3 + 3 (Basaltgipfel/-chen ohne/mit ohne Baude)


Publiziert von lainari , 16. November 2016 um 13:07.

Region: Welt » Tschechien » České středohoří
Tour Datum:13 November 2016
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 480 m
Abstieg: 480 m
Strecke:13,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Prácheň, Verbindungsstraße nach Polevsko
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 14 Lužické hory

Eine frühwinterliche Spurensuche
 
Der findige Leser wird anhand der Überschrift längst herausgefunden haben, dass heute auf keinem der besuchten Gipfel eine Baude zu finden ist. Der findige Sucher wird auf seiner Tour erkennen, dass dies auf drei Gipfeln nicht immer so war. Nach einer feuchtkalten Schneeregenwoche wurde ein sonniger Sonntag erwartet. Bei neun Minusgraden verließ ich mein Kälteloch und fuhr an den Nordostrand des Böhmischen Mittelgebirges. Bei der Vorbereitung dieser Tour hatte ich bemerkt, dass drei meiner Berichte regionenmäßig falsch einsortiert waren, was ich nun behoben habe. Die Tschechen richten etwaige Landschaftsbeschreibungen recht strikt an der geomorphologischen Einteilung aus, während deutsche Publikationen zu denselben Zielen nicht nur in Randbereichen oft zu Verwischungen und Ungenauigkeiten tendieren.
 
In Prácheň bog ich von der Hauptstraße 13 ab und fuhr auf einem schneeglatten Sträßchen Richtung Polevsko. Mit Erreichen des Waldes passierte ich einen abgeschrankten Waldweg und parkte etwa 50 Meter weiter in einer Wegeinfahrt. Ich schulterte den Rucksack und strebte bergwärts. Der Weg brachte mich hinauf in das Gelände eines zweietagigen alten Basaltsteinbruches. Fehlende Verarbeitungsanlagenreste und große Haldenmassen ließen darauf schließen, dass hier vorrangig Werksteine zum Mauerbau gewonnen wurden. Unregelmäßige Basaltsäulen und Bruchstücke wurden deponiert. Nach der Besichtigung stieg ich weglos links der oberen Ebene durch den Wald hinauf in Richtung des gefühlt höchsten Punktes. Oben traf ich auf den Kammweg. 10 Meter neben der Stelle des Auf-den-Weg-Tretens fand ich den Gipfel des Klučky (Klutschken) mit TP und Markierungsstange. Ich wandte mich nach rechts und wanderte auf dem blau markierten Kammweg durch den überzuckerten Winterwald und genoss die trockene klare Frostluft. Auf Wiesengelände kam ich zu einem großen Funkmast. Hier bog ich nach links auf eine Waldschneise ein und erreichte nach etwa 200 Metern den heute vollständig bewaldeten Obrázek (Bildstein). Hier befand sich ab 1891 ein hölzerner verkleideter Aussichtsturm mit einer kleinen Baude. Nach 1945 verfiel dieser. Heute zeugen eine Geländerstütze und unscheinbare Fundamentreste von dieser Bebauung. Etwas entfernt gab es ebenfalls ab 1891 eine größere Restauration, welche nach diversen Bränden 1909 endgültig zerstört wurde. Es haben sich keine Reste erhalten, der Standort sollte auf der Wiese kurz vor dem Waldrand gewesen sein. Dorthin zurückgegangen, lief ich in den Ort Prácheň (Parchen) hinunter und umrundete zunächst den großartigen Panská skála (Herrenhausfelsen). Frühere Steinbrucharbeiten haben hier eine interessante Basaltformation freigelegt, die als Naturdenkmal unter Schutz gestellt wurde. Ein tschechisches Paar engagierte mich kurzerhand als Smartphone-Bildkünstler. Nach einer kleinen Einweisung war das Ergebnis für den erstmaligen Gebrauch recht passabel.
 
Vorbei an der Kirche ging ich danach zur Hauptstraße und folgte ihr bis zum Gebäude der Lampenmanufaktur Prousek. Gegenüber führte ein Fahrweg zum Gipfel der Vyhlídka (Kühlberg) hinauf. Der eingebürgerte simple tschechische Name (Aussicht) hat so gar nichts mit der deutschen Ursprungsbezeichnung zu tun. Auf dem Berg dominieren heute ein Funkmast und der Lift des Mini-Skigebietes den Anblick. Von 1910-1978 stand auf dem Gipfel die beliebte Kühlbergbaude, welche ebenfalls abbrannte. Von dieser findet man nur noch das Fundament vor. Über den Ortskern Prácheň lief ich zurück zum blau markierten Wanderweg. Am oberen Ortsende wechselte ich auf einen Stichweg (blaues Dreieck) und kam nach kurzer Zeit zum Česká skála (Tscheschkenstein), der sich bergseitig nur wenig aus der Umgebung abhob. Hinter dem kleinen spitzen Hauptgipfel tat sich ein grandioser Steilabfall auf. Da der Basalt bei bestimmten Bedingungen nicht gerade gutartig reagiert, was seine Begehbarkeit anbelangt, verzichtete ich auf den Hauptgipfel und arbeitete mich zu zwei kleineren nur unwesentlich flacheren Nebenfelsen vor. Dort pausierte ich im Sonnenschein. Gar merkwürdige Geräusche entpuppten sich als vorbeistreifender einheimischer Hundeausführer mit seinem im Schnee tobenden Vierbeiner. Wenige Meter zurückgelaufen, umrundete ich das Massiv nördlich und stieg weglos zu seinem Fuß hinunter. In den 1980er-Jahren sollen zwei Stollen zur Erkundung des abbauwürdigen Vorrats an Basalt in den Gipfel getrieben worden sein. Einen davon fand ich am Fuße der Felswand vor. Das Gittertor am Eingang wurde von neugierigen Besuchern entfernt, diese Einladung blieb freilich nicht ungenutzt. Von den angeblich schutzwürdigen Fledermäusen war nicht die geringste Spur zu entdecken. Einzig einige Nachtfalter hatten sich zur Überwinterung eingefunden. Einmal unterhalb des Berges angekommen, wählte ich nun den Direktabstieg in Falllinie ostwärts zum Waldweg hinunter. Der Blockschutt erforderte erhöhte Aufmerksamkeit, wobei sich die leichte Schneeauflage durchaus positiv - im Sinne von dämpfend und die garstig borstige Vegetation überdeckend - erwies. Am Weg angekommen, bog ich nach links und trudelte auf dem asphaltierten Forststräßchen aus. Vorbei am Punkt 432 stieg es im Verlauf an und ich kam zur Hauptstraße 13. Unmittelbar gegenüber benutzte ich eine steile verwachsene Rampe, die nach einiger Zeit in einen gekiesten Forstweg einmündete. Hier hielt ich mich rechts und setzte den Höhengewinn fort. Ab etwa 580 m Höhe verlief der Weg relativ eben an der Südseite des Kammes entlang. Am Waldrand endete der Weg mit einer Wendeschleife. Ich ging rechts an einigen Wiesenflächen vorbei und kam im Wald zur Anhöhe des Wachstein u Polevska (Wachstein). Neben einem Denkmal, das anlässlich des 150-jährigen Geburtstages von Turnvater Jahn errichtet wurde, fand ich einen Fundamentrest vor. Hier stand ab 1920 die Wachsteinbaude des Gebirgsvereins für das nördliche Böhmen. Den Zeitpunkt ihres Unterganges konnte ich bis dato noch nicht ermitteln. Der Berg hat keinen tschechischen Namen erhalten und findet auf der Karte heute keine Erwähnung mehr.
 
Über Wiesenflächen lief ich anschließend in den herrlich gelegenen Ort Polevsko (Blottendorf). Zunächst machte ich mich noch mit dem freilaufenden gutmütigen Schäferhund einer Einheimischen bekannt. Bei dem heutigen Prachtwetter waren dutzende Leute mit ihren Hunden unterwegs. Im Oberdorf von Polevsko umrundete ich zunächst die Kirche und nutzte eine am Ortsende gelegene Rasthütte zur Mittagspause. Anschließend ging ich an der Straße hinauf auf die Hochfläche bis zur Knäspelova kaple (Knäspels Kapelle). Nach links abgebogen, führte ein Flurweg auf die Kammlinie hinauf. Die Landschaft mit Gehölzstreifen, Gebüschen und Wiesenflächen erinnerte mich ein wenig an die Jurahöhen. Beim Eintreten in den Wald entdeckte ich einen Dreiecker - einen Grenzstein dreier Grundherrschaften aus dem Jahre 1831. Hier trafen einst die Herrschaften Neuschloss (Zahrádky), Kamnitz (Česká Kamenice) und Bürgstein (Sloup) aufeinander. Auf dem Kammweg passierte ich den vom Morgen bekannten Klučky und bog hinter dem Steinbruch nach rechts auf dem blauen Wanderweg hinunter. Nach einem kleinen Schlenker im Steinbruchgelände kam ich direkt wieder am Standort des Autos heraus.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 5 h.
Die Strecke ist mit überwiegend mit T1 zu bewerten.
Der Zugang vom Startpunkt zum Klučky ist teilweise weglos und unmarkiert (T2).
Der Zugang zum Panská skála (Gipfel) ist unmarkiert und weglos (T2).
Der Zugang zum Česká skála ist blau markiert (T2), der Abstieg nach Osten zum Waldweg ist unmarkiert und weglos (T3).
Die Webseite www.luzicke-hory.cz ist eine wahre Fundgrube für Informationen und ist aufwändig mehrsprachig gestaltet.
Gute Informationen zu verschwundenen Orten gibt es auch auf www.zanikleobce.cz.

Tourengänger: lainari


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