Ama Dablam (Nepal)


Publiziert von TimoWi , 11. Dezember 2018 um 04:10.

Region: Welt » Nepal » Khumbu
Tour Datum: 8 November 2018
Hochtouren Schwierigkeit: S
Klettern Schwierigkeit: V (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: NEP 
Zeitbedarf: 26 Tage
Unterkunftmöglichkeiten:Lodges in den Dörfern entlang der Wanderroute zum Everest Basecamp. Insbesondre Pangboche am Fuss des Berges. Im Basecamp und in den Hochlagern im Zelt. Zudem Lodge auf der Alp Mingbo.

Zu meinem Erstaunen gibt es noch keinen Bericht über diesen imposanten Berg, der zuweilen als das Matterhorn Nepals bezeichnet wird. Wanderer auf dem Trek zum Everest Basecamp haben das Vergnügen, ihn während mehreren Tagen aus änderndem Blickwinkel zu bestaunen. Man kann nicht anders, als diesen Berg permanent anzustarren, während man sich in der Touristenkolonne bergwärts bewegt. Dieser technisch einfache, von Touristenmassen überflutete und trotzdem wunderschöne Trek wurde hier schon sehr gut beschrieben und illustriert. Ich beschränke mich deshalb auf die Ama Dablam.

Der Berg
Ama heisst Mutter und Dablam etwa Halskette, Amulett oder Collier. Dieses Collier besteht aus Schnee und Eis. Es handelt sich um eine überdimensionale Wächte in der Gipfelflanke. Zuweilen löst sich ein Stück Eis und stürzt in die Tiefe. Oft geht das glimpflich ab. 2006 stürzten die Eismassen aber unerwartet direkt auf das Lager III. Die dort zeltenden Bergsteiger wurden allesamt getötet. Die Erstbesteigung erfolgte 1961 über den SW-Grat ohne eine Genehmigung der Behörden während einer Expedition zur Erforschung der Höhenkrankheit, die von Edmund Hillary geleitet wurde. Hillary selber war allerdings zu diesem Zeitpunkt abwesend. Bekannt ist auch der missglückte Besteigungsversuch der Westwand durch ein Team von Peter Hillary, dem Sohn von Edmund Hillary, von 1979. Nachdem eine Person durch Eisschlag gestorben ist, wurden die drei verbleibenden und verletzten Neuseeländer in einer spektakulären Aktion der bekannten Bergsteiger Reinhold Messner und Oswald Oelz gerettet.
Es ist nicht genau klar, wie hoch der Berg ist. Die Angaben reichen von 6812 m bis 6856 m. 
Es ist üblich, diesen Berg in der Herbstsaison Oktober/November zu besteigen. Im Sommer ist es wegen des Monsuns zu nass und im Winter ist es zu kalt. Es bliebe noch das Frühjahr. Im Frühling liegt die Hauptaktivität aber beim Everest. Etwas vereinfacht gibt es bei den kommerziellen Anbietern einen Dreierrhythmus der beliebtesten Expeditionsberge: Im Frühling Everest, im Spätsommer Cho Oyu und im Herbst Ama Dablam. Ich war noch nie in Nepal und habe mir eine Agentur gesucht. Die Ama Dablam ist sehr beliebt und ist bei verschiedensten kommerziellen Anbietern auf dem Programm. Ich wählte eine rein nepalesische Agentur namens TAGnepal. Es war dies nicht unbedingt das günstigste Angebot. Viele der Sherpas von TAGnepal sind erfahrene, international  anerkannte Bergführer und waren schon mehrmals auf dem Everest. Obwohl ich primär mit Tashi, einem jungen Sherpa, der gerade seine Bergführerausbildung abgeschlossen hat, unterwegs war, begegnete ich praktisch allen anderen Mitgliedern der Agentur während meiner Reise. Allesamt sehr sympathische Menschen. Ich wählte das Rundumsorglospaket. Das heisst, ich zahlte eine Pauschale, den Rest erledigte die Agentur: Autotransporte zum Flughafen, Permits, Hotelreservationen, Flug nach Lukla, Träger, Lodgeübernachtungen im Khumbutal, Zelte und Verpflegung am Berg etc. Es gibt aber auch die Möglichkeit für günstigere, flexiblere Angebote. Zum Beispiel benutzten vier Genfer nur die Annehmlichkeiten des Basecamps, um eine andere, schwierige Route ohne Sherpabegleitung am Berg zu klettern (Lagunak Ridge).

Die Akklimatisation (2600 m bis 6000 m)
Meine Akklimatisationstour führte in knapp zwei Wochen von Lukla entlang des Everest Basecamp Treks über Namche auf den Lobuche Peak East (6119 m, eigentlich nur zum Vorgipfel auf ca. 6000 m) und zurück nach Pangboche (3930 m). Den Abstecher zum Lobuche Peak oder zum Island Peak kann ich nur empfehlen. Das ermöglicht eine gute Akklimatisation. Von Pangboche, dem ältesten Sherpadorf, steigt man entlang von alpinen Matten zum wunderschön gelegenen Basecamp auf 4600m. Bis hierher haben zwei junge Träger Tashi und mich begleitet. Nur für mich waren also 3 Personen unterwegs.

Das Basecamp (4600 m)
Auf dieser Ebene stehen unzählige Zelte, es schlängelt sich ein kleiner Bach und man geniesst den Blick auf den sich direkt vor dir auftürmenden Berg. Hier wartet das Küchenteam mit indischem Chefkoch auf dich. Jeder Tourist bekommt sein privates Zelt mit Matratze und Kissen. Es gibt ein abends geheiztes Aufenthaltszelt, es gibt grosse Solarzellen, die es ermöglichen, dass du deine elektrischen Geräte aufladen kannst, das Kochteam zaubert im einfachen Küchenzelt mehrgängige Menüs auf den Tisch und sogar ein Duschzelt mit Becherdusche gibt es. Das Basecamp ist auch ein interessantes Ziel für Wanderer. Falls du den Kontakt zur Aussenwelt suchst, kannst du in der Mingbo-Lodge 10 Minuten unterhalb des Basecamps für 1500 Rupien den Internetzugang kaufen. Ja, es funktioniert mit Einschränkungen auch im Basecamp. Für Luxus ist also gesorgt.

Der erste Versuch mit Übernachtung im Camp I (5700 m)
Normalerweise beginnt nun die Jojo-Phase der Akklimatisation. Nach nur einem Tag Pause, wollte mein Sherpa Tashi mit mir und zusammen mit dem Sherpa Lambabu, einem Inder namens Rohan und zwei Kanadierinnen bereits für den Gipfel starten. Wir nehmen die Normalroute über den SE-Grat. Die erste Nacht wollten wir im Camp I auf 5700 m verbringen. Über einen relativ flachen Moränenrücken führt der einfach zu gehende Pfad zuerst über Alpwiesengelände und später über Schotterfelder zum Advanced Basecamp auf etwa 5300 m. Hier stehen einige Zelte. Wir gehen aber weiter nun über Blockfelder und am Schluss über eine flache Felsplatte mit Fixseil zum bereits relativ exponierten Camp I am ersten Aufschwung des SE-Grates. Das Advanced Basecamp (T2, Bergwanderweg) und das Camp I (T4/T5, Felsplatten mit Fixseil, ein 2m Aufschwung) sind für gut akklimatisierte Wanderer erreichbar. In der Nacht hatte ich leichte Kopfschmerzen, die ich mit Ibuprofen in den Griff bekommen habe. Ich konnte aber nicht richtig schlafen. Der Höhenunterschied von rund 1100 m, ist nicht zu vernachlässigen, obwohl ich im Hochlager am Lobuche Peak bereits eine Nacht auf 5300 m verbracht hatte. Im Lager I gab es in diesem Jahr keinen Schnee mehr. Das bedeutet, es gibt hier kein Wasser. Man muss das Wasser selber hochtragen. Freundliche Sherpas tragen auch Eisbrocken vom Lager II herunter. Am nächsten Morgen ist das Wetter perfekt und ich freue mich trotz der praktisch schlaflosen Nacht weiterzuklettern. Unsere Sherpas entscheiden aber, dass wir absteigen.

Die Gefahren: Der Wind und die Höhe
Für den kommenden Tag ist Wind angesagt, haben sie per Funk vernommen. An der Ama Dablam ist der Wind dein Hauptfeind. Die Herbsttage sind oft klar und sonnig, der Herbst bringt aber gleichzeitig auch die tieferen Temperaturen als der Frühling. Hast du Wind am Gipfeltag, dann riskierst du Erfrierungen an den Extremitäten. An der Ama Dablam ist die Rettung gut organisiert. Jeden Tag gab es mindestens einen Rettungsflug mit dem Helikopter, zuweilen mit der Longline. Häufig sind Erfrierungen an Händen und Füssen, häufig sind auch die typischen Höhenprobleme. Ich hatte die Medikamente Nifedipin (Therapie des Lungenödems) und Dexamethason (Hirnödem) für den Notfall dabei. Mein Sherpa hatte das allerdings auch mit. Etwa die Hälfte der Bergsteiger nimmt zur Vorbeugung Diamox zu sich. Ich habe darauf verzichtet. Wichtig ist eine ausreichende Akklimatisationszeit. Idealerweise sollte die Schlafhöhe nicht mehr als 400 m pro Tag gesteigert werden. Dazu noch Pausentage alle 1000 Höhenmeter: Zum Beispiel zwei Nächte in Namche und zwei Nächte in Dingboche. Und ja, wenn die Kopfschmerzen mit einfachen Schmerzmitteln (z.B. Ibuprofen) nicht kleiner werden, dann sollte man zwingend absteigen.

Der weitere Anstieg zum exponierten Camp II (6000 m)
Nach unserem ersten Ausflug zum Camp I folgten zwei Tage im Basecamp. Jetzt kam das Wetterfenster mit weniger Wind. Der zweite Aufstieg zum Camp I war aber noch unangenehm windig. Am Abend flog ein ungenügend befestigtes Zelt in einer Böe über die Felswand hinunter. Der nächste Morgen war dann windstill und sonnig. Es folgt nun eine schöne, zu Beginn leichte Kletterei in festem, hellem Granit. Die ganze Strecke vom Camp I bis zum Gipfel ist mit Fixseilen versehen, die ein Team von Sherpas bereits vorgängig eingerichtet hat. Einige Bergsteiger sprechen etwas despektierlich von einem hochalpinen Klettersteig. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass die Besteigung der Ama Dablam wesentlich anstrengender und gefährlicher ist, als jeder Klettersteig in den Alpen. Es gibt neben den vielen Bergsteigern mit Verletzungen und Erfrierungen auch immer wieder Todesfälle.  Die Himalayan Database gibt Auskunft über die Mortalitätsrate, die zwar deutlich geringer ist als bei der Annapurna, einem der gefährlichsten Berge der Welt, oder auch als dem Everest, sie ist aber signifikant höher als am Matterhorn. An den flacheren Stellen klinkt man wie bei einem Klettersteig seine Karabiner ein, in den steilen Abschnitten wird eine Steigklemme verwendet. Kurz bevor man das Camp II auf 6000 m erreicht, kommt die senkrechte Schlüsselstelle genannt Yellow Tower. Hier bilden sich immer wieder Staus. Ich habe etwa 90 Minuten in der warmen Sonne warten müssen. Zuerst habe ich etwas überheblich über die Bemühungen meiner Vorgänger gelächelt. Dann aber spürte ich am eigenen Leib, wie ungemein anstrengend Klimmzüge auf 6000 m sind. Danach steht man schon bald im Camp II. Camp II ist atemberaubend ausgesetzt. Es stehen hier auf einem Felsturm Zelte, wo sie eigentlich kaum stehen können. Mit Seilen sind sie an den Fels gebunden. Der Nachmittag ist sonnig und warm. Wir alle sind guter Dinge und schwatzen fröhlich miteinander. Um 17 Uhr kriechen wir in die Zelte. Einschlafen kann ich hier nicht, die Kopfschmerzen lassen sich mit etwas Schmerzmittel aber bändigen. Um 22:00 Uhr kommt eine verspätete Gipfelgruppe zurück und findet kein freies Zelt. Nachdem Sherpa Tashi und ich einen Tee getrunken haben, machen wir der verspäteten Dreiergruppe Platz in unserem Zelt und starten unseren Summit-Push bereits um 23:00 Uhr.

Der Summit-Push
Die Nacht ist sternenklar und scheisskalt. Jemand meinte später, es seien -30° C gewesen. Unmittelbar nach dem Camp wird es sehr steil und entsprechend anstrengend. Die ersten Meter gehen wir noch ohne Steigeisen, dann müssen wir sie aber bald montieren. Eine solche Tour kann man wegen der tiefen Temperaturen nicht mit gewöhnlichen Bergschuhen machen. In dieser Saison waren die G2 von La Sportiva angesagt. Sie sind leichter als die früher weit verbreiteten Spantik. Auf dem Everest oder Cho Oyu werden noch besser isolierte Schuhe verwendet. Diese eignen sich aber weniger gut für die Kletterei. Aber auch das Klettern mit den G2 ist gewöhnungsbedürftig. Weil es derart kalt war und weil ich, wegen der Bedienung der Steigklemme, doppelte Fingerhandschuhe und keine Fäustlinge trug, bekam ich rasch sehr kalte Hände. Oft hat mir Tashi beim Wechseln der Steigklemme geholfen, so klamm waren meine Finger. In der linken Hand führte ich meinen Pickel und in der rechten Hand die Steigklemme. Hier im grossen Couloir und am grauen Turm war der Hang bis gegen 70° steil. Nachdem wir ein Zweierteam überholt haben, waren wir heute die Ersten am Berg. Freie Bahn zu haben, kann an der Ama Dablam sehr wichtig sein. Es bilden sich oft Staus an steileren Stellen, weil am Fixseil nur sehr schlecht überholt werden kann. In der Kälte im Stau zu stehen, kann dir deinen Gipfel kosten. Nach der Überwindung einer kurzen, senkrechten Eisstufe erreicht man das Camp III auf etwa 6300 m. Es handelt sich hier um den einzigen flachen Platz in der ganzen Wand. Es wäre ein wunderbarer Zeltplatz, drohte nicht direkt darüber der grosse Eiswulst, die Dablam. In diesem Jahr schien die Dablam aber stabil zu sein. Verschiedene Gruppen verbringen hier ihre letzte Nacht vor dem Summit-Push. Zum Glück stand hier auch ein leeres Zelt. Obwohl ich zwei Paar dicke Wollsocken angezogen habe und obwohl ich meine Zehen seit Stunden auf und ab bewegte, hatte ich kein Gefühl mehr in meinen Füssen. Ich musste ins Zelt und meine Füsse massieren. Tashi war nicht begeistert, weil wir so unsere Poleposition verlieren würden, es drohte der Stau. Ich benötigte etwa 40 Minuten. Das Massieren der Füsse auf dieser Höhe war eher noch anstrengender als das Aufsteigen. Aber es hat funktioniert, wir konnten weiterklettern. Jetzt folgen endlose Schneehänge mit einer Neigung von etwa 50°. Zwei Zweiergruppen haben uns überholt. Es gab aber keinen Stau. Die Masse der Bergsteiger folgte erst später. Nun wurde ich leider immer langsamer. Jeden Schritt bezahlte ich mit einem Ringen nach Luft. Meine Gedanken drehten sich um nichts anderes mehr. Wie kriege ich nur mehr Luft in meine Lunge. Ich habe nicht mal realisiert, dass es hell geworden ist. Eigentlich bin ich sehr gut trainiert, ich mache zu Hause fast jeden Tag ein Lauftraining, noch auf über 4500m im Haupttal konnte ich Tashi spielend folgen. Er sprach zum Jux immer die einzigen Worte, die er in deutscher Sprache konnte "langsam, langsam" und legte gleichzeitig ein sehr hohes Wandertempo vor. Und ich gab alles, um ihm folgen zu können. Das war wie ein Spiel zwischen uns. Aber jetzt war ich ein Waschlappen, es ging fast nichts mehr. Meine Pausen waren länger als meine Bewegungsphasen. In meinem benebelten Zustand war es gut, dass Tashi immer schön kontrollierte, dass ich die Steigklemme richtig von Seil zu Seil wechselte. Die Fixseile sind meist mit Schneeankern fixiert. Diese Schneeanker werden von den Sherpas regelmässig auf ihr Festsitzen geprüft. In den steileren Stellen finden sich oft noch alte Seile von den Vorjahren. Man sollte gut darauf achten, immer das neuste Seil zu verwenden.

Der Gipfel (6812 m oder 6856 m)
Und irgendwann wurde es plötzlich ganz flach. 9:30, endlich Sonne! Das ist das Geheimnis dieses "Matterhorns", dass man oben fast Fussball spielen könnte, hätte man die Luft hierfür. Das Panorama ist super. Im Norden steht nur wenige Kilometer entfernt seine Eminenz eingerahmt von Nuptse und Lhotse. Unterhalb des Lhotse in der Tiefe kann man die menschlichen Ameisen betrachten, die den Islandpeak besteigen. Im Nordosten steht die dunkle Pyramide des Makalu und ganz weit weg im Osten der "Kantsch", der dritthöchste Berg der Erde, an der Grenze zu Sikkim. Im Westen geht der Blick zum Cho Oyu und man kann sogar nach Tibet zum Shisha Pangma gucken. Die Luft ist kristallklar, nur mein Handy will nicht mehr. So kann ich die Dörfer und Klöster im Tal nicht mehr ablichten.

Der Weg zurück
Jetzt folgt eine lange Abseilerei. Zuweilen können wir an weniger steilen Stellen auch einige Schritte mit eingeklinkten Karbabinern absteigen. Es ist nun, da ich müde bin, sehr wichtig darauf zu achten, das Abseilgerät richtig einzuhängen. Tashi fragt mich, wo wir übernachten wollen. "Basecamp" sage ich trotzig. Üblicherweise wird nochmals im Camp I übernachtet. Aber das warme Abendessen lockt. Um 12:30 sind wir im Camp III. Hier kann ich mich der Dauenüberhose und der dicken Daunenjacke entledigen. Beim Eindunkeln erreichen wir das Camp I. Mit der Stirnlampe geht es den Wanderweg hinunter zum Basecamp. Dort werden wir vom Küchenteam bereits erwartet. Wunderbar, ein warmes Essen und eine Cola (allenfalls ein Bier), nach 21 Stunden auf den Beinen. Ich habe Krämpfe in den Beinen und realisiere erst jetzt, dass ich in den Fingerkuppen meiner rechten Hand nichts mehr fühle. Eine anwesende Ärztin meint aber, dass das kein Problem sei, nach drei Wochen wäre es wieder gut.  Es folgte ein Pausentag und die Wanderung zurück nach Lukla. Schon vor dem Gipfel aber noch wesentlich stärker danach plagte mich der typische Khumbuhusten. Der Staub, die Kälte und die Trockenheit setzen den Atmungsorganen zu. Nach 4 Wochen mit heftigem Reizhusten war ich wieder fit. Allerdings folgten nun Rückenschmerzen, weil ich mir durch den heftigen Husten einige Rückenmuskeln gezerrt habe. Da ich in Kathmandu einen Apfel gegessen habe, plagte mich auch noch etwas der Durchfall. In der Khumburegion solltest du kein Fleisch essen, nur geschälte Früchte, gekochte Speisen, Wasser vorzugsweise aus den Petflaschen, die man überall kaufen kann, auch beim Zähneputzen. 

Die Ausrüstung (unvollständig)
Bergschuhe mit Innenschuhen für 7000er, man muss damit klettern können. Schlafsack bis -30°, Daunenüberhose oder ein vergleichbares Kleidungsstück für den Gipfeltag, warme Fingerhandschuhe, Expeditionsfäustlinge, Steigklemme, Pickel, Steigeisen, Notfallmedikamente für die Höhenkrankheit, Schmerzmittel, gute Sonnenbrille, Sonnencreme mit Faktor 50, Helm, Stirnlampe, Daunenjacke (ich hatte 2 Daunenjacken dabei), Thermosflasche und isolierte Nalgeneflasche, faltbare Matte und aufblasbare Matte, 2 Mützen, Sturmhaube, Skibrille, ev. Daunensocken, dicke Wollsocken, Klettergurt mit abnehmbaren Beinschlaufen (er kann aber leicht sein, muss aber genügend gross sein, damit er über die Daunenkleidung passt), Abseilgerät (es wird  ein Achter empfohlen, meiner hatte aber an den dünnen Fixseilen zu wenig Reibung, das Einfädeln der bei uns üblichen Abseilgeräte kann mühsam sein mit kalten Händen, Helm, Stirnlampe, Softshellhose, lange Unterwäsche, Goretexjacke und -hose. Vernünftig ist auch irgendeine Form des Mundschutzes, um das Einatmen von Staub beim Wandern zu reduzieren. Ein Tüchlein, ein medizinischer Mundschutz oder gar ein Filter wird verwendet. Die Hustenplage kann dir die Tour  vereiteln. Es gibt im Khumbu kein WC-Papier auf dem Klo. Du musst es selber mitbringen.
Unsere normalen Stromstecker funktionieren recht gut. In allen Lodges kann man seine Elektrogeräte aufladen. Je weiter oben, desto teurer. In Kathmandu oder Namche Bazar kann man sich zudem die gesamte Bergsteigerausrüstung kaufen, wenn man etwas vergessen hat. Es ist aber eher teurer als bei uns.

Das Fazit
Alle Sherpas, denen ich begegnet bin, waren zuvorkommend nett zu mir. Der Service, den sie boten, war für mich ungewohnt umfassend. Ohne sie wäre ich nicht hochgekommen. Dies gilt insbesondere für Nima Tashi Sherpa, meinem jungen Bergführer. Der Berg ist eine Wucht: Das Basislager ist grosse Klasse, der helle Granit ist meist kompakt und herrlich zu klettern, nur im grossen Couloir ist er brüchig, das Camp II ist megafotogen, der Mushroomridge und die weiteren glitzernden Eispassagen sind wunderschön, die Expostion im Gipfelhang ist gewaltig und eindrücklich, das Gipfelpanorama ist unbeschreiblich: Sechs 8000er! ABER: Du bist nie allein, es droht der Stau, der Berg ist gefährlich, du wirst frieren, du wirst Kopfschmerzen haben, Durchfall wird dich plagen, vielleicht wirst du husten und möglicherweise gibt dir diese Art des Bergsteigens am Fixseil nicht die Befriedigung, die du suchst. Wenn du ein viel besserer Bergsteiger bist als ich, dann ist vielleicht der Lagunak Ridge dein Traumziel.

Empfohlen sei die Lektüre des Berichtes des Bergführers Marco Bomio (http://www.marcobomio.ch/www.marcobomio.ch/Ama_Dablam.html), den ich übrigens in Nepal zufälligerweise getroffen habe, und eines humorvollen Artikels in der NZZ vom 4.1.2009 von Christoph Zürcher (https://www.nzz.ch/in_eisigen_hoehen-1.1635036)

Im Flughafen in Kathmandu auf meinen Heimflug wartend erfahre ich, dass nur wenige Tage nach uns ein Australier beim Abseilen oberhalb des Camp II vermutlich im grossen Couloir tödlich abgestürzt ist. Ein Steinschlag hat das Fixseil durchtrennt.

Tourengänger: TimoWi


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Kommentare (9)


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Sputnik Pro hat gesagt: Wow !
Gesendet am 11. Dezember 2018 um 05:42
Das ist einmal ein Tourenbericht! Herzliche Gratulation zum Gipfelerfolg!

Gruss, Sputnik

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 11. Dezember 2018 um 05:46
PS: Tipp. Füge doch noch den Wegpunkt "Ama Dablam" dem Tourenbericht zu, so findet sich die Tour jederzeit wieder.

TimoWi hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. Dezember 2018 um 10:09
Danke. Ich glaub ich hab es jetzt mit dem Wegpunkt geschafft.

nprace hat gesagt:
Gesendet am 11. Dezember 2018 um 09:07
Hi,
Gratulation zu diesem super schönen Berg und tolle Abenteuer.
Ich habe mich gefragt warum man die Zelte von in Camp II auf dem ausgesetzten Grat aufstellt wenn man 300hm weiter das Schneeplateau hat?
Toodles und weiterhin viele schöne Momenten in der Höhe.
N

TimoWi hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. Dezember 2018 um 10:19
Danke :-)
Camp III ist dem Eisschlag ausgesetzt. Es ist ratsam möglichst wenig Zeit dort zu verbringen, sofern du es dir zutraust vom Camp II zum Gipfel zu starten. Zudem musst du weniger schleppen. Lambabu, der sehr erfahrene Sherpa, hat mit seinen beiden Kanadierinnen auf Camp III übernachtet. Dies hat den Vorteil, dass man nicht so lange in der Nacht in der Kälte unterwegs ist, wenn das Wetter stabil bleibt.

boerscht hat gesagt:
Gesendet am 11. Dezember 2018 um 15:34
Wow gratulation zu diesem wahnsinnig tollen Gipfel ! super Bericht auch.

Gruß Adrian

georgb hat gesagt:
Gesendet am 11. Dezember 2018 um 18:18
Ich schließe mich an. Das ist eine starke Sache und ein einzigartiger Berg. Gratulation!

Linard03 hat gesagt:
Gesendet am 11. Dezember 2018 um 21:37
> Zu meinem Erstaunen gibt es noch keinen Bericht zu diesem imposanten Berg
nein, das muss nicht weiter erstaunen; schliesslich ist das ein Berg, wo nicht jeder raufkommt!

Jedenfalls Gratulation zu diesem Gipfelerfolg! Und danke für das Teilen dieses spannenden Berichtes!

Up2 hat gesagt: Gratuliere!
Gesendet am 15. Dezember 2018 um 22:57
Vielleicht müsste man diesen einmaligen Berg auch unter Amadablam finden? Denn trotz all deiner tollen Berichte - danke!!! - schreibe ich ihn immer wieder falsch. :)


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