Überschreitung des ruhenden Vulkans Mt. Hibok-Hibok (1298 m) auf Camiguin Island


Publiziert von TheSwabian , 23. März 2025 um 11:06.

Region: Welt » Philippinen » Camiguin Island
Tour Datum: 8 Mai 2014
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: RP 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 1110 m
Strecke:9,2 km
Kartennummer:https://opentopomap.org/#map=15/9.21198/484.68221

*** Aus dem Archiv ***

Heute geht's zur Abwechslung mal auf einen Stratovulkan, den ominösen Mount Hibok-Hibok (1332 m) auf der kleinen, bergigen Insel Camiguin, die im Süden der Philippinen der Hauptinsel Mindanao nördlich vorgelagert ist. Der Vulkan gehört geologisch zum Vulkanbogen von Zentral-Mindanao (Central Mindanao Volcanic Arc) und bildet gewissermaßen die nördliche Fortsetzung der Vulkankette Mt. Balatukan (2560 m) - Mt. Mangabon (2510 m) - Mt. Apo (2954 m), seines Zeichens höchster Berg des philippinischen Archipels von 7641 Inseln. Die Gesteine des Hibok-Hibok umfassen im Wesentlichen Hornblende-Andesit und Dazit im Wechsel mit Tufflagen, die dementsprechend aus recht hochdifferenzierten ("zähflüssigen") Magmen entstanden; damit einher geht ein explosiver, gefährlicher Vulkanismus. Der Vulkan war zuletzt zwischen 1948 und 1952 äußerst aktiv, mit katastrophalen Folgen für das Eiland, welches von Erdbeben, heißen pyroklastischen Strömen und großen Flankenbewegungen betroffen war. In Erinnerung bleibt auf der Insel insbesondere der 4. Dezember 1951, als heiße Lava, Gase und
Rutschungen große Teile des Hauptorts Mambajao im Norden sowie Catarman im Westen der Insel zerstörten und hunderte (anderen Quellen zufolge über 2000) Menschen ihr Leben lassen mussten. Viele wurden infolge der Naturkatastrophe (zeitweise) umgesiedelt. Die Großmutter meiner Frau, die aus Catarman stammt, hatte alles selbst miterlebt.

Genevieve Cruz (2018) fasst in ihrer Arbeit zum Hibok-Hibok zusammen:

"Es geschah in ihrem Schlaf. Im Morgengrauen eines ruhigen Morgens am 4. Dezember 1951, als die Bewohner der Insel Camiguin in ihren Betten lagen, löste der Vulkan Hibok-Hibok seine schlimmste Eruption in der Geschichte aus. Innerhalb von Sekunden wurden die Körper von den pyroklastischen Strömen zementiert. Der gesamte Fünf-Kilometer-Radius um den Vulkan herum wurde vollständig verbrannt. Aus dem Krater donnerte und blitzte es und Blitze zuckten aus dem Krater, während Rauch und feurige Asche himmelwärts explodierten und in die Barrios der Insel strömten. Dies war der Höhepunkt einer fünfjährigen Periode kollektiver Beunruhigung. Obwohl das ganze Land über das Grollen des Vulkans Bescheid wusste, kam der Ausbruch dennoch überraschend. Augenzeugen beschrieben später, wie ein Regen aus feurigen Felsbrocken, Flüsse aus fließender Lava und Wolken aus blendendem schwarzen Rauch sie gewaltsam von ihren Lieben trennte und die Stadt von all dem reinigte, was die Frommen für die Sünde des laxen Kirchgangs hielten." Der Ausbruch erfolgt an jenem Dezembertag um 6:15 Uhr.


Donnerstag, 08. Mai 2014, ca. 06:30 Uhr, unser Bergführer (anders darf bzw. durfte man den Vulkan nicht besteigen), der Onkel meiner Frau und ich machen uns auf etwa halber Höhe einer Straße in Yumbing, nahe der Nordküste von Camiguin, auf den Weg. In einer Kurve zweigt der schmale Wanderpfad zum Gipfel ab. Durch sprichwörtlichen Dschungel geht es bei schon jetzt schwülen Bedingungen stetig bergauf, anfangs noch etwas leichter, später immer steiler, tendenziell Richtung Süden. Auf ca. 750 m Höhe, unweit des Mount Carling (795 m) dreht der Weg eher nach Südosten. Heute fühle ich mich nicht gut. Zwischendurch wird es mir kurz schwindelig, auch die verstärkten Bergstiefel, die ich mir zuvor für geologische Arbeiten in Manila gekauft hatte, sind leider doch ziemlich unbequem und drücken. Aber was soll's, weiter geht's, immer wieder mit Pausen und daher langsam. Bei ungefähr 1140 m stehen wir auf einer Art Kraterwall - unter uns liegt ein etwa halbmondförmiger, grüner See, zu dem wir zunächst absteigen. Dies ist gleichzeitig die steilste und ausgesetzteste Stelle des Hikes auf den Vulkan, der allerdings nie das T3-Level übersteigt und meistens eher im Bereich T2 liegt. Hier auf 1100 m kann man, sofern man möchte, sein Zelt aufschlagen. Es ist kurz vor Zehn. Wir machen uns nach einer weiteren Verschnaufpause an die letzten ca. 200 Höhenmeter bis zum höchsten erwanderbaren Punkt des Hibok-Hibok, auf 1298 m, der auch offiziell als solcher markiert ist. Der eigentliche Gipfel bei 1332 m, eines von zwei spitzen vulkanischen Hörnern, kann oder darf nicht betreten werden.

Oben angekommen, es ist schon fast 11 Uhr, genießen wir beim beschrifteten "Gipfelstein" die Aussicht. Eine kleine Schweizer Flagge sorgt für etwas Alpen-Feeling. Zwischen den Wolken leuchtet immer wieder das Grün der Insel, blaue Meer und die leuchtend weiße, tropische Sandbank von White Island hindurch. Das Panorama vom Hibok-Hibok ist bei guter Sicht beeindruckend. Wie klein da unten doch alles ist! Von der Küste aus, wir starteten auf ca. 50 m Seehöhe, ist das doch ein beachtlicher Höhenunterschied. Schwalben umkreisen den Berg. Wir sind nun mitten im "Niemandsland" von 1951, mit einem Radius von 6 km vom Ausbruchszentrum. Alles um uns herum war verbrannt und tot. Was, wenn er genau jetzt wieder ausbricht? Es ist aber erstaunlich ruhig, nur der Wind ist zu hören, wir sind allein auf dem Gipfel.

Der Abstieg erfolgt auf ähnlich schmalem Weg nordostwärts, später nordwärts, teils auf den geologisch jungen, aber dennoch stark bewachsenen, Lavaströmen von 1951 und 1952. Kurz vor 15 Uhr, wir haben unterwegs mit Genehmigung durch die zuständigen Behörden ein paar geologische Proben gesammelt, sind wir in Ardent, einem Ort, der für seine heißen Quellen bekannt ist. Fast schon zynischerweise erinnert der Name auch sehr stark an die Glutwolken aus heißem Gestein und Gas ("nueés ardentes"), die beim letzten großen Ausbruch des Vulkans mit mehreren hundert km/h dessen Flanken hinabrasten. Der geothermische Gradient ist auf einer Vulkaninsel für solche Dinge eben vorteilhaft. Zur Belohnung für die Tour (und den Verlust meiner beiden großen Zehennägel dank der stahlkappenverstärkten Stiefel) genießen wir an einer schönen Picknickstelle ein kühles "San Mig" bei rohem, mariniertem Rochen (Kinilaw sanga), einer philippinischen Spezialität. Für den Transfer zurück ist gesorgt.

Fazit: Eine an diesem Tag unglaublich anstrengende und sprichwörtlich schweißtreibende, aber dennoch ungemein lohnende Tour mit guide auf einen doch irgendwie furchteinflößenden Berg. Etwas über 9 km bei 1250 Höhenmetern bergauf, gut 1110 Höhenmeter im Abstieg nach Ardent, wo sich ein heißes Bad anbietet. Für die Tour benötigt man vom Department of Environment and Natural Resources (DENR) vorab ein permit, das, wenn ich mich richtig erinnere, 200 Pesos pro Person kostet. Als wir oben waren, war der Bergführer Pflicht.

Ich zeige in der Bildergalerie zusätzlich zum Hibok-Hibok noch ein paar weitere Impressionen von Camiguin Island. Besonders die Wasserfälle sind ob der steilen Topographie sehenswert. Camiguin ist in all den Jahren, in denen ich immer wieder auf den Philippinen unterwegs war, eindeutig meine Lieblingsinsel geworden.

Tourengänger: TheSwabian


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Kommentare (2)


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Schubi hat gesagt:
Gesendet am 23. März 2025 um 19:52
Liest sehr interessant bis spannend – vielen Danke für diesen Bericht von weit weg!

TheSwabian hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. März 2025 um 13:09
Danke auch! :-)


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