Kriegsspuren und wilde Grate am Signal du Petit Mont-Cenis


Publiziert von panodirk , 15. November 2022 um 17:11.

Region: Welt » Frankreich » Vanoise » Thabor Group
Tour Datum: 4 September 2022
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1540 m
Abstieg: 1940 m
Strecke:19 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Die D1006 führt exzellent ausgebaut von Lanslevilard oder Lanslebourg zum Pass (großer Parkplatz).
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.
Unterkunftmöglichkeiten:Refuge du Petit Mont Cenis (2.110 m)
Kartennummer:IGN 3634OT Val Cenis

Was macht man, wenn man mal wieder in der Maurienne von sehr traurigen Wetterprognosen erwischt wird? Besonders dann, wenn sonnige Tage sich in Cumulus-Jagden verwandeln? Genau: Man sucht sich Alternativbetätigung!
Den Signal du Petit Mont-Cenis kennen wir ja nun schon von 2012 (das war auch so ein trauriges 2-wöchiges Cumuls-Erlebnis hier vor Ort); und so nahmen wir uns den Nordgrat vor, um statt Panoramastaunen Klettern und Wegsuche zu erleben. Die Literatur gibt PD- (Patrick Col, Andy Hodges) an bzw. eine 'abenteuerliche Gratkletterei' (Iris Kürschner). Also los!
Der Grat von der Pointe de Cugne zum Signal du Petit Mont-Cenis ist tatsächlich lang und anhaltend fordernd. Nur selten gibt es einfaches Gehgelände, entweder klettert man oder man umgeht rechts oder links. So kommt man an allen Hindernissen vorbei, auch wenn sie beim Näherkommen teils monströs aussehen. Daher gebe ich T5 (II).
Spannend ist diese Runde aber vor allem auch wegen der gewaltigen Kriegsanlage auf der Petite Turra, die zwischen 1899 und 1902 erbaut wurde.

DIE TOUR
Die Wolken des nächtlichen Regens lösten sich zögerlich auf, als wir früh - noch vor 7 Uhr - Col du Mont-Cenis (2.081 m) starten. Der Weg führt direkt hinauf zum Fort auf der Petite Turra. Oben am namlosen Pass angekommen (ca. 2.500 m) gehen wir gleich nach Süden in die Festungsanlage und weiter auf die Petite Turra (2.529 m, gut 1 Stunde ab dem Startpunkt). Wir durften dort einen wunderschönen Sonnenaufgang genießen!
In der Festungsanlage kann man viel Zeit verbringen und vieles entdecken. Doch uns zog es weiter zum zweiten Berg des Tages, der Grande Turra bzw. der Grande Coin. Hierzu folgen wir ab dem Abzweig auf 2.500 m zunächst für 5 Minuten dem markierten Weg zum Pass de la Beccia, bis wir zu einer größeren Barackensiedlung mit zwei verrostenden Seilbahnstationen gelangen. Bei den nordwestlichen Baracken startet ein in der IGN-Karte verzeichneter deutlicher ehemaliger Militärpfad, der mit geringem Höhenverlust den Talkessel umrundet und dann auf guten Wegen den steilen Wiesenhang zum Col des Randouillards (2.747 m) hinaufzieht - eine Stunde sollte man ab Petite Turra einplanen. Im Wiesenhang ist der Weg mit gelber Markierung versehen und kaum zu verfehlen; mir ist es trotzdem gelungen, den Pfad zu verlieren (an einer Felsnase ist daher mein GPS-Track für knapp 100 Höhenmeter falsch).
Vom Col gelangt man in gut 10 Minuten zur le Grand Coin (2.796 m), einen großartigen Aussichtspunkt, weit vorgeschoben über dem Tal der Arc!
Zurück im Pass startet das Abenteuer. Ich habe mich von den gelben Markierungen blenden lassen und bin ewig nach Westen gequert, um dann auf guten Wegspuren die Pointe de Cugne (2.984 m) zu erreichen. Eigentlich wäre der Nordgrat unser Ziel gewesen; der geht sicher schneller und soll auch verhältnismäßig leicht sein. Daher stimmt auch hier wieder mein GPS-Track nicht.
Ab der Pointe de Cugne geht es dann zur Sache. Direkt schon der Abstieg in den Sattel auf 2.929 m bietet eine steile Felsbastion auf, welche man aber rechts (westlich) umrunden kann. Ab dem Sattel ist es dann immer dasselbe Spiel: Man bleibt möglichst nahe am Grat, manchmal kann man direkt den Grat erklettern, manchmal bleibt man weiter links oder rechts. Auf eine Stelle im Grat mag ich separat hinweisen, die man nach gut der Hälfte des Aufstiegs erreicht. Nach einem Aufstieg am Grat und einigen luftigen Schritten steht man vor einem gutgriffigen, aber senkrechten Wändchen von 5 Meter Höhe, das auch noch sehr ausgesetzt auf die Gratschneide mündet. Wahrscheinlich ist das nicht mehr als II, doch ich habe mich nicht getraut, hinab zu klettern. So sind wir diese Stelle links (ostseitig) in sehr rutschigem Schutt recht weit unten umgangen, um direkt in der Rinne wieder aufzusteigen, die zu diesem Wändchen führt. Die gut 200 Höhenmeter sind durchweg fordernd, aber auch spannend und schön, wenn man IIer-Gelände oder T5-Gelände mag. Wir haben es sehr genossen, aber wir haben 90 Minuten von der Pointe de Cugne zum Signal du Petit Mont-Cenis (3.162 m) benötigt.
Ja, hier gäbe es an Vormittagen oft ein sehr schönes Panorama - in der Realität hat es mittags hier eigentlich nur Wolken und Kälte. Schade! Kurze Pause und nichts wie hinunter zum Col de Sollieres (2.639 m), den man in 45 Minuten erreicht.
Ab hier gibt es sicher mehrere Optionen, um zum Ausgangspunkt zurück zu gelangen. Wir gingen nach Süden, nahmen den Weg über die Gran Plan, ließen den Abzweig zum Pas de la Beccia links liegen und stiegen die steilen Wiesen hinab zum Lac du Mont-Cenis. Wir mussten auf dem schmalen Weg mit viel gutem Zureden eine Kuh vertreiben. Diese hat dann eine Artgenossin hinauf in die steile Wiese gestoßen und uns Platz gemacht. Wir haben uns sehr artig bedankt! - Nervend dann die letzten Kilometer auf Asphalt; zum Glück kann man einmal wild durch eine Wiese abkürzen. Wir haben gut 2 Stunden vom Col de Sollieres zurück benötigt. Trotz mediokrem Wetters haben wir eine tolle Tour hinter uns gebracht!

Tourengänger: panodirk


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