Český Ráj - Unterwegs im Böhmischen (Felsen-) Paradies


Publiziert von lainari , 6. Juli 2023 um 18:18.

Region: Welt » Tschechien » Jičínska pahorkatina
Tour Datum: 4 Juli 2023
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 4:45
Aufstieg: 590 m
Abstieg: 590 m
Strecke:15 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Bus bis Kacanovy
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 19 Český Ráj

Von Kacanovy zum zámek Hrubá Skála
 
Ein schöner Sommertag lockt mich nochmals in die Region Jičínska pahorkatina. Bei der Anreise in Richtung Osten gibt es durch Wildwechsel bei tiefstehender Sonne von vorn eine Schrecksekunde. Einen Zusammenstoß mit der Rehfamilie kann ich gerade noch so verhindern. Am Startpunkt am Friedhof von Kacanovy belege ich den ersten Parkplatz.
 
Zu Fuß gestartet, folge ich dem blau markierten Wanderweg und verlasse das Siedlungsgebiet. Der Weg steigt durch ein bewaldetes Tal bergan. Auf einer Lichtung befindet sich das historische Gehöft Kopicův statek. Das Anwesen wurde 1787 errichtet und wurde früher Jirošova rychta genannt. Der heute verwendete Name geht auf den Inhaber Vojtěch Kopic (1909-1978) zurück. Dieser brachte im nahegelegenen Felsental eine Vielzahl von Reliefs an, die sich motivlich auf die tschechische Geschichte beziehen. Heute stehen insgesamt 17 Motive mit 52 Einzelelementen unter Denkmalschutz. Ich drehe auf dem vorgesehenen Pfad eine Runde durch das Areal. Ein Stück weitergelaufen, trifft der blaue Wanderweg auf den Kammweg. Hier biege ich links auf. Wo der blaue Wanderweg nach rechts als Pfad abknickt, gehe ich gegenüber unmarkiert auf eine Felsenzunge hinaus. An ihrem Ende erreiche ich die Felsenburg hrad Kavčiny. Diese bestand aus drei Sandsteinblöcken, die mit Holzbrücken verbunden und mit Holzaufbauten versehen waren. Diese hatten teilweise Lehm- oder Ziegelausfachungen. Heute haben sich nur noch Spuren an den Sandsteinfelsen erhalten. Die Anlage wird meist als Vorburg von hrad Valdštejn angesehen, könnte jedoch auch ein kleiner Adelssitz gewesen sein. Sie wurde nur 1440 urkundlich, als sie von Landeskräften rückerobert wurde, nachdem sie zuvor von Raurittern besetzt war. Dabei erlittene Schäden könnten auch der Anlass des Unterganges gewesen sein. Der Felsen der Kernburg kann mit etwas Kletterei besichtigt werden.
 
Ich gehe zum markierten Weg zurück und nehme den blau markierten Bergpfad. Dieser geht zunächst zu einem Aussichtspunkt, bevor er sich durch eine faszinierende Felsenlandschaft windet. Mehrere Treppenpassagen und ein Engnis sind dabei zu überwinden. Die fast weißen Felstürme sind spektakulär anzusehen. Später mache ich einen Abstecher zu einem Waldteich und passiere zurück auf dem blauen Weg einen Quellhang mit mehreren Quellen. Dann treffe ich am einstigen Kaltwasserheilbad Lázně Sedmihorky ein. Die Anlagen werden heute nicht mehr zum ursprünglichen Zweck genutzt. Ein Pavillon bietet sich als Pausenplatz an. Da sich hier ein Parkplatz befindet, sind die Wege nun deutlich belebter. Ich wechsele auf eine grüne Markierung und laufe auf einem asphaltierten Weg ein Tälchen aufwärts. Erneut taucht man dabei in eine faszinierende Felsenlandschaft ein. Der Weg ist später unbefestigt und erreicht eine Felsenschlucht. Durch eine seitliche Spalte, Myší díra (Mäuseloch) steige ich hinauf zum zámek Hrubá Skála. Das Schloss entstand durch Umbauten der früheren Burg Skála. Diese wurde vor 1353 errichtet, als erster Inhaber wird Hynek z Valdštejna angesehen. Im Laufe der Geschichte erfolgten mehrere Besitzwechsel. Heute kann das Schloss besichtigt werden. Obwohl es erst früher Vormittag ist, haben die zwei eingesetzten Parkraumbewirtschafter alle Hände voll zu tun, die ankommenden Fahrzeuge in die knappen zur Verfügung stehenden Plätze einzuweisen. Auf der vorbeiführenden schmalen Straße bildet sich oft eine kleine Schlange. Meine Lust auf eine Besichtigung verfliegt. Aber ich lege eine kleine ungeplante Erkundung ein. Der hinter der Burg in Richtung Kamm befindliche Felsen stellte sich mit Verbesserung der Belagerungstechnik zusehends als Gefahr dar. Deshalb hatte man hier eine vorgeschobene Bastion, den sogenannten Pulverturm eingerichtet, Kanonenschanzen angelegt und den Felsen durch einen Halsgraben vom Massiv abgestochen. Ein kleiner Treppenpfad führt dort hinauf. Ich sehe mich kurz um, steige wieder hinunter und laufe auf dem gelben Wanderweg bis zum Aussichtspunkt Mariánská vyhlídka. Unterwegs treffe ich viele Leute, die „typische tschechische Familie“ mit zwei bis drei Kindern und ebenso vielen Hunden, besser situierte Ein-Kind-Familien, die ihre monetären Schätze, wie Selfie-Stangen, Fotoausrüstungen und Drohnen in den Wald tragen, sowie Wandergruppen. Kaum habe ich mich auf ein ruhiges Felsenriff zurückgezogen, rückt mir ein Drohnenpilot auf die Pelle. Ich trete also den Rückzug bis zur Straße an.
 
Kaum laufe ich am Straßenrand weiter, endet der Besucherspuk. An einer Kreuzung pfade ich unmarkiert nach rechts durch eine Kiefernheide und treffe wie geplant auf den grün markierten Wanderweg. Dieser fällt steil in ein Tal hinunter. Nach einer Weile kommt auf kurzer Strecke eine blaue Markierung dazu. An der nächsten Kreuzung gehe ich geradewegs auf einer unmarkierten Rampe bergan und wechsele im Verlauf weglos auf eine Bergschulter. Hier treffe ich unvermittelt auf den Kontrollpunkt eines Orientierungslaufes. Im Minutentakt kommen aus unterschiedlichen Richtungen sportbekleidete Läufer mit Karten herbeigeeilt. Der Eine oder Andere wundert sich über den behüteten rucksacktragenden Sonderling, der ebenso mit einer Karte herumwedelt. Diese hilft mir schließlich zum Auffinden des Gipfels des Tafelberges Rovná Radeč. Der Untergrund besteht hier untypischerweise teils aus losem, groben Kies. Erst beim weglosen Abstieg über das Westende sehe ich die typischen Sandsteinfelsen. Der lose, steile Nadelboden mit Kiefernzapfen erfordert beim Abstieg höchste Konzentration. Am Talweg angekommen, passiere ich zwei Waldteiche und komme später nach Kacanovy zurück. Die Parkmöglichkeiten am Friedhof sind mittlerweile auch restlos ausgeschöpft.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 4 h 45 min.
Der absolvierte Weg ist bei der hrad Kavčiny und dem weglosen Abstieg vom Rovná Radeč mit T3 zu bewerten, diverse Pfadabschnitte mit T2 und die übrige Strecke mit T1. Die absolvierte Runde ist größtenteils als Wanderweg markiert.

Tourengänger: lainari


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