Rabštejnské údolí und Růžovský vrch (Rabsteiner Tal und Rosenberg)


Publiziert von lainari , 11. März 2015 um 18:50.

Region: Welt » Tschechien » České Švýcarsko
Tour Datum: 8 März 2015
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 7:15
Aufstieg: 750 m
Abstieg: 750 m
Strecke:24 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Růžová oder Zug der ČD bis Veselé pod Rabštejnem (hin und zurück insgesamt + 2 km bei Anschluss an die begangene Wanderroute in Janská)
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 12 Česke a Saské Švýcarsko

Start in den Frühling
 
Das Wochenende präsentierte sich mild und sonnig und bot somit die ideale Gelegenheit eine fertig vorbereitete Frühlingstour in Angriff zu nehmen. Ich machte mich auf den Weg in die Česke Švýcarsko (Böhmische Schweiz) nach Růžová (Rosendorf). Am oberen Ortsende bog ich auf das Fahrsträßchen nach Kamenická Stráň ein, hielt auf den markanten Růžovský vrch zu bis die Weiterfahrt gesperrt war und parkte an einem Wegdreieck. Ich machte mich startklar und lief in den Ort zurück. Dort bog ich auf die Fahrstraße Richtung Bynovec ein und lief an ihrem Rand leicht aufwärts zur Flanke des bewaldeten Petřín (Sturmberg) hinauf. Dort suchte ich das Sturm-Kreuz von 1858, das etwas oberhalb der Straße an einer Flurwegtraverse steht. Obwohl auf dem ersten Blick einem Sühnekreuz ähnlich, ist es wegen seiner späteren Herkunft als Pietätsdenkmal einzuordnen. An der Bergflanke befindet sich auch eine Windmühle von 1844, die heute vollständig von Wald umschlossen ist. Am Straßenrand weitergelaufen, kam die Einöde Nový svět (Neuwelt) in den Blick. Kurz zuvor wandte ich mich vor einer Pferdekoppel nach links auf einen Wiesenweg und nutzte ihn, bis ein Wäldchen von rechts angrenzte. Dort ging ich hindurch und sah einen Weg, auf dem ich wieder Richtung Straße lief. Am Waldrand zur Pferdekoppel fand ich nun das Dietze-Kreuz von 1737 vor. Die Funktion des Kreuzes entspricht der des zuvor besuchten. Da der Weg nicht durchgängig war, wich ich dem Anwesen in einem Linksbogen durch den Wald aus und kam letztlich über eine Wiese zur Straße. Dort wanderte ich in ursprünglicher Richtung weiter, bis später ein blau markierter Wanderweg kreuzte. Dort bog ich nach links auf und ging in den Wald hinein. Nach einem Wegweiser führte der Pfad an einer Bergflanke leicht aufwärts. Reste eines hölzernen Wegweisers und eine alte Bank deuteten einen alten Gipfelzugang an. Ich nahm die wenigen Meter seit- und aufwärts unter die Füße und kam auf den bewaldeten Bynovecký vrch (Binsdorfer Berg). Ein Vermessungspunkt bestätigte das Erreichen des Gipfels. Zurück auf dem Wanderpfad strebte ich weiter. Vor dem Eintritt in ein größeres Gefälle lud eine Sitzgarnitur zu einer ersten Pause ein. Danach abwärts laufend, gelangte ich nach Nová Oleška (Neu-Ohlisch). Die Höhenangabe 310 m am KČT-Wegweiser ist mit Sicherheit ins Reich der Fabel zu verweisen (siehe Wegpunkt).
 
Die Dorfstraße aufwärts gehend, bog ich später in ein ansteigendes Wiesental ab, lief durch einen Wald aufwärts und erreichte auf der Hochfläche im Verlauf Stará Oleška (Alt-Ohlisch). Dort bog ich zum idyllischen Olešský rybník (Ohlischer Teich) hinüber, der gesäumt von Naherholungsanlagen auch naturnahe Abschnitte aufweist. Ich verließ die Örtlichkeit, in dem ich nach links auf einen gelb markierten Wanderpfad einschwenkte, der ins Tal der Olešnička (Goldbach) hinunterführte, die den Seeabfluss bildet. Mit sanftem Gefälle wanderte ich dort talwärts. Der Bach wurde im teilweise felsgesäumten Tal von 1900-1908 zur Austria-Klamm aufgestaut und wurde durch eine Kahnfahrt und eine Restauration ergänzt. Nach einem Hochwasserereignis endete diese Bewirtschaftung. Im unteren Talabschnitt passierte ich einen querenden geschlossenen Betonkanal, der ein Aquädukt sein könnte. Am Talausgang traf ich in Janská (Johnsbach/Jonsbach) ein. Einmal hier, wandte ich mich nach rechts und ging die Talstraße ein Stück hinauf. Am nächsten Straßenabzweig wieder rechts abgebogen, kam ich am Eingang des Rabštejnské údolí (Rabsteiner Tal) zur ersten der einstigen Preidlschen Fabriken. Aufbauend auf die Ressource Wasserkraft hatte der Unternehmer Franz Preidl von 1860-1867 drei Spinnereien im abgelegenen Tal errichtet. Um 1907 waren in den Betrieben insgesamt 1000 Mitarbeiter beschäftigt. Später wurde im Tal noch ein Wasserkraftwerk errichtet. Der Betrieb der Spinnereien wurde 1931 wegen einer Wirtschaftskrise eingestellt. 1940/41 kam es zur Wiederaufnahme der Textilproduktion. 1942 wurden die Produktionsstätten zugunsten der Weser Flugzeugbau Bremen (WFG) enteignet, die Teile der Junkers-Flugzeugproduktion hierher verlagerte. Dabei nutzte man zunächst die vorhandenen Gebäude. 1944-Mai 1945 wurde unter dem Namen „Objekt Zechstein“ durch den Einsatz von Häftlingen und Zwangsarbeitern mit dem Stollenvortrieb zur Errichtung unterirdischer Produktionsanlagen begonnen. Mit etwa 17.500 m² war bei Kriegsende ungefähr ein Fünftel der geplanten Anlagengröße erreicht. Die Objekte wurden nun bis 1946 als Internierungslager für Nazi-Funktionäre und als Sammellager für Sudetendeutsche genutzt. Eine zivile Nachnutzung kam später nicht mehr zustande, so dass die tschechoslowakische Armee das Tal übernahm. In den Anlagen wurde zunächst ein Zentrallager für Pioniermunition eingerichtet, später kam ein unterirdisches Tanklager der Zentralgruppe der Sowjetarmee dazu. Diese militärische Nutzung dauerte bis zur politischen Wende an, so dass das Tal insgesamt 50 Jahre unzugänglich war. Heute kann man es wieder durchqueren, noch eine der einstigen Fabriken sehen sowie unzählige Reste der Militärzeit entdecken. Die Abwesenheit jeglicher spaßverderbender Du-darfst-nicht!-Schilder nahm ich erstaunt zur Kenntnis. Aber vermutlich würden diese bei Schwejks Erben eh nur ein müdes Lächeln hervorzaubern. In einigen Stolleneingängen hatten „Tunnelspechte“ sogar Betonwände durchdrungen, aber das wäre wieder ein anderes Abenteuer. Ich ging heute bis zum alleinstehenden Schornstein einer einstigen Spinnerei, machte kehrt und nahm den Rückweg über die andere Talseite.
 
Zurück in Janská musste ich noch ein Stück die Talstraße hinuntergehen, bevor ich der gelben Wanderwegmarkierung folgend bergwärts aufsteigen konnte. Am Waldrand entlang laufend, hatte ich einen schönen Blick über das Wiesengelände am Strážiště (Huttenberg), als mich flüchtende Tiere überraschten, die ich zweifelsfrei als Gemsen identifizierte. Da ich schon so viel über diese Population gehört und gelesen hatte, war ich von dieser Lebendsichtung hellauf begeistert. Den aufflackernden Wunsch nach einem Gipfelabstecher musste ich nach Überdenken der Streckengesamtlänge und des weiteren Wegverlaufes vernünftigerweise unterdrücken. Aber das Ziel ist ja nicht aus der Welt, vielleicht gibt es bald einmal noch eine spezielle Gemsen-Nachschau. So bog ich am Wegweiser Pod Strážištěm (Unter dem Huttenberg) talwärts ab. Eine windgeschützte Lichtung mit Baumstümpfen suchte ich mir als Rastplatz aus. Ein steiler laub- und geröllbedeckter Pfad mit tückischen überdeckten Wurzeln führte mich im Anschluss talwärts. Am Eingang einer Felsenschlucht passierte es dann: Das hintere Standbein rutschte zwischen glitschigen bemoosten Felsbrocken in eine Spalte und der Fuß verklemmte sich. Da ich mich schon im Schwung der Vorwärtsbewegung befand aber „jemand festhielt“, rastete das klemmende Bein kurz unterhalb vom Knie auf dem Felsbrocken ein. Ein ganzer Engelschor intonierte vor Begeisterung. Ich versuchte mich erst einmal zu sammeln und befreite mich aus der misslichen Position. Das Fußgelenk war zum Glück heil geblieben, das Knie heftig geprellt und abgeschürft, ohne dass jedoch ein Verband erforderlich gewesen wäre. Ich schluckte mehr Ärger als Schmerz herunter und lief weiter abwärts. Passend zum heutigen Tag (75. Geburtstag von C. N.) wo ich dies schreibe, ist hinzuzufügen: Chuck Norris kennt keinen Schmerz, aber der Schmerz kennt Chuck Norris! Vorbei an einer Quelle und einem Teich erreichte ich Srbská Kamenice (Windisch Kamnitz).
 
Den hier aus Ankunftsrichtung neben der Infostelle diffus schräg nach links bergwärts zeigenden Wegweiser kann man getrost ignorieren und nach rechts an der Straße talabwärts laufen. Im unteren Ortsteil zweigte ein Flurweg in relativ gerader Linie bergwärts die Talflanke hinauf. Unterwegs rastete ich noch einmal, um Kraft zu tanken. Die Wegstrecke und mein Unfall machten sich irgendwie schon bemerkbar. „Dynamisch“ weitergewandert, überholte ich trotzdem eine fünfköpfige tschechische Familie, bestehend aus zwei jungen Erwachsenen, zwei Kindern und einem Modekampfhund, letzterer natürlich freilaufend. Nach meinem saxo-tschechischem Gruß wurde ich offenbar als Ureinwohner klassifiziert, denn die Frau insistierte ausschweifend. Da ich nicht wirklich folgen konnte, ob nun ich oder der Hund gemeint war, musste ich sie erst einmal einbremsen. Danach wechselten wir kurz ins für beide Seiten unverfängliche Englisch. Der männliche Spross der Familie zersägte derweil zum Stolz des Vaters mit einem Zweitakt-Kinder-Quad die Sonntagsruhe. Später im Wald erreichte ich den Fuß des Rosenberges. Der Aufstiegspfad, bedeckt mit trockenem Buchenlaub und darunter versteckten Basaltbrocken, war schwierig zu begehen. Die Kondition war auch nicht mehr zum Besten, ich hätte die Runde wahrscheinlich in Gegenrichtung planen sollen. Nach einigem Kampf und Krampf stand ich doch noch auf dem nordseitig schneebedeckten Gipfel des bewaldeten Růžovský vrch (Rosenberg). Das Gipfelkreuz schien mir irgendwie abhanden gekommen zu sein. Am oberen Rand einer Blockhalde legte ich an windgeschütztem Ort noch eine Pause ein. Dann ging es auf der anderen Seite des Berges hinunter. Dabei waren die ersten etwa 75 hm auf dem Pfad recht heikel zu absolvieren, da die Schrittspuren im Schnee erst mehrfach überfroren und heute in der Wärme angetaut waren. Wasser auf Eis ist ziemlich heiß…
Mich immer bergseitig haltend, lavierte ich mich hinunter. Dann wechselte der Untergrund wieder auf Normalzustand Buchenlaub + Basaltbrocken. Vom Fuß des Berges führte ein Flurweg zunächst durch den Wald und dann über Offenland zurück Richtung Růžová und meinem taktisch gewählten Parkplatz.
 
Die Gehzeit betrug pausenbereinigt 7 h 15 min.
Die Rundtour hat die Schwierigkeit T2, bei ungünstiger Witterung kann es auch zu T3 tendieren.

Tourengänger: lainari


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»