Valley of Desolation: Rauchende Schlote und kochendes Wasser im Dschungel


Publiziert von pame , 16. Januar 2019 um 09:37.

Region: Welt » Dominica
Tour Datum:26 Dezember 2018
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: WD 
Zeitbedarf: 4:00
Aufstieg: 650 m
Abstieg: 650 m
Strecke:s. Wegpunkte und GPS-Track (ca. 9km hin und zurück)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Roseau auf guter Asphaltstraße in 20min. nach Laudat (bis hier auch mit Bus), dann rechts in Dorf hinein und noch 5min. weiter (immer links halten; an Statue links abbiegen) auf guter Asphaltstraße bis Titou Gorge. Schlecht ausgeschildert. Am Besten durchfragen, oder GPS und Google Maps benutzen.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.
Unterkunftmöglichkeiten:Guesthouses in Laudat und Roseau.

Die Königstour auf Dominica ist wohl die Route zum Valley of Desolation und weiter zum Boiling Lake, dem zweitgrößten Fumarolensee der Welt. Diese Tagestour ist durchaus anspruchsvoll und abwechslungsreich. Vor allem aber bietet sie Einblicke in eine eimalig urtümliche Landschaft: Vom dichten, tropischen Regenwald, über nebligen Elfenwald und aussichtsreiche Grate und Gipfel geht's hinein in ein stinkendes Tal voller zischender Dampfschlote und kochend heißer Quellen. Diese Wanderung zieht alle Register, die die vulkanische Natur der Kleinen Antillen so zu bieten hat, und die Region wurde zurecht als UNESCO-Weltnaturerbe ausgezeichnet.

Allgemeine Details und Informationen zu Dominica finden sich unter meiner Tour *Tropischer Elfenwald: Freshwater und Boeri Lake, Dominica. Die hier vorliegende Tour startet ganz in der Nähe davon beim Ausflugsziel Titou Gorge bei Laudat, etwa 20-30min. mit dem Auto von der Hauptstadt Roseau. 

Der eigentliche Start des Trails liegt etwas versteckt hinter dem Gebäude am Eingang der Titou Gorge. Zuerst geht's auf sehr rutschigen, feuchten Felsen in den dunklen Regenwald. Aufpassen: Bei der Rückkehr haben sich hier schon viele Wanderer, die am Ende der Tour etwas unaufmerksam waren, schmerzhafte Verletzungen zugezogen. 

Dann führt der relativ gut ausgebaute und nicht zu verfehlende Weg (T2) sanft ansteigend für 2 km durch den Dschungel mit riesigen Bäumen, Büschen und Farnen. Nach 1h komme ich am Breakfast River (780m) an, wo es die Möglichkeit gibt, Wasser nachzufassen. Das Durchwaten des Flusses ist kein Problem. Unterwegs begegne ich immer wieder anderen Wanderern. Die Tour scheint also recht populär zu sein. 

Nach dem Breakfast River (780m) steigt der Pfad stärker an, und der Wald, der jetzt in Bergnebelwald (sog. Elfenwald) übergeht, lichtet sich immer mehr, um den schönen Blick auf die sehr steilen Tälchen und Grate des Morne-Trois-Piton Nationalparks freizugeben. Am Geruch merkt man auch, dass man sich langsam einem aktiven, vulkanischen Gebiet nähert.

An einer Stelle gab es offensichtlich vor kurzem einen Bergrutsch, und man muss sich sehr vorsichtig an der steilen Bergflanke entlangtasten. Ansonsten ist der Pfad sehr matschig, teils mit Wurzeln überzogen, und man wird unweigerlich schmutzig.     

Etwa anderthalb Stunden nach dem Start erreiche ich luftig den höchsten Punkt der Wanderung und meinen ersten "echten" Berggipfel auf Dominica, Morne Nicholls (940m). Der Gipfel ist eine runde, ebene Fläche, von der aus man sicher tolle Aussichten in alle Richtungen hätte, wenn nicht alles völlig zugenebelt wäre.

Also weiter über den schmalen Grat, wieder etwas absteigend. Nach ein paar Metern lichtet sich der Nebel wieder und gibt den grandiosen Blick auf die steilen, gras- und buschüberzogenen Flanken von Morne Watt (1224m) direkt gegenüber frei.

Leider hänge ich jetzt hinter einer riesigen Gruppe von holländischen Jugendlichen fest, die im folgenden, anspruchsvollen Abstieg (T3, Stellen bis T5/II, teilweise Fixseile) ins Valley of Desolation nur sehr langsam vorankommt. Überholen ist auf dem extrem schmalen Pfad kaum möglich, und es ist klar, dass viele der Teilnehmer in solchem Gelände völlig überfordert sind.

Der Schlamm ist teilweise knietief, und als es nach links geht, führt der Abstieg durch eine nasse, felsige Rinne, wo das Wasser von allen Seiten runterkommt. Einige Gruppenmitglieder haben sich zur 5-Punkt-Haltung entschlossen (2 Hände, 2 Füße, und ...nun ja, noch ein anderes Körperteil), andere kehren hier weinend wieder um, und die drei mit Walkie-Talkie ausgerüsteten Guides haben alle Hände voll zu tun. 

Als alpengewöhnter Tourengänger ist es jedoch für mich kein Problem, die beste Route durch die nassen Felsen zu finden, und ich bin bald im sogenannten 1st-Valley of Desolation. Hier kommt auch die Sonne wieder raus, und ich mache erstmal Pause, um was zu essen, und die interessante Vulkanlandschaft in dem Talkessel zu bewundern. Auf den steilen Wänden leuchtet die Vegetation in allen erdenklichen Grüntönen, während das Gestein im Talboden alle möglichen Farben, von grau über knallgelb bis rot zeigt. 

Der Ort erinnert mich an den Yellowstone-Nationalpark. Überall zischt es aus dem Boden als ob hier Dampfleitungen verlegt wären. Graue Schlammtöpfe blubbern vor sich hin, und es ist klar, dass man sich besser von den verschiedenen kleinen Bächen und Rinnsalen fernhält. Das Wasser ist nämlich kochend heiß! Mein Gastgeber, der auch Tourguide ist, ist hier mal mit dem Fuß in einen Bach abgerutscht, und hat sich Verbrennungen 2.Grades zugezogen. 

Die Guides der Gruppe bereiten mittlerweile das Essen vor. Klar, es werden Eier gekocht. Kochwasser gibt's ja genug! Auch werde ich von einem der Guides, der mich schon die ganze Zeit beobachtet hatte, angesprochen, wo denn mein Guide sei (es gibt keinen Zwang, einen Guide zu engagieren). Ich sage, ich habe keinen, und er hält mir - fast ein bisschen feindselig - einen Vortrag, wie gefährlich es doch sei, hier allein rumzulaufen. Ich werde allerdings das Gefühl nicht los, dass es ihm eher um das entgangene Geschäft geht. 

Leider ist es für mich schon etwas spät, da ich mir noch die Titou Gorge anschauen wollte, und ich die Rückfahrt nicht im Dunkeln machen wollte. Sonnenuntergang ist nämlich schon gegen halb sechs, und - da wir nah am Äquator sind - wird es danach wirklich sehr schnell stockfinster. Auch versperrt die große Gruppe jetzt den etwas komplizierten Weiterweg zum Boiling Lake, und ich habe keine Lust, mir noch mehr Ärger mit den Guides einzuhandeln.  

Also geht's wieder auf gleichem Weg zurück. Trotz eines heftigen Regenschauers ausgerechnet in der felsigen Rinne schaffe ich den Aufstieg auf den Morne Nicholls (940m) diesmal viel schneller, da niemand sonst mehr unterwegs ist. Ich komme mir allerdings vor, als würde ich Canyoning betreiben, so werde ich von allen Seiten mit Wasser bespritzt. Meiner Kamera bekommt das gar nicht, und sie gibt bei der Feuchtigkeit ihren Geist auf. 

Der Rest des Rückwegs ist jetzt unproblematisch. Am Breakfast River (780m) sorgen die Mücken dafür, dass sich niemand lange aufhält.

Nach 4h Nettogehzeit bin ich wieder zurück an der Titou Gorge, wo jetzt die absolute Hölle los ist. Hunderte von Kreuzfahrtschifftouristen drängen sich, ausgerüstet mit Schwimmwesten, am engen Einstieg, und ich schaffe es gerade noch, mir im kühlen Wasser des Flüsschens den Schlamm abzuwaschen. Also wird's heute auch nichts mehr für mich mit der Besichtigung der Schlucht, und ich mache mich schleunigst aus dem Staub.

Fazit:
  • Landschaftlich sicher der Höhepunkt auf Dominica. Äußerst abwechslungsreiche, anspruchsvolle Ganztagswanderung mit etwas Kletterei, die z.Zt. noch ohne offiziellen Guide gemacht werden darf. Trotzdem ist die Feinnavigation für den Abschnitt zwischen dem Valley of Desolation und dem Boiling Lake nicht ganz trivial, und ein Guide ist durchaus sinnvoll. Nicht nach 10 Uhr loslaufen, da früh dunkel!
  • Bergstiefel wären "over the top". Leichte Trekkingschuhe oder -sandalen völlig ausreichend. Kleider (und Beine) werden in jedem Fall schmutzig.
  • Regenschutz für Rucksack mitnehmen.
  • Nicht beim Titou-Gorge-Gebäude parken sondern etwas unterhalb sonst wird man evtl. zugeparkt.
  • Titou Gorge nett als Abkühlung nach der Wanderung. Wer sie durchschwimmen will muss sich unbedingt genau über ihre Topografie informieren.

Tourengänger: pame


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