Olympia in der Campo Tencia-Arena: Campo Tencia und Pizzo Forno in einem "Schnorz"


Publiziert von danski , 22. Februar 2018 um 19:48.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:10 Februar 2018
Ski Schwierigkeit: S
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Pizzo Campo Tencia   Gruppo Pizzo Campolungo 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 3100 m
Abstieg: 3100 m
Strecke:Dalpe - Cap. Campo Tencia - Croslina Couloirs - Campo Tencia - P. 3035 - Boc di Comasnè - Pizzo Forno - Dalpe

Auf vorangehenden, erfolgreichen "Missionen" im Tessin konnte ich mich von der superben Schneequalität und Schneelage ennet des Gotthards überzeugen. Da war es ein leichtes Spiel, Chris von einem weiteren Ausflug in diese Gefilde zu überzeugen. Neben einer Abfahrt, die ich schon immer mal ausprobieren wollte, standen anfänglich sogar 3 veritable Tessiner Promi-Gipfel auf dem Programm. Dass diese Kombi ordentlich Höhenmeter bedeuten würde, war mir klar, aber so genau wollte ich es eigentlich gar nicht wissen im Vorfeld. Für mich stand primär der Abfahrtsspass im Vordergrund und die Aufstiege würde ich dann schon irgendwie hinkriegen.

Etappe 1: Dalpe - Pizzo Campo Tencia via Croslina Couloirs

Wir starten pünktlich wie die SBB um 07:00 von Dalpe und wollen so rasch als möglich das zwar schöne, aber etwas zu laaange Val Piumogna hinter uns bringen. Vor uns holen wir bald eine weitere Gruppe ein, die recht zügigen Schrittes den Campo Tencia anpeilt. Angeführt vom gipfelbuch-Promi Walti Marty erscheint mir das forsche Tempo nun doch einleuchtend. Aber wir wären nicht wir, wenn wir noch einen Tick schneller wären. Nach längerem, taktischem Geplänkel setzen wir zum Überholmanöver an und müssen das Tempo danach natürlich hoch halten, um nicht eingeholt zu werden. Es gelingt, aber ich komme schon gehörig ins Schnaufen. Nach dem lichten Lärchenwald erreichen wir offenes Gelände unterhalb der Alpe di Croslina. Wir legen eine neue Spur Richtung Capanna Campo Tencia. Nicht nur optisch wähnt man sich hier in einer Tiefkühltruhe, die Kälte hält sich auch physisch hartnäckig in den Fingern und Zehen. Der Bilck hinüber zum sonnenverwöhnten Campolungo vermag auch nicht wirklich zu erwärmen. Dafür ist die Schneequalität dank den eisigen Temperaturen gigantisch und das Spuren verhältnismässig mühelos. Das erste Croslina-Couloir können wir komplett mit Skis begehen, so gut ist es momentan eingeschneit. Endlich erhaschen wir auch ein paar wärmende Sonnenstrahlen, doch bald verschlucken uns die unbarmherzig eisigen Schatten wieder. Rasch ist der Fuss des zweiten Croslina-Couloirs erreicht. Chris attackiert beherzt und sinkt immer mal wieder hüfttief ein. Der Ausstieg ist felsdurchsetzt und spannend. Es geht grad so ohne Steigeisen, aber der Pickel leistet gute Dienste. Es folgen flachere, sonnige Höhenmeter unter der Bocchetta di Croslina. Auch mit Tessiner Sonne wird es uns nicht wirklich warm, weswegen wir kurzentschlossen auf die Besteigung des Pizzo Croslina verzichten. Eine weitere Stunde an der Kälte inkl. bissigem Nordwind an diesem Berg hätte zu viel Energie gekostet. Bald stossen wir auf die eingespurte Normalroute auf den Campo Tencia. In Gipfelnähe nervt der zügige Nordwind, dem wir mit uns allen zur Verfügung stehenden Kleiderschichten zu trotzen versuchen. Eine für mich längst fällige Essenspause liegt nicht drin. Man muss aber ehrlicherweise auch zugeben, dass die Aussicht und Stimmung von diesem Ausguck beeindruckend sind. Schnell umrüsten und kurz in die Scharte abfahren. In Grat- und Gipfelnähe erwischen wir ein paar fies überschneite Steine, doch die paar Schwünge lassen grossartiges erahnen.

Etappe 2: Pizzo Campo Tencia - P.3035 - Boc di Comasnè

Eine Etappe, die ein geradezu ideales Aufstiegs- zu Abfahrtsverhältnis aufweist! 80 HM Aufstieg zu 1100 HM Abfahrt. Diese 80 Meterchen Portage entlang des Grates zum P.3035 haben es aber doch noch in sich, denn der Wind rüttelt ständig an einem und man muss aufpassen, dass exponierte Gesichtsteile nicht weiss werden. Also Beeilung und nichts wie los in die Abfahrt! Die Einfahrt vom P. 3035 ist erstaunlich mühelos, doch noch etwas verhalten wegen versteckter Steine. Aber dann kommen sensationelle Abfahrtshöhenmeter im besten Schnee, den die Alpen zu bieten haben! Etwas oberhalb des Canale Giovanelli stossen wir auf die Normalroute. Bei der aktuellen Schneelage ist der Canalone absolut problemlos, wenn auch leider schon recht ausgefahren. Eine verdiente Pause vor dem Wiederaufstieg zum Pizzo Forno muss jetzt sein, auch wenn die Temperaturen nach wie vor nicht unbedingt dazu einladen.


Etappe 3: Boc di Comasnè - Pizzo Forno - Dalpe

Ausser einem unstillbaren Hungergefühl fühle ich mich dem Pizzo Forno durchaus noch konditionell gewachsen. Also legen wir gleich los und gelangen dank bestem Trittschnee und einer guten Spur mühelos über die eigentliche Schlüsselstelle im Aufstieg zum Pizzo Forno. Die durchaus nicht ganz trivialen Platten sind heute nicht mal ansatzweise spürbar. Um die Pace weiter hoch zu halten, nimmt mich Chris an die "Leine". Ich bin nicht ganz unfroh, dass seine Felle bald zumindest teilweise den Dienst versagen und ich von der Leine gelassen werde. Nicht, dass mich das noch schneller gemacht hätte, aber ich kann nun wieder mein immer noch anständiges Tempo gehen. Chris holt mich trotz technischem Handicap bald mal ein. Nun beginnt definitiv der Kampf gegen mich selber. Angekommen auf dem Passo di Ghiacciaione geht erst einmal gar nichts mehr. Ein veritabler Hungerrast, wie ich es schon länger nicht mehr erlebt habe, hat mich nun definitv eingeholt. Dadurch will ich mich aber so kurz vor dem Gipfel nicht geschlagen geben. Ein Gel und ein paar Nüsse können Wunder bewirken und so komme ich bald wieder auf Touren und erledige den Rest der 3100 Tageshöhenmeter. Etwas mitgenommen, aber ziemlich stoked erreiche ich den sonnenverwöhnten und windstillen Gipfel des Pizzo Forno zum zweiten Mal in diesem aussergewöhnlichen Winter. Endlich mal eine ausgedehntere Pause an der wärmenden Sonne. Nach dem wir uns sattgesehen haben, dürfen wir uns auf weitere grandiose Abfahrtshöhenmeter freuen. Trotz erneut drohendem Hungerrast geht es mir auf den Skis gleich wieder viel besser und selbst die Abfahrt vom Gipfel macht Laune. Konstant rechts haltend ziehen wir unsere eigene Spuren durch den federleichten TI-polvere und erwischen noch einen ansprechend steilen Hang. Boc di Comasnè ist beinahe zu schnell erreicht und die anschliessende Abfahrt durch das Val Piumogna natürlich mehr Pflichtprogramm als Kür. Die Langlauf-Einlage zum Ausgangspunkt fordert noch einmal konditionell, dann ist Dalpe P. 1206 erreicht und damit mein neuer persönlicher Skiouren-Höhenmeterrekord im Trockenen. Natürlich sind wir beide etwas groggy, doch die Freude über diesen Tag überwiegt. Obwohl mich in diesem Moment keine allzu grosse Lust auf weitere Skitouren erfasste, haben wir am folgenden Tag in aller Stille und Einsamkeit eine weitere grandiose Linie im Bedretto mitgenommen. Hammerweekend wars!




Tourengänger: chrismo77, danski


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Kommentare (2)


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igor hat gesagt:
Gesendet am 22. Februar 2018 um 19:59
Grossartig! Toll gemacht! Ciao

tricky hat gesagt:
Gesendet am 22. Februar 2018 um 22:02
Sehr cool, Gratuliere


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