Minsener Oog - Erster Versuch
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In der Nordsee baden gegangen...
Wattwandern und Alpinwandern erscheinen maximal gegensätzlich. Doch ich glaube, dass eine Wattwanderung einem Alpinwanderer durchaus Spaß machen könnte - umgekehrt übrigens auch - warum auch nicht, denn Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich (magisch) an...
Um diesen Bericht ein wenig verständlicher für Bergfreaks zu gestalten, möchte ich ein paar "Übersetzungen" etablieren. Wie man sieht, lassen sich einige hübsche Pärchen bilden...
Das Ziel meiner ersten Tour im Watt soll die Minsener Oog sein. Ein richtiger Gipfel (ähm... eine richtige Insel), aber eher leicht zu erreichen, dem Internet zufolge geeignet für Kinder, Hunde, Unkundige usw. - also genau richtig für den Anfang. Dachte ich. Um es vorwegzunehmen: ich bin daran gesackt, gescheitert, hängen geblieben oder wie man es auch nennen will...
Wenn man etwas zum ersten Mal versucht, möchte man natürlich alles richtig machen. Also bereite ich mich gut vor:
- zwei Ratgeber lesen
- Seekarte kaufen & lernen, was die Zahlen darauf bedeuten
- Kompass mitnehmen
- alte Schuhe mitnehmen
- (selbverständlich) die Zeiten für Hoch- und Niedrigwasser recherchieren
- "gutes" Wetter abwarten
- und noch einiges mehr...
Endlich geht es los - und zwar am Strand von Schillig, etwa drei Stunden vor Niedrigwasser.
Bekleidet mit T-Shirt, kurzer Hose, leichtem Rucksack (in einem hellen Moment habe ich alles wasserempfindliche Zeug ins Deckelfach gepackt...), Kamera am Gürtel (wasserdicht, sonst könnte ich heute keine Fotos präsentieren...) und alten, leichten, fest geschnürten Trekkingschuhen wage ich die ersten Schritte ins Reich der Nordsee.
Mein erstes Ziel ist nicht die Oog, sondern ein Wrack, das ca. 400 m vor dem Strand in den 60er strandete. Gleich auf den ersten Schritten wird es etwas schlickig, aber das habe ich erwartet. Und es geht. Die Schuhe, wegen denen ich mir die meisten Sorgen gemacht habe, bleiben am Fuß. Allzu bald stehe ich auf dem eisernen Wrack und freue mich. So einfach ist es...? Ich sollte mich irren...
Ich gehe weiter in Richtung Nordost. Das Watt dort liegt noch unter Wasser, nicht tief zwar, aber ich halte mich bald mehr in Richtung Osten, wo es anscheinend schon trockengefallen ist. Bevor ich die Sandbank erreiche, geht mir das Wasser gut bis zum Knie. Es ist recht klar und hat deutlich Strömung. Und es sind Quallen drin. Sicherheitshalber mache ich immer einen Bogen um die Tiere...
(heute weiß ich, dass es wohl Feuerquallen waren, also war der Bogen kein Fehler)
Auf dem trockenen Bereich komme ich wieder zügig vorwärts und wandere nun direkt nach Norden. Für kurze Zeit sind alle Sorgen weg. "Ich bin wohl etwas zu früh dran." denke ich, denn es sind noch mehr als zwei Stunden bis zum Niedrigwasser.
Die Motivation steigt, als die Insel in Sicht kommt. Aber nur kurz. Immer wieder wallen zarte Nebelschwaden über das Watt, sodass die Orientierung nur mit dem Kompass möglich ist. Nicht gut.
Plötzlich ist die Sandbank zuende. Und beginnt einige hundert Meter weiter nördlich wieder. Dazwischen ist Wasser - ein Priel, der durchquert werden muss. Ich versuche es, wo der Priel am schmalsten ist, aber es wird schnell tief. Missmutig gehe ich an Rand des Priels entang, der Strömung entgegen. Ein zweiter Versuch klappt auch nicht. Da das Wasser dort in die andere Richtung fließt, wird es irgendwo dazwischen wohl am flachsten sein. Ich warte einige Minuten ab und probiere es an einer dritten Stelle. Es wird schnell tiefer - bis zum Oberschenkel, dann bis zum Gürtel. Aber nicht weiter! Ich komme durch.
Jetzt müsste der Weg zur Insel doch frei sein - oder? Zuerst geht es ganz gut voran. Und das Ziel wird immer besser sichtbar. Ein bisschen Wasser trennt mich nur noch von der Südspitze der Insel.
Erst merke ich gar nicht, dass es schon wieder tiefer wird. Langsam erst, bis zum Knie - dann bis zum Oberschenkel - dann bis zum Gürtel. Bleibt es dabei, wie vorhin?
Leider nicht. Als ich merke, dass mein Rucksack im Wasser aufschwimmt, ist Schluss. Zurück! Ich wate noch etwas hin und her - erfolglos. Also gehe aufs trockene zurück. Noch eine gute Stunde bis zum Niedrigwasser. Für einen Versuch reicht die Zeit noch.
Ich probiere es etwas weiter östlich. Dort ist die Strecke im Wasser zwar länger, dafür scheint es hat nicht so schnell tiefer zu werden. Aber es wird tiefer. 10 m vor mir sehe ich zwei von den Priggen (kleine Bäume, die ins Wasser gesteckt wurden), die das Wattfahrwasser kennzeichnen. Vielleicht hundert Meter rechts von mir liegt ein Segelboot. Nein! So geht es nicht. Da kann man mit dem Schiff langfahren, aber doch nicht durchlaufen! Außerdem fange ich an zu frieren (ist ja auch kein Wunder, an einem Tag mit ca. 13 °C Wassertemperatur). Abtrocknen oder umziehen geht ja nicht mitten im Watt.
Also zurück - und diesmal endgültig. Immerhin sind es etwa fünf Kilometer bis zum Strand. Der Rückweg hat den Vorteil, dass man die größeren Gebäude in Schillig viel besser anpeilen kann als die flache Minsener Oog. Dafür wallt immer wieder Seenebel über das Watt. Im Gegensatz zum Hinweg verwende ich den Kompass weniger häufig - und bekomme prompt die Quittung, denn ich gerate etwas zu weit nach Westen.
Dort ist zwar kein Wasser, dafür aber Schlick. Und zwar solcher, in dem man bis übers Knie versinkt. Fluchend quäle ich mich durch. Natürlich gerate ich kurz vor dem Ende aus dem Gleichgewicht und kippe in der Matsche um. Sauber eingesaut stehe ich vor dem einen Priel, den ich hinwärts gerade so überwinden konnte. Jetzt hat sich das Wasser noch ein wenig zurückgezogen und geht mir nur noch bis zum Oberschenkel.
Das Wrack umgehe ich knapp östlich und betrete etwa 15 Minuten nach Niedrigwasser wieder das Festland. So ziemlich das erste, was ich tue: die Bierflasche aus dem Rucksack holen & aufmachen. Wahrscheinlich mache ich einen ziemlich abgefahrenen Eindruck auf die Strandbesucher...
Das ist gut gelaufen:
- Rucksack ok
- Schuhe ok
- Zeitplan ok
- Kompass hat funktioniert
- nicht abgesoffen!!!
Dies weniger
- doofe Kleidung angehabt, die nur langsam trocknet
- zu viel Nebel
- zu viel Wasser!!!
Warum war da so viel Wasser? Die Tide ist nicht jeden Tag gleich stark. Und ich habe leider eine Nipptide (mit dem höchsten Niedrigwasserstand im ganzen Juni) ausgesucht. Dachte nicht, dass das so viel ausmacht. Konkret war das Niedrigwasser 1,4 m über Seekartennull. Bessere Tage haben etwa 0,9 m. Mit 50 cm weniger Wasser hätte es doch klappen können - oder...?
Fazit - das muss ich nochmal probieren!
Wattwandern und Alpinwandern erscheinen maximal gegensätzlich. Doch ich glaube, dass eine Wattwanderung einem Alpinwanderer durchaus Spaß machen könnte - umgekehrt übrigens auch - warum auch nicht, denn Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich (magisch) an...
Um diesen Bericht ein wenig verständlicher für Bergfreaks zu gestalten, möchte ich ein paar "Übersetzungen" etablieren. Wie man sieht, lassen sich einige hübsche Pärchen bilden...
Watt | Alpin |
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wandern | wandern |
Sandwatt | Matten |
Schlickwatt | Blockgelände |
Priel | Kletterstelle |
Insel | Gipfel |
abgesoffen | abgestürzt |
Das Ziel meiner ersten Tour im Watt soll die Minsener Oog sein. Ein richtiger Gipfel (ähm... eine richtige Insel), aber eher leicht zu erreichen, dem Internet zufolge geeignet für Kinder, Hunde, Unkundige usw. - also genau richtig für den Anfang. Dachte ich. Um es vorwegzunehmen: ich bin daran gesackt, gescheitert, hängen geblieben oder wie man es auch nennen will...
Wenn man etwas zum ersten Mal versucht, möchte man natürlich alles richtig machen. Also bereite ich mich gut vor:
- zwei Ratgeber lesen
- Seekarte kaufen & lernen, was die Zahlen darauf bedeuten
- Kompass mitnehmen
- alte Schuhe mitnehmen
- (selbverständlich) die Zeiten für Hoch- und Niedrigwasser recherchieren
- "gutes" Wetter abwarten
- und noch einiges mehr...
Endlich geht es los - und zwar am Strand von Schillig, etwa drei Stunden vor Niedrigwasser.
Bekleidet mit T-Shirt, kurzer Hose, leichtem Rucksack (in einem hellen Moment habe ich alles wasserempfindliche Zeug ins Deckelfach gepackt...), Kamera am Gürtel (wasserdicht, sonst könnte ich heute keine Fotos präsentieren...) und alten, leichten, fest geschnürten Trekkingschuhen wage ich die ersten Schritte ins Reich der Nordsee.
Mein erstes Ziel ist nicht die Oog, sondern ein Wrack, das ca. 400 m vor dem Strand in den 60er strandete. Gleich auf den ersten Schritten wird es etwas schlickig, aber das habe ich erwartet. Und es geht. Die Schuhe, wegen denen ich mir die meisten Sorgen gemacht habe, bleiben am Fuß. Allzu bald stehe ich auf dem eisernen Wrack und freue mich. So einfach ist es...? Ich sollte mich irren...
Ich gehe weiter in Richtung Nordost. Das Watt dort liegt noch unter Wasser, nicht tief zwar, aber ich halte mich bald mehr in Richtung Osten, wo es anscheinend schon trockengefallen ist. Bevor ich die Sandbank erreiche, geht mir das Wasser gut bis zum Knie. Es ist recht klar und hat deutlich Strömung. Und es sind Quallen drin. Sicherheitshalber mache ich immer einen Bogen um die Tiere...
(heute weiß ich, dass es wohl Feuerquallen waren, also war der Bogen kein Fehler)
Auf dem trockenen Bereich komme ich wieder zügig vorwärts und wandere nun direkt nach Norden. Für kurze Zeit sind alle Sorgen weg. "Ich bin wohl etwas zu früh dran." denke ich, denn es sind noch mehr als zwei Stunden bis zum Niedrigwasser.
Die Motivation steigt, als die Insel in Sicht kommt. Aber nur kurz. Immer wieder wallen zarte Nebelschwaden über das Watt, sodass die Orientierung nur mit dem Kompass möglich ist. Nicht gut.
Plötzlich ist die Sandbank zuende. Und beginnt einige hundert Meter weiter nördlich wieder. Dazwischen ist Wasser - ein Priel, der durchquert werden muss. Ich versuche es, wo der Priel am schmalsten ist, aber es wird schnell tief. Missmutig gehe ich an Rand des Priels entang, der Strömung entgegen. Ein zweiter Versuch klappt auch nicht. Da das Wasser dort in die andere Richtung fließt, wird es irgendwo dazwischen wohl am flachsten sein. Ich warte einige Minuten ab und probiere es an einer dritten Stelle. Es wird schnell tiefer - bis zum Oberschenkel, dann bis zum Gürtel. Aber nicht weiter! Ich komme durch.
Jetzt müsste der Weg zur Insel doch frei sein - oder? Zuerst geht es ganz gut voran. Und das Ziel wird immer besser sichtbar. Ein bisschen Wasser trennt mich nur noch von der Südspitze der Insel.
Erst merke ich gar nicht, dass es schon wieder tiefer wird. Langsam erst, bis zum Knie - dann bis zum Oberschenkel - dann bis zum Gürtel. Bleibt es dabei, wie vorhin?
Leider nicht. Als ich merke, dass mein Rucksack im Wasser aufschwimmt, ist Schluss. Zurück! Ich wate noch etwas hin und her - erfolglos. Also gehe aufs trockene zurück. Noch eine gute Stunde bis zum Niedrigwasser. Für einen Versuch reicht die Zeit noch.
Ich probiere es etwas weiter östlich. Dort ist die Strecke im Wasser zwar länger, dafür scheint es hat nicht so schnell tiefer zu werden. Aber es wird tiefer. 10 m vor mir sehe ich zwei von den Priggen (kleine Bäume, die ins Wasser gesteckt wurden), die das Wattfahrwasser kennzeichnen. Vielleicht hundert Meter rechts von mir liegt ein Segelboot. Nein! So geht es nicht. Da kann man mit dem Schiff langfahren, aber doch nicht durchlaufen! Außerdem fange ich an zu frieren (ist ja auch kein Wunder, an einem Tag mit ca. 13 °C Wassertemperatur). Abtrocknen oder umziehen geht ja nicht mitten im Watt.
Also zurück - und diesmal endgültig. Immerhin sind es etwa fünf Kilometer bis zum Strand. Der Rückweg hat den Vorteil, dass man die größeren Gebäude in Schillig viel besser anpeilen kann als die flache Minsener Oog. Dafür wallt immer wieder Seenebel über das Watt. Im Gegensatz zum Hinweg verwende ich den Kompass weniger häufig - und bekomme prompt die Quittung, denn ich gerate etwas zu weit nach Westen.
Dort ist zwar kein Wasser, dafür aber Schlick. Und zwar solcher, in dem man bis übers Knie versinkt. Fluchend quäle ich mich durch. Natürlich gerate ich kurz vor dem Ende aus dem Gleichgewicht und kippe in der Matsche um. Sauber eingesaut stehe ich vor dem einen Priel, den ich hinwärts gerade so überwinden konnte. Jetzt hat sich das Wasser noch ein wenig zurückgezogen und geht mir nur noch bis zum Oberschenkel.
Das Wrack umgehe ich knapp östlich und betrete etwa 15 Minuten nach Niedrigwasser wieder das Festland. So ziemlich das erste, was ich tue: die Bierflasche aus dem Rucksack holen & aufmachen. Wahrscheinlich mache ich einen ziemlich abgefahrenen Eindruck auf die Strandbesucher...
Das ist gut gelaufen:
- Rucksack ok
- Schuhe ok
- Zeitplan ok
- Kompass hat funktioniert
- nicht abgesoffen!!!
Dies weniger
- doofe Kleidung angehabt, die nur langsam trocknet
- zu viel Nebel
- zu viel Wasser!!!
Warum war da so viel Wasser? Die Tide ist nicht jeden Tag gleich stark. Und ich habe leider eine Nipptide (mit dem höchsten Niedrigwasserstand im ganzen Juni) ausgesucht. Dachte nicht, dass das so viel ausmacht. Konkret war das Niedrigwasser 1,4 m über Seekartennull. Bessere Tage haben etwa 0,9 m. Mit 50 cm weniger Wasser hätte es doch klappen können - oder...?
Fazit - das muss ich nochmal probieren!
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