Prolog
Als Vorwarnung - das wird jetzt ein etwas längerer Bericht ... ;-) Wen also der allgemeine Kram nicht interessiert, einfach bis ca. in die Mitte hinunter scrollen, bis zum eigentlichen Fuji-Bericht ...
Zuallererst: dafür, dass ich diese Reise überhaupt realisieren durfte, gebührt meiner Familie ein riiiieeeesiges Dankeschön!!!!
Zunächst war nämlich die berechtigte Hoffnung, dass sich eine Fuji-Besteigung mit einer Geschäftsreise verbinden lässt. Dies war dann zuletzt trotzdem nicht möglich. Markus, mein Geschäftskollege, hatte die Reise nach Japan hingegen schon länger geplant, zusammen mit seiner Schwägerin, die auch noch eine Kollegin in Tokyo besuchen wollte. Kurzfristig schloss ich mich dann ihnen an und so kam es, dass wir zu dritt nach Japan reisten.
Japan wie auch andere asiatische Länder üben auf uns Europäer eine grosse Faszination aus. Vieles funktioniert anders als bei uns, wir müssen Umdenken und unsere Gewohnheiten in den Hintergrund stellen.
2 praktische Beispiele:
- Bus fahren:
man steigt hinten ein und vorne aus. Das hat System, denn man bezahlt erst beim Aussteigen! In den Stadtbussen von Kyoto (vermutlich auch in anderen Städten) bezahlt man pro Strecke einen Pauschalbetrag von JPY 220.-- (ca. CHF 2.--); egal ob man 2 oder 20 Stationen fährt
- Zug fahren:
die S-Bahnen sind wohl wie überall; meist überfüllt und nicht das Modernste. Hingegen die Shinkansen, diese Superschnellzüge, sind einfach genial und wohl zu Recht etwas wie der Nationalstolz der Japaner: generalstabsmässig organisiert, reinraummässig sauber. Kein Fötzelchen liegt umher. Am Abgangsbahnhof Tokyo stehen bei Ankunft eines Shinkansen an jeder Eingangstür eine Raumpflegerin (so heisst das wohl heutzutage ...). Die putzen dann einige Minuten, bevor die Passagiere einstiegen dürfen.
Es ist genau gekennzeichnet, welcher Wagen wo hält - und dies wird zentimetergenau eingehalten. Die ein- und Ausfahrt der Züge klappt sekundengenau. In Kyoto konnte ich beobachten, wie zur Rushhour alle paar Minuten ein irre langer Shinkansen ein- oder ausfährt.
Im Zug ist dann Handy-Verbot (!!) - und alle können sich daran halten - wohltuender Unterschied zu unseren Zügen ... (die Bitte, das Handy nicht zu benutzen bzw. auf lautlos zu stellen gilt übrigens auch in den S-Bahnen).
Die Lokomotiv-Führer tragen stolz ihre Uniform und gleichen Flug-Kapitänen. Der Kondukteur verneigt sich jedes Mal sowohl beim Betreten als auch beim Verlassen jedes Wagons vor den Passagieren!
Sprache: In Tokyo kann man sich meist gut in Englisch verständigen, jedoch selbst da nicht überall! Sobald man weg ist vom Mainstream, ist auch Englisch nicht mehr überall vorhanden. Ausserhalb der Städte ist es dann in der Regel sowieso vorbei, dann muss man sich halt mit Gesten behelfen (sofern man nicht japanisch spricht ...).
Tag 1, 16.9.13
Ein ordentlicher Taifun empfing uns in Japan, welcher uns bereits etwa 2 Std. vor der Landung durchschüttelte … In Tokyo stürmte und regnete es gewaltig, sodass keine Züge fuhren. Ein Bus brachte uns in ca. 1 Std. vom Flughafen zum Shinjuku Bahnhof. Von hier aus war’s dann nochmals ein Fussmarsch von 20 Min. bis zum Hotel. Es war inzwischen 4 Uhr morgens nach CH-Zeit, d.h. wir hatten unbewusst die Nacht durchgemacht …
Trotzdem machten wir uns sogleich auf die Piste, schliesslich galt es die Umgebung auszukundschaften. Auch deckten wir uns mit Getränken und Proviant ein für den morgigen Tag. Wir fanden ein sehr gemütliches Lokal zum Nachtessen, natürlich musste auch eines (oder 2) der lokalen Biere degustiert werden …
Noch immer windete es ziemlich heftig und es fiel auch nach wie vor Regen. Morgen soll es schön sein? Kaum vorstellbar … Todmüde fielen wir abends in Bett.
Tag 2, 17.9.13
Fuji-san, 3776m
Allgemeines
Eine Eigenart des Berges ist die Tatsache, dass er offiziell nur während eines bestimmten Zeitraumes „geöffnet“ ist; nämlich in den Monaten Juli / August (während dieser Zeit sollen 200‘000 Leute unterwegs sein !!). In den übrigen Monaten wird eindringlich von einer Besteigung abgeraten, da starke Winde, Schneefall oder andere Widrigkeiten immer wieder zu Unfällen führen. Offiziell ist jetzt der Berg vom 1.9.13 – 30.6.14 wieder „gesperrt“. Ganz so dramatisch ist es jedoch nicht …
Es gibt 4 Hauptrouten, welche zum Gipfel führen. Die Ausgangshöhen bewegen sich zwischen 1440m und 2400m. Die 5. Stationen von Kawaguchiko und Subashiri sind am besten per ÖV erreichbar. Allerdings sollte beachtet werden, dass die Frequenzen ausserhalb der Hauptsaison deutlich tiefer sind.
Aufstiegs-Zeiten: für den Yoshida-trail werden 6 Std. für den Aufstieg veranschlagt. Allerdings sind die Zeitangaben ziemlich grosszügig gerechnet. Wir waren zumindest im unteren Drittel eher etwas schnell unterwegs (ist natürlich wie immer relativ), aber mehr als 4.5 Std. sind wohl nicht einzukalkulieren.
Zahlreiche Hütten (insgesamt ca. 50!) säumen die verschiedenen Routen; die Meisten sind jedoch ausserhalb der Hauptsaison geschlossen. Weitergehende Informationen rund um den Berg findet man z.B. hier oder hier (Bus-Anfahrten, Routen, Hütten, etc.).
Besteigungsbericht
Den Bus hatten wir bereits von zu Hause aus reserviert, die Tickets selbst mussten wir jedoch vor Ort kaufen. Dies machten wir in weiser Voraussicht am Vorabend, denn das Reisebüro ist etwas versteckt in einer Seitenstrasse, welche parallel zum Shinjuku Bahnhof verläuft (1. Etage, im Parterre können nur Tagestickets gekauft werden).
Und tatsächlich, die Prognose passte: es war ein strahlend schöner Morgen, wolkenlos! Um 7.40 Uhr war Abfahrt mit dem Bus, welcher sich trotz bester Strassen peinlich genau an die Geschwindigkeit von 80 kmh hielt (was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten: es sollte die beste und v.a. direkteste Verbindung des Tages sein …).
Um 10.05 Uhr war Ankunft bei der Kawaguchiko 5th Station (Fujisan Gogoume Bus Stop, 2305m). 15 Min. später starteten wir unsere Wanderung zunächst auf der Subaru line, dessen Weg für wenige Minuten bergabwärts führt, bis man auf den Yoshida Trail einbiegt. Die letzten Sonnenaufgang-Wanderer torkelten uns entgegen, völlig entkräftet. Wir gingen zügig voran; treffen kaum Leute an. Im Aufstieg begegneten uns (bzw. überholten wir) höchstens 15 Leute. Unser Plan ging also auf, denn wir wollten antizyklisch aufsteigen.
Der Weg ist meist sehr breit und kann wohl auch bei schlechter Sicht nicht verfehlt werden. Nur bei 2, 3 Stellen ist es etwas steiler und ev. muss mal eine Hand zur Hilfe genommen werden. Diese Passagen sind dann sogar (etwas übertrieben) mit Ketten abgesichert. Ansonsten war es ein genussvolles Aufsteigen in gleichmässiger Steilheit bei schönstem Wanderwetter. Ich hatte keinerlei Probleme mit der Höhe, obwohl wir eigentlich erst vor 24 Std. aus dem Flugzeug gestiegen waren ...
Schliesslich erreichten wir den Kraterrand, welche für viele bereits das Ziel ist. Der höchste Punkt befindet sich jedoch bei der Wetterstation, welche sich mehr oder weniger genau gegenüber auf der anderen Kraterseite befindet. Deshalb muss man den Kraterrand zur Hälfte umrunden, um dahin zu gelangen. Die letzten ca. 40-50 Hm sind nochmals ziemlich steil, hier musste ich dann doch etwas schnaufen ... ;-)
Um 14 Uhr erreichten wir den höchsten Punkt Japans, den Fuji-san, 3776m; ein schönes Gefühl! Und was uns kaum einer glauben wird: den Gipfel hatten wir während den 20 Min., wo wir oben waren, völlig für uns alleine - und das auf dem Fuji, wo sich sonst Hunderte tummeln!!
Es war leicht dunstig, trotzdem konnten wir das ca. 100km entfernte Tokyo sehen - auch sonst war die Aussicht genial. Nachdem wir uns satt gesehen hatten, zeigte die Uhr bereits 14.20 Uhr an. Wir durften nicht trödeln, denn irgendwann würde der letzte Bus fahren (zu dämlich auch, dass wir vergessen hatten nachzusehen, wann genau dies sein würde ...).
Zügig stiegen wir ab und trafen auf einen Amerikaner, einen der wenigen nicht-Einheimischen am heutigen Tag. Er konnte uns sagen, dass ab der Station, wo wir aufgestiegen sind, der letzte Bus um 15 Uhr fahren würde, also jetzt ... Aber ab der 5. Station des Subashiri Trail würde noch einer um 17.40 Uhr fahren; den wolle er auch nehmen. Wir bedankten uns bei ihm für die wertvolle Information. Gleichzeitig fragten wir uns, wie der Amerikaner noch aufsteigen und auch noch den Abstieg in der kurzen Zeit bewältigen wollte ...
Der Subashiri Trail wird weniger frequentiert, hat weniger Hütten auf der Route und ist sehr steil und direkt. Trotz teilweise gelenkschonender Geröll-Rutschpartie fingen meine Knie wieder mal an zu schmerzen. Ich musste deshalb meine Kumpanen ziehen lassen; immer wieder mal Pausen einlegen, um die Knie zu entlasten. Die 1800m Abstieg bewältigte ich gleichwohl in ziemlich schnellen (wie ich meine) 2 ¼ Std.
(Normalerweise nehme ich mir deutlich mehr Zeit für 1800m Abstieg und lege auch mehrere Pausen ein. Hier war einfach die Unbekannte im Spiel, wie weit wir genau abzusteigen haben und wie lange dies dauern würde ...)
Die Freude war gross, als mich meine Begleiter mit Bier und warmer Suppe an der Subashiri 5th Station (2000m) erwarteten! Die Nachprüfung hat dann ergeben, dass der letzte Bus bereits um 17.10 Uhr fahren würde. Für uns passte das gut, so konnten wir gemütlich unser Bier trinken sowie die Suppe geniessen, welche eine rührende Oma zubereitete. Als sie erfuhr, dass wir den Fuji bestiegen hatten, war ihre Freude so gross, dass sie uns gleich noch Nachschlag gab …
(den Amerikaner sahen wir allerdings nicht mehr; wir hoffen, dass er anderweitig nach Hause kam ...)
Die Rückfahrt glich einer Odyssee: 17.10 Uhr per Bus nach Gambeta, umsteigen in die S-Bahn nach Kozu, wieder umsteigen nach Shinagawa und abermals umsteigen in die letzte S-Bahn, welche uns schliesslich nach Shinjuku zurückbrachte. Noch 20 Min. Fussmarsch und wir erreichten endlich um 21 Uhr unser Hotel. Selbstredend, dass das Bier und das späte Nachtessen doppelt gut schmeckte …
Fazit:
Ein weiterer Traum ging in Erfüllung! Der Fuji war immer einer meiner Wunschträume. Dass ich mir diesen jetzt erfüllen durfte, hätte ich noch vor einem Jahr nie gedacht!
Welcher Auf- bzw. Abstieg man auch immer wählt, die Tour auf den Fuji ist auf jeden Fall lohnend!
Bemerkungen:
Einen Tagesaufstieg kann ich nur empfehlen! Zumindest denjenigen, welche nicht zu der „ich-will-unbedingt-den-Sonnenaufgang-sehen“-Fraktion gehören. Den Sonnenaufgang auf dem Fuji zu erleben stelle ich mir zwar schön vor. Trotzdem, für mich liegen die Vorteile für einen Aufstieg bei Tage auf der Hand: viel weniger Leute, Aussicht bereits im Aufstieg und kein eintöniges Aufsteigen in Einerkolonne mit Stirnlampe. Der Aufstiegsweg ist nämlich an und für sich nicht sooooo spannend … Das Einzige, was man bei einem Tagesaufstieg im Auge behalten muss, ist das Logistische: wann fährt der letzte Bus ab welcher Station?
Wanderschuhe sind sehr zu empfehlen, ebenso Wanderstöcke. Der Untergrund besteht aus viel feinem Geröll und Schutt, auf welchem man immer wieder aus- und zurückrutscht. Dazwischen ist auch jede Menge instabiles Vulkangestein zu erwarten.
Natürlich sieht man auch oft Turnschuhe und teilweise sehr fragwürdiges, anderes Schuhwerk – aber das muss wie immer jeder für sich selbst entscheiden …
Die Uhrzeiten der Fotos nicht beachten; ich war zu faul, die Kamera diesbezüglich umzustellen ... Grundsätzlich gilt CH-Zeit + 7 Std.
Zahlen:
Aufstieg: 10.15 – 14.00 Uhr (7.5 km, 3 ¾ Std.)
Abstieg: 14.20 – 16.35 Uhr (7.0 km, 2 ¼ Std.)
Tag 3, 18.9.13
Sightseeing in Tokyo
Heute war Sightseeing angesagt. Wie
TeamMoomin bereits in seinem reich bebilderten Bericht erwähnt hat, gäbe es in Tokyo unzählige Dinge anzusehen. Realistischer weise beschränkten wir uns auf 3 Sehenswürdigkeiten und sollten damit richtig liegen. Denn alles braucht seine Zeit ...
Den Anfang machte der Tokyo Skytree. 2012 fertiggestellt, wurde der Fernsehturm mit 634m zum zweithöchsten freistehenden Gebäude der Welt und ist der neue Stolz von Tokyo. Weil das Gebäude also noch neu ist, müssen gewisse Wartezeiten in Kauf genommen werden. Obwohl an einem Mittwoch, bedeutete dies für uns ca. 45 Min. – wir waren also nicht die Einzigen, welche gerade Ferien hatten … Trotzdem war leicht auszumachen, dass wir so ziemlich die einzigen Europäer waren …
Die Aussicht ist phänomenal, wir sahen sogar bis zum Fuji! Soweit das Auge blicken kann – nur Häuser. Man sieht das Ende der Stadt gar nicht, so riesig ist Tokyo …
Ganz in der Nähe des Towers liegt unsere zweite ausgewählte Sehenswürdigkeit, der Senso-ji Tempel. Er ist der älteste Tempel Tokyo’s (aus dem Jahr 645) und absolut sehenswert, nur schon der Gebäude wegen. Die Räumlichkeiten des Tempels selbst konnten wir leider nicht besichtigen, da gerade ein spezieller Tag war und deshalb für Touristen geschlossen.
Der letzte Besuch galt dem Kaiserpalast, bzw. dessen eindrucksvollen Garten. Ein letzter Fotostopp bei der berühmten Brücke Nijiubashi, dann ging auch schon wieder die Sonne unter. Der letzte Abend in Tokyo liessen wir wiederum ein einem kleinen Restaurant ausklingen, welches offensichtlich nur von Einheimischen frequentiert wird; sehr gemütlich!
Am nächsten Tag soll es nach Kyoto gehen, doch dies ist wieder eine andere Geschichte …
(hier geht's zu Teil 2)
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