Da ich doch auch recht oft im hinteren Diemtigtal unterwegs bin, hat mich das Lawinenunglück am Drümännler etwas betroffen gemacht. Obwohl die Anzahl der Opfer noch immer nicht klar ist, und in der Presse auch viele Falschinformationen zu lesen sind, wird es wohl als bisher schwerstes Lawinenunglück dieses Jahrtausends in der Schweiz in die Geschichte eingehen.
Während verschiedenerorts auch teilweise reichlich unqualifizierte Kritik geäussert wird, scheinen alle verantwortlichen Stellen zu betonen, dass hier ganz aussergewöhnlich unglückliche Umstände zu diesem Unfall geführt haben. Meine Gedanken gehören vermutlich auch eher zu den unqualifizierten, dennoch wäre ich an Kommentare interessiert, in der Hoffnung, mir und vor allem anderen solche Situationen nach Möglichkeit ersparen zu können:
1) Das Lawinenbulletin für die Region war wohl tückisch. Noch am Vorabend war die Lawinengefahr mit Erheblich für alle Expositionen bis auf 1800m deklariert worden, am Morgen wurde sie dann auf Mässig heruntergestuft. Der Grund ist mir nicht ganz klar (hatte es in der Nacht weniger Schnee gegeben als erwartet?). Am Abend wurde sie für den nächsten Tag schon wieder hochgestuft. Auf jeden Fall wäre diese zeitweilige Herabstufung auch für mich die entscheidende Ermutigung gewesen, einen Hang bis 35 Grad ohne grössere Vorsichtsmassnahmen zu begehen. Interessieren würde mich daher die Begründung der Herabstufung, und ob diese im Nachhinein immer noch als korrekt angesehen wird. Oder müsste ich als Skifahrer in solchen Situationen tendenziell davon ausgehen, dass die Lawinengefahr eher am oberen Ende von "Mässig" liegt, und entsprechend zusätzliche Vorsicht walten lassen?
2) Seit längerem wird die Gefahr von Nachlawinen von der Lawinenforschung als vernachlässigbar angesehen. (Dies war noch nicht immer so.) Ich bin sicher, dass diese Lehrmeinung mit entsprechenden Statistiken untermauert ist. Dieses Unglück ändert zwar nichts an der objektiven Unwahrscheinlichkeit solcher Situationen. Es zeigt aber: wenn es doch einmal passiert, sind die Konsequenzen, die sich aus dem auf dieser Annahme basierenden Verhalten der Nicht-Verschütteten ergeben, potentiell verheerend. Eine manchmal grosse Zahl von Menschen bewegt sich unterhalb von steilem Gelände auf kleinstem Raum mit ausgeschalteten LVS-Geräten. Im Fall einer Nachlawine werden diese verschüttet und sind nur mit grosser Mühe zu lokalisieren. Zwar ist es auch wichtig, aufgrund solcher Ereignisse nicht überzureagieren, aber die Statistik zum Thema "Todesopfer durch Nachlawinen" wird sich wohl nun doch etwas verändert haben, und es wäre interessant zu wissen, ob sich dadurch auch an der Lehrmeinung zum Verhalten nach einem Lawinenniedergang möglicherweise etwas ändern wird.
Für Kommentare wäre ich wiegesagt dankbar.
Gruss,
marvel
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