan-Anteile enthält, könnte er auch für die Walen von Interesse gewesen sein. Den Rückweg wähle ich über die nahe Schneise einer Stromleitung, hier komme ich bequemer voran.
 
Das zweite Flurstück ist schon etwas schwieriger zu lokalisieren. Die Karte zeigt den Valdštejn(ská skála) (Waldstein), der dem Teich früher den deutschen Flurnamen gab, am nördlichen Ufer des Gewässers. Aufgrund der teilweise rätselhaften Einritzungen am Felsen wurde er im Zeitalter der Naturromantik am Anfang des 19. Jh. auch Wahlen-Stein genannt. Wegen des fehlenden Nachweises umging man dies 1946 bei der Umbenennung des Teiches in Hraniční rybník. Bei der Findung des tschechischen Flurnamens für den Felsen hatte man ein weniger glückliches Händchen. Hier hätte es eigentlich Lesní skála/kámen heißen müssen, aber man griff auf die Übersetzung des Adelsgeschlechtes Waldstein zurück, die so nur namensspezifisch gemacht werden sollte. Ufernah ist auch nördlich des Teiches kein entsprechender Stein zu finden. In Richtung des östlichen Bachzuflusses, etwa 300 m vom Teichufer entfernt, mache ich von der Vegetation schon etwas verdeckt den Waldstein aus. Er trägt vielfältige Markierungen, Symbole und Inschriften. Die offensichtlich älteste Jahreszahl datiert auf 1534. Etwas entfernt am Bach liegt ein kleiner runder Felsen, dessen Markierungen auf einer Grenzurkunde von 1555 genannt sein sollen.
 
Das dritte Flurstück Bukové skály (Buchenfelsen) konnte ich auf der heutigen Nachschau nur eingrenzen. Hier soll ein etwa 4 m hoher Wasserfall in einem kleinen Felsenrund zu sehen sein, welches auch Inschriften trägt. Da ich nun schon am Bach stehe, bin ich zunächst optimistisch, durch Einfaches dem-Ufer-folgen ans Ziel zu kommen. In einer flachen Mulde wird es durch Mäander schon unübersichtlich, was Richtung und Verlauf betrifft. Dennoch komme ich zum Durchlass an der unteren Bahnstrecke (Děčín-Rumburk). Nach oben hin wird das Suchgebiet von der oberen Bahnstrecke (Bakov nad Jizerou-Jedlová) begrenzt. Der Abstand beider Strecken liegt zwischen 500 m an der Ostachse und 150 m an der Nordachse, was einen schönen Viertelkreis ergibt, von dem ja „nur“ ein Streifen zu beackern ist. Der Bewuchs und der bisweilen in Quellsümpfen feuchte Untergrund macht die Uferverfolgung mühsam. Plötzlich ist der Bach im Untergrund verschwunden. Etwa 30 m oberhalb finde ich ihn wieder. Mit Unterquerung der oberen Bahnstrecke und Erreichen des Haltepunktes Nová Huť v Lužických horách (Neuhütte) zeichnet sich ein Fehlschlag ab. Etwa parallel zur Bahn gibt es einen Waldweg. Bis an die Nordlinie mache ich hier 6-7 Bächlein aus, die talwärts führen. Über die Schneise einer Stromleitung gehe ich zur Bahnstrecke und entlang eines Baches weiter talwärts. Die Hänge der Einkerbung sind recht steil und teilweise mit dichter Vegetation bewachsen, so dass ich einen Quellhang mit Grasinseln und eisenhaltigem Schlamm queren muss. Eine der Inseln verabschiedet sich beim Betreten talwärts. Es besteht keine Absturzgefahr, aber ich sehe einer deftigen Schlammpackung entgegen. Durch eine artistische Einlage sind glücklicherweise nur die Schuhe, ein Bein und eine Hand betroffen. Mittlerweile habe ich auch schon ungeplant viel Zeit für den letzten Punkt aufgewandt. Ich bedauere, nicht nur in diesem Moment, das Fehlen eines Korrektives, einer Mahnerin, die ins Gewissen redet oder auch überredet, einen an sich schönen Tourentag vielleicht gemütlich in einem Café ausklingen zu lassen, anstatt solche Extratouren einzulegen. Ich schlage mich zur unteren Bahnstrecke durch und folge ihr auf dem Rand eines Einschnittes und zähle dabei drei austretende Gewässer. Ab einem Bahnübergang laufe ich an der Straße zum Hraniční rybník zurück. Somit ist das Suchgebiet erst einmal aufwändig eingegrenzt. Fortsetzung folgt - irgendwann…

Update 04.06.2016: Mit einem Kollegen sollte eine recht spezielle Unternehmung stattfinden. Aufgrund der durch die ständigen Gewitter der Vortage hohen Feuchtigkeit im Gelände mussten wir umdisponieren. Als Ersatz kam spontan eine nachmittägliche Suche nach dem „fehlenden“ Wasserfall zur Ausführung. Dazu begaben wir uns nach Nová Huť (Neuhütte). Hatte das Wetter bisher durchgehalten, begann es beim Eintreffen leicht zu tröpfeln, aber es war immerhin fast tropisch warm dazu. Wir gingen auf dem Flurweg parallel zur Bahnlinie entlang und wechselten an einem einstigen Bahnwärterhaus über einen Überweg auf die talwärtige Seite. Kurz vor einem Grundstück wichen wir im Gelände nach links aus und kamen zu einer Abbruchkante mit einigen kleineren Sandsteinfelsen. Einer davon war praktischerweise mit Bukové skály (Buchenfelsen) beschriftet. Das nächste Tälchen endete nun mit dem gesuchten Wasserfall. Die Bewegung im Gelände war durch Bewuchs, feuchtem Untergrund und Feuchtigkeit von oben etwas beschwerlich. Von den gesuchten Felsinschriften konnten wir (möglicherweise durch den sommerlichen Bewuchs) in diesem Bereich nur wenige Auffinden. Der Rückweg erfolgte entlang dem Bächlein bergwärts, im Durchlass unter der Bahnlinie hindurch und über den bekannten Flurweg. Die Rückfahrt wurde mit einer Umrundung des Hraniční rybník (Waldsteinteich), einer Tunnelbegehung bei Na Potokách (Bachhäuser) und einem Wirtshausbesuch in Vysoká Lípa (Hohenleipa) aufgelockert. Hier konnte ich, da heute nur Beifahrer, meinen Elektrolythaushalt idealerweise mit zwei Krügen wohlschmeckendem Kozel-Bier ausgleichen. Diese Ersatztour hat uns viel Spaß bereitet.
 
Für die Rückfahrt und den Klinikbesuch versuche ich mein Outfit zumindest mit einem Schuhwechsel etwas aufzuwerten. Aber ich sage ja immer, wer wie aus dem Ei gepellt oder dem Outdoor-Katalog entstiegen von seiner Tour zurückkommt, war nicht wirklich unterwegs. In der Klinik blicke ich in einige fragende Gesichter, muss jedoch keine Frage mit: „Ich hatte heute eine Mooranwendung“ beantworten.
 
Die Nachschau dauerte 3 h, die Route ist unmarkiert und meist weglos (T2), es gibt teilweise massive Behinderungen durch Vegetation und Untergrund (Moor, Quellsümpfe).
Die Webseite www.luzicke-hory.cz ist eine wahre Fundgrube für Informationen und ist aufwändig mehrsprachig gestaltet.

Tourengänger: lainari


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