Ostern auf dem Eifelsteig


Publiziert von Günter Joos (gringo) , 7. Mai 2021 um 21:01.

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Eifel
Tour Datum: 2 April 2021
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Zeitbedarf: 15 Tage

                                                                                                                 
Gewelltes Hochland und darin sich einschneidende Täler und Schluchten. Das ist das typische Landschaftsprofil der Eifel, und mit den oft sehr markanten Taleinschnitten entsteht auch der Gebirgscharakter. Wirklich ausgeprägte Gipfel fehlen. Neben abgerundeten Waldkuppen tun sich allenfalls ein paar aufgesetzte Höcker hervor, vor allem in der Vulkaneifel. Vergleichen wir die Eifel etwa mit dem im Nordosten sich rechtsrheinisch erstreckenden Rothaargebirge, finden wir hier einen weitaus geringeren Waldanteil, dafür  oft weites, offenes Wiesenland, das demensprechende Sichtweiten und viel Licht zum Wanderer bringt.  Praktisch alle Täler und Schluchten werden von Flüssen und Bächen durchströmt. Wasser ist somit ein bedeutendes Element in der Eifellandschaft.

Die Eifel ist bewohntes und vielerorts genutztes Land, allerdings recht dünn besiedelt, mit meist ländlich-bäuerlichem Charakter. Gar manches Eifeldörflein oder –städtlein bezaubert mit beschaulichem historischem oder traditionellem Ortsbild. Landschaft, Geschichte, Kultur, ein offener und freundlicher Menschenschlag - die 330 km lange Wanderung auf dem Eifelsteig lässt es dabei an nichts fehlen. Zudem mag er auch Pilger geleiten auf ihrem Weg zwischen den beiden Domstädten Aachen und Trier.
 
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02.04.2021

Es ist gehörig kalt hier in Aachen. Eine zähe Hochnebeldecke hängt über der Stadt und lässt  eine gewisse Tristesse aufkommen. Der Eindruck verstärk sich dadurch, dass sehr wenige Menschen im Zentrum um den Dom herum unterwegs sind - und das am Karfreitag! Ein kalter Wind sorgt für Ungemütlichkeit. Auffallend viele, überwiegend junge Bettler sind unterwegs. Wenn sonst niemand auf der Straße ist, dann fallen die besonders auf, die immer dort sind ...

Nach eingehender Besichtigung und Herumspazierens im und um den Dom kümmere ich mich um mein Weiterkommen per Bus nach Kornelimünster. Der freundliche Busfahrer ist mir dabei behilflich, an der richtigen Haltestelle auszusteigen. Hier, in diesem schmucken, kleinen Vorort von Aachen nimmt der Eifelsteig seinen Ausgang. Kornelimünster verfügt über ein sehenswertes Kloster, und die Häuser weisen einen hübschen Baustil auf. Wohl schon eine Anlehnung an das nahe Belgien? Um 16.30 h, und heute rechtzeitig zum "Sonnenaufgang", kann es dann also losgehen. Gleich zu Beginn zeigt sich der Weg idyllisch, folgt zunächst dem Bachlauf der Inde, danach der Trasse der einstmaligen Vennbahn. Auch die Orte Hahn und Wahlheim zeigen das "belgische" Ortsbild. Nach dem Weiler Kitzenhaus erreiche ich einen Unterstand auf einer Forstwegkreuzung im Wald. Die ersten 10 km auf dem Eifelsteig  sind getätigt.
 
03.04.2021

In der Nacht hatte es leicht geregnet, der Daunenschlafsack hat am Fußende einen Schlag abbekommen, doch gefroren habe ich gottseidank nicht. Erster Höhepunkt heute ist das NSG Struffeld, ein kleiner Vorgeschmack auf das Hohe Venn und nach der Dreilägerbachtalsperre geht´s schnurstraks auf die belgische Grenze zu, die in Roetgen, in den Nachkriegsjahren als Kaffeeschmugglerort verschrien,  erreicht wird. Das Hohe Venn, ein riesiges Moorgebiet, das sich komplett auf belgischem Boden erstreckt, soll heute für mich Thema sein. Der Eifelsteig zieht hier pfeilgerade auf einem Teerweg durch, doch ich beschließe einen mittels Karte selbst konstruierten Umweg, mit welchem sich mir über Pfade und Holzbohlenstege dieses Moorgebiet näher erschließt.Die Sonne kann sich erst ab der Miitagszeit durchsetzen. So richtig warm wird´s  allerdings nie. Sobald sich eine Wolke vor die Sonne setzt, was leider oft passiert, wird es kühl und prompt gesellt sich auch ein kalter Wind hinzu. Zur Übernachtung beziehe ich die Stelinghütte, ein nach einer Seite offenes Unterstandshüttchen am Rande des Venn. 
 
04.04.2021

Aufwachen mit kondensierender Atemluft. Raus aus dem Schlafsack, rein in die Pantoffeln! Von der Stelinghütte aufwärts gehend erreiche ich mit dem Steling (658 m) den höchsten Punkt des Eifelsteiges und gleichzeitig meinen ersten und vorläufig  einzigen Ardennen"gipfel". An Kaiser Karls Bettstatt frage ich mich, wer überhaupt auf die blöde Idee kommen könnte, sich zum Übernachten auf einen schrägen Felsen zu legen. Der Name der folgenden Ortschaft Mützenich soll gemäß überschwänglicher Lokalpatrioten von Karls Aussage in jener ach so kalten Nacht herrühren: "Ich habe meine Mütze nich´" ... ohne Kommentar ...
Monschau ist ein Traum von einem mittelalterlich geprägten Städtchen, eingebettet in ein enges Tal. Von der Burg herabsteigend gelange ich über Treppchen und Gässchen in den historischen Kern. Dieser scheint wie ausgestorben, immerhin gibt es einen Kaffe ToGo zum Aufwärmen. Zu guten Zeiten überborden Gassen und Straßenkaffees mit Ausflüglern aus Deutschland und Benelux.

Der felsige Pfad des Perlbachtales hingegen zieht heute viele Osterwanderer an. Die Pflanzung von Hecken hat aufgrund der fast immerwährenden Winde eine alte Tradition in der Eifel und kann eingehend in der Ortschaft Höfen studiert werden, wo diese oft besonders kunstvoll zugeschnitten sind. Durchs idyllische Kluckbachtal geht´s dann weiter in den eindrucksvollen Canyon des Rurtales. Am Weißen Kreuz mit Aussicht und sehr guter Unterstandshütte beendige ich meine heutige Etappe. Ab der zweiten Tageshälfte hatte sich Sonnenschein eingestellt. So ist es mir vergönnt,  mein exponiertes Nachtquartier mit Blick über den Canyon hinweg und hinüber nach Widdau bei einer warmen Pasta in den letzten Sonnenstrahlen zu genießen.
 
05.04.2021

Zunächst bleibe ich noch von der angekündigten Rückkehr des Winters verschont. Ab Dedenborn dann Eintrübung mit Nieselregen und stärker werdenden Winden. Ich komme auf den Obersee zu, der enormen Stauung der Urft und damit auch in den Eifel-Nationalpark. Eine packende Aussicht, bevor es abwärts geht zur Staumauer und in die am See gelegene Ortschaft Einruhr. Am Ortseingang, an einem Kiosk nahe der Schiffslände, treffe ich Carmen wieder, wir hatten uns bereits an der Stelinghütte kennengelernt. Nach einem Kaffee unter Einheimischen setzen wir unseren Weg nun gemeinsam bis zur Urfttalsperre fort. Der riesige Stausee verzweigt in verschiedene Wasserarme und hinterlässt bei mir den Eindruck einer Fjordlandschaft. Der Regen, welcher sich inzwischen stärker geworden ist, würde ja auch ganz zu Norwegen passen. Während Carmen von der Staumauer aus gen Osten weiterwandert und somit den Eifelsteig verlässt, bleibe ich diesem treu. Es geht hinauf zur Wüstung Wollseifen, einem ehemaligen Truppenübungsplatz. Hier oben, in der offenen, mit Ginster, Gras und nur schütterem Baumbewuchs savannenartig erscheinenden Einöde, ist dann der Übergang zum Schneefall vollzogen, oder eher noch zum Schneegestöber. Nach dem Geisterort Wollseifen folgt bald die ehemalige Nazi-Ordensburg Vogelsang. Die Dimension der Anlage ist enorm. Es  bietet sich hier ein wunderbarer Ausblick über den Urftstausee hinweg. Zu normalen Zeiten kann auch an einer instruierenden Führung durchs Areal teilgenommen werden.

Ein in der Kompasskarte eingezeichneter Unterstand am Ortseingang von Morsbach ist nicht existent. Inzwischen hat sich das Wetter zwar merklich gebessert, aber ich weiß sehr wohl um die weiteren Aussichten und lege deshalb Wert auf einen tauglichen Unterstand, aufs mitgeführte Notzelt allein möchte ich mich besser nicht verlassen. Auch am Ortsrand des Kurstädtchens Gemünd werde ich diesbezüglich nicht fündig und beschließe den Weitermarsch bis zum Kuckucksley, den ich nach gut 36 km abends um 8 erreiche. Zu meiner großen Überraschung liegt da schon einer drin ... Alex bietet mir zwar an, mit in die Hütte hineinzuschlüpfen, aber ich baue jetzt doch nebenan mein Zelt auf. Sollte diese nicht dichthalten, könnte ich mich immer noch unters Hüttendach verkriechen.

06.04.2021

Erwachen im Schnee. Alex kommt fast eine Stunde vor mir in die Gänge. Neben der Eifelsteigmarkierung kann ich heute auch seinen Fußspuren im Schnee folgen, sofern sie nicht schon wieder durch Wind und erneute Schauer verweht sind.  Ich durchwandere den beschaulichen Ortskern von Olef im gleichnamigen Tal. Schneeschauer wechseln sich heute mit sonnigen Abschnitten, es ist winterlich kalt. Über Goldbach und Steinfelderheistert geht es zum Kloster Steinfeld. Der imposanten Klosteranlage widme ich eine nähere Besichtigung. Landschaftlich hingegen ist diese Etappe nicht sonderlich aufregend. Das eine oder andere idyllische Bachtal, ansonsten Wald und Wiesen. Die folgenden Höhepunkte sind dann archäologischer Art: ehemalige Bergbaugruben, genannt Pingen, und der Römerkanal, eine Wasserleitung, die einst die Colonia Claudia Ara Agrippinensium, das heutige Köln, mit Wasser versorgte. Am Aufschluss des Kanals bei der Grünen Pütz befindet sich ein verlassenes Fachwerkhäuschen, welches Wanderern als Unterstand dienlich ist. Dort treffe ich Alex wieder. Wir quartieren uns im Häuschen für die Nacht ein, während die Gischten der Schneeschauer durch die offenen Fenster hineinwehen. Als zusätzlichen Wind- und Kälteschutz baue ich mein Zelt in der Hütte auf.

07.04.2021

Es schneit und schneit, mehr, als an den vergangenen beiden Tagen. Insofern ist es nicht weiter tragisch, dass die heutige Etappe landschaftlich eher unergiebig ist. Viel Forstweganteil, ein Kalkbrennofen aus dem 19. Jahrhundert, Relikte aus der Römerzeit.Einkaufsstop in Nettersheim, dann geht´s auf Blankenheim zu. Die Wasserversorgungsanlage am Tiergartentunnel brachte einst Quellwasser hinauf auf die Burg Blankenheim und zählt zu den bedeutensten Technikdenkmälern der Nordeifel. Wahrlich entzückend ist das Städtchen Blankenheim. Auch hier wird der historische Kern in inszenierter Weise von der Burg herabsteigend erreicht. Malerische Gassen, eng aneinadergeschmiegte Fachwerkhäuschen und die Quelle der Ahr mitten im Ort. Bemerkenswert ist auch der Standort der Jugendherberge in Nachbarschaft der Burg. Hinter Blankenheim begegnen mir drei weitere, schwerbepackte Fernwanderer. Sie waren in Gerolstein gestartet und werden im schönen Blankenheim ihre Tour beenden. Es wird nochmal idyllisch mit dem Abstieg ins Nonnenbachtal. Wieder aufwärts, dann ist mit der Brotpfadhütte das Tagesziel erreicht. Alex ist schon da. Die Brotpfadhütte ist die  liebevollste Unterstandshütte am gesamten Eifelsteig. Wie in meinem kleinen Büchlein versprochen, hängt vor der Tür, wie jedes Jahr um diese Zeit, der Osterschmuck, der Tisch in der Hütte ist gepflegt mit einer Tischdecke versehen, an den Fenstern hängen Gardinen. Zu zweit finden wir gut  Platz zum Übernachten. Auf dem Boden, wie immer, einer rechts, der andere links unterm Tisch. Trotz geschlossener Hütte wird dies für uns beide die kälteste Nacht auf dem Trek.

08.04.2021

Frühmorgens auf dem Weg ins romantische Schafbachtal. Die Sonne scheint, der Wind hält still, aber es ist kalt. Im sympathischen Örtchen Ripsdorf genehmige ich mir ein zweites Frühstück. Die Zutaten hierfür erwerbe ich im hiesigen Hofladen. Ich lasse mich auf einer Bank gegenüber der gedrungen wirkenden Dorfkirche nieder. Auf dem Weg über eine eifeltypische Hochebene hinweg treffe ich Alex wieder, der heute morgen wiederum vor mir aufgebrochen war. Ab jetzt wandern wir gemeinsam. Wir pausieren auf einer Aussichtskuppe des Naturschutzgebietes Griesheuel. Der Blick über die Hochfläche hinweg lässt die Nürburg erkennen. Wir kommen nach Alendorf, besser gesagt zur über der Ortschaft thronenden Wallfahrtskapelle. Der Blick über das malerisch in die Talsenke geklemmte Dorf hinweg ist  hinreissend. Nicht minder eindrucksvoll ist der Anstieg auf den mit Wacholder und Kiefern bewachsene Kavalienberg. Durchs beschauliche Lampertsbach- und das Mirbachtal geht es weiter nach Mirbach. Das Dorf verfügt über eine recht pompös geratenen "Kapelle". Am Michelbach überschreiten wir die Grenze von NRW und Rheinland-Pfalz. Der geräumige Grillplatz am Rande einer ausgedehnten Wiese bei Leudersdorf ist als Übernachtungplatz wie prädestiniert. Die Sicht zur Nürburg bleibt sogar erhalten und im nahen Wald scheint ganz schön was los zu sein: bellende Rehe, ein Uhu, ein Specht ... Heute wird gezeltet. Der Abend bei der Wiese ist zwar sonnig, aber wirklich warm wird´s abermals nicht.

09.04.2021

Der wachsende Wasserfall von Nohn ist das erste Highlight des Tages. Die Sinterbildung sorgt für ein Wachstum von durchschnittlich 8-10 cm pro Jahr. An und für sich ein idyllischer Ort, der moosüberzogene Felskoloss mit seinen herab- und herausströmenden Wassersträngen,  das vorbeifließende Bächlein ... aber selbst jetzt, unter der Woche, herrscht hier ein reger Umtrieb. Wir durchwandern das Dorf Niederehe, welches ein kleines Kloster  besitzt. Nach Kerpen hinein kommt man, wie kann es anders sein, von einer Burg herab herab. Bei dieser befindet sich auch die Grabstädte des Eifelmalers Fritz von Wille. Die Stufen hinunter kommen wir ins verträumte Örtchen.

 Berndorf mit seiner Wehrkirche diente als Eingebung für den Künstlernamen Jaques Berndorf, dem Pionier unter den Eifelkrimiautoren. Auf der Schwedenschanze findet sich eine geräumige Unterstandshütte neben einem Sendemasten. Mit der Aussicht über Hillesheim hinweg habe ich hier mein Nachtquartier gefunden. Alex wird mich hier verlassen, er wird unten im Städtchen abgeholt. Mit Lesen und Enspannen verbringe icheinen recht sonnigen Spätnachmittag. Überhaupt war das heute vom Wetter her ein zwar weiterhin kühler, aber feiner Tag. Aber morgen soll´s schon wieder anders werden ...

10.04.2021

Einen warmen Kaffee und frische Backwaren bekomme ich sicher in Hillesheim, weshalb ich zum Frühstücken in den Ort runtersteige. Ein nettes Städtchen, ich komme ins Gespräch mit einem einheimischen Passanten, der auch ein paar "Eifeltips" auf Lager hat. Zu coronafreien Zeiten lohnt es sich, das dortige Kriminalhaus zu besuchen. welches sich mit Café, Bücherei und Museum ganz den Eifelkrimis verschrieben hat. Durchs Bolsdorfer Tälchen gelange ich ins verschlafene Bolsdorf. In Dohm geht es über die Kyll hinweg, dem größten Fluss der Eifel. Dann hinauf zur Schutzhütte "Heimatblick". Der anfangs noch leichte Regen ist inzwischen stärker geworden. Bei den Mühlensteinhöhlen zücke ich die Stirnlampe zu einer kleinen Erkundung. Leider ist es aber nicht die Eishöhle, von der ich zuvor gelesen hatte. Die Höhlen sind menschgemacht, sie dienten einst zum Abbau von Basalt-Mühlenstein. Spätestens auf dem Vulkangipfel "Rother Kopf" sollte dem Wanderer gewahr werden, dass er sich inzwischen in der Vulkaneifel befindet. Die Vulkaneifel gilt im Übrigen immer noch als aktiv. Bald kommen die ersten Häuser von Gerolstein. Doch von hier bis ins Zentrum brockt der Eifelsteig seinen Begehern nochmal satte 6 km ein, in wechselndem Auf und Ab. Doch die lohnen allemal, es geht in einer Art 8 durch die Gerolsteiner Dolomiten, einem weitläufigen Sammelsurium von bizarren Felswänden und -türmen.  Auch die wilde Vegetation macht was her.
 
Nach getätigten Einkäufen begebe ich mich zur Mittagsrast in die verlassene und verregnete Fußgängerzone, und bin bald froh, wieder weitergehen zu können, damit es mir wieder warm wird. Ein letzter Anstieg auf den Heiligenstein lässt mich mit der Schutzhütte "Burgblick" einen hochwillkommenen Nächtigungsplatz erreichen, windgeschützt, und  mit  wasserresistentem Dach. Die Aussicht geht hinüber zur Ortschaft Pelm, auf der gegenüberliegenden Talseite thront die Kesselburg. Ein Steinbruch und das kleine Industriegebiet unter mir  sorgen allerdings dafür, dass die Idylle nicht zu überschwenglich wird. Da der Boden der Hütte sehr felsig ist, muss ich mich auf eine der doch recht schmalen Bänke legen. Dennoch wird es eine recht angenehme Nacht.

11.04.2021

Es regnet und regnet. Nicht stark, aber nervig und zermürbend. Der Aussichtspunkt Dietzenley bleibt wegen Nebels links liegen. Auch die Überschreitung des Vulkankegels Nerother Kopf, mit 647 m die zweithöchste Erhebung auf dem Eifelsteig, bringt heute nicht viel Freude. Nach 7 Stunden mehrheitlich ereignisloser Wald- und Matschhatscherei komme ich im Kurstädtchen Daun an. Dort gelingt mir bezüglich des Zeitmanagements eine Punktlandung, denn Kumpel Udo war vor wenigen Minuten erst dem Bus entstiegen, wir kommen fast zeitgleich im Zentrum an. Ab jetzt bis runter nach Trier dann also zu Zweit! Geteiltes Leid ist vielleicht halbes Leid, denke ich noch bei meiner Ankunft in Daun. Doch nach einem Mittagshappen beim örtlichen Dönerfritzen verspüre ich wieder Lust und Energie für die Fortsetzung des Weges. Und der wird jetzt tatsächlich wieder lohnend. Der Regen ist inzwischen in Schnee übergegangen. An und für sich besser so, Schnee ist nicht so nass.

Und so wandern wir über drei Maare hinweg, Relikte vulkanologischer Vorgänge. Das erste Maar gleicht mit Tretbooten und Freibad noch eher einem Baggersee, die beiden folgenden verfehlen dafür ihre Wirkung als natürlich entstandene Vulkanseen nicht. Idyllisch dann auch das kleine Schalkenmehren, gelegen am Ufer des Schalkenmehrer Maar. Wir lassen die Maare jetzt hinter uns. Am Trittscheider Stausee, eigentlich ein großer Fischweiher, gewährt uns die schöne Hütte des Angelvereins eine trockene und recht komfortable Nacht. Für mich war es heute eine recht lange Etappe, mit um die 35 km.

12.04.2021

Endlich wieder mal ein sonniger Morgen! Während des Frühstücks beobachten wir den Reiher bei seinen Angelversuchen. Die heutige Etappe steht ganz im Zeichen der Lieser und folgt fast ausschließlich dem überregional bekannten Lieserpfad. Das Tal der Lieser erreichen wir an der  Üdersdorfer Mühle. Gleich zum Auftakt eine Sensation: wir erspähen zwei äußerst seltene Schwarzstörche in der Lieseraue. Der Lieserpfad hält, was er verspricht. In stetigem Auf und Ab, mal direkt auf Flussniveau, mal hoch über diesem auf schmalen, teils sogar felsigen Pfaden sind wir unterwegs. Mit einem derzeit  recht hohen Wasserstand wälzen sich braun gefärbte Fluten durchs Flussbett und überspülen ufernahe Bäume. Die Lieser hat sich eine tiefe und steile Schlucht gegraben. Ich frage mich, was wohl beeindruckender ist: Wutachschlucht, Bodeschlucht, oder eben das Tal der Lieser? Wir sind jedenfalls von diesem Pfad, der sich immerhin über eine volle Tagesetappe hinzieht, vollauf begeistert. An manchen Stellen birgt er gar Absturzpotential. Die Tobel unzähliger Nebenbäche werden über Holzbrückchen gequert,und zu guter Letzt erscheinen abrupt hinter einer scharfen Kurve des schmalen Felsenpfades  Kirche und Altstadt von Manderscheid hoch über der Schlucht. Auf der anderen Talseite thront die Oberburg, eine von zwei Burgen am Ort. Manderscheid selbst ist ein entzückendes Städtchen, obgleich wir bei unserer Ankunft mit einem kräftigen Graupelschauer bedacht werden. 

Beim Verlassen von Manderscheid bietet sich ein traumhafter Blick auf die beiden Burgen. Der Lieserpfad setzt sich fort, ohne an Eindrücklichkeit einzubüßen. Die Burgberghütte ist hoch über der Lieser fast an den Canyonrand platzert und wem die bereits packende Aussicht in die Schlucht hinab und über diese hinweg von der Unterstandhütte aus nicht ausreicht, kann hier eine exponierte Aussichtsplattform betreten. An diesem großartigen Platz beenden wir die heutige Etappe, die ohne Zweifel zu den herrlichsten des gesamten Eifelsteiges zählt. In der Dämmerung können wir dann noch eine Wildschweinrotte beobachen, wie sie durch die steilen Halden des Gegenhanges streift.

13.04.2021

Erwachen an herrlichem Orte. Nebelbänke schweben über der Lieser. Es geht zunächst weiter an der Lieser entlang, unvermindert schön. Dann wird die Lieser verlassen und wir gehen über offenes Wiesenland. Die Besichtigung der Abtei in Himmerodt darf keinesfalls ausgelassen werden. Schade, dass die Klosterbäckerei geschlossen hat ...

Im Salmtal tauchen wir erneut in ein sehr ursprüngliches Bachtal. Die historischen Mühlen dort befinden sich  in sehr unterschiedlichen Zuständen, von geschmackvoll renoviert bis hin zu hoffnungsloser Bausubstanz.

In Landscheid trippelt der Eifelsteig direkt am Supermarkt vobei. Ein willkommer Anlass, um uns dort mit Lebensmitteln zu versorgen, mit etwas mehr für heute abend, denn unser Nachtlager ist ganz nah.
Leider zeigt sich der Unterstand in Ortsnähe, welchen wir aus der Karte auserkoren hatten, als ziemlich heruntergekommen, weshalb wir in dessen Nähe unsere Zelte aufschlagen.

14.04.2021

Wir lassen Zelte und Gepäck zurück uns spazieren zum Frühstücken ins Dorf. Auf die Ortschaft Bruch zu läuft das Salmbachtal nochmal zu wilder und ursprünglicher Form auf und zeigt sich bisweilen canyonartig. Auch Bruch ist ein noch recht authentisch gebliebenes Dorf. Wir besuchen die dorige Ölmmühle, die als Museum frei zugänglich ist. Der Ort Gladbach gefällt uns ebenfalls. Der Eifelsteig umgeht das Gladbachtal, aus meinem Führer entnehme ich aber die Empfehlung, den "alten" Weg durchs Gladbachtal zu nehmen. Dort ist zwar der Einstieg ins Tal beschrieben, nicht aber die Wegfortsetzung, die dann tatsächlich nicht immer ganz klar ist. Wir gelangen mittels eines kleinen Umwegs und etwas Kartennavigation zum Gasthaus Rothaus, und damit wieder auf den Eifelsteig. 

Wir wollen uns die Grillhütte anschauen, die sich etwa 500 m abseits des Eifelsteiges befindet. Der Ort wird von uns zum Übernachten als sehr gut befunden. Wir genießen eine angenehme Abendsonne auf dem Picknickbänkchen, aber kaum ist das Süpplein gekocht, graupelt es in den dampfenden Teller hinein. Ein garstiger Wind bläst, und wir ziehen unser Genick ein, inzwischen wieder eingepackt in die wärmsten Jacken. Nachts höre ich einen Marder ganz nahe an unserem Schlafplatz. Er lässt sich gottseidank verjagen.

15.04.2021

Erwachen mit Frost, wie fast jeden Morgen. Die Sonne scheint, aber es will nicht warm werden. In Zemmer frühstücken wir wie die Stadtstreicher auf dem Parkplatz des Supermarktes. Bei Roth erklimmen wir einen Aussichtsturm. Danach leisten wir uns einen kleinen Verhauer, welcher uns durchs bechauliche Schleidweiler führt.

Beim Mühlenflürchen treffen wir die tief in ihr Tal eingeschnittene Kyll wieder. Über den Froschley gehts zum Kauley. Beim Verlassen des Aussichtpunktes kann dessen imposanter Felssockel bewundert werden. Überhaupt finden sich hier viele Felsformationen aus Buntsandstein. Südpfalz und Sächsische Schweiz lassen grüßen! In ein enges Talkorsett gedrückt zeigt sich das hübsche Städtlein Kordel. Zunächst geht es auf die Burg Ramstein zu, doch leitet der Eifelsteig seine Begeher erst einmal durchs wildromantische Butzerbachtal. Und dort endlich! Sonnenscheinintermezzo und Badegumpe konvergieren, nichts wie rein! Es geht übrigens nichts über ein eiskaltes Bad als Rekuperations- und Energielieferant.
 
Kurz vor dem Ausstieg aus dem Butzerbachtal werden wir über zwei schwankende Hängebrücken geleitet. Jetzt umgehen wir die Burg Ramstein von der anderen Seite her. Zu normalen Zeiten bietet die Burg sowohl  Einkehr, als auch Übernachtung. Wir wandern tapfer weiter. Am Geyersley nochmal ein traumhafter Blick zurück zur Burg. In der Klaushöhle hat sich schon einer einquartiert. Von ihm erhalten wir aber einen tollen Insidertip fürs Übernachten. So kommen wir zu einer bestens ausgebauten Boofe, eigentlich die traditionelle Übernachtungsart der Kletterer in der Sächischen Schweiz. In der Boofe befindet sich eine Feuerstelle mit Reflektorplatten aus Sandstein, und ringsum  finden wir massig Feuerholz. Ganz in der Nähe können wir  eine wunderbare Aussicht von einem Felsen herab genießen. Wie gemütlich, unsere letzte Übernachtung auf dem Eifelsteig. scheint uns wie die Krönung aller Nächtigungsplätze :-)!

16.04.2021

Tatsächlich mal ein frostfreier Morgen, es soll allerdings der letzte auf dieser Tour sein. Wir steigen hinunter zur eindrucksvollen Genovevahöhle. Die heute noch anstehenden Höhenmeter haben wir tatsächlich unterschätzt, wir werden nochmal gehörig rauf- und runtergejagt. Zum Finale dann ein Pfad hoch über der Mosel mit Ausblicken auf Trier. Der sehenswerten Stadt können wir leider nur ein paar Stunden widmen, sie hätte sicher mehr verdient. Doch die Heimat ruft mit Dusche und einem veritablen Bett!

Tourengänger: Günter Joos (gringo)


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Kommentare (1)


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Viandante hat gesagt: Respekt!
Gesendet am 22. Mai 2021 um 18:46
Der Eifelsteig gehört inzwischen zu Recht zu den beliebtesten Wanderwegen in Deutschland.
Aber darauf 15 Tage lang im tiefsten Lockddown und unter winterlichen Verhältnissen unterwegs zu sein, dass ist noch mal was ganz anderes.
Meine Hochachtung vor dieser Unternehmung!! Donnerwetter allerhand.
Ich hatte ja dieselbe Absicht, als ich am 1. April von Kornelimünster gestartet bin.
Aber ein Blick auf die zu erwartenden Nachttemperaturen im konstanten Minusbereich, ließ mich nach 3 Tagen Richtung Osten abbiegen. Richtung warmes Zuhause, Richtung kuscheliges Bett.
Obwohl ich gerade da mit Günter eine angenehme Wanderbegleitung gefunden hatte.
Später zu Hause habe ich mich beim Blick aus dem geheizten Wohnzimmer hinaus in das anhaltende Schneetreiben noch so einige Male gefragt, wann Günter wohl seine Wanderung auf dem Eifelsteig dann abgebrochen hat...
Eine Supersache, die du Günter, und deine Mitwanderer da hingelegt habt - ein Abenteuer ganz eigener Art!
Herzliche Grüße von
Carmen


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