Le Rateau (3809 m) - Südgrat


Publiziert von Stirml , 28. August 2016 um 19:58.

Region: Welt » Frankreich » Hautes Alpes - Dauphiné
Tour Datum:23 August 2016
Hochtouren Schwierigkeit: L
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 2 Tage 15:00
Aufstieg: 2200 m
Abstieg: 2200 m
Unterkunftmöglichkeiten:St-Christophe-en-Oisans
Kartennummer:IGN Carte de Radonnées Ecrins

Der Rateau gehört zu den hohen Gipfeln der Dauphiné. Vom Bergsteiger- und Freeride-Ort La Grave aus gesehen ist er der rechte Nachbar zur Meije. Er zeigt sich hier mit seinem fast waagerechten Zackengrat zwischen Ost- und Westgipfel über der rund 500 Meter hohen felsigen Nordwand.

Für die Besteigung haben wir uns den Normalweg über den Südgrat ausgesucht. Ausgangspunkt hierfür ist ein kleiner Parkplatz oberhalb von St-Christophe-en-Oisans auf rund 1600 Meter Höhe am Beginn des Vallon de la Selle (die kleine Straße zum Parkplatz sowie der Parkplatz sind in der IGN-Karte Ecrins eingezeichnet).

1. Tag:
Vom Parkplatz geht es anfangs noch kurz durch Wald und dann über insgesamt rund 7 Kilometer ohne Schatten zum Refuge de la Selle (2673 m). In diesem Super-August eine gnadenlos der Sonne ausgesetzte Wanderung über einen steinigen Weg - wer in der Dauphiné unterwegs ist, sollte Gefallen an heißen, steinigen Wegen haben! Andererseits waren auch hier wieder Unmengen von Schmetterlingen zu bestaunen, u.a. der hier gar nicht so seltene Alpen-Apollo und sogar ein Trauermantel. Die neben der Strecke auch zu absolvierenden gut 1000 Höhenmeter fallen überwiegend wie meist erst kurz vor der Hütte an. Insgesamt kann man für den Hüttenzustieg rund 3,0 Stunden einplanen.

Von der Hüttenwirtin haben wir (von Ost nach West) erstmal eine Führung durch die Hütte als auch die umliegenden Einrichtungen bekommen: Speisesaal, Waschgelegenheit, Schlafraum in der Hütte sowie außerhalb der Hütte, Toilette, Weg zum Gletscher (!) und Dusche - gar nicht so unpraktisch eine solche Einführung in alle wichtigen Dinge, die den Bergsteiger interessieren. Die Organisation der Hütte ist leger und tiptop, das 4-gängige Abendessen umfasst wie in Frankreich meist üblich auch einen obligatorischen Käsegang.


2. Tag:
Frühstück ist am nächsten Morgen um 4 Uhr. Aufgrund der Einführung am gestrigen Tag sowie des anfangs eindeutigen Weges sind die rund 1,5 Stunden bei Dunkelheit zum Gletscher (rund 2900 Meter) problemlos. Anschließend wird bei Tagesanbruch der unproblematische Glacier de la Selle zu der bereits sichtbaren Breche du Rateau (3235 Meter) gequert. Die Breche du Rateau erreicht man durch eine steile Rinne der übleren Sorte: sandig, brüchig, kleiner bis grober Schutt überall herumliegend, UIAA-Grad II, gewürzt mit einer kurzen Stelle III (von der Hütte rund 2,5 Stunden). Im Abstieg haben wir diese rund 70 Höhenmeter an 3 eingerichteten Ständen abgeseilt.

In der Breche du Rateau wendet man sich nach links und ersteigt ein anfangs kurz kleinsplittriges Wandl (III-), um anschließend in der Sonne über herrlich festen, rauen und grobgriffigen Fels im I. und II. UIAA-Grad den Südgrat, immer an der Gratschneide, hinauf zu turnen. Anschließend wird auf gut sichtbaren Steigspuren westlich des Grates ein Geröllfeld gequert, um wieder zum Grat zu gelangen. Ab hier führen steile Schneehänge (30-35 Grad) zu einem ausgeprägten Gratkopf (3584 Meter), der häufig eine Wechte trägt, die in der einschlägigen Literatur stets als Foto zu sehen ist. Die Wechte wird westlich umgangen. Ab hier führt der von der Hütte bereits sichtbare wunderbare obere Schneegrat (bis zu 30 Grad) zum Vorgipfel. Über einen kurzen Schneegrat und südlich unterhalb vom Grat im Fels erreicht man schließlich den sehr kleinen Gipfel (von der Breche du Rateau rund 2,0 bis 2,5 Stunden)

Das Panorama bei diesem wolkenlosen Tag war tadellos. Im Westen der zackige Gipfelgrat zum Westgipfel sowie das Pic de l'Etendard-Massiv, im Süden die gesamte Dauphiné, im Osten die Meije mit dem Promontoire-Grat im Profil und im Norden Vanoise, Montblanc, Gran Paradiso, Wallis, ...

Der Abstieg erfolgte auf der gleichen Route, wobei insbesondere der obere steile Schneegrat, der in die noch wesentlich steilere Westflanke des Grats übergeht und die Rinne zur Breche du Rateau mit Vorsicht zu begegnen sind. Der weitere Abstieg durch das Vallon de la Selle brachte dann nochmal alle Freuden eines heißen Sommertags.

Resumee:
Hervorragend schöne und kurzweilige Kombitour (Gletscher, leichte Kletterei durch sehr schönen Fels, wunderbarer Schneegrat) auf einen der hohen Gipfel der Dauphiné. Wir waren an diesem Tag die Einzigen in der Route! Die wenigen weiteren Gäste des Refuge de la Selle haben das mannigfaltige alpine Kletterangebot genutzt (diverse Pfeiler in der Südwand des Rateau, Nordpfeiler auf die Pointe d'Amont). Die allgemein in der Literatur und hier angegebene Schwierigkeit mit F+ ist eher streng: Schneehang 30-35 Grad, Kletterei bis UIAA III und die sehr brüchige Rinne zur Breche du Rateau.  




Tourengänger: Stirml


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Kommentare (4)


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Simon_B hat gesagt: Bewertung F+
Gesendet am 29. August 2016 um 19:31
Hallo Stirml,

vielen Dank für diesen schönen Bericht zu einer Tour, welche zumindest in deutscher Sprache noch nicht oft beschrieben wurde. Ich brüte gerade über die Tourenplanung für das nächste Jahr und habe auch die Rateau ins Auge gefasst. Du schreibst, dass die Bewertung F+ etwas hart ist - ich hatte bei Studien von anderen Tourenberichten aus der Dauphine ebenfalls den Verdacht, dass in Frankreich deutlich härter bewertet wird. Einschlägige deutschsprachige Literatur beschreibt ja einige "F-Touren" in diesem Gebiet. Wenn ich mir dann allerdings Bilder aus dem Netz anschaue, staune ich über 3er-Kletterstellen, sehr ausgesetzte Gratstücke und teilweise anspruchsvolle Gletscher. Auch Deine Fotos von den Kletterstellen, oder vom Firngrat lassen mich eher auf ein PD+ nach Ostalpenmaßstab tippen. Am Gipfel der Rateau soll es ja noch mal eine sehr ausgesetzte schmale Kletterstelle geben - siehst Du es ähnlich wie ich?

Stirml hat gesagt: RE:Bewertung F+
Gesendet am 30. August 2016 um 10:38
Hallo Simon_B,

freut mich, wenn Dir der Bericht gefallen hat.

Grundsätzlich kann man schon sagen, dass die hohen Gipfel der Dauphine rauer und wilder sind, wie es Ostalpenbergsteiger gewohnt sind. Die Touren sind häufig felslastig - reine Gletscheranstiege sind die Ausnahme. Nicht jedes Tälchen hat hier einen Weg, und wenn doch, ist dieser nicht immer in den IGN-Karten eingezeichnet. Zudem habe ich in der Dauphine -abgesehen von der Tour auf die Barre des Ecrins- eigentlich nie Menschenmassen angetroffen. Bei den meisten Gipfeln waren wir allein unterwegs oder es waren nur 1 bis 3 weitere Seilschaften auf der gleichen Tour. Das alles macht aber die Dauphine (abgesehen vom zudem meist besseren Wetter) ja so interessant.

Meine Anmerkung zur Schwierigkeit sollte v.a. den Hinweis geben, dass ein Bergsteiger hier keinen F-Gletscherhatscher a la Großvenediger oder Bishorn erwarten kann. Bei der Tour war wie beschrieben alles geboten (Fels, Eis, ...). Zu den IIIer-Stellen: m.A. nach zwei kurze Stellen (die letzten 5 Meter zur Breche du Rateau und die ersten 3 Meter aus der Breche du Rateau. Der gesamte untere Felsgrat ist m.A. I bis II. PD+ erreicht die Schwierigkeit m.A. aber auch nicht.

Die Fotos vom obersten Gipfelgrat habe ich auch gesehen (plattig). Wir sind allerdings die letzten 50 m zum Gipfel südlich kurz unterhalb des Grates gegangen (leichtes Blockgelände) und erst kurz vor dem Gipfel zum Grat hoch (plattig aber leicht). Die letzten 3 Meter zum Gipfel sind dann direkt an Grat mit Blick zum Einstieg der Nordwand.

Viel Spass in der Dauphine nächtes Jahr!

Simon_B hat gesagt: RE:Bewertung F+
Gesendet am 30. August 2016 um 16:54
Vielen Dank für Deine hilfreichen Ergänzungen!

Dein Bericht hat auf jeden Fall Lust auf die Dauphin gemacht!

Viele Grüße

Simon

Bertrand hat gesagt:
Gesendet am 1. September 2016 um 14:15
Kann ich nur zustimmen. Die F Bewertung am Pic Coolidge zB entspricht einem WS in den Ostalpen, PD für die Agneaux = WS+/ZQ- , usw. Dafür bietet der Dauphiné mMn die wildesten Landschaften des gesamten Alpenbogens bei zumeist bestem Wetter...


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