Überschreitung der Mittelgruppe der Engelhörner


Publiziert von schnafler , 19. Juli 2019 um 09:23.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:16 Juli 2019
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Zeitbedarf: 10:00
Unterkunftmöglichkeiten:in der urigen Engelhornhütte. An zwei der drei Abenden waren wir neben Hüttenwart Bruno und seiner Gehilfin Julia die einzigen Gäste - traumhaft!

Lorenzo hat in seiner sehr exakten und überaus brauchbaren Beschreibung dieser Tour (vgl. seinen Bericht "Alle Jahre wieder: ein kurzes Rendez-vous mit den Gemsen", 2016) eigentlich schon alles gesagt. Es lohnt sich unbedingt, eine Kopie seiner Beschreibung mitzunehmen!
Ergänzen möchte ich, dass der Aufstieg hoch zum Gemsensattel echt das Pièce de résistance der Tour ist - zumal wenn es dort nass ist. Uns zwei ü-60ern lief am frühen Morgen das Wasser von den grasigen Schrofen richtiggehend in die Ärmel, und das war auch für geübte Kletterer und T6-Gänger nicht grad der Burner, auch wenn es nach etwa hundert Höhenmetern ob dem Ochsenboden ca. alle 30 bis 40 Meter einen Bohrhaken hat. Die erste lange Schrofenrampe bis unter den Ruppspitz ist wirklich steil, nachher wird es deutlich angenehmer. Ab dem Gemsensattel ist es für erfahrene Kletterer ein anhaltender Genuss.
Die Schlüsselstelle ist unseres Erachtens nicht an der Gertrudspitze, wie Lorenzo schrieb, sondern in der Wasserrillenpassage am Klein Engelhorn - wenn man dort den Bohrhaken folgt, wie wir es taten, sind ein paar Schritte garantiert deutlich mehr als eine IV. Grosses Kompliment an dieser Stelle nochmals an Lorenzo, der das alles ja solo gemacht hat - und einmal sogar direkt ab dem Urbachtal mit dem Gstellihorn und der Südgruppen-Überschreitung als Apero und mit dem sicher grauenhaften Abstieg durch die Röhreni wieder ganz runter ins Urbachtal als Dessert - eine, das will ich an dieser Stelle festgehalten haben, für mich fast unglaubliche Leistung!
An den zwei folgenden Tagen haben wir von der Engelhornhütte aus noch zwei saftige, überaus schöne Sportkletterrouten gemacht: Schmunzelrunzel/Trochestückli (6b bis 6c) am Klein Simelistock und die "Kombination" am Gross Simelistock (6b+) - so eine schöne Siebnertour im Kalk habe ich noch nie im Leben geklettert wie letztere! Mit Plaisirklettern haben beide Routen aber rein gar nichts zu tun - Kaspar Ochsner, der legendäre Erstbegeher, war ja nicht gerade berühmt dafür, übermässig viele Bohrhaken zu setzen. Wer in der Halle grad eine 6b klettert und über  keine ausgeprägte Alpinklettererfahrung verfügt, wird in beiden Routen garantiert nicht weit kommen. Berichte dazu stelle ich vielleicht auch noch hoch - obwohl hikr.org ja wohl nicht grad ein Sportkletter-Channel ist...

Tourengänger: schnafler


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Kommentare (3)


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lorenzo hat gesagt: Atemberaubend...
Gesendet am 19. Juli 2019 um 20:58
Hallo schnafler

gratuliere zur Mittelgruppe und danke für die vielen Blumen!
Der nasse Zustieg sieht tatsächlich nicht gerade nach einem Turnschuhspaziergang aus und auch bei den anderen Fotos
tschuderets mi schier gar...Bei den genannten Ochsnerrouten hätte ich dann vollends halblang machen müssen.

Beste Grüsse und weiterhin spannende Klettertouren

lorenzo

schnafler hat gesagt: RE:Atemberaubend...
Gesendet am 19. Juli 2019 um 21:34
Hoi Lorenzo - warum es dich "tschuderen" sollte, wenn du etwas nasses Schrofengelände siehst, verstehe ich, mit Verlaub, nach stattgehabter genauer Lektüre deiner vielen, teilweise bzw. mehrheitlich echt haarsträubenden Beiträge - will sagen angesichts deines doch sicher eher seltenen, unbestreitbar überdurchschnittlichen Wagemuts, deiner Ausdauer und deines Könnens nicht so ganz. Umgekehrt tschudert(e) es MICH nämlich richtiggehend ungemein, dich, nur als Beispiel, in diesem deinen Bericht von Ende Oktober 2011 in der bereits spätherbstlich arg verschneiten oder gar vereisten Gstellihorn-Flanke sehen zu müssen, dio mio - lieber du als ich!!
PS: Das mit dem Gleitschirmflug direkt vom Gstellihorn bleibt ein Projekt von mir - ohne dass ich Schnafler bis jetzt zwar peinlicherweise je da oben war; muss ich beifügen, weil ich vor zwei Jahren, alleine unterwegs, an der Leiteren verängstigt den Schwanz einzog und dann halt unverrichteter Dinge wieder mürvorsässwärts trottete; aber auf Fotos von dir und auch via Luftaufnahmen, die ich mit dem Schirm im Vorbeiflug sonst mal gemacht habe, kann ich mir vorstellen, dass es in der Nähe der Kontaktstelle von Kalk/Granit ein gäbiges, neckisch kleines Wiesli geben könnte (oder in der Nähe ein angenehm geneigtes Felsplättli), wo bei idealem Aufwindchen ich nichts gegen einen scheuen Startversuch hätte; kann ja, wenn's nicht passt, dann ja noch immer runtertschumpeln bis zur Alp Augstgumm - dort geht ein Start eh, hab ich auch schon gemacht.

lorenzo hat gesagt: RE:Atemberaubend...
Gesendet am 20. Juli 2019 um 22:18
Hallo schnafler

tja, wenn man weiss, wie abschüssig und griffarm es dort schon in trockenem Zustand ist, muss man ja fast Hühnerhaut bekommen. Andererseits können Fotos schlimmer aussehen, als es tatsächlich ist, und umgekehrt. Am Gstelli hatte es - wenigstens im Aufstieg - soliden Trittschnee, das Eis war nur Dekoration.

Die Leiteren sind leichter als der Zustieg zum Gemsensattel, aber z.T. auch griffarm und mit Stellen auf Reibung. Ich musste mir jedes Mal ein Herz fassen - v.a. im Abstieg - und war froh, wenn ich wieder sicher auf der Augstgumm gelandet war.

Beim Zuschauen bei Gleitschirmstarts fiel mir auf, dass die Starbahn oft nicht lange ist, ein paar Schritte und schon ist man in der Luft. Stellen mit einigen stolperfreien Meter dafür gibt es am Gipfelgrat vermutlich schon.

Viel Vergnügen!

lorenzo


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