Radiowanderung : Minen, Explosionen


Publiziert von rojosuiza , 10. Oktober 2020 um 10:23.

Region: Welt » Niederlande
Tour Datum: 6 Oktober 2020
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: NL 
Zeitbedarf: 1:30
Aufstieg: 8 m
Abstieg: 2 m
Strecke:6 km

 
In einem Jahr, wo es am Anfang einfach nicht regnen wollte, das im Frühherbst den Sommer noch einmal wiederholen wollte, hat sich im Oktober das Blatt gewendet: Es regnet, es windet, es regnet. Nach etlichen Tagen, jeden Tag nach diesem eintönigen Rezept, muss der Wanderer denn doch hinaus in die Landschaft. Wo bleibt es einmal eine Stunde lang ruhig, wo fällt einmal gerade kein Wasser vom Himmel herab? – Der geniale Wetterschauer – es lebe die Wetterseite auf dem Internet! – hat berechnet, dass er in Ruhe von Heiloo nach Egmond aan Zee marschieren kann. Nach einer Stunde etwa passiert der Held Egmond aan den Hoef, wo ihm ein Transistorradio aus dem Jahre 1961 in die gierigen Hände fällt. Damit wird diese Wanderung einmal mehr zur Radiowanderung.  Radiowandern gibt Energie,  starken Treibstoff für die letzten zwei Kilometerchen, und lässt den Berghelden lachen über die Niederschläge, die jetzt doch gerade auf ihn herabprasseln.
 
Es endet der Weg im Strandkaffee, das eine überdeckte Terrasse hat. Das straff gespannte Segeltuch schützt die Kaffeetrinker und hält sie warm. Die eine Plane ist etwas lockerer gespannt; mit ihr spielt der Wind auf zu einem höllischen Knatterkonzert.  Nicht nur die Kaffeehausbesucher fühlen sich zu Hause hier, sondern auch das zwitschernde Spatzenvolk, was den Raum sonst noch bevölkert. Aber rojosuiza’s Kaffeebiskuit bekommen sie nicht. Die Nachbarin wird später von der Bedienung scharf gerügt wegen unerlaubter Spatzenmästung…
 
Der Weg? – Ist etwas Besonderes dazu zu sagen? – Der Wandermeister folgt doch einfach Strasse und Radweg, was ist also dabei? – Stets gehen parallele Weglein ab, und führen durchs Unterholz. Stets kehren sie zum Radweg zurück, sobald ein Brücklein kommt, oder meinetwegen auch eine Kreuzung. Im Innern der Wäldchen sieht es jedes Mal anders aus: der Weg gepolstert mit einer tiefen Laubschicht, dass der Wanderer wie auf Gummi geht. Nur wenig Laub, und darunter lehmiges Erdreich, was den Weg in der Nässe glitschig macht, und in Senken liegt geradezu Schmierseife… Wurzelwerk, das hervortritt, glitschig fast wie Eis; wer drauftritt, tritt ab… Fällt rojosuiza, oder bleibt er aufrecht? – Der erfahrene Berggänger bleibt auch in der Ebene standhaft und immer aufrecht – aber allzeit elegant nicht.
 
Egmond aan Zee ist ein altes Fischerdorf. Heute lebt es wohl stark vom Tourismus – Fischer habe ich keine gesichtet. Ein grosses Denkmal steht im Dorf, beim Friedhof, zum Andenken an die verstorbenen Fischer aus dem 1. Weltkrieg. Sie mussten ausfahren, wenn sie essen wollten; und vor der Küste trieben Minen… Einen grossen Leuchtturm hat Egmond auch, wie es sich gehört. Auch er spricht von Heldenmut. Er ist 1831 Van Speijk gewidmet worden, der sein Kanonenboot nicht den Aufständischen in Antwerpen in die Hände hat fallen lassen wollen, und lieber das Kanonenboot mit allem drauf und dran in die Luft gesprengt hat…
 
Der Tag des rojosuiza geht gottseidank friedlicher zu Ende: keine Minen, keine Explosionen. Nach Kaffee und Kuchen den verspäteten und schon aufgegebenen Bus aufhalten, nach Alkmaar fahren, und ab dort in seinem eigenen gelben Privat-Zug nach Hause – Corona macht es möglich!  – und zum Schluss ist unser Radiowanderer rundherum zufrieden.

Tourengänger: rojosuiza


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