Schlecht markiertes Chalchtal und Versuch Gross / Chli Chelen (mit Hikr-Begegnung)


Publiziert von Wanderer82 , 29. August 2021 um 01:51.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:15 August 2021
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Zeitbedarf: 1 Tage
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 800 m
Strecke:Sustenbrüggli - Chalchtal P. 2250 - Gross / Chli Chelen - Sustenbrüggli
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Postauto ab Göschenen oder Meiringen bis Maien, Sustenbrüggli
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Dito Ausgangspunkt
Unterkunftmöglichkeiten:Sustenpass, Passhöhe und Steingletscher (Hotel)

Diese kleine Wanderung bot sich für mich dieses Jahr besonders an wegen meiner schlechten Kondition. Ich hatte noch eine kleine Rechnung offen mit dem Chalchtal, da ich bei der Begehung des Sustenjochs via Bockberg-Route aufgestiegen war. Das Alpinwanderweg-Stück von der Guferalp zur Verzweigung im Chalchtal beim Punkt 2250 musste also noch begangen werden. Auf dem Rückweg wollte ich via Gross bzw. Chli Chelen zur Passhöhe gelangen und bei genügend Zeit einen entdeckten, vorzeitigen Abstieg von der Guferjoch-Route zur Pass-Strasse (irgendwo durchs Sustenloch) abwandern.

Ich starte bei der Haltestelle "Sustenbrüggli" und verliere, anfangs nahe des herrlichen Sustlibachs wandernd, die ersten 150 Höhenmeter. Der breite und flache Weiterweg Richtung Sustenpass folgt einen knappen Kilometer der Meienreuss. Über eine gute Brücke überquert man diese, nachdem der blaue Wegweiser ins Chalchtal gewiesen und man eine Alp passiert hat. Bereits fällt mir auf, dass Markierungen fehlen, der Pfad ist jedoch erst breit und eindeutig, was einem ein gutes Gefühl vermittelt. Nachdem man langsam nach Süden einbiegt und die Steigung etwas zunimmt, warte ich vergeblich auf die Bachquerung, welche gemäss Karte kurz vor 1900 Metern erneut stattfinden sollte. Als irgendwann die Spur undeutlich wird, starte ich mein GPS-Gerät und sehe, dass ich bereits einiges an der vermeintlichen Querung vorbei bin. Da ich keine Lust habe, wieder zurückzugehen, versuche ich jetzt ohne Brücke eine Gelegenheit zu finden, was ich bald verwerfe. Zu viel Wasser, zu wenig Steine. Die bald völlig verschwindenden Begehungsspuren führen mich etwas weiter nach links, weg vom Bach. Da ich so schnell wie möglich den eingezeichneten Weg finden will, suche ich immer wieder die Bachnähe auf. Irgendwo auf ca. 1950 Höhenmetern sieht es dann besser aus und die Überquerung gelingt trockenen Fusses. Rechts haltend versuche ich die Spur zu finden, wo diese gemäss GPS sein sollte. Da dies nicht der Fall ist, versuche ich nach Gespür zu gehen und entdecke auf einer "Moräne" einen Steinmann. Nichtsdestotrotz suche ich mir den angenehmsten Weg selber, während zwei weitere Sustenjoch-Anwärter von unten hochkommen und anscheinend den Bach früher überquert haben. Sie bleiben denn auch weiter westlich und suchen sich ihren Weg dort. Das ist falsch, wie sich später herausstellen sollte. Auch ich bin jetzt wenige dutzend Meter zu weit westlich unterwegs und gelange erst bei 2100 Metern auf den Pfad, der diese Mini-Moräne hochzieht und den nur wenige, eher schwächliche Markierungen zieren. Beim Wegweiser mache ich nur eine kurze Rast und steige wieder ab, wohl zur Verwunderung der ankommenden Bergsteiger. Vermutlich angesichts des Schneefeldes beim Einstieg zur Sustenjoch-Wand werden sie jedoch auch wieder zurückkehren, jedoch über die andere Route. Während des Abstiegs kann ich jetzt den Markierungen etwas besser folgen, doch sind diese so weit auseinander, dass man sie kaum sieht und der Weiterweg wieder unklar wird, nachdem der Pfad sich auflöst. Bis etwa zum Steinmann, den ich vorher gesehen hatte, habe ich Markierungen gefunden. Danach sollte es eigentlich weiter westlich des Bachs weitergehen. Da liegt noch ein kleines Schneefeld und das war eine gute Gelegenheit, mal meine Chainsen Light "Ketteli" (= Microspikes) auszuprobieren, die ich mir zu Weihnachten gewünscht hatte. Ohne die Anleitung zu studieren, schaffe ich es erst nicht, diese auf die Schuhe zu ziehen. Und selbst nach deren Lektüre muss ich es mit ausgezogenen Schuhen machen und der Gummi wird arg gedehnt, aber alles hält. Der Grip ist gut, aber auf matschigem oder weichem Schnee rutscht man natürlich trotzdem bzw. der Schnee rutscht weg. Als ich wieder festen Boden unter den Füssen habe, bemerke ich im steileren Gras, dass diese Spikes auch hier sehr willkommen sind und lasse sie vorerst dran. Markierungen gibt es jetzt keine mehr, aber es beginnt wieder eine Spur, praktisch dort, wo auch die Spur Richtung Susten-Passhöhe abzweigt. Dieser folge ich jetzt, bis ich zu einem Graben - der Gross Chelen - gelange. Der Abstieg geht gut, auf der anderen Seite ist es kurz sehr steil und rutschig. Nun ginge es im Zickzack steil, aber grasig zum Pass hoch. Nach etwa den ersten zwei Zickzacks führt der Pfad zur Abbruchkante der Gross Chelen und wurde dort anscheinend mal weggerissen. Der Weiterweg wäre wohl machbar, ist aber nicht gut einsehbar. Die abgerutschte Stelle kann man "umgehen", indem man zwei "Tritte" direkt steil das Gras hochsteigt. Das ist mir an dieser Stelle zu riskant, wohl irgendwo um T5, vielleicht bin ich auch einfach nur ein Schisser. Also Umkehr bis zur Verzweigung. Damit kann ich nun dafür noch den auf der Karte eingetragenen Weg aus dem Chalchtal weiterverfolgen. Ohne Markierungen führt die Spur zum Bach, aber dort gibt es eben - tada - keine Brücke oder dergleichen. Und ohne eine solche ist auch hier nicht an eine Querung zu denken. Es bleibt mir nichts anderes, als weglos auf dieser Seite weiter abzusteigen. Das ist ein wenig mühsam, doch das letzte Postauto fährt bald und ein weiterer Umweg kommt nicht in Frage. So geht das dann bis zur Alp Susten, wo ich denselben Weg wie am Morgen wieder zurück zum Sustenbrüggli nehme. Die Zeit reicht noch für den legendären Orangenmost im Biker-Restaurant, wo man nur am Tisch bedient wird.

Den ursprünglichen (falls es den überhaupt gab) markierten Weg konnte ich also nicht eruieren. Empfehlenswert ist sicherlich, den Bach einfach dort zu überqueren, wo es einem am besten möglich erscheint und die Markierungen zu vergessen. Für eine ausgeschilderte Route finde ich es jedoch frech, die Markierungen nicht sauber zu setzen.

Als ich im Postauto Richtung Meiringen bin, fällt mir jemand auf. Tatsächlich hatte ich schon früher einmal im ÖV zu einer meiner Wanderungen das Gefühl, diesen Herrn erkannt zu haben. Das war, glaube ich, irgendwo bei Gstaad Richtung "Col du Pillon". Im Kiosk Meiringen läuft er mir dann nochmal über den Weg und nach etwas Hin- und Her getraue ich mich, zu fragen, ob es sich um den hier bekannten Bertrand handle. Tatsächlich ist dem so und wir halten einen kurzen Schwatz. Bertrand habe ich hier nämlich einmal in einem Kommentar zu seinem Tourenbeschrieb auf "La Routia" angeschrieben, deshalb war er mir von Fotos bekannt. Hiermit also nochmal einen netten Gruss an Bertrand. Dies ist meine zweite Begegnung mit einem Hikr. Meine erste mit "Kopfsalat" verlief hingegen unbemerkt, doch hatte er ein Foto geschossen, auf dem ich - von weitem - zu sehen bin, und es hier veröffentlicht. Wir sind dann auch im selben Postauto gefahren.

PS: Die Bewertung T5 gilt natürlich nur für die kurze Stelle, die ich nicht hoch bin. Der ganze Rest bis zum Abzweiger im Chalchtal ist problemlos und von den Schwierigkeiten T3, höchstens wegen der fehlenden Markierungen könnte man es auch höher bewerten.

Tourengänger: Wanderer82


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Kommentare (2)


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BergEvent hat gesagt:
Gesendet am 30. August 2021 um 21:20
Hallo Wanderer
Klingt spannend, kannst du trotz den widrigen Umständen eine Empfehlung aussprechen?
Greez
Mark

Wanderer82 hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. August 2021 um 22:35
Hallo Mark

Naja, ich habe die Wanderung nur gemacht, weil ich noch das blau-weisse Teilstück abhaken musste. So eine richtige Tour ist das ja nicht, wenn man zügig unterwegs ist. Wenn man ins Chalchtal läuft, hat man keine Wahnsinnsaussicht, aber auf dem Rückweg schon. Nur läuft man halt zweimal dieselbe Strecke. Ausser man schafft den Aufstieg über die Chelen. Erweitern kann man die Sache natürlich immer.

Grüsse
Thomas


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