Dettighofen: Auf der Suche nach eiszeitlichem Schotter


Publiziert von konschtanz , 18. August 2024 um 11:07.

Region: Welt » Schweiz » Thurgau
Tour Datum: 4 August 2024
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TG 

In der geologischen Karte des Thurgaus sind bei Dettighofen zwei Schottervorkommen eingezeichnet:
Zum einen im Gebiet "Burg" an der Burgstrasse, zum anderen südlich von Dettighofen, zu beiden Seiten des Dorfbachs, der unter diesem Namen dann durch Pfyn fliesst.
Ein drittes Vorkommen vermutete ich im Westhang des Lochmülitobels, im Geländeabschnitt Tüüfelschuchi, weil ich dort im Bach eine Reihe nagelfluhartiger Felsblöcke gesehen hatte.
Tatsächlich habe ich die verschiedenen Stellen an drei verschiedenen Tagen besucht, aber ich fasse sie hier zusammen. Bei allen 3 Touren hatte ich meine grossen Bergschuhe an, und es war gut so.

1. Tüüfelschuchi - in Teufels Küche
Mein erster Besuch galt der Tüüfelschuchi. Ich fuhr mit dem Velo durch Hörhausen Richtung Dettighofen und bog dort, wo die Strasse einen Knick nach links macht, direkt nach dem Bach links ab. Der Bach, Feldbach genannt, mündet bei der Tüüfelschuchi in den Lochmülibach. Auf Schotterwegen hielt ich mich immer Südost, bis ich den östlichsten Wegbogen der Tüüfelschuchi erreichte. Hier stellte ich das Velo ab und folgte Wildwechseln die Böschung abwärts. So kam ich ein Stück vor der Mündung an den Feldbach. Der Bach durchschneidet hier Mergelschichten. Darüber liegt Erdreich mit gerundeten Steinen, im Bachbett sind  Findlinge zu sehen. Etwas bachaufwärts liegen mehrere Findlinge in Linie nebeneinander und bilden einen kleinen Wasserfall. Das sieht nach einer von Menschen gelegten Sperre aus.
Kurz vor der Mündung führt der Bach viele Kiesel, das freigelegte Erdreich der rechten Böschung ist ebenfalls reich an Kies. Aber an keiner Stelle ist verkitteter Kies zu finden, einzig die Blöcke am Fuss des Prallhangs, die mir bei der Wanderung am 21. Juli 2024 aufgefallen waren. Nun steige ich direkt im Prallhang auf, wo man noch die Folgen eines Erdrutsches sehen kann. An den noch nicht überwachsenen, steileren Stellen des ehemaligen Erdrutsches sehe ich Mergel. Ich steige weiter auf, bis zur Oberkante. Auch direkt unter der Oberkante nur Mergel. Damit wird klar: Die nagelfluhartigen Felsblöcke am Fuss des Hangs sind nicht von hier. Irgendwer hat sie hier angekarrt, vielleicht um die ohnehin instabile Böschung vor weiterer Abtragung am Fuss zu schützen. Also hatte die geologische Karte Recht: kein eiszeitlicher Schotter und keine Nagelfluh an dieser Stelle. Die menschliche Bautätigkeit kann leicht zu falschen Schlüssen verleiten. Wer will heute in der Landschaft nach Seitenmoränen suchen, wenn jeder Autobahnbau genauso langgezogene Seitenrücken erzeugt, die nie ein Gletscher gesehen ha?

2. Burg - Dettighofen
Der Ort ist leicht zu erreichen. Wenn man über die Steckborner Strasse in Dettighofen ankommt, biegt nach links die Burgstrasse ab. Die Strasse ist eine Sackgasse, zumindest für Autofahrer. Mit dem Velo kann man beim vorletzten Haus in den Wald rechts abbiegen. Um die Häuser sind Gärten angelegt, alles recht privat, aus der Suche nach der Burg, die auch auf der Webseite des Amts für Archäologie des Kantons Thurgau aufgeführt wird,
https://map.geo.tg.ch/data/aarichtplanobjekte/Pfyn_2714320_1275000_archFundstelleKRP.pdf
wird nichts.
Ich hoffe auf Aufschlüsse im Wald. Der kleine Bach schneidet weiter unten Mergel an, links vom Waldweg sehe ich eine Sandsteinfigur in der Böschung. Ich steige auf und zerbrösele den Sandstein. Siehe da, Glimmersand! Etwa zwei Meter oberhalb sind unter den Wurzeln Gesteinsbrocken zu sehen, beim Zerkleinern stelle ich fest, dass auch diese Glimmersand ist, aber mit Kalk verkittet. Noch etwas höher ist Erdreich mit gerundeten Steinen zu sehen, aber keine verkitteten Schotter. Vermutlich sind die Schotter näher an den Häusern, aber das war mir zu privat.
Also folgte ich dem Waldweg ins Tal. Der Weg kommt bei der Lochmühle raus. Hier ist ein Paradies für Schmetterlingsfreunde. Schwalbenschwanz, Russischer Bär, braune Schmetterlinge der Gattung Erebia, Kohlweissling, Zitronenfalter, Admiral, C-Falter, Landkärtchen, eine Art des Dickkopffalters war das, was an mir vorbei flog. Ich folgte dem Schotterweg im Tal nach Südwesten, bis er sich gabelte, und bog dann links ab.

3. Die Felsenschotter bei Lochärgete
In der Nähe der Stelle, wo dieser Seitentobel in den Lochmülibach mündet, stellte ich das Velo ab und suchte die Steilwand, an der ich am 21. Juli vorbeigekommen war. Diesmal hatte ich Bergschuhe an. Die Steilwand befindet sich am westlichen Ufer einer markanten Schleife des Lochmülibachs. Ich stieg zur Oberkante auf, sah aber, dass sich von dort ein Abstieg zur Steilwand nicht empfiehlt, es sei denn, man hat Flügel.
Ich ging weiter, bis ich an einem Grat links absteigen konnte und dann am Ufer flussaufwärts ging, bis ich die gewünschte Stelle erreicht hatte. Es gibt eine etwas südlicher gelegene, vorgelagerte Wand mit Felsenschotter, zu der ich zuerst aufstieg. Die Kiesel in er Wand waren gut gerundet und erreichten Grössen von 20x20x10 cm3. Die Verkittung erschien recht locker. Am Fuss der Wand verlief eine Rehespur, die dann zur hinteren, höheren Wand hochführte, die auch von der Kuhweide auf der Gegenseite sichtbar ist.
Der Wildwechsel geht unter der hohen Felswand weiter Richtung Nord. Er verläuft auf einem schmalen Band, von dem es nochmal 2-3 Meter tiefer geht, falls man ausrutscht, und da der steile Boden unterhalb dieser Wand aus losem Schotter besteht, der mit Brombeeren überwachsen ist, würde ein Absturz keine Sicherheit bieten, dass der Sturz zum Stoppen kommt, und wenn, dann in den Dornenranken der Brombeeren. Das war der Grund, dass ich auf dem Band wieder umkehrte, als ich zwei Ausbisse vor mir sah, wo wohl schon das Wild ausgerutscht war... Ich nahm einen Umweg durch die Brombeerschotter am Fuss des Hangs und stieg am Ende wieder auf. Hier sah ich ebenfalls Wildspuren. Der Überhang am nördlichen Ende der Steilwand ist höhlenartig, bei Regen hat man da einen guten Unterschlupf, sofern kein Wasser aus der Wand austritt. Bei Schottern ist das denkbar. In der Decke des Überhangs sah ich einen gerundeten Stein mit den Massen 30x20x20 cm3, das muss schon ein kräftiger Fluss gewesen sein, um so etwas zu rollen. Wenn man dem Wattwiler Feldbach bis zum Oberlauf folgt, stösst man zwischen Tweralpspitz und Holzweidsattel auch auf solche Riesengerölle, nur dass dies Nagelfluh ist, und somit deutlich älter.

4. Der Hangrutsch beim Hänsliraa
Um diese Stelle zu erreichen, war ich mit dem Velo durch Dettighofen gefahren, danach noch ein Stück bergab, bis bei Punkt 504 m ein Weg vor dem Tobelarm nach links abbiegt. Den habe ich nicht genommen, sondern habe den Bach gequert und bin direkt danach links abgebogen. Beim Punkt 487 m Lochärgete bin ich im Wald direkt nach Süden abgestiegen. Hier verläuft ein breiter, auf der Karte nicht eingezeichneter Waldweg. So kam ich auf den eingezeichneten Querweg und dahinter an die Oberkante des Hangrutsches. Salweide und Robinie haben begonnen, den Hang im oberen, steileren Abschnitt zu besiedeln, von unten kommen Brombeere und Waldrebe hochgekrochen, und heute sah ich an verschiedenen Stellen einen fleischfarben-rosanen Farbtupfer als Häubchen über diesem grünenden Urwald: die Wald-Platterbse, Lathyrus sylvestris. Ich liess mich an Wurzeln auf den Steilhang hinab, der die Hitze eines Steinbruchs verströmte. Sogar das Taubenschwänzchen sah ich hier herumschwirren, Kaisermantel, Kohlweissling und eine Art Dickkopffalter waren auch zu Gast. Im sandig-schottrigen Teil rannte auch ein Laufkäfer über den Kies. Eine Stufe überwand er so rasch, dass ich nicht mitbekam, ob er da gesprungen war oder geflogen - kann er das?
Die steile Böschung, in der auch Sandstein hervortrat, zeichnete sich durch besondere Gebilde aus, die man im Grossen an verschiedenen Stellen namentlich in Graubünden bewundern kann. Erdpyramiden. Wenn man bei google unter Erdpyramiden Molinis sucht, findet man schöne Fotos davon. Unter dem Stichwort Erdpyramiden findet man natürlich auch bei hikr etwas:
https://www.hikr.org/gallery/photo3155551.html
https://www.hikr.org/gallery/photo3801595.html
https://www.hikr.org/gallery/photo3366206.html?post_id=163525
Hier die Erdpyramiden von Platten:
https://www.hikr.org/gallery/photo1448924.html?post_id=81166
Und auch ohne den Namen zu nennen, hat KurSal ein schönes Foto davon aus dem Chuonzentobel nördlich der Mittagsspitz veröffentlicht
https://www.hikr.org/gallery/photo3155556.html?post_id=153761
Der Unterschied ist nur, dass die Gebilde hier wenige Zentimeter gross sind.
Vom Hangrutsch kam ich runter an den Dorfbach, den hier eine kleine Betonbrücke quert. Auf der Gegenseite stieg ich noch auf bis zur nahegelegenen Mündung des Ginslibächlis, dann ging ich auf dem breiten Schotterweg bachabwärts. Da entdeckte ich im Wald links des Bachs einen kleinen Felsvorsprung mit Farnen und Höhlen, ebenfalls Felsenschotter. Der Dorfbach ist hier schon stark vom Menschen geprägt: 3 Staumauern aus Beton, vermutlich als Hochwasserschutz.
An einer Stelle hatte ein Hangrutsch dazu geführt, dass der breite Weg längs der Mitte um 50 cm abgesackt war. Diese sonnige, feuchte Stelle, auf der Wasserdost und Kohlkratzdistel blühten, war ein Stelldichein für Kaisermantel, Kleiner Eisvogel, Zitronenfalter, Kohlweissling und eine Art Dickkopffalter.
Weiter unten querte ich den Dorfbach wieder über eine Betonbrücke und kehrte über einen Wanderweg zurück zu Punkt 487 m bei der Lochärgete.

Tourengänger: konschtanz


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»