Rába völgye gyümölcsút – oder: Irrwege im Mückenwald


Publiziert von ABoehlen , 29. November 2011 um 20:32.

Region: Welt » Ungarn » Nyugat-Dunántúl (Westtransdanubien)
Tour Datum: 4 Oktober 2011
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: H 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 230 m
Abstieg: 230 m
Strecke:Alsórönök v.m. – Csörötnek – Magyarlak – Magyarlaki Szőlőhegy – Szent kút forrás – Csörötnek – Csörötneki Szőlőhegy – Sáfár-hegy – Csörötnek – Alsórönök v.m.
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit der GYSEV/Raaberbahn nach Alsórönök
Unterkunftmöglichkeiten:Teke Panzió in Körmend
Kartennummer:Österreichische Karte 1:50'000, Blatt Krottendorf (Nr. 194 - wird nicht mehr hergestellt) oder Turistatérkép Őrség, Göcsej 1:60'000 von Cartographia Földgömb és Térképbolt, Budapest

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Für einmal haben wir eine richtige Wanderkarte zur Verfügung. Sie ist auf der Webseite der Gemeinde Csörötnek herunterzuladen (inzwischen – Stand Januar 2024 – leider nicht mehr) und zeigt einen Rundweg mit diversen Abzweigungen, der sich durch die Weinberge und Obstgärten der Gemeinden Magyarlak und Csörötnek schlängelt. «Rába völgye gyümölcsút» (Raabtaler Obstweg) nennt sich das ganze und sieht nach einer einfachen, gemütlichen Tour aus. Beim Vergleich mit dem schon etwas betagten Kartenblatt Krottendorf der ÖK50 zeigen sich zwar kaum Übereinstimmungen in der Wegführung, was aber wohl daran liegen wird, dass dieser Obstweg relativ neu und die Karte alt ist – das ist zumindest unsere Vermutung.

Wie am Sonntag nehmen wir den Personenzug 9122 um 9.31, den wir 15 Minuten später in Alsórönök (Unterradling) wieder verlassen. Da sich die Dörfer im unteren Raabtal mehrheitlich am Rand des breiten Tales befinden, die Bahnlinie aber genau in dessen Mitte verläuft, liegt dieser Bahnhof ziemlich allein auf weiter Flur. Bis nach Csörötnek (Schrietling) folgen wir daher erst mal der quer durchs Tal verlaufenden Strasse, die beidseitig von alten Bäumen gesäumt wird. Beim Kreisverkehr im Zentrum von Csörötnek gehen wir rechts in den Ort Magyarlak (Ungarisch-Minihof) hinein. Über die eigenartigen Ortsnamen mit den Vorsilben Deutsch-, Ungarisch- und Kroatisch- war bereits die Rede. Auch zu diesem Ort gibt es entsprechende «Gegenstücke»: Deutsch-Minihof (Németlak) liegt gleich hinter der Staatsgrenze bei Szentgotthárd auf dem Boden der Gemeinde Mogersdorf, während man Kroatisch-Minihof (Mjenovo / Malomháza) etwas weiter weg suchen muss, nämlich in der Gemeinde Nikitsch zwischen Deutschkreutz und Lutzmannsburg. Und schliesslich gibt es sogar noch ein Windisch-Minihof (Suhi mlin / Kistótlak) in der Gemeinde Minihof-Liebau, welches einem daran erinnert, dass auch Slowenen in dieser Gegend siedelten, denn «Windisch» ist eine alte Bezeichnung für die slowenische Sprache.

Der Abzweig zum Obstweg ist leicht zu finden; ein wunderschöner, geschnitzter Holzwegweiser zeigt, wo man die Dorfstrasse zu verlassen hat. Ein Seitensträsschen führt uns zum Waldrand, wo sich ein nasser Weg durch dichte Vegetation mit viel (zu viel) Drüsigem Springkraut den Abhang emporzieht. Wo die Vegetation etwas zur Seite rückt, schweift unser Blick über das weite Tal und zum Dorf zu unseren Füssen, über dessen Lage in der Ortsbeschreibung folgendes zu lesen ist:

A falut északon a Rába folyó, délen az Alpok egyik utolsó dombvonulata fogja közre.
Das Dorf wird im Norden vom Fluss Raab, im Süden von einem der letzten Hügelzüge der Alpen in die Mitte genommen.


Und diesen Hügelzug haben wir bald erklommen, denn er ist nur von geringer Höhe. Oben endet der Wald und südseitig liegen die kleinen Rebflächen des insgesamt 4.7 ha grossen Magyarlaki Szőlőhegy (Weinberg von Magyarlak). Informationstafeln zeigen dieselbe Wanderkarte, die man im Netz findet und erläutern die Geschichte des Weinberges in ungarischer und deutscher Sprache. Nachfolgend der deutsche Text:

Die Geschichte des Weinberges von Magyarlak

In unseren Gegenden mussten schon auch die Römer Wein anbauen. Ob die Kontinuierlichkeit des Weinbaus bis zu ihren Zeiten zurückgeht, ist nicht mit Sicherheit zu wissen. Die erste schriftliche Erinnerung, die über einen Weinbau in unserer weiteren Umgebung berichtet, stammt aus dem Jahre 1198. Damals schenkten manche Personen in dem nahen Szentkút Weinstöcke für die Abtei von Sankt Gotthard nach ihrer Gründung.
Die erste Erwähnung unseres Dorfes Magyarlak ist der Beschäftigung mit dem Wein zu verdanken. Auf dem Weg durch die Gemeinde lieferten 1394 die Herren der Nachbarlandgüter – die Iváncer – Wein für die Märkte von Steiermark.
Das damals herrschende angenehme, warme Klima war für die Weintrauben günstig, so ist es nicht zu wundern, dass auf der sonnenbestrahlten südlichen Seite der sich an der Grenze unseres Dorfes hebenden Hügeln Wein angebaut wurde.
Der Weinbau von Magyarlak ist auf die Tätigkeit der Zisterzienser zurückzuführen. Weingarten wurde schon 1570 an der Grenze von Lak erwähnt, nach dem seine Besitzer für den Landherrn Bergzoll und Weinmostzehntel zahlten. Auf dem Weinberg durften nicht nur die Herren im Dorf Weingarten besitzen, sondern auch irgendwelcher Fremder, der die nötige Benehmigung von dem Landsherr erwarb. Besitzer gab es ja überwiegend aus den umliegenden Dörfern.
Nach den wechselvollen Jahrzehnten der Türkenzeit wurde in den 1700-er Jahren der Weinbau von Magyarlak erneuert. Der älteste Teil des Weinberges ist der «Öreghegy» (Altberg), der schon in den alten Epochen Weinbauort war. Hier stand der Eingang des Weinberges von einem Holzkruzifix bewahrt.
Ein wenig südlich von Öreghegy stand der «Új Szőlőhegy» (Neuer Weinberg), auf dem der Weinbau vermutlich erst in den 1700-er Jahren begann.
1813 kann man schon über Kálmán Weinberg und Kövecses Weinberg lesen.
Die Gemeinschaft der Weinbergbesitzer bildete die Berggemeinde, die auch über Verwaltung verfügte.
Im Magyarlak kam schon eine bescheidene Variante der Berggemeinde zu Stande, in der es nur eine administrative Organisation unter der Aufsicht des Landherren gab, an deren Spitze der Bergmeister stand.
Bei der Reifezeit stellten die Feldherren einen Feldhüter ein, der die Ernte bis zur Weinlese beachtete. Die Weinlese dauerte zwei Tage und diese Zeit schallte der ganze Berg vor dem lustigen Geschrei der weinlesenden Herren.
Die Filoxerie rottete um die Jahrhundertwende auf dem Weinberg von Magyarlak auch den letzten Weinstock aus. Trotzdem funktionierte der Berg auch in den folgenden Jahrzehnten, die Keller standen ja und die Obstbäume brachten Früchte.
Von den 1920-er Jahren an begann wieder der Neubau des Weingartens.
Derzeitig stehen die Parzellen praktisch auf dem Grund des Alten Weinberges und einige auf dem Berg Kálmán bzw. Kövecses.


Diese Informationstafeln sind sehr interessant, leider fehlt aber ein Wegweiser, welcher uns zeigt, wo es weitergeht. Anhand der Wanderkarte probieren wir den erstbesten Weg, landen aber am Waldrand in einer Sackgasse. Der nächste sieht erfolgversprechender aus, ist aber bald nur noch wenig ausgeprägt. Dennoch finden wir den nächsten «Wegpunkt», die Szent kút forrás (Quelle von Szent kút). Auch hier erläutert eine schön gestaltete Informationstafel, was es mit dieser kleinen Quelle auf sich hat:

Szent kút forrás

A középkor óta ismert forrásnak csodatévő erőt tulajdonítottak. Gyógyító hatásúnak tartott vize évszázadokon keresztül csillapította a szőlőhegyen, a körülötte fekvő írtásföldeken dolgozóknak és a falu állatait legeltető pásztorok szomját. Mellette állt a «Csorda kapu», amelyen keresztül hajtották ki az állatokat az erdei legelőkre.

Der seit dem Mittelalter bekannten Quelle wurde Wunderkraft zugeschrieben. Seit Jahrhunderten hat das Heilwasser auf dem Weinberg den Durst des Landarbeiters und der Tiere beweidenden Hirten gelöscht. Neben der Quelle stand der «Csorda kapu», durch dieses Gatter wurden die Tiere auf die Weiden des Waldes getrieben.


Und der Wegweiser? Leider wieder Fehlanzeige! Gemäss Karte müsste der Weg aber ostwärts ins nächste Tal und anschliessend südostwärts wieder auf die Höhe führen. Erste Zweifel an der Zuverlässigkeit dieser Wanderkarte und dieses Themenweges stellen sich ein, denn bald verliert sich die Wegspur definitiv im Dickicht. Nach einiger Zeit stossen wir aber auf eine quer verlaufende Waldstrasse, allerdings ohne dann eine Fortsetzung des Weges gegenüber ausmachen zu können. Nach drei oder vier Versuchen, die insgesamt etwa eine halbe Stunde beanspruchen, letztendlich aber alle in völlig undurchdringlichen Brennnesseln enden, müssen wir das Vorhaben wohl oder übel abbrechen. Letztlich hat sich die alte ÖK50 als korrekt erwiesen, die dort keinen Weg zeigt. Auch der Verlauf dieses Waldsträsschens zurück nach Magyarlak stimmt dort, während man gemäss Wanderkarte viel weiter vorne im Dorf aus dem Wald herauskommen sollte.

Somit kommen wir gegen Mittag wieder zum Kreisverkehr in Csörötnek und gehen nun geradeaus, um am Nachmittag den Weg zum Csörötneki Szőlőhegy von hier aus in Angriff zu nehmen. Erstmal ist aber ein Picknick angesagt. Bei der Kirche und ihrem 1985 in modernem Stil mit mediterranen Merkmalen gebauten Turm, finden wir eine Bank, wo wir uns niederlassen können. Über Csörötnek weiss die Broschüre «Szentgotthárd, Őriszentpéter és térsége» folgendes zu berichten:

Egy hely, ahol egymásra talált a természet és kultúra.
Ein Ort, wo Natur und Kultur sich zusammenfinden.


Eine solche typische Verschmelzung von Natur und Kultur ist auch der Weinberg, den wir nun frisch gestärkt erklimmen wollen. Dazu steht uns eine gute Waldstrasse zur Verfügung. Ist nun der Weg also kein Problem mehr, so taucht dafür ein anderes auf: Immer stärker werden wir von Mücken umschwärmt, was vor allem dann fast unerträglich wird, wenn wir mal stehen bleiben. Für solche Fälle gibt es ja den Anti Brumm-Spray könnte man denken, und ein solcher findet sich tatsächlich auch im Rucksack. Leider nützt das Zeugs aber überhaupt nichts! Es soll zwar tropen-erprobt sein, wurde aber auf die Wirkung gegen Insektenschwärme europäischer Urwälder wohl nie getestet! Zum Glück kommen wir auf dem Csörötneki Szőlőhegy kurz zum Wald heraus und haben wieder ein bisschen Ruhe.

Eine Informationstafel wie auf dem Magyarlaki Szőlőhegy können wir hier nirgends aufspüren, aber vielleicht sind unsere Sinne von den vielen Mücken schon derart beduselt, dass wir sie übersehen. Eine ausführliche Beschreibung über diesen Weinberg und seine Geschichte findet sich aber auf der in der Einleitung verlinkten Webseite von Csörötnek in ungarischer Sprache. Demnach umfasst die Fläche insgesamt 16 ha und die Ursprünge liegen ebenfalls in der Zeit der Gründung der Abtei von Szentgotthárd. Wie in Magyarlak wurde auch dieser Weinberg ab 1895 durch die Reblaus (szőlő-filoxéra) verwüstet und ab 1924 wieder neu angelegt.

Leider kommen wir nicht darum herum, wieder in den Wald einzutauchen und sofort sind die Mückenschwärme wieder da! Bei der Kapelle auf dem Sáfár-hegy müsste eigentlich der Weg von Magyarlak einmünden, den wir heute morgen nicht finden konnten. Tatsächlich ist hier ein Abzweig vorhanden. Obwohl die Mücken unsäglich nerven, ist die Neugierde grösser und wir kraxeln auf bald wieder schlechter werdendem Weg den Abhang hinunter. Aber es kommt, wie es kommen muss: Im Talgrund stehen wir wieder vor dem riesigen Brennnessel-Dschungel, wie schon heute morgen - nur diesmal auf der anderen Seite. Aber der Fall ist klar: Wir konnten keinen Weg finden, weil es keinen gibt. Punkt!

Kommen wir zurück zum Sáfár-hegy, auf den wir jetzt wieder hinauf müssen. In diesem ältesten Teil der Siedlung des Weinberges lebten dessen Verwalter (ung. sáfár). Dies endete erst 1965, als József und Imre Molnár als letzte Bewohner den Berg verliessen und fortan unten im Dorf lebten. Heute erinnert nur noch die kleine Kapelle an diese ehemalige Siedlung. Sie fehlt auf der ÖK50, dafür ist ungefähr an der richtigen Stelle ein Gebäude eingezeichnet. Der dort noch offen dargestellte Abhang ist allerdings längst komplett bewaldet. Einen Weg direkt nach Csörötnek hinunter zeigt diese Karte nicht, aber wir haben ja noch unsere «tolle» Wanderkarte, wo ein solcher drauf ist. Mal sehen…

Tatsächlich führt ein passabler Weg nordwärts in Richtung des Dorfes, aber am Waldrand ist Schluss, da das ganze Wiesengelände dahinter eingezäunt ist. Daher queren wir nun einfach den Wald bis wir wieder zum Strässchen kommen, welches wir für den Aufstieg benutzten. Wobei ganz so einfach das natürlich nicht ist. Der Hang ist zwar nicht sonderlich steil, aber zerfurcht von zahlreichen steilwandigen Trockenrinnen. Das wäre zwar alles recht interessant und sehenswert, aber die Mückenschwärme lassen leider weitergehende Erkundungen nicht zu. Wir wollen nur noch so schnell wie möglich aus diesem Wald herauskommen!

Zurück bei der Kirche gibt es endlich die verdiente Verschnaufpause auf «unserer» Ruhebank. Das Picknick ist natürlich schon weg, dabei könnten wir jetzt durchaus was vertragen. Wie so oft kommt aber die Lösung des Problems dann, wenn man am wenigsten damit rechnet: Mitten in Csörötnek stossen wir auf einen Milchautomaten der Firma Brunimat aus CH-8580 Moos-Amriswil! Für 150 Ft. können wir dort einen Liter kühle, leckere Milch in unsere leere Wasserflasche abfüllen. Welch ein Genuss!

Somit sind wir wieder fit für den letzten Abschnitt, der uns zurück in die Ebene zum einsamen Bahnhof von Alsórönök führt. Pünktlich um 16.13 fährt der grün-gelbe Personenzug 9133 der Raaberbahn ein und führt uns in einer Viertelstunde zurück nach Körmend, wo wir duschen und ausruhen können. Kleider müssen wir nun keine mehr waschen, denn morgen wird bereits der letzte Wandertag sein.

Für das Nachtessen begeben wir uns heute wieder ins Korona Étterem, das uns vor zwei Tagen gut gefallen hat. Dort wird mir ein scharfes Paprikahuhn im Kartoffelteig serviert und Stini einen Schweinsbraten mit Croketten.

Was ist nun nach diesem Tag für ein Fazit zu ziehen? Wieder konnten wir eine interessante Ecke des Raabtales kennenlernen. Dass sich dieser viel versprechende Obstweg letztendlich aber mehr oder weniger als Flop entpuppte, enttäuschte etwas. Der gute Wille, einen solchen Themenweg zu erstellen, war wohl vorhanden, das Ziel wurde jedoch nicht erreicht. Vielleicht ist das Ganze auch noch im Aufbau begriffen. Um das herauszufinden, müsste man wohl zu einem späteren Zeitpunkt wiederkommen. Dies aber – und das ist die zweite Erkenntnis des Tages – nicht mehr im Herbst, sondern z.B. im Frühling, wenn die Insekten noch nicht geschlüpft sind!

Nachtrag vom 26. Januar 2024: Wie eingangs erwähnt, lässt sich diese Wanderkarte auf der Website der Gemeinde Csörötnek leider nicht mehr aufrufen, dafür findet sich eine Beschreibung des Weges in 5 Stationen auf der Website der Nachbargemeinde Magyarlak: https://www.magyarlak.hu/kisokos/gyumolcsut/. Allerdings steht nur zu den ersten zwei Stationen ein erläuternder Text. Ob wohl der Rest eines Tages ergänzt wird? Ob wohl der Weg jetzt durchgehend begehbar ist? Oder ist diese unvollständige Beschreibung eher ein Indiz dafür, dass sich die Situation vor Ort immer noch identisch wie vor über 12 Jahren präsentiert…?

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Tourengänger: ABoehlen, Stini


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