Pico, 2355 m: Höchster Berg Portugal und Azoren


Publiziert von sqplayer , 8. Oktober 2012 um 00:44.

Region: Welt » Portugal » Azoren » Pico Island
Tour Datum: 1 Oktober 2012
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: P 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1200 m
Strecke:9,4 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:In Madalena den braunen Wegweisern mit weißer Schrift "Montanha" folgen. Man landet nach ca. 30 Minuten beim Casa de Montanha, hier kleiner Parkplatz. Von Sao Roque gibt es auch kleine Straßen durch die Wiesen, die bis zur Straße zum Casa führen. Am besten per GPS oder Karte.

Der Pico ist der höchste Berg Portugals mit 2355 m, sowie der höchste Berg der Azoren. Keine sehr große Höhe im Vergleich mit den Alpen. Das besondere des Pico ist seine Mächtigkeit im Vergleich zur Inselgröße. Die Insel Pico ist ca. 40 km breit und 10 km lang. Der Pico dominiert die Insel, er wirkt riesig und gewaltig. Er ist ein sehr formschöner Berg. Ähnlich wie der Teide auf Teneriffa, wo aber alles ein bisschen größer ist.
Es war schon seit längerem mein Plan,den Pico zu besteigen.  Dieses Jahr bot es sich an, da ich noch eine Woche Urlaub im September übrig hatte. Also buchte ich einen Flug von Hamburg über Lissabon nach Pico für einen astronomischen Betrag.

Von meiner Unterkunft in Sao Roque fahre ich am dritten Urlaubstag aufgrund eines plötzlichen Schönwetterfensters zügig hoch in die Hochebene zum Casa de Montanha, dem Einstiegspunkt der Pico-Besteigung. Um diese Jahreszeit ist das Casa, ein kleines Haus vom Nationalpark, nicht mehr besetzt. In der Saison muss man sich dort registrieren und kriegt wohl einen GPS Notfallsender mit. Auerdem soll die Anzahl der Besteigungen pro Tag dann limitiert sein.

Auf etwas über 1200 m geht es los. Knackige 1100 Höhenmeter liegen vor mir. Der Pfad geht gleich steil los, im gesamten Verlauf müssen des öfteren kraftraubende, kniehohe Stufen überwunden werden. Wanderstöcke dringend empfohlen, um die Last auch auf die Arme zu verteilen. Der Pfad ist zunächst aus matschiger Erde mit einigen Felsen darin. Er ist recht schwierig zu gehen wegen des unregelmäßigen Bodens, der Steilheit und den Felsen.
Im nächsten Drittel werden Büsche und Sträucher immer weniger. Der Pfad schlängelt sich über erstarrte Lava und mickrige Bodengewächse die Westflanke des Pico herauf. Ganz da oben ahnt man bereits,dass da der Kraterrand sein könnte. Die Flanke wirkt gewaltig. Der Pfad ist durch Holzpfähle ausgeschildert. Diese sind ca. 70 Meter auseinander und so kann man bei Nebel Probleme bekommen mit der Orientierung. Man kann sich oft nicht nach Fußabdrücken richtigen, da der Boden oft Stein oder Geröll ist. Sind es statt nebel aber nur Wolken wie in meinem Fall, gibt es keine Probleme.

Bei 1500 m durchbreche ich die Wolken, die sich mittlerweile um den Pico gelegt haben. Jetzt wärmt mich die Sonne. Der Pfad ist recht steil, nicht immer eindeutig zu erkennen und schweißtreibend. Es gibt immer mehr Lava-Geröll, welches mir beim Abstieg zum Verhängnis werden soll.

Zwei Gruppen mit 5 Leuten kommen mir absteigend entgegen. Ich wundere mich, warum sie alle nur ganz kleine Schritte machen und hochkonzentriert aussehen, als müssten sie rohe Eier auf Löffeln bis nach Madalena (Hauptstadt am Meer) heruntertransportieren. In den Alpen geht ein Abstieg ja meist recht zügig.

Als ich endlich den größten Teil der Flanke hinter mich gebracht habe, zieht der Pfad ab ca. 2200 Meter immer weiter nach rechts um den Berg herum. Auf einmal taucht links hinter den Felsen der Krater sowie der innere Kegel darin auf, der den eigentlichen Gipfel beherbergt.

Ein paar Minuten geht es durch den Krater bis zum Kegel. Dieser ist ca. 70 m hoch. Man kraxelt mühsam über extrem lockeren Lavakies, der einen immer wieder anstrengend zurckrutschen lässt. Hinauf zu einer kleinen Felsrinne, durch die es ein paar Meter kletternd hoch bis hin zum Gipfel geht.

Der Gipfel ist durch einen hässlichen Stein markiert, der von einer Baustellenabsperrung stammen könnte. Es gibt hier einige Spalten im Fels, durch die angenehm warme Vulkanluft entströmt. Da es hier oben etwas kühl ist, setze ich mich in den warmen Luftstrom und kann sogar im T-Shirt meine Mittagspause genießen: Baguette mit Thunfisch aus der Dose, ein Apfel, ein Schokoriegel. Zu trinken habe ich übrigens 3 Liter mitgenommen und das bei eher milden Temperaturen. Bei Hitze würde ich 4,5 Liter pro Person mitnehmen.
Zum Gipfel habe ich übrigens genau 2,5 Stunden gebraucht. Hier hat man eine wunderbare Aussicht über Pico, Sao Jorge und Faial. Terceira habe ich nicht gesehen.

Nach 1 Stunde relaxen in den warmen Vulkangasen geht es nun an den Abstieg. Bereits kurz nach der Felsrinne rutsche ich im extrem rutschigen Vulkanschotter aus, versuche mich zu fangen, rutsche mit dem anderen Bein aber auch aus (so ein Unglück ist selten) und lande unglücklich mit dem Gesäß auf einer scharfkantigen Lavaspitze. Mit der Hand will ich den heftigen Sturz abfangen und verstauche mir dabei schmerzhaft den Finger. Zum Glück nichts gebrochen, aber der Finger schwillt innerhalb von einer halben Stunde stark an mit sichtbarem Bluterguss. Nun bin ich voller Adrenalin und weiß, was mir beim recht steilen Abstieg bevorsteht. Ich erinnere mich ja an die panikgeweiteten Augen der absteigenden Gruppen.

So ist es dann auch. Trotz Bergstiefel rutsche ich im Schotter zwischen den harten Lavaströmen des öfteren weg, falle aber nicht mehr hin. Ich versuche, hauptsächlich auf der harten Lava zu gehen, aufgrund der Steilheit geht es aber nur mit Mikroschritten vorwärts. Immer wieder sind die fiesen Schotterpartien zu überwinden, öfter rutsche ich trotz größter Vorsicht weg, auch bei geringem Gefälle.

Ich begegne dann einem portugiesischen Pärchen im Aufstieg, welches spät dran ist und außerdem riesige Rucksäcke und Isomatten mit sich führt, als wären sie Reinhold Messner auf dem Weg zum Basislager des Nanga Parbat. Auf meine Frage, was sie denn so vorhaben, ergibt sich, da sie eine Übernachtung im Krater planen. Romantisch! Meinen Rat, beim Abstieg größte Vorsicht walten zu lassen, scheinen sie innerlich zu belächeln. Vor meinem geistigen Auge sehe ich sie am nächsten Tag schon die Abhänge herunterschlittern mit ihren 20 kg Rucksäcken. Sie ahnen ja noch nichts vom Horror-Abstieg!

Nachdem ich es mit zentimeterweiser Fortbewegung ins untere Drittel geschafft habe, wo es mehr Erde gibt, auf der es sich besser läuft, rutsche ich dennoch nochmals aus und ramme mein Schienbein gegen einen scharfkantigen Felsen. Und das obwohl ich schon mein Leben lang wandere und trittsicher bin.

Genau so lang wie der Aufstieg dauert der Abstieg, nämlich 2,5 Stunden. Abschließend  gesagt, dass dies eine Tour für Personen mit guter Kondition und absoluter Trittsicherheit ist. Ausgesetzt ist es niemals. Wanderstöcke und feste Bergschuhe mit etwas härterer Sohle sind von Vorteil. Insgesamt aber eine sehr reizvolle Tour auf einen der formschönsten und imposantesten Berge, die ich je bestiegen habe.

Abends fahre ich noch nach Madalena. Um den Pico sind keine Wolken mehr, als wäre diese Fotogelegenheit die Belohnung für meine heutigen Torturen. Ich speise im sehr guten Speisesaal A Parisiana, der sich fast am Wasser in einer eher versteckten Nebenstraße südlich des Hafens befindet.

Tourengänger: sqplayer


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