Královské pole a Volská hora (Königsfeld und Ochsenberg)


Publiziert von lainari , 15. Februar 2019 um 21:20.

Region: Welt » Tschechien » České středohoří
Tour Datum: 9 Februar 2019
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 3:45
Aufstieg: 360 m
Abstieg: 360 m
Strecke:12,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Zug der ČD bis Stadice, Parkplatz direkt beim Denkmal für Přemysl oráč
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 10 České středohoří západ

Der böhmische Traum - Morgens noch Bauer, abends schon König
 
Im direkten Vergleich scheint der vielbeschworene amerikanische Traum „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ eine recht zähe Angelegenheit zu sein, es passiert nicht heute, nicht morgen, ja irgendwann - vielleicht. Der böhmische Traum hingegen verwirklichte sich innerhalb von zwölf Stunden!

Ein Besuch des Královské pole (Königsfeld) bei Stadice (Staditz) war für mich Anlass tiefer in die böhmische Mythologie einzutauchen. Dies ließ mich die Bedeutung dieses Platzes für die Tschechen besser verstehen.

Hier eine kurze Zusammenfassung der Geschichte:
Urvater Čech hatte dem Volk der Tschechen ein ideales Plätzchen zum Leben ausgesucht. Fruchtbare Böden und günstiges Klima ließen alles mühelos gelingen, was sie anfassten. So lebten sie unbeschwert und sorglos in den Tag hinein, lauschten den Klängen des Werkes „Moldau“ und labten sich an Wein, den sie über dem Elbestrand kultivierten. Im Laufe der Jahre wurden sie dadurch träge und kränklich. Der amtsmüde Nachfolger des Čech, der Richter Krok hatte drei wohlgeratene Töchter. Die jüngste von ihnen, die Wahrsagerin Libuše, wusste als Einzige, was zu tun ist. Sie beauftragte die Firma McKinsky als externe Berater. Nach teurer Expertise kam diese zum Schluss, dass die Erblinie aufgefrischt werden müsse. Als geeignetes Format wurde dazu die Veranstaltung „Böhmen sucht den Super-Fürsten“ ins Leben gerufen. Als Juror wurde der seinerzeit mittelmäßig beliebte Dětr Bolén eingesetzt. Mit diesem tingelte Libuše zu zahlreichen ergebnislosen Motto-Shows landauf, landab. Als sie eines schönen Morgens das idyllische Bielatal hinunterkamen, sah Libuše bei Stadice zufällig einen Bauern beim Pflügen. Ob er hier sein eigenes Feld bewirtschaftete, oder ob es sich um einen der damals zahlreichen Leih-Pflüger handelte, ist nicht sicher überliefert. Sie wollte den strammen jungen Burschen sofort kennenlernen und er wurde ihr als Přemysl oráč (Přemysl der Pflüger) vorgestellt. Nach einem gemeinsamen Picknick am Feldesrand verfügte sie spontan ihre gemeinsame Hochzeit. Da er sie auch ganz nett fand, beschloss er darüber hinwegzusehen, dass sie recht herrisch auftrat - man konnte halt nicht alles haben. Noch am Abend wurde er zum Fürsten gekrönt. Bereits in der Hochzeitsnacht ging es daran, die Empfehlungen der Berater final umzusetzen. So lebten sie fortan glücklich und zufrieden und schenkten dem Volk der Tschechen einige propere Přemysls für den Stammesfortbestand. Einzig Dětr Bolén starb vor Gram gebeugt, da er ja bei einem Einzelkandidaten niemanden aus der Show ekeln konnte. So und nicht anders muss es sich zugetragen haben - beim Barte des Erzählers! (Die kursiv geschriebenen Namen stammen übrigens wirklich aus der überlieferten Mythologie.)

Der erste tatsächlich beurkundete Přemsyliden-Fürst war dann Bořivoj I. (geb. zwischen 852-855, gest. zwischen 888-890), seine Nennung wird als Übergang von Mythologie zu verbürgter Geschichte angesehen.
 
Beinahe hätte ich mich zu einer Schneeschuhwandung im schneereichen Erzgebirge aufgerafft. Eine frostfreie Nacht, angekündigte sieben Plusgrade und Regenschauer ließen mich den Plan wegen unerfreulicher Schneekonsistenz verwerfen. Ich fuhr stattdessen ins schneearme, angenehm frostige untere Bielatal nach Stadice (Staditz) und parkte direkt beim Zugang zum Královské pole s pomníkem Přemysla oráče (Königsfeld mit Denkmal Přemysl des Pflügers). Nach der Besichtigung des Areals ging ich entlang der Straße bis zum Ortseingang Stadice. Dort bog ich nach rechts auf den grün markierten Wanderweg ein, unterquerte die Autobahn D 8 und ging bergwärts. Nach kurzer Zeit bog ich an einer Steinpyramide nach rechts und hielt unmarkiert auf ein Basalt-Blockfeld zu. Hier nutzte ich die Čedičové schody, aus Basaltsteinen aufgeschichtete Treppen. Über Erbauungszeit und Zweck der Anlage ist nichts Genaueres bekannt. Etwas unterhalb des Gipfels des dann aufgesuchten Volská hora (Ochsenberg) endeten diese, ohne dass ein weiterführender Pfad erkennbar gewesen wäre. Ich überquerte den bewaldeten Gipfel und verließ das Waldstück nach Norden. Ab der Waldkante hielt ich auf eine Straße zu, bog nach links auf und lief in den Ort Suchá (Suchey). Weiter auf der Straße gehend, erreichte ich das leicht gewellte Gelände Podlešínska pláň (Padloschiner Hochfläche/Platte/Plateau; Staudenbergmasse). Auf einer Anhöhe bog ich nach links auf einen rot markierten Wanderweg ab. Später wurde rechts eine bewaldete Anhöhe mit einem Funkmasten sichtbar. An der davorliegenden Kreuzung müsste man sinnvollerweise rechtwinklig nach links biegen, der offizielle Abzweig des Wanderweges mit der blauen Markierung folgt später spitzwinklig, man schlägt aus dieser Laufrichtung bei Nutzung der Markierungen somit einen unnötigen Haken. Unmittelbar im Wald angekommen, verließ ich den markierten Weg geradeaus. Nun wollte ich querfeldein den Gipfel des Široký kámen (Breitenberg/Breitenstein/Eich Berg/Teufelstein bei Kosten) aufsuchen. Wegen einem Ausfall des heimischen Druckers nur unzureichend mit Detailkarten ausgestattet, erwischte ich im weitläufigen bewaldeten Gelände „nur“ den Südgipfel des Berges und traf danach wieder auf den blau markierten Wanderweg. Der folgende Abstieg am Westhang des Berges begeisterte aber mit mannigfaltigen historischen Terrassierungen, Flurmauern und Siedlungsspuren. An der Hauptstraße im Tal wechselte ich auf einer rote Markierung und durchquerte die Ortslage Koštov (Kosten). Dann wanderte ich auf einem Asphaltsträßchen entlang der Autobahn talaufwärts, was wenig Freude bereitete. Nach einem Talseitenwechsel der Autobahn schloss sich noch ein schönes Wegstück am Ufer der Bílina (Biela) bis nach Stadice an. Dahinter folgte ich der Straße, weitestgehend auf einem parallelen Weg am Fuße der Autobahnböschung, zurück zum Parkplatz am Královské pole.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug insgesamt 3 h 45 min.
Die absolvierte Wegstrecke ist teilweise nicht als Wanderweg markiert und größtenteils mit T1 zu bewerten. Die Čedičové schody und die Passage des Široký kámen sind abweichend als T2 einzuschätzen.

Tourengänger: lainari


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T2

Kommentare (2)


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mong hat gesagt:
Gesendet am 17. Februar 2019 um 17:23
Danke für deine spannende und aufschlussreiche Einführung in die böhmische Mythologie. Ich habe nicht gewusst, dass der Stammbaum von Dieter Bohlen so weit zurückreicht.
Man lernt nie aus.

lainari hat gesagt: RE:
Gesendet am 17. Februar 2019 um 17:41
Das weiß er bestimmt selber nicht...
Da ist gaaanz viel künstlerische Freiheit dabei ;-)


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