Hörhausen - Lochmülitobel: amphibische Wanderung, Teil 6


Publiziert von konschtanz , 26. Juli 2024 um 18:33.

Region: Welt » Schweiz » Thurgau
Tour Datum:21 Juli 2024
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TG 

Was im Groosswald bei Salen-Reutenen auf 700 m unscheinbar als Freiebach beginnt, sich auf dem Weg durch die Wiesen Richtung Reckenwil in den Chräbsbach verwandelt, östlich von Hörhausen als Felsenbach durch die Landschaft kriecht und dann nach Unterquerung der Strasse als Lochmülibach weiterfliesst, war heute in der Fortsetzung zwischen Unterhörstetten und Dettighofen Ziel meines neuerlichen Wasserwanderausflugs. 
 
Ich bog wie beim vorigen Mal am Wegpunkt 535 m von der Müllheimerstrasse nach Westen ab und fuhr diesmal mit dem Velo an die Oberkante des östlichen Seitentobels, aus dem ich den Lochmülibach vor einer Woche verlassen hatte. Mit Badehose und Wassersandalen stieg ich wieder zum Lochmülibach ab und setzte den Weg fort. 
 
Immer wieder ein Erlebnis sind die Unterwasserlandschaften, wenn sich das Licht darin badet. Bei der heutigen Wanderung durchschnitt der Bach vor allem Mergelschichten. Manchmal bildeten diese schöne Simse, auf denen ich mal ein Stückchen über dem Wasser, mitunter auch unter Wasser, passable Wege fand. Der Abschnitt zwischen Tüüfelschuchi und Galgehügel bot ein paar Besonderheiten. Da waren zum einen Nagelfluhblöcke - so glaubte ich, die im Wasser lagen und irgendwo von oben abgestürzt sein mussten. Mir kam das seltsam vor, weil die Nagelfluh am Seerücken deutlich höher liegt als bei 500-510 m, wo die Oberkante der Tüüfelschuchi verläuft.
 
Die nächste Überraschung: Ein schwarzes Band, das die Mergelschichten durchzog, erst am rechten Ufer, dann am linken. Ich bröckelte etwas ab. Kohle. Aber nicht pur. Ich spürte auch schmierigen Mergel beim Zerreiben. Im linken Ufer konnte man deutlich sehen, dass über dem Kohleband ein graues Mergel- (oder Ton?-)band verlief. Das würde passen. Für den Erhalt von organischen Stoffen ist Abwesenheit von Luftsauerstoff wichtig.
 
Beim weiteren Voranschreiten scheuchte ich das erste Mal bei der Erkundung dieses Tobelsystems eine Wasseramsel auf. Ein zweites Mal bekam ich sie zu Gesicht, als ich den Wasserfall oberhalb der Lochmühle erreichte. Und kurz vor dem Wasserfall, der eine Sandsteinschicht durchschnitt, war rechts und links ein Felsriegel aus Sandstein, durch den der Bach sich einen Weg gebahnt hatte. Der Wasserfall oberhalb der Lochmühle wies ein Rohr an der Oberkante auf, außerdem hatte jemand Wasser abgezweigt, um damit 100 m abwärts einen Teich zu füllen.
 
Heute gab es am und im Bach einiges zu sehen. Zwei Fische, die farblich so an den Untergrund angepasst waren, dass ich sie nie entdeckt hätte, wenn sie ruhig geblieben wären. Die blau schillernde Prachtlibelle und die blaugrüne Mosaikjungfer, später, am Teich neben der Lochmühle, auch eine Azurjungfer und eine Plattbauchlibelle auf der Kuhweide, und Schmetterlinge. Entlang des Tobelbachs immer wieder der auffällig grosse Kaisermantel, der Kohlweissling, der C-Falter, und direkt vor der Brücke bei der Lochmühle glaubte ich, einen grossen Schillerfalter entdeckt zu haben. Ich wollte ihn mir näher anschauen, aber da kam ein Velofahrer mit Carajo den Schotterweg herab, das Schild "bitte langsam" dürfte er bei dem Tempo gar nicht mitbekommen haben, und vom Schmetterling war danach keine Spur mehr zu sehen.

Nachtrag, 07.08.2024: Es handelte sich wahrscheinlich um einen Kleinen Eisvogel, nicht um einen Schillerfalter.


Schon ab dem Wasserfall oberhalb des Teichs wurde der Bach sehr privat, zumindest besagten das Hinweisschilder, ab der Brücke an der Lochmühle war die Wiese zum Bach eingezäunt und stand unter der Herrschaft von Kühen, so dass ich dem Wanderweg folgte, bis er sich beim Aufstieg gabelte. Ich nahm den ersten Abzweiger nach links, der zweimal einen Seitenbach des Lochmülibachs querte und dann in einer Furt am Lochmülibach endete. An der Gegenseite hatte ein grösserer Erdrutsch den Hang teilweise entblösst.
 
Ab hier konnte ich meine Wasserwanderung problemlos fortsetzen, allerdings ohne den als "Burgtobel" bezeichneten Abschnitt von der Lochmühle bis zum Furt näher gesehen zu haben. Der Charakter der Wanderung änderte sich. Das Wasser verlief öfter über schön geformte Steinplatten, daneben weiterhin auch Mergelböschungen. An einer Stelle lagen mehrere grosse Nagelfluhbrocken, die aus der Felswand oberhalb gestürzt waren. Zu Hause entdeckte ich dann in der geologischen Karte, dass das hier keine Nagelfluh aus der Zeit der Molasse war (dann hätten sie ein Alter von mindestens 10 Mio Jahren), sondern das es sich um verkittete "ältere Schotter" im Zusammenhang mit den Eiszeiten handelte. Mit einer Höhe von 460-480 m lagen diese älteren Schotter aber recht niedrig, ganz oben bei Reutenen liegt ein alter Kiessteinbruch bei 700 m Höhe in älteren Schottern (Thurgauisches Geotop-Inventur Nr. 107). Wie kommt es, dass diese hier so tief liegen?
 
Ein Stückchen unterhalb dieser Felsbrocken war wieder ein schöner Abschnitt mit Platten im Fluss, die bei 439 m einen anderthalb Meter hohen Wasserfall bildeten. Ein malerisches Stück. 
Ich ging noch bis zur Mündung des Ginselbächlis, der von links in den Lochmülibach fliesst, falls er nicht hier schon wieder seinen Namen geändert haben sollte, denn im Folgenden firmiert er als Dorfbach (von Pfyn).
Im Ginselbächli stieg ich ein kurzes Stück auf, dann durch den Wald auf die gemähte Chrattewis, von der ich einen schönen Blick auf die Felsenschotter hatte. Am Ende der Wiese ein Gebäude. Ich stieg rechts davon in der Wiese auf, bis ich das Ende des Weidezauns erreichte. Hier war die Durchquerung eines kurzen Stücks Brombeergestrüpps angesagt - immer in Wassersandalen -, dann ging es die Böschung bergauf. Unten konnte ich die Furt erkennen, in der ich meinen Weg fortgesetzt hatte. Ja, das Wild legt wirklich schöne Pfade an. Ich folgte den Wildwechseln, bis ich den Seitenarm erreichte, an dessen Oberkante ich mein Velo abgestellt hatte. Als ich aufstieg, war das Velo weg.
 
Ich habe eine Stunde lang gesucht, bis ich merkte, dass ich einen Tobelarm zu früh aufgestiegen war. Am richtigen Seitenast stand das Velo dann doch.
Ich war sehr erleichtert - es wäre ein länglicher Heimweg zu Fuss geworden. So kam es, dass ich mich relativ spät auf den Heimweg machte. Am Wellenberg war eine tiefschwarze Regenfront herangezogen, die mich nun wohl erwischen würde.
Aber nein - sie überholte mich von rechts, mein Regenmantel bremste mich beim Fahren ab, was dazu führte, dass ich die Front nie einholte, und somit trocken blieb. Als ich dann zwischen Wäldi und Tägerwilen den Seerücken querte, hatte ich auf der Seeseite einen phantastischen Blick auf einen heftigen Regenguss über dem Wollmatinger Ried. Der Blick hatte zudem den Vorteil, dass ich im Trockenen stand.

Tourengänger: konschtanz


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